PRESSEMITTEILUNG - Universität Hohenheim

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05.12.2016
PRESSEMITTEILUNG
Nährstoffversorgung:
Neue Software deckt versteckte Mangelernährung in
Äthiopien auf
Forscher der Universität Hohenheim entwickeln Tablet-Anwendung als neues Tool für die
Beratung / Ein Werkstattbericht
PRESSEFOTOS unter www.uni-hohenheim.de
Fehlgeburten, hohe Krankheitsanfälligkeit und Hirnschäden: Nährstoffmangel hat in vielen
Ländern fatale Folgen. Dabei ließe sich Mangelernährung oft mit wenig Aufwand lindern –
wenn man wüsste wer zu den Betroffenen zählt. Ernährungswissenschaftler der
Universität Hohenheim entwickeln eine Tablet-Anwendung, mit der man die nötigen Daten
schnell und präzise erheben kann, und testen sie für Äthiopien. Sie soll künftig als
Grundlage zur Beratung dienen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert das Projekt mit über 470.000 Euro: ein
Schwergewicht der Forschung an der Universität Hohenheim.
Wer die Nährstoffversorgung der Bevölkerung eines Landes genauer unter die Lupe nehmen will,
hat ein Problem: Alle bisher üblichen Methoden sind entweder zu ungenau oder sehr aufwendig.
„Beim sogenannten Dietary Diversity Score etwa hält man lediglich grob fest, ob man in den
letzten 24 Stunden Lebensmittel aus bestimmten Gruppen wie etwa Fleisch oder Gemüse
gegessen hat“, erläutert Dr. Simon Riedel vom Fachgebiet Biologische Chemie und
Ernährungswissenschaft an der Universität Hohenheim. „Das andere Extrem ist der
24-Stunden-Recall: Hier werden alle Details erfasst. Die Befragung und Auswertung nimmt
jedoch viel Zeit in Anspruch.“
Doch um die Situation zu verbessern, braucht man eine gute Datengrundlage. „Bisher wird eine
Unterversorgung etwa mit Eisen oder Zink oft nicht erkannt“, warnt Prof. Dr. Hans Konrad
Biesalski, Ernährungsmediziner und Direktor des Food Security Centers an der Universität
Hohenheim. Besonders in der Schwangerschaft und im Kleinkindalter könne dies fatal sein. „Das
kann ganze Generationen beeinträchtigen – einschließlich der Folgen auf die Arbeitsleistung, den
Bildungsstand und das ökonomische Wachstum eines Landes.“
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Neue Software erfasst Nährstoffversorgung
Einen praktikablen Kompromiss zwischen den Methoden soll nun eine neue Software bieten. Mit
CIMI – Calculator of Inadequate Micronutrient Intake – haben die Forscher eine Möglichkeit
gefunden, alle notwendigen Daten leichter zu erfassen und auszuwerten.
Der Trick: Die Software fasst die Lebensmittel in Gruppen mit einem bestimmten Nährstoffprofil
zusammen und gleicht dies mit einer Datenbank ab. „So kann man die Verzehrgewohnheiten
einer Person in kurzer Zeit ermitteln“, erklärt Dr. Riedel. Aus den gewonnenen Daten ermittelt die
Anwendung dann die Menge der aufgenommenen Mikronährstoffe. „Dabei fließt auch die
Zusammensetzung der Nahrung mit ein. Denn davon hängt ab, wie gut Eisen und Zink von den
Dünndarmzellen aufgenommen und anschließend ins Blut abgegeben werden können.“
Die Software gleicht das mit der empfohlenen Tagesdosis ab. Das Ergebnis einer Befragung
steht auf dem Tablet sofort zur Verfügung. „CIMI informiert die Betroffenen, wie sie ihren
Speiseplan ändern könnten, um die Lücke zwischen tatsächlicher Nährstoffaufnahme und der
Empfehlung zu verringern“, so der Experte. Beratern zeige es das Ausmaß der Defizite in der
Region auf.
