Gutachten des Fachanwaltes Dr. Grünewald von der

Gutachten des Fachanwaltes Dr. Grünewald von der Kanzlei Baumeister und Partner
aus Münster zur beitragsrechtlichen Beurteilung der Straßenbaumaßnahme "GustavBohm-Straße".
Herr Dr. Grünewald kommt dabei eindeutig zu dem Ergebnis, dass es sich bei der
Gustav-Bohm-Straße um eine Anliegerstraße handelt. Das Ergebnis einer
Verkehrszählung aus dem Jahr 2010 liegt den Stadtbetrieben vor und ändert nichts
an dieser Einstufung. Der tatsächlich vorhandene Verkehr ist für die Bestimmung der
Straßenart stets unerheblich.
Ennepetal, 12.05.2016
IN FORMA TION SVOR LAGE NR . 249/2014
zur Kenntnisnahme
Rat der Stadt Ennepetal
Sitzung am
27.11.2014
Punkt der TO
Einstimmig
Zuständiges
Gremium
nichtöffentlich
Lauf der
Sitzungsvorlage
Aktenzeichen: ISBE-MH
Öffentlich
Fachbereich: Infrastrukturbetriebe Ennepetal
Ergebnis der
Abstimmung
Ja
/ Nein / Enth.
X
Abteilungsleitung
Leitung
Bürgermeister
Federführender Fachbereich:
Infrastrukturbetriebe Ennepetal
Weiter beteiligter Fachbereich:
Verzicht auf eine Verkehrszählung für die beitragsrechtliche Abwicklung der erneuten Herstellung der Gustav-Bohm-Straße
Beschluss:
Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen
Begründung:
Mit Beschluss des Rates vom 30.01.2014 (BV Nr. 11/2014) wurde eine Satzung zur abweichenden
Festlegung des umlagefähigen Aufwands für die erneute Herstellung der Gustav-Bohm-Straße
erlassen. Grundlage hierfür war unter anderem die Einstufung der Straße als Anliegerstraße im
Sinne der Straßenbaubeitragssatzung der Stadt Ennepetal.
Während der Bürgerversammlung am 6. März äußerten die Anlieger ihren Unmut über die Einstufung der Straße als Anliegerstraße. Sie argumentierten, dass der Durchgangsverkehr gegenüber
dem Anliegerverkehr überwiege.
Im Nachgang zu dieser Bürgerversammlung wurde den Anliegern in Aussicht gestellt, dass durch
eine Verkehrszählung der Status der Straße ermittelt werden soll.
Bei der abgabenrechtlichen Beurteilung der Gustav-Bohm-Straße sind vielschichtige und komplizierte Problemstellungen zu lösen. Daher wurde der Fachanwalt Dr. Grünewald von der Kanzlei
Baumeister und Partner aus Münster mit einigen Fragestellungen betraut. Unter anderem ging es
auch um die Klärung der Frage, ob eine Haupterschließungs- oder eine Anliegerstraße vorläge.
Auch Herr Dr. Grünewald kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Gustav-Bohm-Straße eindeutig um eine Anliegerstraße handelt. Das Gutachten ist der Sitzungsvorlage als Anlage 1 beigefügt.
Für die Klassifizierung der Straße kommt es auf die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse nicht an.
Das unmittelbar für Ennepetal zuständige Verwaltungsgericht Arnsberg entschied am 14.05.2009
(AZ 7 K 358/08, siehe Anlage 2 zur SV), dass es nicht ausschlaggebend ist, dass nach dem Ergebnis einer Verkehrszählung (der Anlieger) fast 2/3 aller Fahrzeuge die betroffene Straße als
Durchgangsstraße genutzt haben. (Rd. Nr. 29 des o.g. Urteils) Es kommt für die Abwägung zwischen dem wirtschaftlichen Vorteil der Allgemeinheit einerseits und dem der Anlieger andererseits
nicht auf eine schematische Gegenüberstellung der absoluten Zahlen der jeweiligen Verkehrsvorgänge an. (Rd. Nr. 25 d. Urteils)
Es kommt auch nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Senats des OVG NRW
vielmehr auf die objektive Funktion der Straße im gemeindlichen Verkehrsnetz nach der gemeind-
-2lichen Verkehrsplanung, dem auf Grund solcher Planung verwirklichten Ausbauzustand, der straßenverkehrsrechtlichen Einordnung und den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen an. (Vgl. Urteil
vom 03.09.2008 AZ 15 E 1125/08, siehe Anlage 2)
Eine gemeindliche Verkehrsplanung in Form eines Generalverkehrsplans liegt in Ennepetal nicht
vor.
Es ist tatsächlich jedoch so, dass die Gustav-Bohm-Straße nicht gleichzeitig dem Verkehr innerhalb des Baugebietes dient. Eine etwaige Verbindungsfunktion ist jedenfalls der Funktion der Erschließung der Anliegergrundstücke nicht gleichwertig.
Die Verwaltung vertritt die Ansicht, dass eine Verkehrszählung nur zu unerfüllbaren Erwartungen in
der Öffentlichkeit führt und sie deshalb unbedingt unterlassen werden sollte. Neben dem entsprechenden Organisations- und Kostenaufwand besteht die Gefahr, dass zukünftig bei allen beitragsrechtlichen Maßnahmen auf eine Verkehrszählung bestanden wird.
Im Übrigen fand vom 13.10. bis 20.10.2010 bereits eine Verkehrsmessung in der Gustav-BohmStraße durch StraBet statt. Allerdings können aus den Ergebnissen keinerlei Schlüsse über den
Ziel- und Quellverkehr geschlossen werden.
