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AUSGABE 2016/2017
Das Magazin für Kunden, Freunde und Partner.
Familie
F
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Knaller vom
Bio-Hotel
Gralhof weiß:
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Hotel G
Es muss
von Herzen
kommen!
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Backoffices von HDI und faircheck im Fokus.
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über außergewöhnliche
Herausforderungen.
Herausforderun
Erfolgsrezept
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Seit 2007 trägt der seit fünfhundert Jahren in Familienbesitz befindliche Gralhof am Nordwestufer des Weissensees das Zertifikat „Bio-Hotel“. Corinna und
Michael Knaller gelten seit der Übernahme 2005 als Brückenbauer zwischen
Tradition und einer Moderne mit Nachhaltigkeit, die zeigt, dass auch an die
Urenkelkinder gedacht wird. Im Interview erzählt Corinna Knaller über Herausforderungen bei der Umstellung des traditionsreichen Betriebs und verrät
außerdem ihr Erfolgsrezept für das Umsetzen von Innovationen.
Wann und wie hat das Brückenbauen
zwischen Tradition und Moderne in Ihrem Betrieb begonnen?
Knaller: Wir haben den Betrieb beide 2005 übernommen und wollten etwas Neues, etwas Frisches. Wir sind den
Bio-Hotels beigetreten. Ein Biobetrieb zu
sein, war für uns eine klare Entscheidung.
Ähnlich wie die Situation schwanger oder
nicht schwanger – halbschwanger gibt es
nicht – haben wir uns klar auf Bio eingestellt.
Gab es in diesem Zusammenhang interne und externe Herausforderungen, denen Sie sich stellen durften?
Knaller: Die Umstellung der Gastronomie war sehr schwer. Gerade im Jahr 2005
gab es in unserer Umgebung wenig regionale Lieferanten, die uns beispielsweise
mit unterschiedlichen Fleischsorten (Kalb,
Pute, Hendl, etc.) in Bioqualität beliefern konnten. Wir waren einfach ab vom
Schuss und wollten fast aufgeben. Menschen aus unserem Umfeld haben gefragt,
warum wir das machen. „Ihr seid doch eh
am See“ und „Ihr braucht das ja gar nicht“
ist da gekommen. Für uns war das aber
eine Lebenseinstellung. Das Netzwerk der
Bio-Hotels hat uns hier wirklich unterstützt
und schlussendlich hat es funktioniert.
Daneben hat unsere Klientel komplett
gewechselt. Es hieß: „Die Jungen machen
da alles neu!“ und „Jetzt schmeckt‘s uns
nimma!“. Da muss man sich dann eben
von Gästen trennen, wenn es nicht mehr
passt. Gleichzeitig haben wir aber viele
neue Gäste gewonnen, die letztendlich
Stammgäste geworden sind. Damals waren das die knapp unter Dreißigjährigen,
Michael und Corinna Knaller vom Gralhof.
die gutes Geld verdienten und Wert auf
Bioprodukte legten. Die wollten ihr Geld in
einen gesunden Kreislauf stecken und sind
mit uns mitgegangen und mitgewachsen.
Sie haben weitreichende Maßnahmen
gesetzt: Alles BIO bis zur Cola, Produkte aus der Region, Mittwoch ist FleischFREItag, Strom wird vom regionalen
Stromerzeuger bezogen, die Verwendung von Biowaschmittel, kurze Anreise für Mitarbeiter, Elektrofahrräder und
Shuttleservice für die Gäste...
Knaller: Ja genau. Außerdem heizen
wir mit einer Hackschnitzelheizung und
beziehen das Holz aus dem eigenen Wald.
Daneben haben wir für unsere Gäste ein
E-Auto zum Ausprobieren, um zu zeigen,
dass das gut funktioniert und Spaß macht.
Sie zählen zu den besten sechs Bio-Hotels in Europa und waren 2015 schließlich für den Klimaschutzpreis nominiert.
Sind Sie enttäuscht, dass Sie den Klimaschutzpreis dann doch nicht gewonnen
haben?
Knaller: Nein, überhaupt nicht. Wir waren mit dem FleischFREItag schlussendlich
für den Klimaschutzpreis nominiert. Es war
einfach toll, dass da jemand an uns herangetreten ist und gesagt hat: „Hey, das was
ihr macht, finden wir gut!“ Es ging uns
dann darum, dass wir auffallen. Wir waren
dann unter den besten Vier. Die Betriebe,
die mitgemacht haben, waren alle wie wir.
