Zukunft der Mobilität in ländlichen Regionen Beitrag: "Verkehrsplanerische Gestaltung des öffentliche Raumes" - Kurzfassung Als öffentlicher Raum sind die Platz-, Verkehrs- und Parkflächen zwischen öffentlichen oder privaten Gebäuden bzw. Grundstücken definiert. Wir kennen dies jedoch eher im städtischen Bereich, bei dem der öffentliche Raum im engeren Sinn auf die Kommunikationsfläche reduziert wird. Im ländlichen Raum werden heutzutage primär die Straßen als öffentlicher Raum wahrgenommen. Straßen übernehmen hier zwei Funktionen: - Die Verbindungsfunktion um z.B. Orte mit Bezirkszentren miteinander zu verbinden, aber auch um innerhalb der ländlichen Regionen eine Verkehrsnetz zwischen Ortsteilen, Ortskern, Schulen etc. zur Verfügung zu stellen (angestrebt werden höhere Geschwindigkeiten). - Die zweite wichtige Funktion einer Straße ist die Aufenthaltsfunktion, sie definiert den öffentlichen Raum als Ort der Kommunikation (angestrebt werden geringere Geschwindigkeiten). Beide Funktionen weisen stark unterschiedliche Bedürfnisse auf, die zu einem Interessenskonflikt führen (siehe Anforderungen bei den Geschwindigkeiten). Diesen Konflikt muss eine umsichtige Verkehrs- und Ortsplanung verstärkt auch im ländlichen Raum, in einer ausgewogener Form lösen. Dazu gehören z.B. die Gestaltung der Plätze in Ortszentren, der Straßen im Ortsgebiet etc. Eine weitere zukünftige Herausforderung für den ländlichen Raum ist es, auch regionale Geh- und Radverbindungen inkl. Radabstellanlagen verstärkt als öffentliches Interesse zu sehen und diese vor allem im Interesse der Bewohner neu- bzw. auszubauen. Ausgangslage Land Oberösterreich: Das Kfz ist im ländlichen Raum das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel. Das zeigt sich auch in den Zahlen der Verkehrserhebung 2012. Im Modalsplit des Landes Oberösterreich lag Anteil Kfz-Nutzern (Lenker und Mitfahrer bei. ca. 68%). In der Stadt Linz lag dieser bei ca. 50% und bei den Bezirken im ländlichen Raum bei bis zu 75%. Interessenskonflikt einer Straße als öffentlicher Raum (Straßenraumgestaltung): Für den Interessenskonflikt zwischen der Aufenthaltsfunktion und der Verbindungsfunktion einer Straße gibt es mehrerer Lösungsansätze. Die klassische Trennung von Straße (Verbindungsfunktion) und Fußgängern (Aufenthaltsfunktion) durch Gehwege entspricht einer fixen Zuteilung des öffentlichen Raums unabhängig der vorhandenen Nachfrage. Neuere und zeitgemäße Ansätze sind die Reduktion der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auch bei Straßen mit überregionaler Verbindungsfunktion in Verbindung mit einer Straßenraumgestaltung, bei der verstärkt auch auf die Interessen von Fußgängern, Radfahrern etc. (Platzgestaltung) Rücksicht genommen wird. Bei einer guten Planung kann damit ein variabler öffentlicher Raum geschaffen werden (Gastronomie, Einkaufen etc.) in dem sich alle Verkehrsteilnehmer sicher und komfortabel bewegen können. Darauf aufbauend kann dieses Modell z.B. auch als Begegnungszone (Tempo 20/30) gestaltet bzw. verordnet werden. Bewegungszonen zeichnen sich durch eine noch stärkeren Mischung aller Verkehrsteilnehmer aus. Dies führt in weiterer Folge auch zu einer stärkeren Störung bzw. Bremswirkung für die Verbindungsfunktion der Straße im Bereich des Ortszentrums. Im Rahmen des Verkehrskonzeptes für den Großraum Linz wurde in zwei Orten in Oberösterreich untersucht, wie so eine Straßenraumgestaltung des öffentlichen Raumes an einer Straße mit überregionaler Bedeutung durchgeführt werden kann. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass in einem Fall die Rahmenbedingungen für eine Begegnungszone nicht gegeben sind (Steigung, Verkehrslichtsignalanlage). Für den zweiten Fall wurde ein Gestaltungsvorschlag ausgearbeitet, der eine Straßenraumgestaltung als "erweiterte Tempo30 Zone" (mit einer Führung der Fahrradfahrer gegen die Einbahn), aber auch mit geringen Adaptierungen (z.B. Beschilderung) als ausgewiesene "Begegnungszone" verkehrstechnisch möglich macht. Straßen und Fahrradwege zwischen Ortsteilen: Im ländlichen Raum sind Straßenverbindungen für den Kfz-Verkehr von besonders hoher Bedeutung, auch weil das Auto jetzt und auch zukünftig das wichtigste Verkehrsmittel für die Mobilität im ländlichen Raum ist. Bei einer zukunftsgerichteten Verkehrsplanung für den ländlichen Raum ist auch der Ausbau eines lückenloses Netzes (Routen) für den Fahrradsowie den E-Bike Verkehr anzustreben. Dies kann durch neue Fahrradverbindungen aber auch mit einer Führung im Mischverkehr (inkl. Temporeduktion für Kfz-Nutzer) erreicht werden. Ziel wäre ein vollständiges Netz zwischen den Siedlungsgebieten, dem Zentrum und Orten von besonderer Bedeutung (Bahnhöfe, Schulen, Freizeitstätten etc.). Schwerpunkt dieses Netzes soll dabei der Alltagsradverkehr (Pendler, Schüler, Einkaufen) sein. Für die ausgewiesenen Fahrradverbindungen sollen Grundsätze und Mindeststandards definiert werden. Dazu gehören eine Reduktion der zulässigen Höchstgeschwindigkeit für Kfz in Mischverkehrsabschnitten, Mindestbreiten von neuen Fahrradwegen, Definition der maximalen Steigung von 6% sowie eine geradlinige und direkte Linienführung. Wichtig dabei ist es, dass die Ansprüche der Radfahrer mit gleicher Priorität behandelt werden wie jene der Kfz-Nutzer. Gemeinden sollten sich auch mittels einer Leitlinie dazu bekennen, zumindest ein zusammenhängendes Grundangebot auch für den lokalen Fahrradverkehr zu schaffen. Wichtig dabei wäre es, dass für zukünftige Infrastrukturmaßnahmen rechtzeitig Grundstückssicherungen oder eine Definition von Bebauungsgrenzen etc. vorgenommen werden. Begleitend dazu sind sichere Fahrradabstellanlagen zu errichten. In den Ortskernen sind diese als einfache Bügel, an Bahnhöfen oder Schulen als komfortablere Fahrradabstellanlagen (Überdachung, Beleuchtung, Servicebox etc.) auszuführen. Dazu wurde im Rahmen des Verkehrskonzeptes des Landes Oberösterreich ein Modulsystem entwickelt, das variabel an die einzelnen Anforderungen angepasst und zukünftig z.B. bei Nutzungsveränderungen kostengünstig erweitert werden kann. Öffentlicher Verkehr, Park-and-Ride und Bike-and-Ride: Durch die Zersiedelung und die damit verbundenen geringen Einwohnerdichten im ländlichen Raum sind die Möglichkeiten, den öffentlichen Verkehr in einem volkswirtschaftlich vertretbaren Ausmaß stärker zu forcieren, eingeschränkt. Als ergänzende Alternative soll verstärkt auf Park-and-Ride aber auch Bike-and-Ride gesetzt werden. Gemeinden sollen im Interesse ihrer Bewohner P+R sowie B+R Stellplätze an wichtigen Haltestellen errichten bzw. die dafür notwendigen Flächen mittel- und langfristig sichern (z.B. als Verkehrsfläche, über den Flächenwidmungsplan). Im ländlichen Raum wird das Verkehrsverhalten derzeit vom Kfz-Verkehr bestimmt. Für die dadurch entstehenden Konflikte zwischen der Verbindungsfunktion einer Straße und der Aufenthaltsfunktion in den Ortszentren gibt es unterschiedliche Lösungsansätze für die Straßenraumgestaltung, die jedoch oft nur als bestmöglicher Kompromiss durchsetzbar sind. Bei einer modernen Verkehrsplanung im ländlichen Raum müssen auch alternative Verkehrsmittel (Fußgänger, Fahrrad, E-Bikes etc.) wieder stärker in den Fokus gerückt werden. Um dies zu erreichen ist es notwendig, dass neben der Erstellung eines gemeindeinternen verkehrlichen Masterplans auch Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen (z.B. Fahrradwege, Fahrradständer etc.) getätigt werden, aber auch Mut zur Reduktion von zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf Fahrradrouten, die im Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen geführt werden, sowie die Bereitschaft für eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit vorhanden sind.
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