stellungnahme Vorläufige Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Normierung eines Wahlrechts bei der Trennungsgeldgewährung – Änderung des Bundesumzugskostengesetzes (BUKG) 25.10.2016 Wahlrecht zwischen Trennungsgeld und Umzugskosten: Vereinbarkeit von Beruf und Familie in allen Ressorts verbessern Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßt, dass rund 13 Jahre nach der erstmaligen Gewährung eines Wahlrechts zwischen Trennungsgeld (TG) und Umzugskostenvergütung (UKV) im Verteidigungsressort nunmehr eine Rechtsgrundlage geschaffen werden soll. Auf Grund der vergleichbaren Interessen- und Belastungslage in anderen Ressorts ist die diskutierte Normänderung indes noch verbesserungsbedürftig. 1 Zusammenfassung Sowohl in hoheitlichen, wie auch in zwischenzeitlich privatisierten Einsatzbereichen sind Beamtinnen und Beamte grundlegenden Organisationsveränderungen und häufigen Versetzungen ausgesetzt (siehe 2.). Dies ist kein Alleinstellungsmerkmal des Verteidigungsressorts. Vor diesem Hintergrund ist es äußerst begrüßenswert, eine für alle Ressorts geltende Regelung zu entwickeln. Die vorliegende Regelung steht jedoch unter dem Vorbehalt des haushaltsseitigen Einvernehmens des BMF. Durch diesen Haushaltsvorbehalt ist aus unserer Sicht nicht gesichert, dass gleichgeartete dienstliche Belastungen auch gleichwertig kompensiert werden. Wir treten stattdessen für subjektive Rechtsansprüche der betroffenen Beamtinnen und Beamten ein (siehe 3.2). Das Mindeste, was die Beamtinnen und Beamten anderer Ressorts als dem BMVg erwarten können, ist ein „Mobilitätszuschuss“, der Beamtinnen und Beamte aus Bereichen mit Organisationsänderungen oder besonderer Versetzungshäufigkeit gewährt wird, wenn kein Einvernehmen mit dem BMF erzielt wird. Wenn eine Beamtin oder ein Beamter nicht umzieht, weil dem Hindernisse gleich welcher Art entgegenstehen, dann spart der Dienstherr hierdurch derzeit Aufwendungen, die er sonst für die Umzugskostenvergütung hätte aufwenden müssen. Es ist nur sachgerecht, diesen Betrag an die Beamtinnen und Beamten auszukehren, um deren Kosten der fortbestehenden häuslichen Trennung zu kompensieren (siehe 3.2.4.). Überdies weist der Entwurf mehrere Begriffliche Unschärfen auf, die wir im Interesse einer reibungsarmen Rechtsanwendung zu beseitigen anregen. Verantwortlich: Dr. Karsten Schneider, Leiter der Abteilung Öffentlicher Dienst und Beamtenpolitik Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand Abt. Öffentlicher Dienst und Beamtenpolitik [email protected] Telefon: 030 24060-450 Telefax: 030 24060-266 Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin www.dgb.de/beamte Seite 2 von 6 der Vorläufige Stellungnahme vom 25.10.2016 2 Allgemeine Bemerkungen 2.1 Bedarfe quer durch alle Ressorts Für viele Beamtinnen und Beamte im Bereich des Bundeseisenbahnvermögens, der Deutschen Bahn AG und dem Eisenbahnbundesamtes sind Restrukturierungen alles andere als ein Fremdwort. Die zugewiesenen Beamten und Beamtinnen im DB Konzern sehen sich aufbauorganisatorischen Änderungen im Unternehmen/Betrieb des DB Konzerns ausgesetzt. Oftmals sind sie hierdurch gezwungen, ihre bisherige Beschäftigung aufzugeben. Sie müssen sich einer neuen Tätigkeit zuwenden, da sie einen Umzug als Folge der „Zentralisierung“, „Neuausrichtung“ oder „Umstrukturierung“ – nur um einige Schlagworte der vergangenen Jahre zu benutzen – familienbedingt scheuen. Wir messen eine Neuregelung daran, ob auch diese Zielgruppe erreicht wird. Das gilt ebenso für die Bundespolizei, in der heimatferne, familientrennende Verwendungen charakteristisch sind. So gaben beispielsweise in der „Klartext-Studie“ der Technischen Universität Chemnitz 57,8 % der Befragten an, bis zu 5 Jahre heimatfern verwendet zu werden (mehr als 90 Minuten einfache Fahrt zum Dienstort), 19,9 % bis zu 10 Jahre und 19,77% sogar zwischen 11 und 20 Jahren. 