Mammutaufgaben für die Verwaltungsgerichte

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
25. November 2016
Pressemitteilung
Mammutaufgaben
für die Verwaltungsgerichte
Auf Einladung des Präsidenten am Verwaltungsgericht Ansbach, Olgierd Adolph, fand
am 24. November 2016 in Ansbach die 6. Tagung der Bayerischen Verwaltungsgerichtspräsidenten zum Thema Asyl statt.
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Der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und die Präsidenten der Bayerischen Verwaltungsgerichte haben zusammen mit der zuständigen Abteilungspräsidentin Frau Gräfin Praschma und deren Stellvertreter Herrn Ltd. RD Henning des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die aktuelle Situation der Flüchtlinge und deren Verfahren vor dem Bundesamt und den Verwaltungsgerichten erörtert.
Frau Gräfin Praschma informierte die Verwaltungsgerichte über die personelle Situation
beim Bundesamt, die dort anhängigen und in den nächsten Monaten zur Entscheidung
kommenden Asylverfahren sowie über die Probleme bei der Rückführung abgelehnter
Asylbewerber. Die Tatsache, dass beim Bundesamt aktuell mehr Verfahren entschieden werden als neue Verfahren eingehen, führt nach Einschätzung der Beteiligten dazu, dass bei den Verwaltungsgerichten die Eingänge drastisch steigen werden. Allein im
Zuständigkeitsbereich der Bayerischen Verwaltungsgerichte seien derzeit knapp 26.000
Asylverfahren beim Bundesamt anhängig, bei denen die Antragsteller als Herkunftsland
Syrien oder Afghanistan angaben. Es gehe in einer Vielzahl von Fällen um sog. „Aufstockerklagen“, also um Asylverfahren, bei denen die Kläger bereits Schutz vom Bundesamt oder in einem anderen europäischen Land erhalten haben, aber wegen des
Familiennachzuges einen erhöhten Schutzstatus erreichen wollen. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat erst am 23. November 2016 eine solche Klage als
unbegründet abgelehnt. Eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes
in dieser Frage wird am 6. Dezember 2016 erwartet.
Sorgen bereiten nach wie vor die sog. Dublin-Verfahren. Das sind Verwaltungsverfahren von Personen, die in einem anderen europäischen Staat einen Asylantrag gestellt
haben, aber bereits während des laufenden Verfahrens oder nach dessen Abschluss
nach Deutschland weiter gezogen sind und nun hier einen Asylantrag stellen. In diesen
Fällen ist grundsätzlich der europäische Staat, in dem der erste Asylantrag gestellt wurde, zuständig und der jeweilige Antragsteller wird dorthin abgeschoben. Dagegen kann
er mit Klage und Eilantrag zum Verwaltungsgericht vorgehen. In diesem Bereich gibt es
weiterhin eine Vielzahl von offenen rechtlichen Fragen. Die Verwaltungsgerichte sind
der Auffassung, dass das Bundesamt in diesem Bereich personell unterbesetzt sei. Im
Zuständigkeitsbereich der sechs bayerischen Verwaltungsgerichte sind derzeit beim
Bundesamt etwa 70.000 Verfahren anhängig.
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Ein weiterer Schwerpunkt der Besprechung war die Vorlage elektronischer Akten durch
das Bundesamt, die nach Einschätzung der Beteiligten sehr gut und effizient auf den
Weg gebracht worden ist sowie die unmittelbar bevorstehende Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs. Das Verwaltungsgericht Ansbach und das Bundesamt werden
in der nächsten Zeit testen, inwieweit die technischen Voraussetzungen dafür vorliegen,
dass Vertreter des Bundesamtes mittels Videokonferenztechnik an mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht teilnehmen können.
Verständigt haben sich die Präsidenten und das Bundesamt auf eine weiterhin enge
Zusammenarbeit in allen Bereichen. Das Bundesamt wird für jedes der bayerischen
Verwaltungsgerichte einen persönlichen Ansprechpartner benennen, um die bislang bereits sehr gute Kommunikation beizubehalten.
In der darauf folgenden internen Besprechung stand erneut die Personalausstattung bei
den erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten im Vordergrund. Angedacht ist eine gleichmäßige Erhöhung der Richterstellen an allen sechs Verwaltungsgerichten im nächsten
Jahr, um die bevorstehende Mammutaufgabe der auch nur ansatzweise zeitnahen Bewältigung der bereits anhängigen und bevorstehenden Asylklagen auch nur einigermaßen zu bewältigen, ohne dass die Laufzeiten in den sog. klassischen Verwaltungsverfahren – wie etwa in baurechtlichen Genehmigungsverfahren oder im Gewerberecht –
weiter und dauerhaft ansteigen.
Präsident Adolph und Präsident Emmert berichteten ihrer Kollegin aus München und
den anderen Kollegen über das vorläufige Ergebnis der sogenannten PEBB§YErhebung. Mit diesem Verfahren wurden im ersten Halbjahr 2016 an den Verwaltungsgerichten Ansbach und Würzburg die Bearbeitungszeiten für die verschiedenen Verfahren im Verwaltungsrecht und im Asylverfahren ermittelt.
Die von Präsident Adolph ins Leben gerufene Asyltagung der Präsidenten der Bayerischen Verwaltungsgerichte findet zweimal im Jahr statt. Tagungsort ist regelmäßig Ansbach. Die nächste Tagung ist für den 6. April 2017 eingeplant.
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Auf dem beigefügten Foto sind die Teilnehmer der Tagung abgebildet (von links nach
rechts):
Olgierd Adolph (VG Ansbach), Dr. Thomas Boese (VG Bayreuth), Stephan Kersten
(Bayersicher Verwaltungsgerichtshof), Gräfin Praschma (Bundesamt), Andrea Breit (VG
München), Matthias Henning (Bundesamt), Dr. Nikolaus Müller (VG Augsburg), Rudolf
Emmert (VG Würzburg), Alfons Mages (VG Regensburg) und Präsidialrichter Martin
Scholtysik (BayVGH).
Ariane Bayer
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