Trump-Boom könnte sich als Strohfeuer erweisen

Marktausblick USA
„Trump-Boom könnte sich als Strohfeuer
erweisen“
In den Vereinigten Staaten ist im kommenden Jahr ein spürbarer Wachstumsschub
zu erwarten, erklärt Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der Feri-Gruppe aus Bad
Homburg. Doch es seien negative Nebenwirkungen wahrscheinlich.
Auch wenn die Details noch nicht feststehen, so ist doch davon auszugehen, dass die USA unter
dem neuen Präsidenten Trump einen anderen wirtschaftspolitischen Kurs einschlagen werden, auf
den man sich schon heute einstellen sollte.
Wir haben daher ein realistisches Szenario entwickelt, das einen Eindruck vermitteln soll, welche
Folgen die Trumpsche Wirtschaftspolitik haben könnte. Folgende Annahmen liegen der Berechnung
zugrunde:
Trump verstärkt wie angekündigt die staatlichen Investitionen in die Infrastruktur. Der
Umfang beträgt aber nur die Hälfte des ursprünglich vorgesehenen Programms, also etwa
250 Milliarden Dollar. Die Ausgaben werden ab dem zweiten Halbjahr 2017 getätigt. Das
Programm entfaltet seine größte Wirkung im Jahr 2018 und wird ganz überwiegend durch
eine höhere Verschuldung finanziert.
Bereits im ersten Halbjahr 2017 wird eine umfassende Unternehmenssteuerreform
umgesetzt. Dabei werden die Steuersätze auf 25 Prozent abgesenkt und Maßnahmen
getroffen, um im Ausland geparkte Gewinne amerikanischer Unternehmen ins Land
zurückzuholen. Etwa die Hälfte der entgangenen Steuereinnahmen werden über veränderte
Gewinnermittlungsvorschriften gegenfinanziert, die andere Hälfte wiederum über eine
höhere Verschuldung.
Im Außenhandel fährt Trump gegenüber China zwar einen deutlich konfrontativeren Kurs
als sein Vorgänger und erhebt punktuell Zölle auf chinesische Importwaren. Insgesamt wird
dadurch aber der Handel nur unwesentlich beeinträchtigt, insbesondere kommt es nicht zu
einem Handelskrieg mit China oder anderen Ländern.
Die Einwanderungspolitik wird zwar restriktiver gestaltet. Die Abschiebung illegaler
Einwanderer bleibt aber insgesamt in dem von der aktuellen Regierung gesetzten Rahmen,
insbesondere kommt es nicht zu einer wesentlichen Verringerung des
Arbeitskräftepotenzials.
Widerstreitende Befunde
Die Modellberechnung ergibt zwei widerstreitende Befunde, die wahrscheinlich in einer gewissen
zeitlichen Abfolge eintreten würden:
Im Jahr 2017 erfährt die US-Wirtschaft vor allem aufgrund der deutlichen Zunahme der
Investitionen einen spürbaren Expansionsschub. Die Bauinvestitionen steigen um mehr als 8
Prozent. Dies und die sinkenden Unternehmenssteuern haben einen starken Anstieg auch der
Ausrüstungsinvestitionen zur Folge. Das niedrige Niveau der Arbeitslosigkeit (die Quote
sinkt weiter auf 4,7 Prozent) führt bei einer deutlich steigenden gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage zu signifikanten Lohnsteigerungen, die sich wiederum in spürbar höheren
privaten Konsumausgaben niederschlagen (+3,5 Prozent). Im Ergebnis wächst die
US-Wirtschaft 2017 um 3,4 Prozent und damit um gut einen Prozentpunkt stärker als bislang
angenommen.
Weil der fiskalische Impuls auf eine bereits seit sieben Jahren im Aufschwung befindliche
und nahe der Kapazitätsgrenze agierende Wirtschaft trifft, führt er allerdings auch zu
steigenden Inflationsraten. Ende des Jahres 2017 liegt die Inflation bei mehr als 3 Prozent.
Die US-Notenbank sieht sich daher zu deutlich schnelleren und stärkeren Zinsanhebungen
gezwungen, obwohl sie grundsätzlich ihrer moderaten Linie treu bleibt. Das höhere
Wachstum, steigende Inflationserwartungen und ein weiterer Anstieg der Langfristzinsen
stärken außerdem den Dollar: Der reale handelsgewichtete Wechselkurs steigt um 14,5
Prozent und damit ähnlich stark wie im Jahr 2015.
Doch steigende Inflation, steigende Zinsen und ein starker Dollar fordern ihren Tribut:
Bereits im Laufe des Jahres 2018 dürfte die Wirtschaft spürbar an Dynamik verlieren, und
für das Jahr 2019 ist mit einem konjunkturellen Abschwung zu rechnen: Schlechtere
Exportaussichten und der abflauende private Verbrauch führen schließlich zu einer
Verringerung der Investitionsneigung, die per Saldo stärker ist als die noch fortdauernden
positiven Effekte höherer Infrastrukturinvestitionen. Nach einem Zuwachs des BIP um
immer noch 2,5 Prozent im Jahr 2018 tritt die US-Wirtschaft im Jahr 2019 auf der Stelle.
Negative Auswirkungen des starken Dollar auf die Weltwirtschaft und insbesondere die
Schwellenländer mit der Folge einer weiteren Eintrübung der Exportaussichten sind in
diesem Szenario noch nicht berücksichtigt.
Geteiltes Bild
Insgesamt ergibt sich also ein geteiltes Bild. Vieles spricht zunächst für die an den Finanzmärkten
derzeit gehandelte Erwartung eines deutlichen Wachstumsschubs im Jahr 2017. Deutsche
Exportunternehmen sollten allerdings weiter blicken und auch die signifikante Gefahr eines
mittelfristig bevorstehenden konjunkturellen Abschwungs einkalkulieren.
Die Staatsverschuldung der USA dürfte übrigens bereits im Jahr 2019 bei knapp 115 Prozent des
BIP liegen (aktuell: 106 Prozent) – dieser Umstand stellt angesichts der weiterhin unangefochtenen
Rolle der USA als „sicherer Hafen“ in Krisenzeiten allerdings keinen Grund zur Besorgnis dar
(zumindest nicht für die absehbare Zukunft).
Über den Autor
Axel D. Angermann (Foto) analysiert als Chef-Volkswirt der Feri-Gruppe die konjunkturellen und
strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte. Diese Daten bilden
die Grundlage für die strategische Ausrichtung der Feri-Vermögensanlagen. Angermann
verantwortet seit 2008 die von Feri erstellten Analysen und Prognosen für die Gesamtwirtschaft
sowie einzelne Branchen.
Dieser Artikel erschien am 09.12.2016 unter folgendem Link:
http://www.dasinvestment.com/marktausblick-usa-trump-boom-koennte-sich-als-strohfeuer-erweisen/
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