Anonyme Drogensprechstunde: Wie Jugendliche frühzeitig beraten

Psychologie aktuell: Anonyme Drogensprechstunde: Wie Jugendliche frühzeitig beraten werden können
16-12-16
Anonyme Drogensprechstunde: Wie Jugendliche frühzeitig beraten werden können
Die Mehrheit der Drogenkonsumierenden meidet die professionellen Hilfesysteme. Daher
haben Professorin Dr. Gundula Barsch (Hochschule Merseburg) und Kolleginnen das
Pilotprojekt eines anonymen, interdisziplinären Beratungsangebots entwickelt, realisiert und
evaluiert. In einem Handbuch berichten Gundula Barsch und Julia Walta detailliert über ihre
Erfahrungen und liefern einen "Baukasten für eine anonyme Drogensprechstunde".
In erster Linie sieht Gundula Barsch zwei Zielgruppen:
Ein großer Teil der Drogenbetroffenen reguliert die Probleme ohne das professionelle Hilfesystem,
wünscht jedoch eine gelegentliche Beratung.
Ein großer Teil der Drogenkonsumierenden scheut die resoluten Regeln der etablierten
Suchttherapie. Dort wird meist "unbesehen der tatsächlichen Problemlagen Totalabstinenz gefordert;
bei Nichteinhaltung derartiger Vorgaben drohen schwerwiegende Eingriffe in persönliche Freiheiten
(u.a. Führerscheinentzug) usw.. Deutlich wird, dass das traditionelle Hilfesystem viele
Hemmschwellen selbst produziert, die einer frühzeitigen Unterstützung entgegenwirken."
Sieben Gesichtspunkte sind für die anonyme Drogensprechstunde relevant:
• Anonymität: Drogenkonsumenten können vermeiden, dass Angehörige und Außenstehende
von ihrer Situation erfahren.
• Peer-to-Peer-Ansatz: Die meist jugendlichen Drogenkonsumenten werden von etwa
Gleichaltrigen beraten.
• Niedrigschwelligkeit: Die Beratung kann ohne jede Vorbedingung in Anspruch genommen
werden.
• Akzeptierendes Arbeiten: "Danach ist nicht der Konsum psychoaktiver Substanzen per se ein
Problem. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass es gelungene Formen des
Drogenkonsums gibt. Ziel ist, die Entwicklung leidvoller physischer, psychischer und sozialer
Probleme zu verhindern."
• Distanzierung von der Leidensdruck-Theorie: Suchttherapeuten gehen häufig davon aus, dass
ein höchstmöglicher Leidensdruck zu einem optimalen Ergebnis disponiert; das Pilotprojekt
schließt sich dieser Annahme nicht an.
• Freiwilligkeit: Im professionellen Suchthilfesystem wird häufig repressiv gearbeitet.
Demgegenüber verzichtet die Anonyme Drogensprechstunde auf alle Elemente - auch nur
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andeutungsweiser - Druckausübung.
• Kostenlos: Die meisten Drogenkonsumenten verfügen über kaum eigene Mittel. Anderseits
würde die Finanzierung über die Krankenkasse die Anonymität aufheben. Daher werden die
Leistungen unentgeltlich angeboten.
Gundula Barsch, Julia Walta: Baukasten für eine anonyme Drogensprechstunde. Pabst, 112 Seiten
plus CD mit Arbeitsmaterialien. ISBN 978-3-95853-199-4
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