Haushaltsrede CDU

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich möchte die diesjährige Haushaltsrede beginnen mit einem Satz von Manfred
Rommel, der einmal formuliert hat "der Schwabe rechnet sich gerne arm, ist aber
beleidigt, wenn ihm andere dies glauben!". Insofern stellt sich beim Haushalt 2017
einerseits die Frage, ob wir arm oder reich sind und welche Version davon letztlich die
Glaubwürdigere ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
in vielen Punkten sind wir geneigt den Ausführungen von Oberbürgermeister
Konzelmann anlässlich der Einbringung des Haushalts 2017 zu folgen. Der Herr
Oberbürgermeister hat zurecht ausgeführt, dass Albstadt als großes Mittelzentrum der
Region im harten Wettbewerb steht, den es in Hinblick auf unsere Konkurrenz im
näheren und weitem Umland gewinnträchtig und zukunftsfähig zu gestalten gilt. Und
selbstverständlich hat der Oberbürgermeister Recht, wenn er sagt, dass der Haushalt
2017 einen Blick in die Prioritäten setzen muss, ebenso wie es richtig ist, dass es für
zukunftsgerichtete Kommunalpolitik erforderlich ist, auch Visionen für unsere Stadt zu
entwickeln. Das erfordert aber auch, dass wir uns über die Vision, wohin sich Albstadt
in den kommenden Jahren entwickeln soll, klare Vorstellungen machen müssen.
Der Oberbürgermeister hat gegen Ende seiner Haushaltsrede angekündigt, bei allen
positiven Zahlen allerdings auch "Wasser in den Wein schütten zu müssen". Ich
möchte mir bei meinem Kommentar zum Haushalt 2017 den umgekehrten Weg
vorbehalten und zunächst, sehr geehrte Damen und Herren, den Wein ausschenken
und erst anschließend zur Wasserflasche greifen:
Wo steht Albstadt heute?
Sinn jeder Haushaltsrede ist zunächst eine Standortbestimmung des "Ist-Zustands":
Wo kommen wir her? Andererseits - dies ist die in die Zukunft gerichtete Frage müssen wir uns in Hinblick auf die oft zitierten "Visionen" darüber klar sein, wo es nach
unserer Auffassung in Zukunft tatsächlich hingehen soll. Nun hat Helmut Schmidt vor
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vielen Jahren empfohlen, dass derjenige, der Visionen hat, sinnvollerweise einen Arzt
konsultieren sollte. Das halte ich für falsch, denn ohne eine klare Zielbestimmung wird
es uns nicht gelingen, unsere Stadt auf einen guten Weg in die Zukunft zu führen.
Deshalb zunächst zur Frage wo kommen wir her, wo stehen wir?
Ganz unzweifelhaft waren die Jahre 2015 und 2016 gute finanzielle Jahre für unsere
Stadt. Beispielhaft zu nennen ist, dass der durch die Finanzkrise verursachte
Schuldenberg von 64 Millionen Euro im Jahr 2010 bis zum Jahr 2015 wieder halbiert
werden konnte. Dies schafft uns die notwendige Handlungs- und Bewegungsfreiheit
für die notwendigen Dinge der Zukunft. Ich möchte auch ganz bewusst gleich zu
Beginn vor allem den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Stadt und der
mit ihnen verbundenen Betriebe für den großen Einsatz und die viele Arbeit danken,
die im zurückliegenden Jahr geleistet worden ist. Dieser Einsatz ist keineswegs
selbstverständlich und bedarf deshalb einer gesonderten Erwähnung. Einschließen
möchte ich dabei insbesondere auch die Mitarbeiter besonders der Albstadtwerke
GmbH und der AS-Wohnbau. Beide Gesellschaften haben ihre Ziele erreicht und
stehen nach unserer Auffassung vor einer guten Zukunftsentwicklung.