Der Verwaltungsrat der Stadtbetriebe Ennepetal AöR wurde in seiner Sitzung am 27.08.2014 bereits über den Sachverhalt informiert.
Es ist zudem beabsichtigt, die Gustav-Bohm-Straße, auch aus Gründen der Rechtssicherheit der
beitragsrechtlichen Abrechnung, als Anliegerstraße zu widmen.
Finanzielle / Personelle Auswirkungen:
Es entstehen keine finanziellen und / oder personellen Auswirkungen
Erläuterungen zu finanziellen / personellen Auswirkungen
Anlage 1 zur SV Nr. 249/2014
BAUMEISTE~
T~) REC HTSANWÄL
Stadtbotrle,be Ennepeta' AöR
eingang:
Stadtbetriebe Ennepetal AöR
Herrn M. Heimhardt
Hembecker Talstraße 41
58256 Ennepetal
h
13· Aue. 2u~;~~,.,.c/:
Federtührung:
Aktenzeichen
",.. 1314/14KG
Bearbeiter
Dr. Grünewald
Sekretariat
Frau Deppe
Durchschriften:
Datum
11.08.2014
0251-48488-32
Dr; Klaus Grünewald
Prof. Dr. Martin Beckmann
Dr. Hans Vietmeier
Dr. Andreas Kersting
Dr. Hans-Joachim David, Notar
Andreas Kleefisch
Gustav Bohm Straße
Dr. Olaf Bischopink
Dr. Stefan Gesterkamp
Dr. Georg Hünnekens
Sehr geehrter Herr Heimhardt,
Franz-Robert Bärtels
Dr. Joachim Hagmann
in vorgenannter Angelegenheit fassen wir das Ergebnis unseres
Gespräches vom 1.8.2014 zusammen:
Dr. Andre Unland
Dr. Andre Hermen
Dr. Martin M. Arnold
Dr.Antje Wittmann
Dr. Jens Tobias Gruber
Dr. Frank Andexer
1. Anlage
Dr. Bele Carolin Garthaus
Dr. Stefan Sieme
Nach der Festlegung durch das Bauprogramm beginnt die An­
Dr. Tobias Schneider-Lasogga
Dr. Jens Reiermann
lage an der Einmündung Vilvoorder Straße und endet an der
Dr. Cornelia Hansen, LL.M.
Einmündung der Stieglitzstraße. Die Straßenbaubeitragssat­
Stefan Schäperklaus
zung der Stadt verwen.det den sog. weiten Anlagenbegriff.
Alexander Wirth
Damit steht das hiesige Anlagenbild in den Einklang.
Von der Anlage zweigen zwei Sackgassen ab, die aus hiesiger
Dr. Jürgen Durynek
Dr. Othmar E. Weinreich
Baumeister Rechtsanwälte
Partnerschaft mbB
Die Partnerschaftsgesellschaft und ihre
Sicht als selbständig zu qualifizieren sind. Maßgebend rur die­
Partner sind im Partnerschaftsregister des
AG Essen eingetragen unter PR 2554.
se Einordnung sind der Eindruck in der Örtlichkeit, der
Postfach 1308
48003 Münster
Känigsstraße 51-53
Kettelerscher Hof
48143 Münster
Telefon 0251/48488-0
Telefax 0251/48488-80
www.baumeister.org
[email protected]
2
BAUMEISTE~
RECHTSANWÄLT!) Verlauf und die Zahl der von ihnen erschlossenen Grundstücke.
Während die eine Sackgasse eine Länge von mehr als 100 m aufweist, ist das bei der anderen
nicht der Fall. Eine unter 100 m lange Straße ist zwar regelmäßig unselbständig, diese Länge
ist aber keine starre Regel. Sie kann unter Würdigung des Einzelfalles wegen der dargestellten
Umstände überwunden werden.
Der Spatzenweg ist ebenfalls als selbständige Verkehrsanlage einzuordnen. Dies ergibt sich
aus den vorgenannten Kriterien. Hinzu kommt, dass er im Bebauungsplan als Verkehrsanlage
festgesetzt ist.
Die gegenüber dessen Einmündung abzweigende Sackgasse ist schon wegen ihrer Ausdeh­
nung und unterschiedlichen Höhenlage im Verhältnis zur Gustav Bohm Straße als selbständig
anzusehen.
2. Öffentliche Anlage
Die Regelung in § 1 der Satzung ist so zu verstehen, daß diese Satzung nur die straßenrecht­
lich öffentlichen Anlagen erfaßt,
vgl. OVG Münster, B. v. 14.11.1997 - 15 A 529/95 -.
Damit 1st die Öffentlichkeit für den Beitragsanspruch konstituierende Eigenschaft der Anlage.
Die Beitragspflicht krum erst mit der Widmung entstehen. Eine entsprechende Widmung
konnte bislang nicht festgestellt werden, so daß die Gustav Bohm Straße förmlich gewidmet
werden sollte.
3
BAUMEISTE~
RECHTSANWÄLT~J
3. Aufwand
Zum beitragsfahigen Aufwand gehören auch die (anteiligen) Kosten für die Erneuerung des
Mischwasserkanals. Die Erneuerung des Kanals ist Teil der Erneuerung der gesamten Anlage.
Es kommt demgemäß nicht darauf an, ob der Kanal isoliert gesehen seine Nutzungsdauer
noch nicht erreicht hatte.
