BR Deutschland anno 2016: Pfaffen statt

BR Deutschland anno
Pfaffen
Polizeipsychologen
2016:
statt
Der
Kulturwissenschaftler &
Journalist Siegfried R.
Krebs von Freigeist
Weimar
macht
eine
Bestandsaufnahme
(Bildquelle: thueringen. polizeiseelsorge.org):
BR Deutschland anno 2016: Pfaffen statt
Polizeipsychologen
WEIMAR. (fgw) Seit deutlich mehr als 100 Jahren gibt es den
Beruf des Psychologen und seit den 1920er Jahren in
Deutschland sogar Polizeipsychologen. Doch die bundesdeutschen
Polizeibehörden halten es anscheinend mehr mit der
vorwissenschaftlichen Vergangenheit und setzen damit die
unheilige Verquickung von Staat und Kirche(n) – ganz im
Gegensatz zur seit 1919 gebotenen Trennung von Staat kund
Kirche
–
fort.
Stichworte
„Polizeipfarrer“
und
„Polizeiseelsorge“.
Die Tageszeitung „Junge Welt" machte am 5. Dezember 2016 auf
diese Thematik aufmerksam. Unter der Überschrift
»Minilagezentrum für Seelsorge« mit der Unterzeile „25
evangelische und katholische Pfarrer begleiten die Polizei
beim OSZE-Treffen und G-20-Gipfel" schrieb Kristian Stemmler
u.a.:
„Gut 40 Jahre ist es her, dass evangelische Pastoren im Talar
bei den Anti-AKW-Demos in Brokdorf mitmarschierten. Das ist
lang her, heute muss man nach linken Geistlichen mit der Lupe
suchen. Dass unter den Kritikern der beiden Gipfeltreffen in
Hamburg bisher keine Kirchenvertreter auszumachen sind,
überrascht also nicht. (…)
So wenig von den Protestanten und Katholiken an Gipfelkritik
zu hören ist, so engagiert bereiten sich beide großen Kirchen
darauf vor, den Tausenden Polizeibeamten, die bei OSZE und
G-20 die Mächtigen und ihre Entourage schützen, geistlichen
Beistand zu leisten. Der Evangelische und der Katholische
Pressedienst (epd, KNA) bejubelten in der vorvergangenen Woche
unisono den Einsatz von Polizeiseelsorgern beim OSZE-Gipfel.
Dazu muss man wissen, dass es in allen Bundesländern und bei
der Bundespolizei Seelsorger gibt, die Beamte bei und nach
belastenden Einsätzen betreuen sollen. Sie werden vom Staat
bezahlt oder zumindest subventioniert. Zum OSZE-Gipfel sollen
laut KNA etwa 25 evangelische Pastoren und katholische
Pfarrer, Diakone und Pastoralreferenten aus dem Bundesgebiet
im Einsatz sein. Man sehe dies als Generalprobe für den G-20Gipfel, wird der katholische Hamburger Polizeidiakon Marc
Meiritz zitiert. (…)
Als Vermittler [zwischen Polizisten und Demonstranten; SRK]
sehen sich die Geistlichen nicht. Wenn Beamte angepöbelt
würden, dann habe er keinen Grund, mit den Demonstranten zu
reden, seine Gemeinde seien dann die Einsatzkräfte, sagte
Klein der KNA. Das entspricht dem von der »Konferenz
Evangelischer Polizeipfarrerinnen und Polizeipfarrer« im April
2004 formulierten Selbstverständnis. Die Evangelische Kirche
wisse, heißt es da, »dass friedliches gesellschaftliches
Zusammenleben aufgrund der Sündhaftigkeit des Menschen ohne
eine autorisierte Ordnungsmacht nicht möglich ist. Im
demokratischen Gemeinwesen kommt diese Aufgabe der an Recht
und Gesetz gebundenen und politisch kontrollierten Polizei
zu«.
Angesichts der »Sündhaftigkeit des Menschen« können ja auch
Polizisten bei Demos und anderen Einsätzen auf Abwege geraten
– aber das kommt da nicht vor."
Da stellen sich doch einem glatt drei Fragen:
Erstens, wozu diese Verquickung zwischen den der „Bibel"
(Stichwort „Sündhaftigkeit") verpflichteten Klerikern „mit der
an Recht und Gesetz gebundenen und politisch kontrollierten
Polizei" und das ausgerechnet „im demokratischen Gemeinwesen"?
Geht es da nicht wohl mehr darum, von der Gesellschaft
eigentlich nicht benötigten Theologen ein auskömmliches
Einkommen aus öffentlichen Mitteln zu sichern?
Zweitens, wenn Polizisten dienstbedingt Probleme mit ihren
Einsätzen, egal ob gegen Kriminelle oder auch friedliche
Demonstranten,
haben
sollten,
wären
dann
nicht
wissenschaftlich geschulte Psychologen die besseren
Ansprechpartner? Auch weil diese nicht einseitig orientiert
sind, sondern alle beteiligten Seiten würdigen müssen.
Außerdem, sollte ein Polizist (Sind eigentlich alle Polizisten
formales oder praktizierendes Mitglied einer christlichen
Kirche? Nimmt man politisch Nicht- und Andersgläubige in
Bundesdeutschland immer noch nicht zur Kenntnis?) persönliche
Probleme haben, so stehen ihm doch, wie jedem Staatsbürger
auch, alle möglichen kirchlichen Stellen offen. Wohlgememerkt
außerhalb des Dienstes, denn eine Staatskirche besteht ja seit
der Weimarer Reichsverfassung von 1919 nicht mehr.
Drittens
und
vor
allem,
wo
bleibt
in
diesem
„Selbstverständnis" der Polizeipfaffen die immer wieder
beschworene „christliche Nächstenliebe", gar die ebenfalls
angeblich dem Christentum innewohnende „Feindesliebe"?
Weitere Frage mag sich jeder selbst stellen!
Siegfried R. Krebs
Nachtrag:
So wirbt im Internet (thueringen.polizeiseelsorge.org) die
katholische Polizeifürsorge in Thüringen für sich; man beachte
den hervorgehobenen Absatz und stelle sich dann weitere
Fragen:
„Die katholische Polizeiseelsorge in Thüringen begleitet die
Frauen und Männer der Polizei bei Schwerpunkteinsätzen.
Darüber hinaus biete ich Ihnen Begleitung und Hilfestellung
nach belastenden Einsätzen und Erlebnissen an. In allen
persönlichen oder beruflichen Fragen stehe ich Ihnen für
individuelle Gespräche zur Verfügung. Vertraulichkeit dabei
ist gesichert.
Der berufsethische Unterricht, der von der Polizeiseelsorge
verantwortet wird, ist ein wichtiges Forum, grundlegende
Maßstäbe für polizeiliches Handeln im kritischen Dialog zu
erörtern und zu vermitteln.
Die Zusammenarbeit mit unseren evangelischen Kollegen ist
selbstverständlich und hilfreich.
Ihr Polizeiseelsorger“
07.12.2016
Von: Siegfried R. Krebs
Link zum Originalartikel bei Freigeist Weimar