Der Ozean unter dem Meeresboden Kalte Quellen als Oasen der

expedition Erde
Planet Erde
Der Ozean
unter dem Meeresboden
Kalte Quellen als Oasen der Tiefsee
von Erwin Suess und Peter Linke, Kiel
A
ls „Ozean unter dem Meeresboden“ bezeichnen Forscher
die immensen Wassermengen, die
nicht frei fließen, sondern in den Sedimenten der Ozeane und in Klüften
und Spalten der darunter liegenden
ozeanischen Kruste gespeichert
sind. Sein Volumen wird auf fast
zwei Millionen Kubikkilometer geschätzt. Das ist ein Mehrfaches des
Schwarzen Meeres, der Ostsee und
des Mittelmeeres zusammen genommen und entspricht circa vier Fünftel der im polaren Eis gespeicherten
Wassermenge. Durch die höheren
Temperatur in der Erdkruste löst
sich in diesem Ozean ein breites
Spektrum an Stoffen und Gasen.
Diese Stoffe erreichen teilweise
recht hohe Konzentrationen, da der
Kontakt zwischen Sediment und
ozeanischer Kruste über lange Zeit
besteht. Dadurch finden in diesen
Wässern Veränderungen und chemisch-mineralogische Neubildungen aller Art statt.
Die Wässer sind mobil und nicht
permanent innerhalb der Sedimente
und Krustengesteine eingeschlossen.
Durch das Gewicht des darüber liegenden Ozeans, Temperatur- oder
Dichtegradienten und tektonische
Bewegungen entstehen Risse und
Spalten, entlang derer sie sich einen
Weg in den freien Ozean bahnen.
Auch Grundwasserleiter an Land,
die bis in Schichten unter dem Meeresboden reichen, können untermeerischen Quellen als Weg dienen. Zusammengenommen sind diese Vorgänge der Fluidentwässerung von
globaler Bedeutung für den Haushalt verschiedener Inhaltstoffe des
Ozeans. Auch die Lebensweise spezialisierter Tiergemeinschaften der
Tiefsee hängt von ihnen ab. Die
Stellen, an denen solche Wässer am
Meeresboden austreten, sind als
‘cold seeps’, ‘cold vents’, oder als
kalte Quellen bekannt. Sie unter-
scheiden sich von den heißen Quellen der ozeanischen Spreizungszonen durch ihre geringere Temperatur und geringeren Ausfluss. Im
folgenden Überblick werden die
verschiedenen Typen von kalten
Quellen vorgestellt, wobei die Quellen, die an Abtauchzonen im plattentektonischen Gefüge vorkommen,
ihrer globalen Bedeutung wegen
ausführlich behandelt werden.
Grundwasseraustritte
In der Nähe der Küste gibt es kalte
Quellen, an denen Grundwasser unter Wasser austritt. Schon den Seefahrern der vergangenen Jahrhunderte waren diese Stellen bekannt,
weil dort Linsen genießbaren Wassers auf dem Salzwasser des Meeres
schwimmen. Dieses Süßwasser war eine willkommene Möglichkeit
die Trinkwasservor-
räte aufzufrischen. Süßwasser, wie
diese Quellwässer, ist leichter als
Salzwasser und kann daher von einer Linse an der Oberfläche abgeschöpft werden. Die Abbildung auf
dieser Seite zeigt eine Zeichnung
von 1868, auf der ein Segler vor der
Küste in einer solchen Süsswasserlinse liegt und das begehrte Nass
einholt (Abb. 1). Ebenfalls dargestellt ist die geologische Situation,
die diesen Typ kalter Quellen ermöglicht. Eine Abfolge durchlässiger und undurchlässiger Schichten,
die durch den abfallenden Hang angeschnitten sind, führen das Süßwasser ins Meer. Der Einzugsbereich der Schichten liegt auf
dem angrenzenden
Land.