Voraussetzung für die Verschlissenheit eines Abwasserkanals ist, daß der Kanal aufgrund der
Abnutzung nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt werden kann oder in absehbarer Zeit ver­
'schleißbedingte Störungen' zu erwarten sind, die die unschädliche Abwasserbeseitigung ge­
fährden. Dabei hat die Gemeinde ein Einschätzungsermessen, ob und wann es infolge der
Verschlissenheit einer Erneuerung bedarf,
OVG Münster, B. v. 2.4.2014 - 15 A 571/11 -.
Daß der Kanal schadhaft war, ist durch eine entsprechende Untersuchung festgestellt worden.
Bei der Ermittlung des umlagefahigen Aufwandes ist von der Eigenschaft einer Anliegerstra­
ße auszugehen. Das ist nach der Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 4 Buchst. a der Satzung eine
Straße, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden Grundstücke oder der durch eine
Zuwegung mit ihr verbundenen Grundstücke dient, wohingegen Haupterschließungsstraßen
solche sind, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb
von Baugebieten dienen. Die Rechtsprechung versteht das Merkmal "dient" so, daß es auf die
Funktion der Straße ankommt, der sie im gemeindlichen Verkehrsnetz nach der Verkehrspla­
nung' dem aufgrund solcher Planung verwirklichten Ausbauzustand, der straßenverkehrs­
rechtlichen Einordnung und den tatsächlichen Verhältnis zu dienen bestimmt ist. Maßgebend
ist, ob die Straße danac;h eine Funktion im Verkehrsnetz hätte, wenn keine Anliegergrund­
stücke zu erschließen wären,
4
BAUMEISTE~J
RECHTSANWALT!
OVG Münster, B. v. 3.9.2008 - 15 E 1125/08 -.
Eine Anliegerstraße erfordert nicht, daß der Ziel- und Quellverkehr - einschließlich des Rad­
und Fußgängerverkehr
mehr als 50 % betragen muß,
OVG Münster, B. v. 2.4.2014 - 15 A 571/11 -.
Die Stadt hat zwar keinen Generalsverkehrsplan. Es kann aber in der Ör,tlichkeit festgestellt
werden, daß die Gustav Bohm Straße nicht gleichzeitig dem Verkehr innerhalb des Baugebie­
tes dient. Denn sie hat keine sonstige Funktion neben der Funktion, Anliegergrundstücke zu
erschließen. Jedenfalls ist eine etwaige Verbindungsfunktion nicht mindestens der Funktion
der Erschließung von Anliegergrundstücken gleichwertig.
4. Verteilung
Neben den unmittelbar an die Gustav Bohm Straße angrenzenden Grundstücken ist eine Viel­
zahl von Grundstücken, die mit Reihenhäusern bebaut sind, über private Zuwegungen von der
Anlage erschlossen. Die erforderliche rechtliche und dauerhafte Sicherung des Erschlie­
ßungsvorteiles ist hier mindestens deshalb gegeben, weil diese Grundstücke bebaut sind und
über keine anderweitige Erschließung verfügen. Demgemäß besteht mindestens ein Notwege­
recht.
Der an der Südgrenze der Parzelle 305 abzweigende Weg ist nach hiesiger Einschätzung kein
Wohnweg. Er hat keine Erschließungsfunktion, sondern lediglich eine Verbindungsfunktion
zu der Straße Röthelteich. Das ergibt sich aus hiesiger Sicht vorrangig durch die Konzeption
des Bebauungsplanes. Das Baugebiet weist ein System von privaten Wohnwegen aus, die auf
die nächst erreichbare Verkehrsanlage ausgerichtet sind. Diese Verkehrsanlage ist hier die
ausgebaute Gustav Bohm Straße. Teilweise sind das die von dieser abzweigenden Sackgas­
sen, teilweise weitere, selbständige Verkehrsanlagen. Diese Verkehrsanlagen sind durch
.
,
BAUMEISTE~J
5
RECHTSANWÄLT!
Fußwege untereinander verbunden, die zum Zwecke der Erschließung von Grundstücken
nicht erforderlich sind. Demgemäß handelt es sich bei diesen Wegen im Gegensatz zu den
privaten Wohnwegen um Verbindungswege. Sie stellen daher keine Erschließung zu der Gu­
stav Bohm Straße her.
Die privaten Wohnwege sind als nicht selbständig einzuordnen. Die Rechtsprechung spricht
hier von einer unvollkommenen verkehrlichen Erschließung (nur fußläufige Erschließung
",. durch Wohnwege), wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich um private oder öffentliche
Wohnwege handelt,
OVG Münster, B. v. 30.6.2003 - 15 B 460/03 -.
Da die privaten Wohnwege die Erschließung der angrenzenden Grundstücke nur unvollkom­
men erfüllen können, vermitteln sie lediglich die
E~schließung
zur nächsten öffentlichen Ver­
kehrs anlage mit der Folge, daß die an den Wohnwegen liegenden Grundstücke (auch) durch
diese Verkehrs anlage erschlossen sind. Sie unterliegen damit der Beitragspflicht für diese
. Verkehrsanlage.
Eine Besonderheit besteht für das letzte an die Anlage angrenzende Grundstück. Es liegt ge­
genüber der Einmündung der Stieglitzstraße, die das örtlich erkennbare Merkmal zur Begren­
zung der Gustav Bohm Straße als maßgebende Anlage darstellt. Da die Gustav Bohm Straße
bei natürlicher Betrachtungsweise weiter verläuft, und das Grundstück nur aus Rechtsgründen
an zwei Anlagen liegt, ist das Grundstück entsprechend der Frontlängen zu der jeweiligen
Anlage rechnerisch aufzuteilen,
OVG Münster, B. v. 8.6.2004 - 15 A 2166/04·-.
