Sieg des Berechenbaren gegen den «schlafenden Bären»

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163rd Year – No. 2359006 • Sunday, December 04 – Saturday, December 10, 2016
Männer, die
auf Kühe
starren
Niederlande
verbieten Burkas
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Seite 2
Reden befreit die
Seele:
Mit Eltern über
Kriegserlebnisse
sprechen
Seite 5
NACHRICHTEN - Kompakt
Seiten
7, 8 &15
Bärbele-Treiben im Allgäu
Düsseldorf plant Böllerverbot an
Silvester in Altstadt
Düsseldorf (dpa). Als Folge von Zwischenfällen in den
vergangenen Jahren sollen Böller in der Silvesternacht
in der Düsseldorfer Altstadt erstmals verboten werden.
Ein Sprecher der Stadt bestätigte, es gebe solche Pläne, die der Öffentlichkeit noch vorgestellt würden. Das
Verbot solle einen Beitrag zu mehr Sicherheit leisten
und das „allgemeine Sicherheitsgefühl“ der Menschen
an Silvester erhöhen, sagte der Sprecher. Geplant
sei außerdem ein „Security Point“ als Anlaufstelle am
zentralen Burgplatz, der Platz soll auch besser ausgeleuchtet werden.
Merkel bedauert angekündigten
Rücktritt Renzis
Berlin (dpa). Bundeskanzlerin Angela Merkel bedauert
die Ankündigung des italienischen Ministerpräsidenten
Matteo Renzi, nach der Niederlage beim Verfassungsreferendum zurückzutreten. Die Kanzlerin habe mit Renzi
„sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet“ und
seinen Reformkurs unterstützt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Zugleich habe die Bundesregierung
großen Respekt vor der demokratischen Entscheidung
in Italien. Auch der nächsten italienischen Regierung
werde sie eine „enge Zusammenarbeit in Freundschaft
und Partnerschaft“ anbieten.
Gefängnisstrafe für Fahrdienstleiter
von Bad Aibling
Traunstein (dpa). Nach dem verheerenden Zugunglück
von Bad Aibling mit zwölf Toten ist der Fahrdienstleiter
zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Bahnmitarbeiter ist der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung schuldig, wie das Landgericht
Traunstein befand. Bei dem Zusammenstoß zweier
Züge am 9. Februar in Oberbayern waren außerdem fast
90 Menschen teils lebensgefährlich verletzt worden. Zu
Prozessbeginn hatte der Bahnmitarbeiter gestanden,
bis kurz vor dem Unglück ein Fantasy-Rollenspiel auf
seinem Handy gespielt zu haben.
Deutsche gehen am liebsten mit
Smartphones ins Netz
Wiesbaden (dpa). Die Menschen in Deutschland
gehen inzwischen am liebsten mit Smartphones ins
Internet. Von den rund 62 Millionen Internetnutzern
nehmen 81 Prozent ihr Smartphone oder Handy, um
sich mit dem weltweiten Netz zu verbinden, wie das
Statistische Bundesamt für das erste Quartal 2016
ermittelt hat. Laptops und Desktop-Computer sind
auf die folgenden Plätze verdrängt. Die Konsumenten
schauen im Netz Videos und hören Musik über Streamingdienste, während TV-Streams mit 39 Prozent
noch weniger verbreitet waren.
Spaziergänger finden versenktes
Postauto in Kanal
Biederitz (dpa). Spaziergänger haben in einem Kanal
in Biederitz in Sachsen-Anhalt ein versenktes Postauto
gefunden. Der gelbe Transporter stand komplett unter
Wasser - etwa 15 Meter vom Ufer entfernt. Vermutlich
wurde das Fahrzeug zuvor gestohlen und in dem zugefrorenen Gewässer entsorgt. Briefe und Pakete waren
komplett aufgeweicht. Wo der Wagen gestohlen wurde,
war zunächst unklar.
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Kinder müssen am 04.12.2016 in Unterthalhofen bei Fischen (Bayern) vor den sogenannten Bärbele ein
Gebet sprechen. Beim Bärbele-Treiben verkleiden sich im Allgäu unverheiratete Frauen am Tag der Heiligen
Barbara mit Masken und Lumpengewand und ziehen mit Glocken behangen von Haus zu Haus. Foto: dpa
Österreich-Wahl:
Sieg des Berechenbaren gegen
den «schlafenden Bären»
Vom politischen
«Jackpot» ist in
Österreich die
Rede. Gemeint ist
der Sieg des Grünen-nahen Alexander Van der Bellen
bei der Präsidentenwahl. Die FPÖ
hat ihre Ambition
aufs Kanzleramt
aber keinesfalls
begraben.
