Strahlenschutz für Astronauten: ISS wie auf dem Mars

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Raumfahrt: Strahlenschutz für Astronauten: ISS wie auf dem Mars
Geschrieben 15. Dez 2016 - 12:34 Uhr
Von außen sehen die Päckchen unspektakulär aus – aber in ihrem Inneren befinden sich jeweils hunderte von kleinen
Detektoren, die in der Internationalen Raumstation ISS die kosmische Strahlung erfassen. Nun hat der europäische Astronaut
Thomas Pesquet das mittlerweile zehnte Detektoren-Set für das Experiment DOSIS 3D im Forschungslabor Columbus
installiert.
An insgesamt elf verschiedenen Orten im Modul zeichnen die Detektoren für sechs Monate die Strahlung auf, bis sie wieder
eingesammelt und zur Auswertung auf die Erde transportiert werden. "So können wir über einen längeren Zeitraum ein
dreidimensionales Bild gewinnen, wo im Forschungslabor welche Strahlung ankommt", erläutert Dr. Thomas Berger,
Strahlenphysiker am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und wissenschaftlicher Leiter des Experiments.
Zudem messen die Wissenschaftler die ganz persönliche Strahlendosis des französischen Astronauten im Auftrag des
Europäischen Astronautenzentrums (EAC) mit einem passiven Personendosimeter (EuCPD). Erstmals können aber auch mit
dem neu installierten System EAD (ESA Active Dosimeter) die Strahlungsdaten des Astronauten den Strahlenphysikern auf
der Erde in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden.
Datensätze für das Forschungslabor Columbus
Auf Menschen auf der Erde – geschützt durch die Atmosphäre und das Magnetfeld – wirkt eine tägliche Strahlendosis von
gerade einmal 0,0025 Millisievert (mSv). Für Astronauten liegt die Belastung an ihrem schwebenden Arbeits- und Wohnort
im All deutlicher höher: Durchschnittlich 0,8 Millisievert am Tag beträgt die Strahlendosis im Forschungsmodul Columbus auf
der ISS. "Unser Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern, der amerikanischen Weltraumbehörde
NASA, der japanischen Raumfahrtagentur JAXA und dem russischen Institut für Biomedizinische Probleme IMBP, eine
dreidimensionale Karte der Strahlenbelastung in der gesamten ISS zu erstellen", erläutert Strahlenphysiker Thomas Berger
vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin.
Jeweils in Abhängigkeit von der Sonnenaktivität oder auch der Flughöhe der ISS ändere sich die Strahlung, der die
Astronauten im Inneren der ISS ausgesetzt seien. Da vor allem vom Material der ISS die kosmische Strahlung abgehalten
würde, hätten sogar einzelne Experiment-Racks oder andere Ausrüstungsgegenstände einen Einfluss auf die Strahlendosis.
"Alleine innerhalb des Forschungsmoduls Columbus kann die Strahlendosis an verschiedenen Positionen um 50 Prozent
variieren."
Grenzwerte für den Flug ins All
Die Erkenntnisse der internationalen Teams sind wichtig für die Gesundheit der Astronauten. Die europäische
Weltraumorganisation ESA hat ein Limit von 1.000 Millisievert für ein gesamtes Astronautenleben gesetzt: Erreicht ein
Astronaut im Laufe seiner Berufskarriere durch mehrere Missionen im All diesen Wert, sind weitere Einsätze für ihn nicht
mehr vorgesehen. Menschen auf der Erde erreichen in einem Jahr einen durchschnittlichen Wert von drei bis vier Millisievert,
in dem neben der Reststrahlung, die die Erde erreicht, auch zum Beispiel die Strahlung von medizinischen Untersuchungen
wie Röntgenaufnahmen oder Computertomographien enthalten sind.