6
BAUMEISTE~
RECHTSANWÄLT! )
Für die Beantwortung weiterer oder ergänzender Fragen steht der Unterzeichner gern 'Lur Ver­
fUgung.
Mit freundlichen Grüßen
Anlage 2 zu SV Nr. 249/2014
Verwaltungsgericht Arnsberg
Urt. v. 14.05.2009, Az.: 7 K 358/08
Gericht: VG Arnsberg
Entscheidungsform : Urteil
Oa\um~
Referenz: JurionRS 2009, 43760
14.05.2009
Aktenzeichen: 7 K 358/08
VG Arnsberg, 14.05.2009 - 7 K 358/08
Tenor:
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt
haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des für erledigt erklärten
Teils, die entsprechend seiner Kostenübernahmeerklärung der Beklagte trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks Gemarkung T1., Flur 6, Flurstück 214, das 793 m2
groß und mit einem eingeschossigen Wohnhaus (B.L. in T2. -T1.) bebaut ist.
2
Die Straße B.L. zweigt von der - vorfahrtsberechtigten - G. Straße ab und liegt in einer Tempo
30-Zone. Nach etwa 240 m zweigt von der Straße B.L. der F.... weg ab, eine Sackgasse, die drei
weitere Grundstücke erschließt und nach 25 m rechtwinklig abknickt. Ca. 160 m weiter zweigt von
der Straße B.L. ca. 15 m oberhalb des Hauses Nr. 37 die Straße B1. Straße ab, ebenfalls eine
Sackgasse. Im weiteren Verlauf verzweigt sich die Straße in die Straßen In der S., B.L.
(Hausnummern 40 bis 56) und A. Straße. Diese Straßen haben keinen anderen Anschluss an das
öffentliche Straßennetz.
3
Die Straße B.L. bis zum Haus Nr. 40 wurde lange vor 1959 gebaut. Im Jahr 1968 ist in der Straße
bis zum Haus Nr. 25 ein Mischwasserkanal mit einem Durchmesser von 300 mm, im letzten
Abschnitt von 250 mm verlegt worden.
4
Im Jahr 2005 verlegte der Entsorgungsbetrieb der Stadt T2. (F1.) auf der gesamten Länge der
Straße B.L. einen neuen Mischwasserkanal mit einem Durchmesser von 400 mm. Im Zuge der
Arbeiten wurde die Fahrbahn auf der südlichen Straßenhälfte erneuert. Im Jahr 2007 ließ der
Beklagte weitere Straßenbaumaßnahmen an der nördlichen Fahrbahnhälfte und am nördlichen
Gehweg durchführen. Nach Abschluss der Arbeiten ermittelte der Beklagte entstandene Kosten für
die Erneuerung der halbseitigen Fahrbahn in Höhe von 89 557,46 EUR und des nördlichen
Gehweges in Höhe von 71 682,73 EU R. Die Kosten für die Oberflächenentwässerung ermittelte der
Beklagte mit 96 929,33 EUR. In diesem Betrag ist ein Drittel der von dem F1. angegebenen Kosten
für den Bau des Mischwasserkanals über eine Länge von 386,40 m (Anfang der Straße am L. bis
Haus Nr. 37) enthalten (81 951,87 EUR). Nach Angaben des F1. hätten sich die Kosten für einen
reinen Regenwasserkanal auf 93389,99 EUR belaufen.
5
Mit Bescheid vom 10. Januar 2008 zog der Beklagte den Kläger zu einem Straßenbaubeitrag für die
Erneuerung der halbseitigen Fahrbahn, des nördlichen Gehweges und der
© 2014 Walters Kluwer Deutschland GmbH - Wissensmanagement Nardrhein-Westfalen (NW), 7.03.2014
Oberflächenentwässerung in der Anlage "B.L. im Abschnitt von G. Straße bis Haus Nr. 37" in Höhe
von 3863,19 EUR heran. Dabei stufte der Beklagte die Straße als Anliegerstraße ein und ging
deshalb davon aus, dass die Beitragspnichtigen einen Anteil von 50 % der Kosten für die Fahrbahn
und die Oberflächenentwässerung und von 60 % 'für den Gellweg zu tragen hätten, so dass ein
umlagefähiger Gesamtaufwand von 136 253,03 EUR entstanden sei. Bei insgesamt
beitragspflichtigen 27 968,75 m2 -Einheiten der erschlossenen Grundstücke ergebe sich ein
Einheitssatz von 4,871617 EUR pro m2 -Einheit.
6
B. 31. Januar 2008 hat der Kläger Klage gegen diesen Besclleid erhoben.
7
In der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tag hat der Beklagte den Heranziehungsbescheid
vom 10. Januar 2008 geändert und den Beitrag unter Berücksichtigung eines Beitragssatzes von
3,9307398 EUR pro m2 -Einheit neu auf 3 117,08 EUR festgesetzt. Hintergrund dieser Entscheidung
ist es, dass Zweifel daran bestanden, ob die Kanalbaukosten für den unteren Abschnitt der Straße
bis zum Haus Nr. 25 umlagefähig sind oder ob nur die Kosten für den oberen Abschnitt des
Mischwasserkanals einbezogen werden dürfen. Außerdem bestanden Zweifel daran, ob die
Abgrenzung der Anlage ("bis zum Haus Nr. 37") korrekt erfolgt ist oder ob als taugliches
Abgrenzungsmerkmal auf die Abzweigung der Straße B1. Straße hätte abgestellt werden müssen.