Jeder hat seinen eigenen Weg und trägt ein
Stückchen bei – das sind sehr individuelle
Projekte und es ist hier als Jury sehr schwer
zu entscheiden, wer besser ist. Man freut
Erfolgsrezept
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sich für den anderen mit und man erregt
durch die Teilnahme Aufmerksamkeit. In
der Biobranche ist die Mundpropaganda
das Um und Auf. Da kommen neue Gäste
vorwiegend, weil sie einen Tipp von jemandem bekommen haben. Wir konnten unser
Netzwerk sehr gut erweitern.
Sie geben einen CO2-Ausstoß von nur
7,82 kg pro Gast und Nacht an. Wie hoch
war dieser ursprünglich bzw. wie hoch
ist dieser in der herkömmlichen Gastronomie & Beherbergung?
Knaller: Normalerweise liegt der CO2Ausstoß pro Haushalt und Nacht für drei
Personen bei rund 40 kg. Durch die zahlreichen Maßnahmen – von der Hackschnitzelheizung bis zum vegetarischen Tag –
konnten wir diesen komplett reduzieren.
Alle notwendigen Daten wurden von Extern erhoben und in ein System gespielt.
Das Ergebnis spornt uns letztendlich an,
noch besser zu werden.
Was ist ihr Erfolgsrezept mit dem Sie es
schaffen, einen Traditionsbetrieb zu betreiben und zu erhalten und dennoch
mit dem Rad der Zeit zu gehen und innovative Produkte und Leistungen einzubetten?
Knaller: Wichtig ist es, geerdet zu bleiben. Das ist wie bei einem Baum. Er muss
tief in der Erde verwurzelt sein und kann
erst dann nach oben gehen. Es muss alles
Hand und Fuß haben. Das Traditionelle ist
da, erdet dich und gibt dir Kraft. Wachsen
muss man dann schon selbst. Und ich sag
immer, man muss das, was man tut, von
Herzen gerne tun. Es ist eine bewusste
Entscheidung, eine Lebenseinstellung.
„Ideen müssen
vor der Umsetzung
wachsen und
reifen.“
Zu Ihren Gästen zählen zahlreiche namhafte Personen aus Politik und Wirtschaft. Jahrzehntelang bestehende Betriebe tun sich oft schwer, Innovationen
umzusetzen und nebenbei traditionelle
Aspekte des Betriebs nicht außer Acht
zu lassen. Woran glauben Sie, liegt das?
Knaller: Wenn man glaubt, man muss
etwas machen, dann funktioniert es nicht.
Grundsätzlich muss alles von Herzen kommen.
Was haben Sie in Zukunft noch alles
vor? Können Sie schon etwas verraten?
Knaller: Ideen müssen wachsen und reifen. Wenn der Zeitpunkt passt, werden sie
umgesetzt. Passt der Zeitpunkt nicht, dann
wird weitergesponnen. Es gibt zahlreiche
kleine und große Projekte, die wir gerade
überlegen. Ob kulturell oder kulinarisch –
in den nächsten 30 Jahren wird sich viel
tun am Gralhof.
Der CO2-Ausstoß pro Gast und Nacht beträgt aufgrund zahlreicher Maßnahmen nur 7,82 kg.
Versicherungswirtschaft: Was sie vom
Gralhof lernen kann
Dipl.-Kfm. Markus Rosenbaum,
(Mit-)Gründer und Geschäftsführer
der Versicherungsforen Leipzig: „Die
Familie Knaller hat mit ihrem großartigen Gralhof, in dem ich selbst schon
zu Gast sein durfte, vorgemacht, was
sich Versicherer zum Vorbild nehmen
sollten: Den Wandel aktiv gestalten,
dafür einen klaren Plan aufstellen und
diesen, auch gegen äußere und innere
Widerstände, durchsetzen. Gerade der
zuletzt genannte Punkt ist in der Assekuranz von besonderer Bedeutung,
sind doch die Beharrungskräfte hier,
nach Jahrzehnten der Regulierung
und Re-Regulierung, besonders intensiv am Werk. Aber im Zeitalter der Digitalisierung ist ein strategisches und
konsequentes Handeln alternativlos,
ansonsten laufen Versicherer Gefahr,
als Marktteilnehmer ausscheiden zu
müssen. Auch hier ist das Hotelgewerbe ja eine Art „Vorbild“, wo schon
immer Unternehmen vom Markt verschwanden, wenn sie nicht in der
Lage waren, sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Nehmen
wir den Gralhof daher doch als „Positiv-Blaupause“ und als Beispiel dafür,
dass Wandel nicht nur ein Muss ist,
sondern auch großen Spaß machen
kann.“