Abb. 1:
Historische
Darstellung der
Abschöpfung eines
untermeerischen
Grundwasseraustrittes
zur Ergänzung der Trinkwasservorräte an Bord eines Segelschiffes. Auf dem Salzwasser (a)
schwimmt eine Süßwasserlinse (b). Aufgrund
des Druckgradienten zwischen Land- und Meeresspiegel steigt das leichtere Grundwasser (b) aus einer wasserführenden Sedimentschicht (d) zur Meeresoberfläche auf; dies
wird möglich, weil die durchlässige Schicht von weniger durchlässigen Schichten (c) eingeschlossen ist; (Sonrel, L., 1868: Le Fond de
Mer, Paris, p. 82).
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zahlreichen Fällen führt die Mobilisation leicht flüchtiger Bestandteile
zu starken Vulkaneruptionen, Erbeben und dazu, dass untermeerische
Hänge abrutschen und mächtige
Flutwellen auslösen.
Entstehung kalter Quellen am Meeresboden und ihre Erforschung
Abb. 2: Typen verschiedener untermeerischer Fluidaustritte und ihr geologisch-stratigraphischer Rahmen; Wegsamkeiten für Fluidmigration im Untergrund sind entscheidend für die Entstehung von cold seeps. Grundwasseraustritte finden sich küstennah und sind durch poröse Sedimentabfolgen
begünstigt. Salzlaugen entstehen durch Fluidtransport, meist über Störungen, die beim Aufstieg von Salzstöcken gebildet werden. „Chemoherme“ sind
massive großräumige Kalkstrukturen, bei denen ausströmendes Methan in
Karbonat umgewandelt wird. Die Kalkabscheidungen bestehen aus Schloten,
Der hydrostatische Druck des höher
stehenden Grundwasserspiegels in
der durchlässigen Schicht lässt das
leichtere Süßwasser gegen den
Druck des dichteren Salzwassers
ausquellen. Bekannt sind solche
Grundwasseraustritte von der Küste
Floridas, der Yucatan Halbinsel vor
Mexico, entlang den Küsten von
Chile, Guam, Australien, Samoa, im
Persischen Golf, im Mittelmeer vor
Spanien, Frankreich, Italien, Syrien,
Libanon und Israel und an zahlreichen anderen Stellen.
Eine Gruppe Schiffbrüchiger des
Walfängers „Essex“, der 1819 im
Pazifik von dem berüchtigten weißen Wal „Moby Dick“ zerschmettert
wurde, verdankt ihr Überleben bei
der folgenden Irrfahrt einer solchen
Quelle. Aus einem jüngst veröffentlichten Bericht über die dramatische
Rettung eines Teils der Besatzung
geht zweifelsfrei hervor, dass sie bei
Niedrigwasser am 17. Dezember
1819 auf eine Süßwasserquelle am
Strand von Henderson gestoßen
sind. Die südpazifische Insel gehört
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zementierten Muscheln und bilden einen Lebensraum, z.B. für Fische. Gashydrate bestehen aus Wasser und Methan und sind nur bei erhöhtem Druck
und niedriger Temperatur stabil; sie können zusammen mit Ölleckagen aus
Kohlenwasserstofflagerstätten entstehen, aber auch aus dem Abbau sedimentären organischen Materials. Gashydrate können wegen ihrer geringen
Dichte bis zur Meeresoberfläche aufschwimmen; (Moore, J.C., 1999: Amer.
Assoc. of Petrol. Geol., Expl., 12/99, p. 22-23).
zu den Tuamoto Inseln. Sie konnten
zwar ihre Trinkwasservorräte auffrischen, aber die Quelle versiegte an
den folgenden Tagen. Aus den Tagebuchaufzeichnungen wird ersichtlich, dass der schwache Druck der
Quelle nicht gegen den Druck des
höheren Gezeitenstandes ankam.
Dieser Einfluss der Gezeiten auf
kalte Quellen ist einer der spannendsten Forschungsbereiche in diesem
Themenkreis.