8
Die Beteiligten haben daraufhin insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
9
Der Kläger beruft sich zur Begründung der Klage nunmehr ausschließlich darauf, dass die
Einordnung der Straße als Anliegerstraße unzutreffend sei. Der ausgebaute Teil der Straße B.L. sei
als Haupterschließungsstraße einzustufen. Deshalb seien nur 30 % der Kosten für die Fahrbahn
und die Oberflächenentwässerung und nur 50 % der Kosten für den Gehweg umlagefähig. Die
Straße B.L. von Haus Nr. 1 bis 37 sei eine Sammelstraße für die Straßen B1. Straße, A. Straße,
B.L. Haus Nr. 40 bis 56, In der S. und F.... weg, zu denen keine andere Zufahrtsmöglichkeit bestehe.
Während der hier relevante untere Teil der Straße B.L. 34 bebaute Grundstücke erschließe, lägen
an den anschließenden Straßen 45 bebaute Grundstücke und mindestens 13 bebaubare
Grundstücke zum Teil von erheblicher Größe. Außerdem werde die Straße durch Spaziergänger,
Fahrradfahrer, Wanderer und Hundebesitzer genutzt, um die oberhalb der angeschlossenen
Stichstraßen liegenden Waldwege zum Zwecke der Naherholung zu erreichen. Zudem befinde sich
dort der alte Sportplatz, auf dem mittwochs und freitags Sporttraining stattfinde, der Ziel von
Schulausflügen sei, für Familienfeiern genutzt werde und auf dem an Himmelfahrt und zum
Sonntagsschulfest Gottesdienste stattfänden. Die Straße B.L. diene auch dem land- und
forstwirtschaftlichen Verkehr und dem Verkehr zu einer Jagdhütte am Ende der Straße In der S ..
Außerdem befänden sich im Außenbereich zwei Hochspannungsleitungen der RWE, die regelmäßig
gewartet werden müssten. Die Breite der Straße von nur 5 m und die fehlenden Parkstreifen
sprächen nicht gegen eine Haupterschließungsstraße. Im Stadtgebiet gebe es eine Reihe ähnlich
ausgebauter Kreis- oder Landstraßen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Straße Gehwege an
beiden Seiten aufweise; dies sei für eine Anliegerstraße nicht typisch. Bei einer von den Anliegern
organisierten Verkehrszählung am 8. Mai 2008 seien an der Einmündung der Straße B.L. in die G.
Straße insgesamt 640 Fahrzeuge gezählt worden. 404 Fahrzeuge seien als Quell- und Zielverkehr
der Straßen oberhalb des Hauses B.L. 37 gezählt worden. Die Behauptung, bei den im oberen
Bereich abzweigenden drei Sackgassen handele es sich um zusammenhanglose, ungeplante
Abzweigungen, sei unzutreffend. Die Grundstücke an der Straße B1. Straße seien in den 50er
Jahren von der Gemeinde angekauft und parzelliert und sodann mit Hilfe der Siedlerberatungsstelle
an Siedler übergeben worden. Zudem bestehe für den oberen Bereich der Bebauungsplan S ..
10 Der Kläger beantragt,
den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 10. Januar 2008 in der Fassung der
Erklärung des Beklagten vom heutigen Tage aufzuheben.
11 2
Der Beklagte beantragt,
©2014 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Wissensmanagement Nordrhein-Westfalen (NW), 7.03.2014
die Klage abzuweisen.
12 A. Begründung trägt er unter Bezugnahme auf seinen Vortrag in einem - durch Vergleich erledigten ­
Parallelverfahren (7 K 381/08) im Wesentlichen vor:
13 Die Straße sei zu Recht als Anliegerstraße eingestuft worden. Die von ihr abzweigenden Stichstraßen seien von völlig untergeordneter Bedeutung. Der Ausbauzustand mit einer Breite von 5 m und ohne Parkstreifen spreche für eine Anliegerstraße. Die Stra ße sei nicht vorfahrtsberechtigt und gegenüber der G. Straße untergeordnet. Dem land- und forstwirtschaftliche Verkehr und dem Verkehr zum Sportplatz komme nur untergeordnete Bedeutung zu. Aufgrund des Sturmes KyrilI seien vorübergehend Holztransporte durch die Straße geführt worden. Allein ein zahlenmäßiges Abstellen auf die Ergebnisse der Verkehrszählung, die rein zufällige Ergebnisse gebracht habe, sei nicht ausreichend. Die Straße B.L. diene nicht der Erschließung eines Baugebietes oder eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, sondern nur zusammenhangloser, ungeplanter Stichstraßen. 14 Die Berichterstatterin hat am 11. Februar 2009 im Rahmen eines Erörterungstermins die Straße B.L.
und die angrenzenden Grundstücke in Augenschein genommen. Insoweit wird auf das Protokoll
vom 11. Februar 2009 verwiesen. Die bei dieser Gelegenheit angefertigten Photos befinden sich in
der Akte 7 K 381/08.
15 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf
den Inhalt der Streitakte, der Akte im Verfahren 7 K 381/08 und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
16 Soweit die Beteiligten nach der Reduzierung des festgesetzten Straßenbaubeitrags auf
3 117,08 EUR den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist
das Verfahren analog § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur KlarsteIlung
einzustellen.