79,6 Prozent gaben an, dass die Belastung der Familien von Bundespolizisten durch mehrmalige Wohnungswechsel aufgrund von Versetzungen sehr groß (53,4%) oder zumindest groß (26,2%) sei. 2.2 Veränderte Rahmenbedingungen Die das frühere Umzugsrecht tragende Vorstellung, dass „der Beamte“ der Alleinverdiener ist, dessen Familie ihm wegen der Residenzpflicht an jeden neuen Dienstort folgt, ist weit überholt. Typisch ist der Doppeleinkommenshaushalt, woraus sich auch Rücksichtnahmen auf die beruflichen und schulischen Ansprüche sowie das soziale Kontaktfeld der Familienmitglieder ergeben. Vielfach kommt es auch zu Umzugshindernissen, die in der Hochpreisstruktur (vor allem auf dem Wohnungsmarkt, ablesbar am Mietspiegel) bestimmter Dienstbereiche liegen. Anders ausgedrückt: Beamtinnen und Beamte können sich den Verlustverkauf einer Immobilie in Brandenburg und einen Umzug nach Frankfurt/Main ohne bezahlbaren Wohnraum einfach nicht leisten, wenn sie nach A 7 oder A 8 besoldet werden. Das Umzugskosten- und Trennungsgeldrecht muss diesen veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Die Schaffung einer Wahloption ist daher ausdrücklich zu begrüßen. Sie muss jedoch zu einer Wahloption der Beamtinnen und Beamten gestaltet werden. 3 Anmerkungen im Einzelnen (§ 3 BUKG) Vorgesehen ist, § 3 Bundesumzugskostengesetz durch einen Absatz 3 zu ergänzen, der es der obersten Dienstbehörde ermöglicht, im haushaltsseitigen Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen festzulegen, dass die Zusage der Umzugskostenvergütung für einen Zeitraum von zwei Jahren vom Zeitpunkt der Personalmaßnahme an nicht wirksam wird, Seite 3 von 6 der Vorläufige Stellungnahme vom 25.10.2016 der/die Beamtin durch Erklärung der Umzugswilligkeit diese Wirksamkeit jedoch herbeiführen kann. Voraussetzung ist, dass der festgelegte Bereich eine besondere Versetzungshäufigkeit aufweist oder von wesentlichen Restrukturierungen betroffen ist. 3.1 Entwurf bietet keine „dauerhafte“ Wahlmöglichkeit Schon für den Bereich des BMVg selbst bleibt diese Formulierung hinter den Erwartungen zurück. Denn im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es auf S. 123: „Darüber hinaus werden wir die Wahlmöglichkeit zwischen der Gewährung von Trennungsgeld und Zusage der Umzugskostenvergütung dauerhaft schaffen.“ Die beabsichtigte Neuregelung enthält jedoch keine dauerhafte Wahlmöglichkeit. Je nach Haushaltslage kann die Wahlmöglichkeit den betroffenen Beschäftigten (wieder) verwehrt werden. Die Formulierung „Belange des Haushalts dürfen dem nicht entgegenstehen“ ist daher abzulehnen. Unter „Belange des Haushalts“ fiele auch, aus den Titeln pauschale Minderausgaben erwirtschaften zu wollen. Das kann kein sachgerechtes Kriterium sein, um über eine Wahloption zwischen Umzugskosten und Trennungsgeld zu entscheiden. 3.2 Für unmittelbare Rechte der BeamtInnen 3.2.1 Individueller Anspruch statt BMF-Vorbehalt Vor diesem Hintergrund fordern wir, dass nicht der Bundesminister der Finanzen über die Option bestimmt, sondern die Beamtinnen und Beamten die alternative Trennungsgeldgewährung auslösen können durch die bloße Angabe, dass aus weiter gefassten familiären Gründen ein Umzug des Beamten/der Beamtin und seiner/ihrer Familie nicht zumutbar ist. Umzugskosten und Trennungsentschädigung sind Ausdruck der verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorge. Daher muss es dem Beamten und der Beamtin auch ermöglicht werden, die Aussetzung und alternative Trennungsgeldgewährung selbst zu beantragen und ggf. verwaltungsgerichtlich überprüfen zu lassen. Vorsorglich für den Fall, dass unserem Einsatz für ein unmittelbares subjektives Wahlrecht der Beamtinnen und Beamten nicht gefolgt werden sollte, regen wir die unter 3.2.2 bis 3.2.4 dargelegten Änderungen an. 3.2.2 Widerrufbarkeit der „Umzugswilligkeit“ Nach dem Entwurf wird die Zusage der Umzugskostenvergütung