Auch die Sedimente eines Flussdeltas, wie zum Beispiel die des Niger vor Westafrika oder des Mississippi im Golf von Mexiko, enthalten
viel Wasser, dass durch die schnelle
Ablagerung regelrecht begraben
wird. Die Ablagerungen sind daher
häufig von Aufstiegskanälen durchsetzt. Unter bestimmten geologischen Gegebenheiten fördern die
ausströmenden untermeerischen
Wässer auch Salzlaugen. Sie sammeln sich in Tümpeln am Meeresboden oder fließen als dichtere
Rinnsale in tiefer gelegene Becken
ab (Abb. 2). Die Wanderung von
Fluiden in Sedimenten spielt auch
bei der Bildung von Gashydraten
am Meeresboden eine Rolle.
Da die Ablagerungen sehr dynamisch sind, sind die Austritte von
Grundwasser entlang der Küsten
und die Entwässerungsstrukturen in
Deltas kurzlebig und wechseln häufig ihren Standort. Ihre Bedeutung
für die Trinkwasserversorgung wird
in Zukunft trotz dieser Schwierigkeiten zunehmen. Wasser wird
knapper und schon heute spricht
man von Wasser als dem Öl des 21.
Jahrhunderts. Ein weiterer Aspekt
bei der Erforschung von kalten
Quellen ist ihre Rolle als Transportmittel für Nährstoffe, Pestizide und
Herbizide aus der Landwirtschaft
ins Meer.
Tektonische Entwässerung
als globaler Prozess
Im Gegensatz zu den Küstenbereichen sind die in größeren Wassertiefen vorkommenden untermeerischen Quellen vielseitiger ausgebil-
Abb. 3a: Plattenbewegung und Transportwege von flüchtigen Bestandteilen (Wasser, Methan, Schwefel,
Halogene) durch eine Subduktionszone (= Verschluckungs- oder Abtauchzone). Die Rückführung der
flüchtigen Bestandteile erfolgt über drei Transportwege: Den kurzen Weg an der Deformationsfront
(weißer Kreis, Abb. 3b); einen längeren Weg, entlang von Störungen und Bruchzonen am Kontinentalhang (weißer Kasten, Abb. 2) und dem längsten Weg, über Vulkane durch Aufschmelzen und Reaktionen in der ozeanischen Lithosphäre und dem oberen Erdmantel.
det. Sie sind an tektonische Strukturen gebunden, was ihren Standort
festlegt, ihre Lebensdauer verlängert
und ihre geologische Überlieferung
verbessert. Die aktiven Kontinentalränder, besonders die des Pazifischen Ozeans, sind ein Lehrbuchbeispiel für die Entwässerung mächtiger Sedimentpakete durch tektonische Prozesse (Abb. 3a). Wenn eine
ozeanische unter eine kontinentale
Erdplatte abtaucht, werden die Sedimente regelrecht zu untermeerischen Gebirgen aufgestaucht und
verlieren hierbei ihre im Porenraum
gespeicherten Fluide, vor allem
Gase und Wasser. Schon in der Subduktionszone werden durch die
Stauchung im großen Stil gelöste
und gasförmige Bestandteile in die
offene Wassersäule abgegeben. Im
Ozean entstehen durch diese Stoffrückführung untermeerische Quellen mit hochspezialisierten Lebensgemeinschaften, Methanhydrate,
Schlammvulkane und Erdbeben (Abb. 3b).
An Land sorgen vulkanische Eruptionen und stille
Entgasungen für die Rückführung der Stoffe (Abb.