17 Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg. Sie ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO
zulässig, aber nicht begründet. Der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 10. Januar 2008 in
der Fassung vom heutigen Tage ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (
§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 Rechtsgrundlage für den Bescheid ist § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) LV.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach
§ 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt T2. vom 18. Dezember 1975 in der Fassung der
3. Änderungssatzung vom 28. Oktober 1985 (Straßenbaubeitragssatzung - SBS). Gemäß § 1 SBS
erhebt die Stadt T2. zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und
Verbesserung von Anlagen im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze und als
Gegenleistung für die dadurch den Eigentümern oder Erbbauberechtigten der erschlossenen
Grundstücke erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile Beiträge nach Maßgabe dieser Satzung.
19 Hiervon ausgehend ist der Kläger von dem Beklagten zu Recht zu einem Straßenbaubeitrag in
Höhe von 3 117,08 EUR herangezogen worden.
20 Insbesondere ist die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes zwischen der Allgemeinheit und den
Anliegern nicht zu beanstanden. Die Einstufung der ausgebauten Straße B.L. Nr. 1 bis zur
Abzweigung der Straße B1. Straße als Anliegerstraße im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a)
SBS ist zu Recht erfolgt mit der Folge, dass die beitragspflichtigen Anlieger von den Kosten für die
Fahrbahn und die Oberflächenentwässerung 50 % und von den Kosten für den Gehweg 60 % zu
tragen haben.
3
© 2014 Walters Kluwer Deutschland GmbH - Wissensmanagement Nardrhein-Westfalen (NW), 7.03.2014
J
21 Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a} SBS gelten als Anliegerstraßen Straßen, die überwiegend
der Erschließung der angrenzenden oder der durch eine Zuwegung mit ihnen verbundenen
Grundstücke dienen. Haupterschließungsstraßen sind Straßen, die der Erschließung von
Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im
Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Haupterschließungsstraßen sind \~ 3
Abs. 4 Satz 1 Buchstabe b} SBS}.
22 Im vorliegenden Fall spricht einiges dafür, dass die Einordnung als Anliegerstraße nicht schon
deshalb berechtigt ist, weil die Straße B.L., wenn man sie in ihrer Gesamtheit betrachtete, eindeutig
als Anliegerstraße anzusehen wäre.
23 Vgl. hierzu: Schneider in: Hamacher u.a., Kommunalabgabengesetz für das Land
Nordrhein-Westfalen, § 8 KAG, S. 38.
24 Denn nach dem Eindruck der Berichterstatterin im Ortstermin, der den weiteren Mitgliedern der
Kammer u.a. anhand der vorliegenden Karten und Photos vermittelt wurde, dürfte der ausgebaute
Teil der Straße B.L. wegen der deutlichen Zäsur auf Höhe der Einmündung der Straße B1. Straße
keinen einheitlichen Straßenzug mit dem oberen Teil der Straße B.L. bilden.
25 Trotzdem ist die ausgebaute Straße zu Recht als Anliegerstraße eingeordnet worden. Die
unterschiedliche Behandlung von Anliegerstraßen einerseits und Haupterschließungsstraßen
andererseits dient dazu, den wirtschaftlichen Vorteil, den die Allgemeinheit von einem
Straßenausbau hat, im Verhältnis zum wirtschaftlichen Vorteil für die Anlieger angemessen zu
gewichten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Verkehrsvorgang, der dem Durchgangsverkehr
zuzurechnen ist, regelmäßig eine geringere Wertigkeit im Sinne des wirtschaftlichen Vorteils
ausweist als ein Anliegerverkehrsvorgang. Daher kommt es für die Abwägung zwischen dem
wirtschaftlichen Vorteil der Allgemeinheit einerseits und dem der Anlieger andererseits~ auf eine
schematische Gegenüberstellung der absoluten Zahlen der jeweiligen Verkehrsvorgänge an.
26 Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2009· 15 A 3137/06 ., Gemeindehaushalt 2009, 93.
27 Deshalb liegt eine Anliegerstraße nicht nur dann vor, wenn der Ziel- und Quellverkehr ­
einscrlließlich des Rad- und Fußgängerverkehrs - zu und von den unmittelbar erschlossenen
Grundstücken mehr als 50 Prozent beträgt.
28 Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2006· 15 B 803/06 ., juris, dort Rdnr. 5, auch veröffentlicht
unter www.nrwe.de.
I
29 Es ist deshalb nicht ausschlaggebend, dass nach der von den Anliegern durchgeführten
.()
Verkehrszählung fast 2/3 aller Fahrzeuge den unteren Teil der Straße B.L. offenbar als
Durchgangsstraße genufzt haben. Ebenso wenig ist allein entscheidend, dass nach Ermittlungen
der Anlieger von der Straße "B.L. Nr. 1 bis 37" unmittelbar nur 34 bebaute Grundstücke erschlossen
sind, die Straße aber gleichzeitig die einzige Zufahrt zu insgesamt 45 weiteren bebauten
Grundstücken ist.
30 Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen 15. Senats des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen kommt es für die Einstufung einer Straße im
Straßenbaubeitragsrechts vielmehr auf die objektive Funktion der Straße im gemeindlichen
Verkehrsnetz nach der gemeindlichen Verkehrsplanung, dem aufgrund solcher Planung
verwirklichten Ausbauzustand, der straßenverkehrsrechtlichen Einordnung und den tatsächlichen
Verkehrsverhältnissen an.