Vieles ging voran: Lassen Sie mich als Beispiele an dieser Stelle nur nennen die
augenscheinliche Entwicklung im Ortsteil Tailfingen, demgegenüber wir alle in der
Pflicht stehen. Mit der Ausweisung des Sanierungsgebiets, der hervorragenden
Entwicklung der Technologiewerkstatt zu einem Leuchtturm innerhalb unserer
Raumschaft, dem bevorstehenden Abriss des AC-Kaufparks und der Aufwertung
dieses Gebiets sind wir dem oft versprochenen Ziel "jetzt ist Tailfingen dran" ein großes
Stück näher gerückt. Daran muß weiter gearbeitet werden, allerdings mit Maß und Ziel
bei der Verkehrsgestaltung und ohne durch zahlreiche gleichzeitige Baustellen den
Ortsteil lahmzulegen. Auch die Innenstadt von Ebingen hat sich weiter als
Handelszentrum der Region etabliert und an Attraktivität gewonnen. Dies zeigt, dass
wir bei der Entwicklung unserer Ortsteile auf dem richtigen Weg sind, für die Zukunft
muss aber gelten, dass nicht einzelne Stadtteile alleine jeweils im Mittelpunkt unserer
kommunalpolitischen Aufmerksamkeit stehen dürfen, sondern dass dies ein
gleichberechtigtes Handeln zu Gunsten aller Stadtteile beinhalten muss, was ein
offenes Auge und ein offenes Ohr für die jeweiligen Einzelprobleme und
Notwendigkeiten in allen Ortsteilen auf Seiten der Verwaltung und auf Seiten unseres
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Gemeinderats voraussetzt. Auch mit anderen Projekten sind wir auf dem richtigen
Weg, ich nenne wiederum nur beispielhaft etwa die in den beiden vergangenen Jahren
von der CDU-Fraktion angestoßenen Projekte Stadtmarketing und Vereinsförderung:
Mit einem Jahr Verspätung haben wir jetzt den Prozess des Stadtmarketings auf den
Weg gebracht, wobei zeitnah zu überprüfen ist, ob wir uns hier auf dem richtigen Weg
befinden und ebenso zeitnah dann nach der grundsätzlichen Erarbeitungsphase auch
konkrete Umsetzungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen. Ebenso - dies war
höchste Zeit - wurde in diesem Jahr die übermäßige Kürzung der Vereinsförderung
sowohl für Sportvereine, wie auch für andere Vereine, wieder rückgängig gemacht.
Dies ist für die große Zahl derer in unserer Stadt von wichtiger Bedeutung, die sich
ehrenamtlich engagieren und denen an dieser Stelle auch ausrücklich der besondere
Dank der CDU-Fraktion gilt: Ohne unsere reichhaltige Vereinslandschaft und
diejenigen, die selbstlos diese Vereine tragen, wäre unsere Stadt nicht nur ärmer, sie
wäre schlichtweg arm dran!
Auch das Thema Hotel in Ebingen scheint nun endlich Fahrt aufzunehmen und deutet
in die richtige Richtung, sowohl hinsichtlich unserer einheimischen Industrie und deren
zu beherbergender Gäste, wie auch vor allem in Bezug auf den Tourismus. Gerade
dieser Tourismusbereich
- hierfür stehen wir seit vielen Jahren -
hat sich
fortentwickelt zu einem weiteren Standbein mit großer Außenwirkung für unsere
ansonsten doch nach wie vor sehr industriell geprägte Stadt. Wenn es also in der
Zukunft um das Festlegen von Prioritäten geht, dann muss dieser Bereich weiterhin
unsere volle Aufmerksamkeit und Solidarität erfahren. Auch die sonstige Infrastruktur
unserer Stadt nach außen hin kann sich sehen lassen und wurde weiter entwickelt.
Nur ein Randbereich - aber gleichwohl in der gesamten Region sehr wichtig - ist
dabei, dass wir nun als Albstadt endlich wieder in Bälde über einen Baumarkt verfügen,
ein
Projekt
das
für
eine
Stadt
unserer
Größenordnung
schlichtweg
als
selbstverständlich betrachtet werden muss und deshalb ebenso große Priorität
genießen muss. Zugleich beseitigen wir eine häßliche Brache und schaffen ein
attraktives Eingangsportal in die Stadt.