3a & b). Durch diesen
Kreislauf werden große
Mengen an leicht flüchtigen
Verbindungen, so genannte
Volatile, aus der Erdkruste in
Ozean und Atmosphäre zurückgeführt. Dazu zählen unter anderem Wasser, Schwefel, Kohlendioxid, Methan, Halogene und ihre
flüchtigen Verbindungen. Dieser
Kreislauf steuert Verwitterungs- und
Sedimentationsprozesse an der Erdoberfläche und bestimmt so die geochemische Entwicklung von Erdkruste, Ozeanboden, Meerwasser
und Atmosphäre. Damit wirken diese Vorgänge als wichtigste Steuergröße auf die langfristige Klimaentwicklung der Erde. Mehr noch: In
Die ozeanische Lithosphäre bewegt
sich wie ein Förderband mit Sediment beladen beständig von den
mittelozeanischen Rücken in Richtung auf die Subduktionszonen. Dadurch werden Sedimente, die hohe
Gehalte an flüchtigen Verbindungen
enthalten, in die Subduktionszonen,
die Tiefseerinnen, transportiert. Der
obere Teil der ozeanischen Kruste
unterliegt fortwährend biologischen,
geochemischen und geologischen
Prozessen. Auf ihm liegen die Sedimente und er ist ein wichtiger Speicher für flüchtige Verbindungen. In
der Subduktionszone angekommen,
Abb. 3b: Entwässerungsphänomene am tieferen
Kontinentalhang zwischen Deformationsfront und
Akkretionsrücken; das Decollément ist die Hauptüberschiebungszone; es trennt Akkretionskeil
(weiß) von subduzierten Sedimenten und ozeanischer Kruste (farbig); Muschelfelder kennzeichnen Fluidaustritte sowie Methanwolken im Wasser;
Schlammvulkane und Gashydrat-Eruptionen als
typische Erscheinungen der Verschluckungszone
sowie Rutschungen und Schlammströme.
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werden die Sedimente zum großen
Teil in Form eines „Akkretionskeils“ an die kontinentale Platte angelagert. Es gibt auch erosive Plattenränder, an denen die ozeanische
Platte mitsamt ihrer Sedimentfracht
die Tiefseerinnen unbeeinflusst passiert, um anschließend in den oberen
Erdmantel verfrachtet zu werden.
Mit dem Sedimentfluss durch die
Tiefseerinnen werden große Mengen an Kohlenstoff, Schwefel, Wasser und Halogenen wie auch anderer
Elemente und reaktiver chemischer
Verbindungen verschluckt. Hinzu
kommt, dass durch den Abbau organischen Materials und die Umwandlung vulkanischer Aschen im Sedimentkörper Kalzite, Methanhydrate,
Pyrit und Zeolithe gebildet werden.
Dies sind Verbindungen, die einen
hohen Anteil flüchtiger Stoffe besitzen und so die Stoffbilanz bei der
Rezirkulation durch die Tiefseerinnen wesentlich mitbestimmen (Abb.
3a & b).
Der Transport von Fluiden durch
den Akkretionskeil stellt gewissermaßen eine Abkürzung gegenüber
dem längeren Weg der vulkanischen
Magmenbildung und der eruptiven
Entgasung dar (Abb. 3a). Bei der
tektonischen Entwässerung werden
die Sedimente durch den mechanischen Druck der gegeneinander gerichteten Plattenbewegungen komprimiert und dabei weitgehend ausgepresst. Die ausgepressten Fluide
steigen zur Oberfläche und fließen
in den Ozean zurück. Die Zusammensetzung dieser Wässer ist durch
Methan und Sulfid dominiert. Zudem können sie an örtlich begrenzten Fluidaustritten eine Zirkulation
von ozeanischem Bodenwasser
durch die Oberflächensedimente anregen, ein Vorgang, der den Stoffaustausch noch wesentlich verstärkt.
