MasshaltenTexte oF

Maßhalten
Philosophische Matinee: Berlin, den 04.12.2016, 11-13 Uhr
Veranstaltungsort: Chausseestraße 108, bei Cavezzan
E-Mail: [email protected]
www.massundmitte.de
Vieles deutet darauf hin, dass Weisheit die Kunst ist, in allem das richtige Maß zu treffen.
Aber wie macht man das? Oder wie mein philosophischer Lehrer Werner Marx in seinem
Alterswerk gefragt hat: “Gibt es auf Erden ein Maß?” (Hölderlin)
Nichts zu sehr!
Apollontempel in Delphi
Maß und Mitte bewahren - das ist die höchste Weisheit. Sie ist selten geworden, seit langem schon.
Konfuzius
“Diese Pythagoreer richteten ihr Augenmerk darauf, dass ihr Körper stets in derselben Verfassung
wäre und nicht etwa bald mager, bald fett. Denn das hielten sie für ein Zeichen ungleichmäßiger
Lebensweise. Aber ebenso beherrschten sie ihre Seelenverfassung. Sie waren nicht bald heiter, bald
niedergeschlagen, sondern ihr Wesen war <stets> gleichmäßig, von einer gehaltenen Freudigkeit
getragen. Sie mieden <daher> Zornausbrüche, Niedergeschlagenheit und Aufregungen. … Wenn es
ihnen aber doch einmal widerfuhr, dass sie in Zorn oder Kummer oder ähnliche Gemütsbewegungen
gerieten, dann gingen sie in die Einsamkeit, und dort versuchte ein jeder, mit sich allein ins Gericht
gehend, seine Leidenschaft zu meistern und zu heilen … niemals züchtigte einer von ihnen einen
Sklaven im Zorn oder wies einen der Freien zurecht, sondern jeder wartete die Wiederherstellung
seines seelischen Gleichgewichtes ab … Denn sie suchten Fassung in Geduld zu erringen, indem sie
sich schweigend und ruhig verhielten.”
Iamblichos von Chalkis, griechischer Philosoph aus dem 3./4. Jh. n. Chr.
“Weder freu dich in der Freude, noch zergräme dich im Leid
übermäßig und vergiss nicht, welchen Takt das Leben hält!”
Archilochos, griechischer Dichter aus dem 7. Jh. v. Chr.
“Darum muss der Mensch bei allem, was er tut, immer und überall zu wägen wissen, als trüge er eine
Waage bei sich. Ist die Waage ungenau, so mag die Seite, wo Schweres hängt, emporschnellen, so dass
man meinen könnte, es sei leicht, indes die Seite, wo Leichtes hängt, hinabsinkt, so dass man es für
gewichtig hält. So täuscht sich der Mensch im Hinblick auf das Gewicht der Dinge. Ist aber die Waage
des wägenden Verstandes ungenau, so mag sich sehr wohl hinter dem wünschenswert Erscheinenden
Unheil verbergen und doch für ein Glück gehalten werden; und ebenso mag sich hinter
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verabscheuungswürdig Erscheinendem Glück verbergen, indes man Unheil darin wittert. So täuscht
sich der Mensch im Hinblick auf Glück und Unheil.”
Xunzi, bedeutender chin. Philosoph aus dem 3. Jh. v. Chr.
„Sage nicht: ‚Es geht mir gut’, indem du dabei das Schicksal, das in dir steckt, vergießest. Der
Gottlose, der im Vertrauen auf die eigene Kraft hochmütig ist, dem bringt seine Gesinnung Schaden.
Der Stamm, der größer als sein rechtes Maß ist, von dem wird das Zuviel weggeschnitten. Das
Wasser, das sein Ebenmaß überschreitet, wird aus dem Feld entleert. Der Wind, der stärker als sein
Ebenmaß ist, bringt die Schiffe zum Scheitern.
Alles, was gut und ebenmäßig ist, ärgert seinen Herrn nicht. Alle Dinge, die das Ebenmaß halten,
sind schön, alle Dinge, die größer als ihr Ebenmaß, gehen zugrunde. Der große Gott (der Weisheit),
Thot, hat seine Waage gesetzt, um damit Gleichgewicht auf Erden zu schaffen. Er versteckt sein Herz
im Fleisch, damit sein Herr gleichmäßig sei. Ist der Weise nicht gleichmütig, reicht sein Wissen nicht
aus.“
Ägypten, Papyrus Insinger
„(Sokrates) Lieber Pan du (Gott der Natur), und alle ihr anderen Gottheiten dieser Stätte, möchtet ihr mir
verleihen schön zu werden im Innern; und dass all mein äußerer Besitz den inneren Eigenschaften nicht
widerstreitet. Reich möge mir dünken wer weise ist. An Goldes Last möge mir soviel zuteil werden als nur
eben der Verständige zu heben und zu tragen vermöchte.
Bedürfen wir sonst noch einer Sache, mein Phaidros? Für mich ist damit ein volles Maß erbeten.
(Phaidros): Schließe mich ein in dein Gebet. Denn gemeinsam ist was Freunden gehört.
(Sokrates): Gehen wir!“
Platon
„Echtheit ist der Weg des Himmels. Echt zu werden ist der Weg des Menschen. Der echte Mensch trifft
ohne Anstrengung das Rechte Maß, findet ohne Nachdenken, was er sucht, und da er mühelos den Rechten
Weg erreicht, gilt er als Weiser. Derjenige aber, der echt zu werden sucht, wählt aus das Gute und hält
beharrlich fest daran.“
Buch der Riten, Sitten und Gebräuche, bedeutendes chin. Weisheitsbuch
„Die Welt erobern und behandeln wollen,
ich habe erlebt, dass das misslingt.
Die Welt ist ein geistiges Ding,
das man nicht behandeln (machen) darf.
Wer sie behandelt (macht), verdirbt sie,
wer Sie festhalten will, verliert sie. ...
Darum meidet der Berufene
das Zusehr, das Zuviel, das Zugroß.“
Laotse, bedeutender chin. Philosoph
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