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Wettbewerbsfähigkeit ist entscheidend
Zurecht hat der Herr Oberbürgermeister in seiner Haushaltsrede darauf hingewiesen,
dass für die Zukunftsfähigkeit einer Stadt unserer Größe ganz entscheidend ist, dass
wir im Bereich der Kinderbetreuung, der Grundschulen, wie auch der weiterführenden
Schulen wettbewerbsfähig bleiben müssen. Hierzu gehören sowohl funktionsfähige
und optimal nutzbare Gebäude, ebenso aber selbstverständlich auch die
entsprechende Ausstattung mit Material und Personal. Hier stehen wir im Vergleich
mit anderen Gemeinden momentan gut da, wir dürfen allerdings die Hände nicht in
den Schoß legen sondern müssen diese Infrastruktur weiter ausbauen.
Abgerundet wird das Bildungsangebot unserer Stadt selbstverständlich durch unsere
etablierte Hochschule, die für unsere Stadt von ebenso großer Wichtigkeit ist und
deshalb - zurecht - die volle Unterstützung von Stadtverwaltung und Gemeinderat
genießt. Wir erwarten allerdings in diesem Zusammenhang natürlich ebenso, dass die
Hochschule selbst den Anforderungen an eine qualitativ hochwertige Ausbildung in
allen ihren Studiengängen nachkommt - eine Anforderung, die gerade von Seiten der
kooperierenden Wirtschaft unserer Region als ganz entscheidend begriffen wird.
Verkehrsinfrastruktur muß verbessert werden
Entscheidende Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit Albstadts sowohl in
Bezug auf Handel, Industrie und Tourismus ist aber die Verkehrsinfrastruktur. Deshalb
dürfen wir keineswegs in den Bemühungen nachlassen, gemeinsam mit den
übergeordneten Verantwortungsträgern fortlaufend dafür zu werben, dass eine
schnellstmögliche Elektrifizierung der Bahnstrecke von Tübingen bis Albstadt in
zeitnaher Reichweite umgesetzt wird. Und was für die Schiene gilt, gilt natürlich auch
für die Straße. Wir sind mittlerweile mit der Erteilung des Sichtvermerks für die
Ortsumfahrung Süd in Albstadt-Lautlingen der Realisierung dieses brennend wichtigen
Projektes einen großen Schritt nähergekommen. Die Erreichung schon dieses
Etappenziels hat Jahrzehnte gedauert. Deshalb sind wir sowohl der Bevölkerung des
Ortsteils Lautlingen, wie auch der Gesamtstadt, schuldig, dieses Projekt mit dem
notwendigen Elan fortzuführen. Keineswegs verkennen wir dabei, dass viele
Bürgerinnen und Bürger sich mit unterschiedlichen Sachargumenten für und gegen die
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jetzt gewählte Trasse engagieren und aussprechen. Gerade in Zeiten der oft
propagierten Bürgernähe ist es deshalb wichtig, über Sorgen und Bedenken von
betroffenen Bürgern nicht einfach in einem Stil der "Basta-Politik" hinwegzugehen,
sondern sich mit diesen Belangen auseinanderzusetzen. Dies tun wir als CDU
Fraktion, wobei ich für unsere Fraktion an dieser Stelle ein ganz klares Bekenntnis
dafür abgebe, dass es durch etwaige Umplanungen keinesfalls dazu kommen darf,
dass die Umsetzung der Ortsumgehung Lautlingen wiederum um Jahre oder
Jahrzehnte verzögert wird. Dies wird mit unserer Fraktion nicht zu machen sein. Und
trotzdem gilt es im Rahmen des laufenden Verfahrens zu prüfen, welche
Verbesserungen in die Planung einfließen können, ohne das Gesamtprojekt zeitlich
zurückzuwerfen. Deshalb plädiere ich sehr dafür, den Dialog mit den betroffenen
Bürgern - Befürwortern wie Gegner der bestehenden Planung - fortzuführen und nach
Möglichkeit
einen
breitest
möglichen
Konsens
herbeizuführen,
um
den
innerstädtischen Frieden zu gewährleisten. Auch dies ist unsere Aufgabe, sowohl als
Verwaltung, wie als Gemeinderat.