Etwa zehn Jahre nach der Entdeckung der hydrothermalen Zirkulation an den mittelozeanischen Rücken
wurde 1985 der untermeerische
Stofftransport durch tektonische Entwässerung an Subduktionszonen
entdeckt. Auf diesem Forschungsgebiet sind mit unterschiedlichen Methoden bedeutende Fortschritte er-
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expedition Erde
zielt worden. Im Rahmen des Ocean
Drilling Programms wurden, neben
den tektonischen Fragen, auch die
vertikale Verteilung von unterschiedlichen Fluiden und Temperaturen im
Bereich zusammenstoßender Platten
erfasst. Ein anderer Ansatz untersuchte detailliert die sichtbaren Spuren der tektonischen Entwässerung
an der Sedimentoberfläche, die kalten Quellen. Einsätze mit Tieftauchbooten und -robotern und Video gesteuerte Vermessungen ergaben,
dass die Austrittsstellen durch besondere Tiergemeinschaften besiedelt sind. Sie werden meist von
Mollusken, Bartwürmern und Mikro-Organismen sowie von Mineralausfällungen bestimmt.
Methan unter Sauerstoffverbrauch
(Methanotrophie). Von den neu gebildeten Molekülen ernährt sich das
Wirtstier, das unterschiedlich stark
von dieser Nahrungsquelle abhängt.
Die Wirtstiere können diese Quelle
nur über die Symbiose mit den Bakterien anzapfen. Die Bakterien profitieren ebenfalls: ihnen wird ein stabiler Lebensraum innerhalb des Tiergewebes geboten, in dem sie mit allen nötigen Substanzen versorgt werden. So wird im Fall der Muscheln
der Schwefelwasserstoff des Fluids
über den Muschelfuß in die Blutbahn aufgenommen und gleichzeitig
pumpt die Muschel Sauerstoff aus
dem Bodenwasser zu den Bakterien,
den diese zur Oxidation benötigen.
Funktionsweisen der Seep Fauna
Anaerobe Methanoxidation,
Kalkfällung und Kohlenstoffbilanz
Die Vergesellschaftung von Mollusken, Bartwürmern und Bakterien ist
der sicherste Anhaltspunkt für untermeerische kalte Quellen. Ihre Ansiedlung und die Ausbildung einer
derart großen Biomasse setzt eine
ausreichende Versorgung mit reduzierten chemischen Verbindungen
(Methan und Schwefelwasserstoff)
voraus, die als Nahrung dienen. Ihr
Vorkommen gilt daher als Anzeiger
für die Stärke, Zuverlässigkeit und
Lebensdauer von kalten Quellen.
Die Muscheln gehören vorwiegend zu den Gattungen Calyptogena
und Solemya. Modiolus Arten sind
ebenfalls beobachtet worden. Die
Muscheln leben wie die Bartwürmer
(Pogonophora) in Symbiose mit
Bakterien. Diese werden von ihnen
als Wirt in speziellen Geweben beherbergt, wie den Kiemen oder einer
Umbildung des Darmtraktes. Die
symbiontischen Bakterien sind in
der Lage, das in den Fluiden enthaltene Methan und den Schwefelwasserstoff zu oxidieren und mit der so
gewonnenen Energie organische
Verbindungen aufzubauen. Diesen
Vorgang nennt man Chemotrophie;
er ist in Abbildung 4 am Beispiel
der Muschel Calyptogena phaseoliformis, die Schwefelwasserstoff
nutzt, dargestellt. Eine ähnliche Reaktion erfolgt für die Oxidation von
Erst kürzlich wurde die wichtigste
mikrobielle Vergesellschaftung für
den Stoffumsatz an „cold seeps“
entdeckt: Ein Konsortium aus Methan oxidierenden Archaebakterien
und Sulfat reduzierenden Prokaryonten gewinnt aus Methan unter Sauerstoffabschluss Energie. Dieser anaerobe Methanoxidation (AMO) genannte Prozess der mit Hilfe von
Sulfatreduktion abläuft, erklärt zwei
der wichtigsten Phänomene der kalten Quellen: Die enorme Produktion
an Schwefelwasserstoff, die die
