SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Musikstunde Ole Bull – mehr als der norwegische Paganini (1) Von Susanne Herzog Sendung: Montag 05. Dezember 2016 Redaktion: Ulla Zierau 9.05 – 10.00 Uhr Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für € 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. 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Verrückt – das war Ole Bull sicher nicht. Aber er war eben mehr als ein „norwegischer Paganini“, mehr als einer der virtuosen Geiger des 19. Jahrhunderts mit brillanter Geigentechnik und kometenhafter Karriere. Ole Bull war ein leidenschaftlicher Norweger: er hat die norwegische Natur geliebt und sich von ihr zu Kompositionen inspirieren lassen. Deshalb auch die norwegischen Berge als Geigenlehrer…. Er hat das erste norwegische Theater gegründet, er hat eine norwegische Kolonie in den USA ins Leben gerufen und nicht zuletzt hat er norwegische Volksmusik immer wieder studiert, gespielt und in seinen Kompositionen verarbeitet. Norwegen plus Geige das ergibt zwingend Ole Bull! 1‘10 MUSIK 1 Ole Bull Sigrids sang <12> 2’00 Arve Tellefsen, Violine Håvard Gimse Klavier 5136 638 SIMAX classics, PSC 1261, NOFZS0561010-170 „Sigrids Lied“ von Ole Bull aus einer Bühnenmusik zu Henrik Wergelands „Fjeldstuen“. Arve Tellefsen hat Geige gespielt, Håvard Gimse Klavier. 3 Es gibt einige Photographien aus Ole Bulls letztem Lebensjahrzehnt zwischen 1870 und 1880: da erinnert er mich an Franz Liszt und auch an Edward Grieg. Die halblangen, grauen Haare lassen an Liszt denken, die hellen Augen mit den buschigen, grauen Augenbrauen an Grieg. Ole Bull ist mit beiden Musikern im Laufe seines Lebens befreundet gewesen. Mit Liszt hat Bull seine Virtuosität, mit Grieg das Engagement für die Volksmusik Norwegens. Als Ole Bull 1810 in Bergen geboren wurde, da hat keiner in seiner Familie vermutet, dass er einmal zum berühmtesten norwegischen Musiker werden sollte bevor dann Edward Grieg später diesen Platz übernommen hat. Ole Bull war das erste von zehn Kindern. Sein Vater und sein Großvater sind Apotheker gewesen. Andere Verwandte waren im kirchlichen Bereich tätig. Das eine oder das andere sollte auch der Weg von Ole Bull sein. Doch im Hause Bull lag Musik in der Luft. Es wurde regelmäßig musiziert. Die Hausmusik hat dem kleinen Ole so gut gefallen, dass er mit zwei Stöcken – einer das Cello oder die Geige, einer der Bogen – die Musiker nachgeahmt hat. Ein Onkel von Ole Bull, der bei der Hausmusik Cello gespielt hat, hat dem kleinen Ole dann seine erste Violine geschenkt. Laut Bull: „gelb wie eine Zitrone“. Und auf dieser „zitronengelben“ Violine hat Ole Bull dann in einem kleinen Gartenhäuschen geübt. Er selbst sagt: die Katzen hätten ihr Fressen stehen lassen und seien weggelaufen…1‘44 MUSIK 2 Nicolò Paganini Cantabile <1> 3’34 Erato, LC 0200, 0630-14778-2 5026 503 Nicolò Paganini, ein Cantabile war das für Violine und Gitarre. Gespielt haben der Geiger Alexander Markov und der Gitarrist Eduardo Fernández. So schön hat der kleine Ole auf seiner zitronengelben Geige im Gartenhäuschen sicherlich noch nicht gespielt. Aber er hat schnell Fortschritte gemacht und es musste eine bessere Geige her. Glänzend rot diesmal, das kann man sich schon eher als Geigenfarbe vorstellen. Ein reisender Franzose hatte Geigen in Bulls Heimatstadt Bergen angeboten und Ole Bulls Vater hatte dem Drängen des Sohnes nachgegeben und das glänzend rote Instrument gekauft. Ole ist so verliebt in seine neue Geige