Auch andere Dinge haben sich positiv entwickelt: Licht am Ende des Tunnels ist
endlich zu sehen bei dem seit langen Jahren versprochenen Gesamtparkraumkonzept
in Ebingen. Die bereits im Betrieb befindliche kleine Version im Bereich um
Schlossbergcenter und Hallenbad zeigt, dass ein solches Leitsystem funktionieren
kann und darüber hinaus in größerem Umfang realisiert werden muss. Dies darf aber
nicht darüber hinweg täuschen, dass gerade im Stadtteil Ebingen das latent
vorhandene Parkplatzproblem für Pendler und Besucher gelöst werden muß.
Allerdings
nicht
zwingend
durch
die
heute
anstehende
Vorlage
und
im
Schnellverfahren, sondern in der gebotenen Abwägung und möglicherweise auch mit
neuen Formen der Zusammenarbeit der Kommune mit privaten Investoren. Es muss
deshalb unser aller Ziel sein, diese Thematik endgültig zu lösen und zu entschärfen sei es durch geeigneten Ausbau des Parkdecks Langwatte in notwendigen Umfang
oder aber durch andere Schaffung zusätzlichen Parkraums, vielleicht auch hier
gemeinsam mit privaten Trägern zur Entlastung des Haushalts. Wir kommen heute ja
noch in anderem Zusammenhang hierauf zu sprechen.
Besonders erfreulich ist das Anwachsen unserer Bevölkerungszahl, nach jahrelangem
Schrumpfen, nunmehr wieder in Richtung 45.000 Einwohner. Ich hoffe sehr, dass sich
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dieser Trend fortsetzt, und möchte deshalb - durchaus ironisch - den Spruch eines
populären amerikanischen Philosophen umwandeln zu der Parole "make Albstadt
great again!". Dies aber wohlgemerkt gerade nicht im Sinne von Populismus, sondern
Augenmaß und Realismus wird für die nächsten Jahre gefragt sein.
Nach dem Dank an Verwaltung und Mitarbeiter danke ich darüber hinaus allen
Kolleginnen und Kollegen in diesem Gremium für das gute und kameradschaftliche
Miteinander. Wieder einmal hat Parteipolitik im Albstädter Gemeinderat keine Rolle
gespielt und soll dies nach unserer Auffassung auch in Zukunft nicht tun – auch wenn
Kollege
Maute
bereits
angekündigt
hat,
die
Wohltaten
der
vergangenen
Landesregierung heute nochmals nachhaltig herauszuheben.
Wo geht es hin?
Nun aber - wie angekündigt - in den vielen Wein auch noch nicht unwesentlich
Wasser:
Der Haushalt für das Jahr 2017, den die Verwaltung vorgelegt hat, ist grundsätzlich
noch solide und tragfähig. Ich betone das Wort "grundsätzlich" ausdrücklich, denn bei
allen Planungen hegen wir doch durchaus auch Bedenken. Lassen Sie mich an dieser
Stelle etwas monieren, dass mich bereits seit etlichen Jahren stört:
Alle Jahre wieder wird bei der Haushaltseinbringung seitens der Verwaltung über die
Zahlen des "Konzerns Albstadt" gesprochen. Es mag dies psychologisch aufwertend
sein, wenn die Stadtverwaltung sich als Konzernleitung sieht und wir alle deshalb auch
in gewisser Weise Konzernaufsichtsräte sind. Dies ist aber nicht so:
Die Stadt Albstadt ist kein Konzern, sondern unser aller Heimat und Heimat für die
Einwohnerinnen und Einwohner dieser Stadt. Ich halte es deshalb grundsätzlich für
falsch, eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise, die formaljuristisch als Konzern
bezeichnet werden kann, in solchen Haushaltsdebatten zu pflegen. Nein, meine
Damen und Herren, wir sind keine Aufsichtsräte eines Konzerns und die
Stadtverwaltung ist kein Konzernvorstand. Wir sind diejenigen, die die Stadtverwaltung
fortlaufend beraten und kontrollieren dahingehend, wie mit dem Geld unserer Bürger
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umgegangen wird und welche der oft zitierten Prioritäten tatsächlich Umsetzung
finden. Auch diese Feststellung ist in Zeiten zunehmender Entfremdung der Bürger
von den politisch Handelnden dringend notwendig!