31 Vgl.z.B. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2006 - 15 B 803/06 ., a.a.O.
32
4
© 2014 Wolters Kluwer Deutschland GmbH· Wissensmanagement Nordrhein-Westfalen (NW). 7.03.2014
I
,
I~
,
\
Bei einer auf dieser Grundlage vorgenommenen Gesamtwertung spricht letztendlich mehr dafür, die
Straße als Anliegerstraße denn als Haupterschließungsstraße einzustufen.
33
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der ausgebaute Teil der Straße B.L. zwar auch die Funktion
hat, eine Zufahrt zu den oberen Straßen B1. Straße, A. Straße und In der S. sowie den
Straßenabschnitt "B.L. Nr. 40 bis 56" zu ermöglichen. Ebenso dient sie dem Verkehr zu dem weiter
oberhalb gelegenen alten Sportplatz und in die land- und forstwirtschaftlicl1 genutzten Bereiche, der
aber auch nach der Darstellung des Klägers nur untergeordnete Bedeutung hat. Insofern kommt der
Straße allerdings eine Funktion zu, die über die Erschließung der unmittelbar angrenzenden
Grundstücke hinausgeht. Sie hat insoweit eine gewisse Verkehrsbündelungsfunktion. Andererseits
ist diese Funktion "im gemeindlichen Verkehrsnetz", d.h. im Straßennetz der Stadt T2. insgesamt,
von deutlich untergeordneter Bedeutung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anzahl der oberhalb
des Hauses Nr. 37 liegenden bebauten Grundstücken, die naturgemäß Verkehrsbewegungen
auslösen, absolut gesehen und auch in Relation zu den vom unteren Bereich der Straße unmittelbar
erschlossenen Grundstücke nicht ausgesprochen groß ist. Eine mögliche weitere Bebauung etwa an
der Straße In der S. kann insoweit nicht berücksichtigt werden, da es auf die Verhältnisse zum
Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht ankommt und nicht auf eine möglicherweise in der
Zukunft eintretende Entwicklung.
34 Für die Einstufung als Haupterschließungsstraße könnte sprechen, dass die Straße über beidseitige
Gehwege verfügt. Der verwirklichte Ausbauzustand im Übrigen mit einer Fahrbahnbreite von nur
5 m ohne Parkbuchten spricht aber deutlich für eine Anliegerstraße. Sobald Fahrzeuge auf der
Fahrbahn parken, was zulässig ist, ist ein ungehinderter Begegnungsverkehr nicht mehr möglich.
35 Ein weiteres Indiz für die Einstufung als Anliegerstraße liefert die straßenverkehrsrechtliche
Einordnung: Die Straße B.L. ist selbst keine Vorfahrtsstraße, sondern ihrerseits der G. Straße
straßenverkehrsrechtlich untergeordnet. Sie liegt zudem in einer Tempo 30-Zone. Dies spricht dafür,
dass dem Durchgangsverkehr nur untergeordnete Bedeutung zugemessen wird.
36 Die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse sprechen schließlich ebenfalls dafür, dass es sich um eine
Anliegerstraße handelt. Nach der Verkehrszählung der Anlieger befuhren in 15 Stunden nur 640
Fahrzeuge die Straße. Auch nach dem Eindruck der Berichterstatterin im Ortstermin stellt sich die
Straße als eine eher ruhige Straße dar. In diesem Zusammenhang kann darauf verwiesen werden,
dass als Haupterschließungsstraßen Straßen "mit starkem innerörtlichen Verkehr" bezeichnet
werden.
37 Vgl. Driehaus. Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 34 Rdnr. 11.
38 Um eine solche Straße handelt es sich sicherlich nicht.
39 Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, werden dem Beklagten
entsprechend seiner Kostenübernahmeerklärung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO die Kosten des
Verfahrens auferlegt. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO . Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO LV.m. §§ 708 Nr. 11 ,709
Satz 2 , 711 der Zivilprozessordnung (ZPO) .
40
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer nach § 124a Abs. 1
Satz 1 VwGO sind nicht gegeben.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes in Höhe der streitigen
Beitragsforderung für die Zeit bis zur teilweisen Hauptsacheerledigungsarklärung auf 3 863,19 EUR und für
die Zeit danach auf 3 117,08 EUR festgesetzt.
5
© 2014 Weiters Kluwer Deutschland GmbH - Wissensmanagement Nerdrhein-Westfalen (NW), 7.03.2014
Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen
urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus ­
insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist
nicht gestattet.
6
© 2014 Wolters Kluwer Deutschland GmbH· Wissensmanagement Nordrhein-Westfalen (NW), 7.03.2014
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschl. v. 03.09.2008, Az.: 15 E 1125/08
Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Klageverfahrens gegen einen
Gebührenbescheid; Einordnung von Straßenbaumaßnahmen als beitragsfähige Ausbaumaßnahmen
Gericht: OVG Nordrhein-Westfalen
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 03.09.2008
Referenz: JurionRS 2008, 35960
Aktenzeichen: 15 E 1125/08
Verfahrensgang :
vorgehend: VG Münster - AZ: 3 K 2076/07 Rechtsgrundlagen :
,1/1/111" § 166 VwGO
§ 114 S. 1 ZPO
OVG Nordrhein-Westfalen, 03.09.2008 - 15 E 1125/08
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
," 1
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
2
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Klageverfahrens 3 K 2076/07 vor dem Verwaltungsgericht Münster zu Recht abgelehnt, da die
Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet ( § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO
- i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung - ZPO - ). Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen,
wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Klage spricht. Das ist schon dann zu
bejahen, wenn der Erfolg von der Klärung schwieriger Rechtsfragen oder der Ermittlung weiterer
Tatsachen abhängt. Das ist hier nicht der Fall. Der im Klageverfahren angefochtene
Beitragsbescheid erscheint aus den im angegriffenen Beschluss genannten Gründen als
rechtmäßig. Die vom Kläger im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Gründe rechtfertigen keine
andere Beurteilung. Auch sonstige Umstände, die zum Erfolg der Klage führen könnten, sind nicht
ersichtlich.