oben beschriebene chemoautotrophe
Lebensweise der Mollusken- und
Bartwurmkolonien antreibt und das
weit verbreitete Vorkommen von
Kalken. Dieses entscheidende Konsortium lebt unterhalb der Sedimentoberfläche oder auch in Klüften, Schloten und Zufuhrkanälen der
Entwässerungsbahnen. In den kugelförmigen Aggregaten sind die
Methan oxidierenden Archaebakterien von den Sulfat reduzierenden
Prokaryonten umgeben. Auf diese
Weise werden kurze Transportwege
für die verschiedenen, bisher nicht
genau bekannten Zwischenprodukte
ermöglicht. In der Summe oxidiert
das Konsortium Methan aus den
aufsteigenden Fluiden unter Verbrauch von Sulfat zu Karbonat und
Abb. 4: Schema der Symbiose und des Stoffkreislaufes am Beispiel der Muschel Calyptogena phaseoliformis. Die Muschel nimmt über ihren Fuß den mit
den Fluiden aufsteigenden Schwefelwasserstoff in ihre Blutbahn auf und trans-
portiert ihn zu den symbiontischen Bakterien in den Kiemen. Diese werden
zugleich durch die Pumpaktivität der Muschel mit Sauerstoff aus dem Bodenwasser versorgt, um die Schwefelverbindungen zu oxidieren.
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Abschätzung der Entwässerungsraten
Abb. 5: Methanumsetzungen durch spezialisierte Organismen an kalten Quellen. Die aufsteigenden Fluide sind der Antrieb für die biogeochemischen Wechselwirkungen im Sediment. Sie transportieren Methan aus dem Sediment
aufwärts, hier als Gashydrate dargestellt. Ein Konsortium von Bakterien setzt
das Methan mit Hilfe von Sulfat zu Schwefelwasserstoff und Karbonat um
(Reaktion 1). Der Schwefelwasserstoff steigt weiter auf und wird durch an-
Schwefelwasserstoff (Abb. 5; Reaktion 1). Das Sulfat erreicht die Konsortien durch Diffusion aus dem Bodenwasser, unterstützt durch die
Pumpaktivität der Muscheln. Das
Methan stammt aus dem aufsteigenden Quellwasser, das entweder bis
zur Sättigung gelöstes Methan enthält, freies Methan als Blasen transportiert oder unter Auflösung von
Gashydraten das erforderliche Kohlenstoffsubstrat und den Energieträger Methan ständig anliefert.
Der Schwefelwasserstoff wird
durch den Fluidstrom weiter aufwärts gespült und dient den am
Meeresboden sesshaften Mollusken
und Pogonophoren als Energielieferant. Sie brauchen aber freien Sauerstoff, um diese Energiequelle nutzen
zu können (Abb. 5; Reaktion 2).
Dies erfordert, dass die Muschelkolonien am Meeresboden und nicht
im Sediment unter Abschluss von
Sauerstoff leben, wie das Konsortium. Durch die Aktivität des Methan
oxidierenden Konsortiums wird der
Porenraum des Meeresbodens unter
Sauerstoffabschluss stark mit Karbonat übersättigt. Dies fällt als Kalk
aus (Abb. 4; Reaktion 3). Es entstehen Aragonit, Magnesium-Kalzit so-
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dere Bakterien direkt am Meeresboden oder durch solche, die in Symbiose
mit Muscheln leben, mit Hilfe von Sauerstoff oder Nitrat in Sulfat zurückverwandelt (Reaktion 2). Das im Sediment entstandene Karbonat reagiert
mit den Kationen des eingeschlossenen Meerwassers und bildet Karbonatminerale (Reaktion 3); (Suess, E., 2001: Philip Morris Stiftung. Forschungspreis 2001, p. 25).
wie Dolomit, wobei die genauen
Bedingungen zur Bildung der einzelnen Mineralphasen nicht bekannt
sind. Diese Art der Kalkbildung ist
nur an AMO gebunden und kann
nicht über die aerobe Schwefelwasserstoff- bzw. Methanoxidation erfolgen, denn die wirkt eher Kalk lösend.