Und damit einher geht selbstverständlich auch die Frage des Umgangs und der
Information der Verwaltung gegenüber dem Gemeinderat. Ich möchte dies an dieser
Stelle nur andeuten: Die Zusammenarbeit des Gemeinderats insgesamt ist gut, wir
erwarten aber auch von Seiten der Verwaltung eine weitere Verbesserung des
Informationsflusses zwischen Verwaltung und Gemeinderat selbst. Wir haben dies in
den zurückliegenden Monaten mehrfach thematisiert, ich darf auch für das kommende
Haushaltsjahr bereits definitiv in Aussicht stellen, dass unsere Fraktion etwa in Bezug
auf außerplanmäßige Zusatzaufgaben bei Bauprojekten und anderem äußerst
restriktiv verfahren wird und Wert darauf legt, über maßgebliche Entwicklungen der
Stadt und das Handeln der Verwaltung vorab und umfassend informiert zu werden.
Hier besteht gerade in den letzten Monaten erheblicher Verbesserungsbedarf, ebenso
wie wir wieder einmal das Thema „Eilentscheidungen“ sehr kritisch bewerten müssen
– dies wird mit uns nicht zur Regel werden.
Wohin geht also die Reise des Haushalts 2017?
Ich möchte an dieser Stelle Herrn Bürgermeister Reger zitieren, der bei der
Einbringung formuliert hat trotz größerer Einnahmen sei ohne Neuverschuldung kein
Ausbau und kein Erhalt unserer Infrastruktur in der Gänze möglich. Dieses Phänomen
betrifft in Deutschland derzeit vom Bund bis zu den Kommunen fast alle öffentlichen
Haushalte und ist Anlass zur Besorgnis:
Ausgabenproblem bei sprudelnden Steuereinnahmen
Die Steuerschätzungen, die auch der mittelfristigen Finanzplanung zugrunde liegen,
gehen von fortlaufend weiter sprudelnden Einnahmen aus. Wir haben alle noch im
Gedächtnis, zu welchen direkten Folgen der Gewerbesteuereinbruch resultierend aus
der zurückliegenden Finanzkrise für unsere Stadt - nach wie vor Industriestadt geführt hat. "Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not" muss auch weiterhin das Ziel
unseres Handelns sein. Wann - meine Damen und Herren - ist die Zeit zum Sparen,
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wenn nicht jetzt in Zeiten sprudelnder Einnahmen. Die Welt wird unsicherer, welche
weltwirtschaftlichen Einbrüche auf uns zukommen steht in den Sternen, manches etwa die Zinswende in den USA -
zeichnet sich bereits ab, ebenso wie
protektionistische Strömungen, die unsere Exportfirmen direkt betreffen werden. Ich
hege dementsprechend Zweifel daran, dass die Einnahmesituation sich auf der
prognostizierten Basis auch in den kommenden Jahren unverändert so weiter
entwickeln wird. Was heißt dies für uns? Ganz einfach: Vorsichtiges Wirtschaften,
denn im Moment haben wir kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem!
Am Ende des Haushaltsjahres 2017 werden wir nach dem heute zu verabschiedenden
Werk die gesetzlich vorgeschriebene Liquiditätsgrenze erreicht haben. Dies bei einer
für 2017 vorgesehenen Neuverschuldung von etwa 2 1/2 Millionen Euro. Dies mag in
der heutigen Situation noch verträglich erscheinen. Nicht zuletzt deshalb, da
-
entsprechend des Mottos des Media Marktes - "sich jetzt jeder alles leisten kann!".