gewesen, dass er sofort darauf spielen wollte. Nachts ist er heimlich aufgestanden und hat den Kasten geöffnet. Natürlich sollte er nachts nicht Geige üben. Deshalb hat er erst mal nur ein wenig an den Saiten gezupft, den Bogen mal nur probeweise in die Hand genommen. Und sich dann gedacht: ach, nur mal ein klein wenig streichen, ganz leise. Er ist dann möglichst 4 weit weg vom Schlafzimmer der Eltern geschlichen, um seiner neuen Geige ein paar leise Töne zu entlocken. Nach und nach hat ihn der Klang der Musik aber so begeistert, dass er alles um sich vergessen hat. Er hat dann ein Stück gespielt, dass ihm so gut gefiel, dass er in voller Lautstärke losgelegt hat. Das wurde ihm erst bewusst, als er den Schlag des väterlichen Stockes auf seinem Rücken spürte. Und zu allem Überfluss fiel ihm seine Geige auf den Bogen und zerbrach. Eine etwas gemäßigte Variante dieser Kindheitserinnerung berichtet, dass Ole über das Erscheinen und die mahnenden Worte seines Vaters so erschrocken war, dass er die Geige fallen ließ. Ein Drama ist es für Ole Bull in jedem Fall gewesen: auch als Erwachsener hat er diese Geschichte noch mit viel Emotion erzählt. 1’45 MUSIK 3 Louis Spohr Scherzo vivace aus: Quartett Nr 16 a-moll, op 58,2 <7> 4‘25 New Budapest Quartet Naxos, 8.223256, LC 9158 6119 465 102 Das war das New Budapest Quartet mit dem Scherzo vivace aus dem Streichquartett in a-moll op. 58 Nr. 2 von Louis Spohr. Die Musik von Louis Spohr hat Ole Bull als Kind schon gekannt. Schließlich ist Spohr damals ein berühmter Geigenvirtuose und Komponist gewesen. Seine Streichquartette hat man bei den Bulls zu Hause gespielt. Da sind dann neben dem cellospielenden Onkel Musiker aus Bergens Orchester „Harmonien“ heute das Philharmonische Orchester von Bergen, vorbei gekommen. Erste Violine bei diesen Hausmusik Quartetten hat der damalige Konzertmeister des Bergener Orchesters Johan Henrich Paulsen gespielt. Natürlich haben die Bulls die Musiker auch bewirtet. Und so kam es, dass Paulsen an einem Abend ein bisschen zu tief ins Glas geschaut hatte. Ole Bull hat erzählt, dass sein Onkel ihm angeboten habe, ihm eine Süßigkeit zu geben, wenn er für Paulsen einspringen würde. Der kleine Ole ließ sich nicht lange bitten: glücklicherweise kannte er die Noten des Quartetts schon, die da auch den Notenständern lagen. Und so konnte der achtjährige Ole mühelose mit den Profis mithalten. Paulsen ist so beeindruckt gewesen, dass er Ole fortan unterrichtete und dafür sorgte, dass er auch bald schon im Orchester als eine Art „Aushilfe“ mitspielen durfte. Mit neun hat Ole Bull dann seinen ersten Soloauftritt gehabt. Der Onkel hat ihm dann eine große 5 Violine gekauft, eine zu große sogar. Aber offensichtlich ist Bulls Talent durch nichts zu bremsen gewesen. 1‘28 MUSIK 4 Ole Bull Nocturne <1> 3‘54 Arve Tellefsen, Violine Trondheim Symphony Orchestra Eivind Aadland, Ltg. SIMAX classics, PSC 1261, NOFZS0561010-170 5136 638 Das war das Nocturne für Violine und Orchester von Ole Bull. Eivind Aadland hat das Trondheim Symphony Orchestra geleitet. Solist war Arve Tellefsen. Mit zwölf Jahren bekam Ole einen neuen Lehrer: den schwedischen Geiger Mathias Lundholm. Aber die Chemie zwischen Schüler und Lehrer stimmte nicht so recht. Ole ist ein phantasievolles und auch sehr eigenständig denkendes Kind gewesen. Er wollte sich nicht in ein strenges Unterrichtsmodell pressen lassen. Eine Methode seines Lehrers bestand darin, Ole für die aufrechte Haltung mit Kopf und Rücken an der Wand