Exposee zum X-Gespräch Sommersemester 2016 Emilio Klassen Wird eine tugendhafte Entscheidung durch den Induktionsfehlschluss irregeführt? Über die praktische Weisheit von Rosalind Hursthouse Die praktische Weisheit wird in dem Buch „On Virtue ethics“ von Rosalind Hursthouse dargestellt als eine Tugend, die alle anderen Tugenden vereint und ihren Besitzer uneingeschränkt gut macht. Das Buch von Hursthouse ist 2010 veröffentlicht worden und von Bedeutung für die Tugendethik. Meine Hausarbeit soll aus drei Teilen bestehen: Darstellung, Kritik und Rettung. Als erstes möchte ich in meiner Hausarbeit die praktische Weisheit von Hursthouse darstellen. Hursthouse beschreibt in ihrem Werk, welches richtiges Handeln nach der Tugendethik ist. Damit greift sie in dessen Grundlagen ein: „An action is right iff it is what a virtuous agent would characteristically (i.e. acting in character) do in the circumstances” (Hursthouse 2010: 28). Mit dem vollkommen tugendhaften Menschen erklärt Hursthouse also die richtigen Handlungen nach der Tugendethik. Es scheint eine Tautologie zu sein: tugendhaftes Handeln ist, wie ein tugendhafter Mensch zu handeln. Es scheint jedoch nur so und es ist Hursthouse zufolge anders. Die Charakterzüge des tugendhaften Menschen durchbrechen laut Hursthouse eine unendliche Verweiswiederholung. Diese Charakterzüge seien ferner die Tugenden. Nun setzt die praktische Weisheit ein. Über das ganze Buch verstreut, taucht immer wieder die „praktische Weisheit“ auf. Dabei zeichnen sich drei hauptsächliche Zusammenhänge zur praktischen Weisheit und eine Definition ab. Die definition ist: „[P]ractical wisdom [is] the ability to reason correctly about practical matters” (Hursthouse 2010: 154). Der erste Zusammenhang besteht Hursthouse zufolge mit dem Handeln als eine Tätigkeit unter Umständen. Die Situation bedinge immer das Handeln. Im Einklang befindet sich Hursthouse hier mit einigen Deontologen: sie betont, dass die Tugendethik moralische Regeln in der Form von v-rules aufstellen kann. Um in einer Situation zwischen Regeln zu entscheiden, müsse man sowohl jede Regel nach der Situation gewichten und abwiegen bei sich widerstreitenden Regeln, als auch die folgenden Fähigkeiten anwenden: moralische Sensibilität, Wahrnehmung und Vorstellungskraft – was praktische Weisheit bedeute (vgl. Hursthouse 2010: 54). Der zweite Zusammenhang ist theoretisch, nämlich, dass die praktische Weisheit das Bindeglied zwischen den Tugenden sei. Eine Tugend allein könnte nach Hursthouse sogar zum Laster werden. Tugenden als Charakterzüge zu haben bedeute, die praktische Weisheit zu besitzen. Der dritte Zusammenhang besteht mit dem Erlernen wollen des tugendhaften Handelns. Lebenserfahrung gibt Hursthouse zufolge einem Menschen subjektives Verständnis über die menschliche Natur bzw. darüber, wie das Leben der Menschen funktioniert. Dieses Verständnis sei praktische Weisheit. Damit schließe ich die Darstellung hier und in meiner Hausarbeit ab. Als zweites beginne ich nun damit den Induktionsfehlschluss von Hume darzustellen und die zwei Probleme zu beschreiben, in denen ich ihn meine zu erkennen. 1. In der modernen Welt verändern sich Zusammenhänge im Leben eines Menschen so schnell, dass die Lebenserfahrung in Quantität keine Orientierung gibt, um praktische Weisheit zu bekommen. Der Mensch der nach einer veralteten praktischen Weisheit handelt, der handelt nicht mehr tugendhaft, da seine Erfahrung nicht mehr auf den Moment zutrifft. 2. Macinyre hat eine Genealogie über die Tugendentwicklung geschrieben. Die Tugenden werden Macintyre zufolge an den aktuellen Bedürfnissen einer Gesellschaft entwickelt. Doch wären damit die Tugenden zum Nachhinken verurteilt und damit auch die praktische Weisheit, die an die Tugenden gekoppelt ist. Die Tugenden wären veraltet, da der Entstehungsprozess eine Verzögerung haben muss. Also würde eine veraltete praktische Weisheit wieder den Handelnden irreführen. Als drittes versuche ich die praktische Weisheit mit einem Text von Saugstad zu verteidigen. Der Text beschreibt eine an die Situation gekoppelte praktische Weisheit.
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