3
Der Bescheid ist nicht deshalb formell rechtswidrig, weil er nicht hinreichend bestimmt wäre ( § 12
Abs. 1 Nr. 3 Buchst. bund Nr. 4 Buchst. b des Kommunalabgabengesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen - KAG NRW - LV.m. §§ 119 Abs. 1 und 157 Abs. 1 Satz 2 der
Abgabenordnung ). Dem Bescheid kann entnommen werden, für welchen Sachverhalt ein Beitrag
erhoben wird und was der Beitragsgegenstand sein soll, hier also für welche beitragsfähige
Maßnahme und für welches der Beitragspflicht unterliegende Grundstück der Beitrag erhoben wird.
Im verfügenden Teil wird der zu zahlende Beitrag ausgeworfen. Demgegenüber sind die für die
Berechnung des Beitrags erheblichen Daten nur Teil der Begründung des Bescheides, die, selbst
© 2014 Wolters Kluwer Deutschland GmbH· Wissensmanagement Nordrhein-Westfalen (NW), 7.03.2014
wenn sie mangelhaft ist, nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führt.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Dezember 2007 - 15 B 1837/07 -, S. 2 des amtlichen Umdrucks. 4
Die abgerechnete Maßnahme ist eine beitragsfähige Ausbaumaßnahme. Sie kann nicht, wie der
Kläger meint, als beitragsfreie Instandsetzungsmaßnahme bewertet werden, da die Straße
durchgreifend erneuert wurde.
Vgl. zur beitragsfreien Unterhaltung und Instandsetzung OVG NRW, Beschluss vom 8. Oktober 1999 - 15 A 3305/96 -, NWVBI. 2000, 144. 5
Die gegen die Einstufung der B.---straße als Anliegerstraße vorgebrachten Einwände des Klägers
greifen nicht durch. Es kommt für eine solche Einstufung der Straße nicht darauf an, ob der Ziel- und
Quellverkehr auf der Straße überwiegt.§ 4 Abs. 8 Buchst. a der Satzung über die Erhebung von
Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt U. vom 18. November 2005
(SBS) stellt bei einer Anliegerstraße darauf ab, ob sie überwiegend der Erschließung der
Anliegergrundstücke dient. Es kommt also auf deren Funktion an; maßgebend ist, ob die Straße
auch dann noch eine Funktion im Verkehrsnetz hätte, wenn keine Anliegergrundstücke zu
erschließen wären. Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats kommt es für
die Einstufung auf die objektive Funktion der Straße im gemeindlichen Verkehrsnetz nach der
gemeindlichen Verkehrsplanung, dem aufgrund solcher Planung verwirklichten Ausbauzustand, der
straßenverkehrsrechtlichen Einordnung und den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen an.
~,
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2006 - 15 B 803/06 -, S. 21. des amtlichen Umdrucks. 6
Danach ist die B.---straße als eine Anliegerstraße einzustufen, weil sie weder dem durchgehenden
innerörtlichen Verkehr oder dem überörtlichen Durchgangsverkehr wie etwa die beiden
Landesstraßen östlich und westlich der B.---straße noch dem Verkehr innerhalb von Baugebieten
oder im Zusammenhang bebauter Ortsteile (vgl. § 4 Abs. 8 Buchst. bund c SBS) dient. Letzteres
trifft etwa auf Straßenzüge zu, von denen Anliegerstraßen abzweigen. Das alles trifft auf die
ausgebaute Straße nicht zu. Auch ist die objektive Funktion der Straße im Verkehrsnetz der Stadt
maßgeblich, nicht der Umgehungsverkehr Stadtkundiger, die die Straßen höheren Typs vermeiden,
indem sie Anliegerstraßen in Anspruch nehmen.
7
Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen den angesetzten Gemeindeanteil. Insofern bringt
der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Höhe der Kosten den Einwand vor, die B.---straße sei als
Umleitungsstrecke im Rahmen des Baus der Kanalisation auf der L und des Kreisverkehrs am P. in
Anspruch genommen worden. Daraus ergibt sich weder eine andere Einstufung der ausgebauten
Straße vom Straßentyp her noch die Notwendigkeit, den Gemeindeanteil zu erhöhen. Den
Straßentyp bestimmen nicht vorübergehende Umleitungen, in deren Rahmen die ausgebaute
Straße in Anspruch genommen wird. Sie erfordern auch keinen erhöhten Gemeindeanteil, da es
zum gewöhnlichen Schicksal einer Straße gehört, gelegentlich als Umleitungsstrecke im
Straßennetz in Anspruch genommen zu werden.
8
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 166 VwGO LV.m. § 127
Abs. 4 ZPO.
9
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen
urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus ­
insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung au ßerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist
nicht gestattet.
2
© 2014 Walters Kluwer Deutschland GmbH - Wissensmanagement Nordrhein-Westfalen (NW), 7.03.2014
i
.........