Von Matthias Röder
Wien (dpa) - Der Sieg von
Alexander Van der Bellen
bei der Präsidentenwahl in
Österreich hat dem Höhenflug der Rechtspopulisten
in Europa einen Dämpfer
verpasst. Der ehemalige
Grünen-Chef triumphierte
mit - laut Hochrechnung
- 53,3 Prozent unerwartet
deutlich. Doch die rechte
FPÖ mit ihrem Kandidaten
Norbert Hofer will sich von
diesem Rückschlag nicht
entmutigen lassen. Die 46,7
Prozent bedeuten nach den
49,65 Prozent in der ersten
Stichwahl im Mai das bisher
zweitbeste Ergebnis der
Rechtspopulisten in Österreich. Der Sturm auf die
Hofburg ist abgeblasen, am
Tor des Kanzleramts rüttelt
FPÖ-Chef Heinz-Christian
Strache weiterhin. Auch die
AfD in Deutschland sieht
keine generelle Trendwende
zu ihren Ungunsten.
Der 72-jährige Wirtschaftsprofessor Van der
Bellen verkörperte letztlich
den berechenbaren Kandidaten, der im Inland nicht
gleich alles auf den Kopf
stellt und Österreich im
Ausland würdig vertreten
wird. Daneben war das stärkste Wahlmotiv seine ProEU-Haltung. Eine starke
Unterstützergruppe waren
die Frauen. 62 Prozent der
kommentierte die Gratiszeitung «heute». Generell wird
darauf hingewiesen, dass
Van der Bellen versuchen
muss, die politischen Gräben im Land zuzuschütten.
Hat das Ergebnis Konsequenzen für die FPÖ?
Jein. Die aktuell populärste
politische Kraft sieht sich
Der Wahlsieger der Präsidentenwahl Alexander Van
der Bellen. Foto: dpa
Wählerinnen votierten für
ihn. Außerdem gelang es
ihm, seine Schwäche auf
dem Land abzumildern.
In fast allen Gemeinden
legte er auch dank seiner
«Heimat»-Kampagne zu.
Hofer dagegen agierte zwischen Baum und Borke:
Seiner Kern-Klientel wurde
er zu zahm, den Wählern
der Mitte war er noch zu
aggressiv.
Die Medien reagierten in
ihren Berichten teilweise
fast euphorisch. «Für Österreichs Ruf im Ausland
ist dieses Wahlergebnis ein
Jackpot», heißt es im Wiener
«Kurier». Oder: «Statt ein
Hort des Bösen sind wir
für Europa nun plötzlich
tolle Madln und Burschen»,
weiter auf dem Weg ins
Kanzleramt. Und Strache
reklamierte noch am Wahlabend seinen Führungsanspruch. Das kam nicht von
ungefähr: Mit Hofer ist eine
zweite FPÖ-Größe herangewachsen, die für viele
Bürger wählbarer scheint
als der wenig geschmeidige
Strache. Hofer selber will
nicht nur 2022 wieder fürs
Präsidentenamt kandidieren, sondern sagte: «In mir
wurde ein schlafender Bär
geweckt, und du HeinzChristian, hast jetzt einen
prominenten Wahlhelfer
gewonnen.» Das kann man
als Versprechen oder Drohung sehen.
Das Grünen-nahe künftige Staatsoberhaupt hat
im Wahlkampf immer wieder betont, er wolle eine
FPÖ-Regierung mit allen
Mitteln verhindern. Eine
Vereidigung von FPÖ-Chef
Strache schloss er praktisch
aus. In den letzten Auftritten und am Wahlabend
relativierte er dieses kategorische «Nein». Es komme
ihm darauf an, dass eine
österreichische Regierung
pro-europäisch sei. Die FPÖ
hat mit Hofer bereits das
Aufweichen ihres Anti-EUKurses eingeleitet.
Die Regierung bekommt
die Chance zu einem neuen
Anlauf. Die arg zerstrittene
Koalition von sozialdemokratischer SPÖ und konservativer ÖVP wäre von Hofer
wohl drangsaliert worden.
Van der Bellen will mit seinem klassischen Amtsverständnis die Regierung in
Ruhe arbeiten lassen. «Die
Menschen wollen ernsthafte
Regierungsarbeit sehen,
keine billigen Pointen und
Redeschlachten», meinte
Kanzler Christian Kern. Die
Möglichkeit vorgezogener
Wahlen - eigentlich stehen
die nächsten Parlamentswahlen erst im Herbst 2018
an - ist aber nicht vom Tisch.
Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry sieht
trotz des aktuellen Scheiterns von Hofer die FPÖ
weiter auf der Siegerstraße.
Auch die eigenen Chancen
bei der Bundestagswahl
2017 seien nicht geschmälert worden. Die Bewegung
gegen die etablierte Politik
werde sich fortsetzen und
weiter an Stärke gewinnen.