im Fall von Abs. 3 Satz 1 wirksam, wenn Berechtigte innerhalb von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt der Personalmaßnahme schriftlich oder elektronisch erklären, dass sie umzugswillig sind. Diese Erklärung sollte widerrufbar sein, um in Störfällen den vorherigen Zustand der verlängerten Trennungsgeldgewährung wieder aufleben zu lassen. Seite 4 von 6 der Vorläufige Stellungnahme vom 25.10.2016 Anders als es der Begriff „umzugswillig“ nahe legt, liegt es nicht allein am Willen eines Beamten oder einer Beamtin, ob ein Umzug realisierbar ist. Selbst wenn in hochpreisigen Ballungszentren eine Wohnung gefunden ist, können sich noch Leistungsstörungen im Mietoder Kaufrecht ergeben, die den tatsächlichen Umzug vereiteln. Oder die dringend benötigte Betreuung für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige lässt sich nicht realisieren. Treten solcherlei Hindernisse auf, muss die Möglichkeit bestehen, die „Umzugswilligkeit“ auch wieder zu widerrufen. 3.2.3 Formulierung „für ihren Bereich insgesamt oder teilweise“ Der Entwurf sieht vor, dass die oberste Dienstbehörde „für ihren Bereich insgesamt oder teilweise“ die zweijährige Nichtwirksamkeit der Umzugskostenzusage festlegt. Der Begriff „teilweise“ ist zu unpräzise. Die Begründung dazu ist widersprüchlich. An dieser Stelle spricht die Begründung von der „gesamte[n] Behörde als auch Teile[n] derselben“. An anderer Stelle, bei der Auslegung des Begriffs „festgelegter Bereich“ in Abs. 3 Satz 3 in Kombination mit Ziffer 1 spricht sie von „Häufigkeit der Versetzungen in der Behörde“. In letztgenannten Fall ist der kleinstmögliche Bereich offenbar eine Behörde, im erstgenannten Fall kann der festgelegte Bereich auch lediglich ein Teil einer Behörde sein. Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass bei der Festlegung des Bereichs auch die Personalräte der obersten Dienstbehörden zu beteiligen wären, da es sich um eine Verwaltungsanordnung für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches handelt (§ 78 (1) Nr. 1 BPersVG). 3.2.4 Mobilitätszuschuss bei Umzugshindernis Wenn das BMF das Einvernehmen nicht erteilt oder die oberste Dienstbehörde kein Wahlrecht zwischen Trennungsgeld und Umzugskostenvergütung anstrebt, haben Beamtinnen und Beamte trotz wesentlicher Restrukturierungen oder besonderer Versetzungshäufigkeit durch den vorliegenden Entwurf keinerlei Verbesserungen in ihrer belasteten Situation. Wenn behauptet werden soll, dass die vorliegende Änderung mehr als eine Rechtsgrundlage für die BMVg-Praxis ist und auch BeamtInnen anderer Ressorts Verbesserungen bietet, dann muss es aus unserer Sicht für die o.g. Gruppe von BeamtInnen eine Kompensation geben. Wenn eine Beamtin oder ein Beamter nicht umzieht, weil dem Hindernisse gleich welcher Art entgegenstehen, dann spart der Dienstherr hierdurch derzeit Aufwendungen, die er sonst für die Umzugskostenvergütung hätte aufwenden müssen. Es ist nur sachgerecht, diesen Betrag an die Beamtinnen und Beamten auszukehren, um deren Kosten der fortbestehenden häuslichen Trennung ein Stück weit zu kompensieren. Wir treten daher für einen „Mobilitätszuschuss“ ein, der Beamtinnen und Beamte aus Bereichen mit Organisationsänderungen oder besonderer Versetzungshäufigkeit gewährt wird und deren hypothetischer Umzugskostenvergütung entspricht. Dieser Betrag kann ggf. in mehrere Zahltranchen aufgeteilt werden. 