spielen zu lassen. Aber sein eigentümlich eingeknicktes linkes Handgelenk, das hat Lundholm ihm nicht austreiben können. Das behielt Ole Bull auch als reisender Virtuose bei. Geschadet hat es offensichtlich nicht, obwohl es auch heutzutage noch jedem Geigenlehrer die Schweißperlen auf die Stirn treiben würde. Da gab es also eine gewisse Spannung zwischen Ole und seinem Lehrer. Ole Bull erinnert sich an folgende Geschichte. Eines Abends als verschiedene Musiker mal wieder im Hause Bull zu Gast waren, stand ein Konzert von Spohr auf dem Notenständer. Während die anderen noch aßen, probierte Ole es heimlich zu spielen. Da kam sein Lehrer rein und schimpfte mit ihm. Das sei ja wohl viel zu schwer. Doch weit gefehlt: Ole spielte den ersten Satz und die anderen Musiker – inzwischen dazu gekommen – klatschen Beifall. Das ärgerte den Lehrer. Und schon setzte er dem Jungen ein Capriccio von Paganini vor. „Probier mal das!“ Sie können sich wahrscheinlich denken wie’s weitergeht: auch das konnte Ole spielen. Aber natürlich konnte er nicht zaubern. Er hatte die Capricci von Paganini heimlich geübt. „Die Katzen kannten das Stück“ hat er später gesagt. Im Gartenhäuschen hatte der Vierzehnjährige sich durch verschiedene Capricci von Paganini durchgearbeitet. Seine Großmutter hatte ihm nach viel Gebettel die Noten besorgt. 6 Ja, da war sein Lehrer natürlich baff. Und konnte dann nur noch bemerken, dass er vielleicht - wenn er sehr fleißig wäre – später auch mal so schön spielen könnte wie er selbst. 2‘03 MUSIK 5 Nicolo Paganini Capriccio Nr. 5 a-moll <5> 2‘37 Thomas Zehetmair, Violine TELDEC, 9031-76259-2, LC 5055 135 Thomas Zehetmair mit dem fünften Capriccio von Nicolò Paganini. Der Zauber von Paganinis Musik hat sich bei Ole Bull schon als Jugendlicher während seiner Übestunden im Gartenhäuschen ausgebreitet. Ein anderer wichtiger musikalischer Einfluss für Bull ist die norwegische Volksmusik gewesen. Die Sommer verbachte die Familie Bull in ihrem Haus in Valestrand. Das ist ein Paradies für die Ole und seine Geschwister gewesen: sie sind in einem kleinen See geschwommen und durch die Wälder gestreift. Ole hatte auf seinen Ausflügen gerne seine Geige dabei und hat dann inmitten der Natur gespielt. Die Geigenklänge, die aus den Wäldern und Büschen drangen, die haben die Landbevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Man munkelte, dass seit neustem Geister und Kobole ihr Unwesen trieben… In Valestrand hat Ole als Kind norwegische Volksmusik gehört. Wenn bei den Bauern der Umgebung Hochzeiten oder sonstige Feste stattfanden, dann griffen die Musiker zur Hardangerfiedel. Das ist eine reich verzierte Violine mit zusätzlichen Resonanzsaiten. Torgeir Augundson, den berühmten Hardangerfiedel Spieler, genannt Myllarguten, der Müllersbursche, den hat Ole Bull als junger Erwachsener kennen gelernt. Mehrere Tage haben beide gemeinsam in Valestrand verbracht und Myllarguten hat für Bull gespielt. Bull hat ihn gebeten, möglichst langsam zu spielen, denn er wollte so viele Melodien wie möglich mitschreiben. Das alles ging mehr schlecht als recht, aber letztlich hat Bull dann doch so einige norwegische Volksmelodien zu Papier gebracht. 