Diejenigen, die diesem Motto im Kleinen und in Anbetracht niedriger Zinsen folgen,
landen als Privatpersonen nicht allzu selten in Privatinsolvenz. Wir sollten uns dies im
Größeren nicht zum Beispiel nehmen. Und hier schließt sich der Kreis zu der Frage
der Prioritäten:
Wir werden dem Haushalt für das Jahr 2017 mit Besorgnis und nicht mit Euphorie –
teilweise auch mit der Faust in der Tasche - zustimmen. Dies deshalb, da die dort
aufgeführten Investitionen dem Grunde nach für die Zukunftsfähigkeit der Stadt
notwendig sind. Keineswegs heißt dies aber für die CDU Fraktion, dass wir der
mittelfristigen Finanzplanung so wie vorgesehen zustimmen werden und einen
prognostizierten Anstieg der Neuverschuldung bis ins Jahr 2020 auf wieder
knapp 50 Millionen Euro widerstandslos zusehen. Ganz im Gegenteil:
Zukunftsprioritäten überdenken
Es wird wirklich um die Prioritäten gehen. Und hier ist das eigentliche Handlungsfeld
für viele vermutlich auch kontroverse Diskussionen in diesem Gremium in Zukunft. Ich
erinnere nur an unsere unlängst geführte Diskussion über den notwendigen Ausbau
und die Renovierung des Kindergartens Heusteigstraße. Die Mehrheit des Gremiums
war dafür, die Mehrausgaben, die verwaltungsseitig eingestellt worden sind, zu
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genehmigen. Solche Diskussionen werden in den nächsten Monaten und Jahren in
vielfacher Hinsicht auf uns zukommen. Wir als CDU Fraktion werden für jedes einzelne
größere Projekt die Frage aufwerfen müssen, ob notwendige Investitionen betroffen
sind und wenn ja, ob es an den einzelnen Positionen jeweils Einsparpotentiale gibt.
Dies wird eine große Arbeit für uns alle werden, ich gehe aber davon aus, dass die
Einsichtsfähigkeit des Gesamt-Gremiums mehrheitlich zu vernünftigen Schlüssen
führt, so dass es auch bereits im kommenden Haushaltsjahr gelingen wird, an vielen
einzelnen Punkten eine Gesamtsumme einzusparen, die die Haushaltssituation
entschärft. Auch Schulden, die wenig Zinssatz aufweisen, müssen irgendwann
zurückbezahlt werden. Und gerade deshalb lehnen wir es trotz Niedrigstzinsen ab,
ohne genaue Prüfung im Einzelfall mit der finanziellen Gießkanne zu operieren. So
wollen Sie bitte auch unseren heutigen Antrag verstehen.
Meine Damen und Herren, wie in den Vorjahren gilt: Wir werden erhebliche, nicht
disponierbare, Mittel für Pflichtaufgaben und Notwendiges benötigen, ohne Kläranlage
und Kanalisation, ohne hinreichende Schulen und Kinderbetreuung werden wir nicht
zukunftsfähig sein. Auf dieses Notwendige gilt es das Augenmerk zu richten, der
Spielraum für nur Wünschenswertes ist eingeschränkt. Das wird insbesondere auch
gelten für die künftige Hallenkonzeption. Die "eierlegende Wollmilchsau" an Stelle der
Zollernalbhalle ist gestrichen - dies aus guten Gründen. Umso sorgfältiger wird über
die Gesamtkonzeption unserer Hallen nachzudenken sein, ohne dies vorher in
irgendeiner Form zu publizieren. Auch hier muss im Interesse des Vertrauens der
Bürgerinnen und Bürger gelten, erst nachzudenken und dann zu kommunizieren. In
diesem Punkt hätten wir uns im zurückliegenden Jahr durchaus auch von der
Verwaltung gewünscht, nicht vorschnell allzu große Ankündigungen zu machen, um
anschließend zurück rudern zu müssen.
Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir hingegen unsere künftigen
Personalkosten als größte Haushaltsposition im Auge behalten. Ein Anstieg um 1,5
Millionen im Jahr spricht für sich. Dies bedeutet ganz eindeutig, dass wir in den
nächsten Monaten jede Personalinvestition vorher auf die Frage der dringenden
Notwendigkeit untersuchen müssen. Nur wenn an diesem Punkt angesetzt wird,
gelingt eine zukunftsfähige Finanzplanung.
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Ähnliches gilt selbstverständlich auch für den Bereich des Sozialen und auch für die
Unterbringung von Flüchtlingen. Selbstverständlich sind diese Aspekte für das größte
Mittelzentrum der Region von ganz entscheidender Bedeutung. Jeder Euro, der in
Präventionsmaßnahmen gesteckt wird, verhindert Folgekosten. Und dennoch wird es
auch hier um das Bestimmen von Prioritäten und um das Festlegen von
zukunftsfähigen Projekten gehen, ohne die erwähnte Gießkanne auszupacken.
Medizinische Versorgung sichern
Und zu guter Letzt - auch unter dem Aspekt Infrastruktur und Soziales - benötigt
unsere Stadt selbstverständlich auch in Zukunft eine angemessene und qualitativ
hochwertige
medizinische
Versorgung.
Ich
werde
an
dieser
Stelle
die
Krankenhausdiskussion nicht führen, möchte aber das Augenmerk darauf richten,
dass derjenige, der ernsthaft glaubt, in 5 oder 10 Jahren stünde ein funktionsfähiges
Zentralklinikum auf der grünen Wiese, mit seiner Vision vielleicht durchaus zum Arzt
gehen müsste. Bis ein solches Klinikum etwa steht, ist für uns etwas anderes
entscheidend: Der jetzige Krankenhausstandort Albstadt bedarf der Aufrüstung und
der Ertüchtigung. Bei aller strittigen Klinikdiskussion im Kreis dürfen wir uns nicht
darüber täuschen, dass ungeachtet der Frage, welche Lösung in weiterer Zukunft
kommt, diesbezüglich jetzt Investitionsbedarf in Albstadt besteht. Dies nach oben
deutlich zu machen, ist unser aller, fraktionsübergreifende, Aufgabe. Das wird vom
Bürger dieser Stadt nicht zuletzt deshalb erwartet, da wir ja nicht wenig Geld in die
Hand genommen haben, um insbesondere ein Parkdeck am Krankenhaus Ebingen
mitzufinanzieren. Ein Schildbürgerstreich darf dies nicht werden, deswegen gilt es
diese Diskussion zu versachlichen und auf dasjenige zurückzuführen, was primär
notwendig ist - nämlich die Ertüchtigung unseres Standorts in Ebingen.
Für all dies - Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, klares Setzen von Prioritäten,
konservatives Wirtschaften ohne übermäßigen Anstieg der Neuverschuldung in den
folgenden Jahren bedarf es einer klaren politischen Linie des Gemeinderats und der
Verwaltung. Klare politische Linie heißt aber nicht einen "Zick-Zack-Kurs", bei dem
man lediglich sicher sein darf, dass auf jedes „Zick“ dann auch ein „Zack“ folgt. Nein,
meine Damen und Herren, es bedarf einer ganzheitlichen Konzeption, für die wir uns
hier einsetzen und für deren Erarbeitung wir der Verwaltung die Hand reichen. Gerade
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weil wir nicht nur der Aufsichtsrat eines „Konzerns Albstadt“ sind, kann dies nur
gemeinsam funktionieren. Wir halten es insbesondere für notwendig, die mittelfristige
Finanzplanung im Lauf der nächsten Monate nochmals komplett zu überdenken und
die Prioritäten gemeinsam zu erarbeiten. Auch dafür reichen wir der Verwaltung
konstruktiv die Hand für ein Miteinander und stimmen unter diesem Vorbehalt für die
zukünftigen Jahre dem Haushaltsplan 2017 zu. Vielen Dank!
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