3.3 Voraussetzung „wesentliche Restrukturierung“ Der Begriff „wesentliche Restrukturierungen“ ist aus unserer Sicht vor allem im Militär gebräuchlich und daher für die beabsichtigte ressortübergreifende Regelung weniger geeignet. Seite 5 von 6 der Vorläufige Stellungnahme vom 25.10.2016 Zutreffender wäre, von Organisationsänderungen oder der Auflösung oder einer wesentlichen Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Behörde oder der Verschmelzung von Behörden (§ 28 Abs. 3 Satz 1 BBG) zu sprechen. In diese Richtung weist auch die Entwurfsbegründung, die jede die „Struktur der Behörde verändernde organisatorische Maßnahmen mit räumlichen Verlagerungen größeren Umfanges“ als tatbestandsgemäß ansieht. Eine dementsprechende Präzisierung des Gesetzestextes wäre der einheitlichen Rechtsanwendung sehr dienlich. Dadurch könnten auch Organisationsänderungen wie die Reformen der Bundespolizei oder der Deutschen Bahn mit ihren Auswirkungen auf die Beamtinnen und Beamten des Bundeseisenbahnvermögens erfasst werden. Ebenfalls sachgerecht wäre dieser Terminus für ressortübergreifende Strukturveränderungen wie bei der IT-Konsolidierung, für die Bildung neuer Behörden oder für Behördenumzüge wie beim BND. 3.4 Voraussetzung „besondere Versetzungshäufigkeit“ Höchst fragwürdig ist überdies die Begriffsbestimmung „besondere Versetzungshäufigkeit“. Nach der Entwurfsbegründung soll von einer „besonderen Versetzungshäufigkeit“ auszugehen sein, wenn diese aufgrund der besonderen Struktur der Behörde über das normale Maß der Fluktuation anderer Behörden hinausgeht. Insbesondere könne eine besondere Versetzungshäufigkeit dann angenommen werden, wenn innerhalb eines Zeitraums von etwa zehn Jahren mindestens drei Versetzungen aus dienstlichen Gründen an einen anderen Ort als den bisherigen Dienstort ausgesprochen wurden und die Häufigkeit der Versetzungen in der Behörde der Regelfall ist. Mit anderen Worten soll also offenbar Voraussetzung sein, dass es innerhalb der letzten zehn Jahre bei mehr als 50 Prozent der Beamtinnen und Beamten des festgelegten Bereichs (also eines Ressorts insgesamt oder im kleinsten Falle einer einzelnen Behörde) zu drei oder mehr Versetzungen gekommen ist. Diese Regelung knüpft in keiner Weise an tatsächliche Belastungen an. Ein rückwirkender Betrachtungszeitraum von zehn Jahren bietet noch keinen Anhaltspunkt, wie hoch die Versetzungshäufigkeit in der Zukunft sein wird. Betrachtet man die zurückliegenden Jahre, dann wird deutlich, dass Prognoseentscheidungen oftmals fehl gingen. Dem Wesen des Umzugs- und Trennungsgeldrechts ist es fremd, die Ansprüche einzelner Beamtinnen und Beamten an der Häufigkeit einer Versetzung in einer bestimmten Bezugsgruppe fest zu machen. Es erscheint daher keineswegs sachgerecht, dem einzelnen Beamten/der einzelnen Beamtin eine Wahloption zu verwehren, nur weil nicht mindestens 50 Prozent seines/ihres ganzen Bereiches von "besonderer" Versetzungshäufigkeit betroffen ist, sondern nur er/sie selbst. Überdies ist die Heranziehung der Versetzungshäufigkeit in den letzten zehn Jahren schon deshalb kein geeignetes Kriterium, weil dazu empirische Daten überwiegend nicht vorhanden oder abrufbar sind. So liegt es beispielsweise im Bereich der Bundespolizei. Seite 6 von 6 der Vorläufige Stellungnahme vom 25.10.2016 Aus diesem Grund sollte als Kriterium ausreichen, dass es aus in der Natur der jeweiligen Verwaltung bzw. der betreffenden Laufbahn liegenden Gründen typischerweise zu häufigeren ortsverändernden Personalmaßnahmen kommt als in der allgemeinen inneren Verwaltung des Bundes. 3.5 Einbeziehung von Umsetzungen Die beabsichtigte Gesetzesänderung stellt nur auf Versetzungen ab, obwohl es auch Bereiche des öffentlichen Dienstes mit einer hohen Zahl an umzugskostenrelevanten Umsetzungen. Maßnahmen, bei denen der Beamte ohne Wechsel der Behörde seine Tätigkeit an einem anderen Ort und auf einem anderen Dienstposten auszuführen hat, sind keine Versetzungen, sondern Umsetzungen. Von häufigen umzugskostenrelevanten Umsetzungen sind beispielsweise Kolleginnen und Kollegen in der Bundespolizei betroffen, weil hier räumliche Zuständigkeitsbereiche sich durchaus über mehrere Bundesländer erstrecken können. Wir bitten daher dringend darum, neben dem Wort „Versetzungen“ auch die Wörter „oder Umsetzungen“ aufzunehmen.
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