1‘37 MUSIK 6 Edvard Grieg Halling fra Østerdalen - Byssan byssan bodne Springdans fra Nummedal - aus: Vier Bergmelodien, bearb. für Sopran, Hardangerfiddle, Violoncello und Cembalo von Felix Treiber <1> 0’46 <2> 1’55 <4> 1’19 Insg. 4‘00 Åselinde Wiland, Sopran Ensemble Sorpresa Antes Edition, BM 319289, LC 07985 5189 868 7 Das waren drei Bergmelodien von Edvard Grieg bearbeitet für Sopran, Hardangerfiedel, Violoncello und Cembalo. Gespielt hat das Ensemble Sorpresa, die Sängerin war Åselinde Wiland. Ole Bull hat norwegische Volksmusik mit seiner von Paganini inspirierten Virtuosität verbunden. Herausgekommen ist dabei ein Geigenvirtuose ganz eigener couleur. Eine Besonderheit ist zum Beispiel sein polyphones Spiel gewesen. Bull konnte nicht nur zwei Saiten und auch zwei Melodien auf einmal spielen, sondern er hat auf allen vier Saiten gleichzeitig gespielt und dabei Tripel- und Quardrupelgriffe verwendet. Sozusagen ein Streichquartett auf einer einzigen Violine! Dabei haben Bull seine Erfahrungen mit der Hardangerfiedel geholfen. Denn so ein paar kleine Tricks hat er für diese Vielstimmigkeit schon angewendet. Er hat nämlich den Steg seiner Violine besonders tief gefeilt – so wie bei einer Hardangerfiedel. Dadurch konnte er die Saiten leichter gleichzeitig streichen. Außerdem hat er den Bogen nicht so stark gespannt, um möglichst alle vier Saiten gleichzeitig zu erwischen. Der Virtuose mit seiner bravourösen Technik – mit Mehrfachgriffen, vielfältigen Flagoletts, unzähligen staccato Noten auf einem einzigen Bogenstich und so weiter und so fort - das ist die eine Seite des Geigers Ole Bull. Die andere ist seine ungeheure Musikalität. Immer wieder wurde sein singender Ton gelobt. Ein wohl eher kleiner Ton, aber klar, sanft und süß im Klang. Und wenn er dann norwegische Volksmelodien mit diesem Klang gespielt und im nächsten Moment ein virtuoses Feuerwerk gezündet hat, dann ist das natürlich schon eine einzigartige Mischung gewesen. Hier ein Ausschnitt aus dem ersten Satz von Ole Bulls Violinkonzert in A Dur, bei dem man das so besondere vierstimmige Spiel von Ole Bull ganz deutlich hören kann. Allerdings spielt der Geiger Annar Follesø auf einer Violine mit „normalem“ Steg und muss deshalb die vierstimmigen Akkorde anders als Bull damals als gebrochene Akkorde spielen. 2‘06 MUSIK 7 Ole Bull Ausschnitt aus: Allegro Maestoso aus Violinkonzert A-Dur <2> ausblenden bei 7’00 Annar Follesø, Violine Norwegian Radio Orchestra Ole Kristian Ruud, Ltg. 2L, 2L-067-SABD, LC ? Privat CD 8 „Ich hoffe es wird eine Sensation auslösen, weil es sicherlich die schwierigste Musik ist, die je für Violine geschrieben worden ist.“ hat Ole Bull 1834 bereits als Virtuose in Italien an seinen Vater über sein Violinkonzert in A-Dur geschrieben. Wir haben einen Ausschnitt aus dem ersten Satz gehört mit Annar Follesø und dem Norwegischen Radio Orchester unter der Leitung von Ole Kristian Ruud. Das ist jetzt schon ein kleiner Ausblick in die Zukunft des reisenden und komponierenden Virtuosen Ole Bull gewesen. Aber zunächst war alles ganz anders geplant. Obwohl so begabt auf der Geige, sollte Bull nämlich eigentlich Theologie studieren. 1828 ist er dazu nach Christiania, das heutige Oslo, gegangen. Aber dann ist er durch die Lateinaufnahmeprüfung für Theologen gefallen. Glück im Unglück: Der Leiter des Theater Orchesters und des Musik Lyceums ist krank geworden. Und da Bull ja jetzt keinen Studienplatz als Theologe hatte, hat er dessen Posten übernommen. Es sollte also doch in Richtung Musik gehen… In dieser Zeit in Christiania hat Bull den zwei Jahre älteren Henrik Wergeland kennengelernt. Er sollte zu einem der wichtigsten Dichter Norwegens werden. Ole Bull und Henrik Wergeland haben ihre patriotische Begeisterung für Norwegen und der Wunsch nach Unabhängigkeit verbunden. Seit 1814 war Norwegen nicht mehr unter Dänemarks Herrschaft. Es musste aber eine Personalunion mit Schweden eingehen, allerdings hatte es eine selbstständige Verfassung. Die Unabhängigkeit von Schweden haben Bull und Wergeland nicht mehr erlebt: dazu ist es erst 1905 gekommen. Aber beide Künstler haben sich während ihres Lebens sehr für die kulturelle Identität Norwegens eingesetzt. Ole Bull hat bei seinen Reisen quer durch Europa und bis nach Amerika die Volksmusik Norwegens in die Welt getragen. 