Forscher passen Software an Bedingungen in Äthiopien an
Ursprünglich wurde die Software für Indonesien entwickelt und erprobt. Nun entwickeln die
Forscher sie weiter. „Das Programm wollen wir auch als App anbieten, so dass es sich zur
großflächigen Nutzung eignet“, berichtet Dr. Riedel.
Außerdem wollen sie CIMI an die Bedingungen in Äthiopien anpassen und seine Funktionen
erweitern. „In Äthiopien wollen wir dafür zwei Regionen vergleichen, die sich bezüglich
Verfügbarkeit von Lebensmitteln, Regenzeiten, Ethnien, Höhenlage und landwirtschaftlicher
Nutzung stark unterscheiden“, kündigt Dr. Riedel an. „Wir wollen testen, ob die Methode für ganz
Äthiopien funktioniert, auch in Bereichen mit sehr unterschiedlichen Essgewohnheiten.“
Verantwortlich für die Feldarbeit in Äthiopien sind zwei Absolventen der Universität von Hawassa,
die beide an der Universität Hohenheim promovieren. Sie erheben die Daten zur Entwicklung und
Kalibrierung der Software und erproben sie unter Realbedingungen.
Bilder ermöglichen auch Analphabeten die Teilnahme
„Lebensmittelbilder sollen künftig den Befragten helfen, ihr individuelles Ernährungsmuster durch
einfaches Anklicken des Bildes zu definieren“, skizziert Dr. Riedel die Pläne. „Das schließt alle
Bildungsschichten ein und erhöht die Motivation der Befragten, da sie selbst agieren können.“
Später könne man CIMI an weitere Länder anpassen, indem man jeweils landestypische
Lebensmitteln und Gerichte integriert. Die gewonnenen Daten schließlich werden in einer
Datenbank gesammelt. Sie verschafft einen Überblick über den Ernährungsstatus ganzer
Regionen – eine hervorragende Grundlage etwa für entwicklungspolitische Entscheidungen im
Land.
Hintergrund zum Projekt
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Das Projekt „Entwicklung und Validierung einer userfreundlichen Ernährungserhebungssoftware
für Äthiopien zur Erfassung von Mikronährstoffdefiziten“ wird vom Food Security Center (FSC) an
der Universität Hohenheim geleitet. Es startete am 1.10.2015 und ist auf drei Jahre ausgelegt.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert das
Vorhaben mit 470.059 Euro. Kooperationspartner sind die Universität Hawassa in Äthiopien und
die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Hintergrund: Food Security Center (FSC)
Das Food Security Center (FSC) ist ein Exzellenzzentrum der Universität Hohenheim und
kooperiert mit Partnerinstitutionen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Das FSC leistet
wissenschaftliche Beiträge, um den Hunger in der Welt zu vermindern und die
Ernährungssicherung zu verbessern. Damit trägt es zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele der
UN (Sustainable Development Goals; SDGs) bei. Das FSC vereint Kompetenzen aus den Agrar-,
Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.
Die vier Arbeitsschwerpunkte des FSC liegen in der Forschung, der Aus- und Weiterbildung von
jungen Wissenschaftlern, dem Wissenstransfer weltweit sowie in der Öffentlichkeitsarbeit und
(Politik-)Beratung.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert das
FSC, neben vier weiteren deutschen Exzellenzzentren, im DAAD-Rahmenprogramm „exceed –
Hochschulexzellenz in der Entwicklungszusammenarbeit“. Homepage:
www.fsc.uni-hohenheim.de
Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
31,2 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2015
für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“
herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000
Euro bei den Experimentalwissenschaften bzw. 125.000 Euro bei den Sozial- und
Gesellschaftswissenschaften.
Text: Elsner
Kontakt für Medien:
Dr. Simon Riedel, Universität Hohenheim, Fachgebiet Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft
T 0551 28877217, Mobil 0176 56724497, E [email protected]
Dr. Jenny Kopsch-Xhema & Dr. Nicole Schönleber, Universität Hohenheim, Geschäftsführung Food Security Center
T 0711 459 24451 / -24454, E [email protected]
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