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Mond und Mars
Wertvoll ist die Erforschung der Strahlenbelastung, der ein Astronaut ausgesetzt ist, aber auch für die Planung zukünftiger
Langzeitmissionen zu Mond oder Mars. "Dafür ist es entscheidend, die Höhe und auch die Auswirkung der Strahlenbelastung
zu erforschen", sagt Strahlenphysiker Dr. Thomas Berger. "Nur so kann man auch über Limits für die Astronauten sprechen,
die eingehalten werden müssen." Diese Werte können jedoch für Langzeitmissionen derzeit nur mit Computermodellen
berechnet werden – die gemessenen Daten an Bord der ISS sind daher eine Möglichkeit, diese Rechnungen auf ihre
Richtigkeit hin zu überprüfen. Mit der Technologie-Demonstration EAD, der jüngsten Entwicklung zur Erforschung der
kosmischen Strahlung auf der ISS, werden die Möglichkeiten zur Strahlungsmessung während des Aufenthalts der
Astronauten im All und die Wissenschaftler auf der Erde zudem noch erweitert, erläutert ESA-Projektleiter Dr. Ulrich Straube,
der gemeinsam mit DLR-Wissenschaftler Thomas Berger das Team leitet.
Erste Werte für einen Flug und einen Aufenthalt auf dem Mars aber haben die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Luftund Raumfahrtmedizin bereits mit ihrer Beteiligung am Strahlungsmessgerät RAD (Radiation Assessment Detector) an Bord
des amerikanischen Mars-Rovers Curiosity gewonnen: Erstmals konnte bereits auf dem fast sechsmonatigen Flug zum Mars
ein Instrument die Strahlenbelastung messen. Seit der Landung am 06. August 2012 zeichnet das Gerät außerdem die
Strahlungsbelastung auf dem Mars auf. "Auf dem Flug betrug die Strahlung etwa zwei bis drei Millisievert pro Tag, auf dem
Mars selbst dann 0,8 Millisievert pro Tag." Die Atmosphäre des Mars würde also einen Schutz ähnlich wie die Außenhülle der
Raumstation ISS bieten.
Auch beim Bau zukünftiger Raumstationen oder Raumschiffe würde von den Messdaten aus der ISS profitiert: So könnten
nicht nur die Belastung für die Astronauten besser eingeschätzt werden, sondern auch geeignete Materialien und ein
besserer Schutz bereits bei der Entwicklung vorgesehen werden.
Die Experimente
Das DOSIS 3D-Experiment läuft bereits seit Mai 2012 mit jeweils elf passiven Detektorpaketen, die erst auf der Erde
ausgewertet werden können, sowie zwei aktiven Detektoren, deren Werte einmal monatlich zur Erde übertragen werden.
Das passive Personendosimeter EuCPD (European Crew Personal Dosimeter), das erstmals Astronaut Thomas Reiter 2006
während seines gesamten Aufenthalts auf der ISS am Körper trug, wird auch von Astronaut Thomas Pesquet getragen und
am DLR im Auftrag der ESA nach seiner Mission ausgewertet.
Im Rahmen der Technologie-Demonstration (EAD) wird die Überwachung nun auch durch das aktive Personendosimeter des
EAD erweitert. Der Betrieb des Strahlungsmesssystems wird von einem internationalen Team durchgeführt, dass unter der
gemeinsamen Leitung von Thomas Berger und Ulrich Straube an den DLR-Standorten in Köln und in Oberpfaffenhofen sowie
am EAC in Köln arbeitet. Die Entwicklung des EAD-Systems wurde vom DLR im Rahmen eines internationalen Konsortiums
mit Beiträgen aus Finnland, Irland, Deutschland und Österreich durchgeführt.
Auf den Bildern
1. Strahlungsmessungen auf der ISS: Astronaut Thomas Pesquet schwebt über dem EAD, dem ESA Active Dosimeter, mit
dem die Messdaten seiner persönlichen Strahlendosis in Echtzeit zur Erde gesendet werden können.
2. Päckchen mit wissenschaftlichem Inhalt – Dosis 3D: Im Inneren des orangenen Päckchens befinden sich hunderte von
kleinen Detektoren, die im Forschungslabor Columbus der Internationalen Raumstation ISS die Strahlung erfassen. Das
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) leitet das Experiment DOSIS 3D.
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