1‘55 MUSIK 8 Ole Bull La Melancholie <9> 2‘43 Arve Tellefsen, Violine Trondheim Symphony Orchestra Eivind Aadland, Ltg. SIMAX classics, PSC 1261, NOFZS0561010-170 5136 638 „I ensomme stunde“ – La Mélancolie von Ole Bull in einer Fassung für Violine und Orchester. Ursprünglich war das ein Lied, das auf einer norwegischen Volksmelodie beruht oder einer solchen von Bull nachempfunden ist. Gespielt gerade eben von dem Geiger Arve Tellefsen und dem Trondheim Symphony Orchestra unter der Leitung von Eivind Aadland. 9 Die einsame Stunde: dieses Werk mit seiner klagenden Melodie ist eine der bekanntesten Stücke von Bull. Und in gewisser Weise spiegelt es auch durchaus den Charakter von Ole Bull wieder. Oft hat Bull von seinen Konzertreisen an seine Eltern geschrieben, nur der Himmel wisse, ob er sie je wieder sehen würde. Er hat sich häufig krank gefühlt, neigte wohl auch zu Hypochondrie. „Ich werde nie glücklich sein.“ klagt er seiner Mutter: „Ständige Leiden gehören zu meinem Leben“. Sein Freund, der Dichter Henrik Wergeland, hat die erste Biographie über Ole Bull geschrieben. Er charakterisiert Bull als leicht reizbar, betont auf der anderen Seite seine kindliches Vertrauen zu anderen Menschen und seine Begeisterungsfähigkeit. Ein labiler Charakter, bei dem Begeisterung auch schnell in eine depressive Verstimmung umschlagen konnte. Das ist nicht gerade eine gute Voraussetzung für einen reisenden Virtuosen… Dennoch sollte genau das Ole Bulls Weg sein. Und so machte er sich 1829 von Christiania auf zu seinem großen Idol: zu dem Komponisten und Violinvirtuosen Louis Spohr in Kassel. 1‘29 MUSIK 9 Louis Spohr Mazurka aus: Sechs Salonstücke op. 135 <12> 7’43 Ingolf Turban, Violine Kolja Lessing, Klavier Cpo, 777 492-2, LC8492, 5187 769 Ingolf Turban und Kolja Lessing waren das mit der die Mazurka aus den Sechs Salonstücken op. 135 von Louis Spohr. Der Besuch von Ole Bull bei Spohr in Kassel ist ein einziges Fiasko gewesen. Spohr hat ihn nicht als Schüler angenommen, so wie Bull sich das gewünscht hatte. Spohr hat ihm nicht einmal etwas vorgespielt. 250 Stunden habe seine Reise gedauert, soll Bull zu Bedenken gegeben haben. Na dann könne er ja auch gleich noch weiter nach Nordhausen reisen, da würde er bei einem Musikfestival spielen, meinte Spohr daraufhin angeblich. Das ist eine entmutigende Erfahrung für Bull gewesen, dass sein Idol ihn so hat abblitzen lassen. Aber letztlich hat diese Enttäuschung ihn auf einigen Umwegen nur in eine andere Richtung gelenkt. Dann eben nicht Spohr und Kassel, sondern auf nach Paris. In der französischen Metropole wollte der junge Virtuose Ole Bull 10 sein Glück versuchen. Er hat es durchaus gefunden, aber ganz anders als er selbst erwartet hatte. Dazu morgen mehr in der SWR 2 Musikstunde. Ich bin Susanne Herzog und freue mich wenn Sie mir morgen auf Ole Bulls verschlungenen Wegen durch Paris folgen. Von da geht’s nach Italien und dann durch ganz Europa!
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