Durch die AMO-getriebene Kalkfällung sind alle typischen Strukturen wie „Chemoherme“ und Schlote
an den kalten Quellen erklärbar.
Findet man solche Kalkgebilde in
geologischen Ablagerungen, zeigen
sie fossile kalte Quellen an. Der
Kohlenstoffgehalt dieser Gebilde
enthält Informationen über die Bilanz und Lebensdauer von kalten
Quellen. Der restliche Kohlenstoff,
der an den Quellen umgesetzt wurde, wurde entweder als Stoffwechselprodukt der Lebewesen in den
Ozean abgegeben oder chemosynthetisch in Biomasse umgewandelt,
wie oben bei der Funktionsweise der
Fauna der kalten Quellen beschrieben.
Der Aufbau organischer Substanz
mittels Oxidation reduzierter chemischer Verbindungen lässt an den kalten Quellen spezielle Gemeinschaf-
ten gedeihen. Das Potential dieser
Gemeinschaften ist noch nicht bekannt, denn die Menge an reduzierten Verbindungen und die Effizienz,
mit der diese genutzt werden, ist unbekannt. Neben der Bedeutung des
Nahrungseintrags kann der Einfluss
der austretenden Fluide auch auf die
Vielfalt der Tiefseefauna nicht hoch
genug eingeschätzt werden. Zum einen kann die Symbiose zwischen
chemoautotrophen Bakterien und
dem Wirtstier, wie im Falle der Muscheln der Gattung Calyptogena sp.,
artspezifisch sein. Das bedeutet,
dass Muschel und Bakterium sich
zusammen entwickelt haben und
sich so eng aufeinander abgestimmt
haben, dass sie mit keinem anderen
Partner eine Symbiose eingehen
können. Im Detail steht die Wissenschaft vor der fundamentalen Frage,
wann und woher die Bakterien in
die Muscheln gelangen, denn die
Larven bekommen die Bakterien
nicht von den Eltern. Zum anderen
finden sich neben den chemoautotrophen Symbiosen auch frei lebende Mikro-Organismen im Ökosystem der kalten Quellen, deren Vielfalt und physiologische Leistungen
nur unzureichend bekannt sind.
Um zu messen, wie viel Wasser und
damit wie viele flüchtige Verbindungen aus kalten Quellen austreten,
werden spezielle Geräte eingesetzt.
Sie werden entweder von Tauchbooten auf die Austrittsstellen positioniert oder Video geführt von konventionellen Forschungsschiffen aus
betrieben. Ein solches Gerät trägt
eine Kammer mit Wasserschöpfern
und eine Strömungssonde in einem
Ausstromrohr. Wird das Gerät über
eine Quelle am Meeresboden gesetzt, füllt sich die zunächst mit Bodenwasser gefüllte Probenkammer
langsam mit ausströmendem Fluid
(Abb. 6).
Die Konzentrationsänderung der
gelösten Stoffe im Fluid gegenüber
dem Bodenwasser über die Zeit
wird mittels der nacheinander ausgelösten Wasserschöpfer in der Probenkammer erfasst. Die Menge des
Ausstroms wird gleichzeitig über
die Strömungssonde gemessen.
Während der Standzeit von bis zu
zwei Stunden wird eine Mischung
aus austretendem Fluid und Bodenwasser beprobt. Der gemessene
Ausstrom setzt sich zusammen aus
dem „tektonischen“ Entwässerungsfluss und der Pumpleistung der mit
der Quelle assoziierten Tiere, dem
„biologischen“ Fluss.
Bisher wurden Ausstromraten von
85 bis 2.000 Liter pro Quadratmeter
und Tag für den Gesamtfluss gemessen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch der Sauerstoffverbrauch innerhalb der Kammer als
Maß für den Umsatz von Methan
und Schwefelwasserstoff für eine
Berechnung des Fluidausstroms benutzt werden. Der Sauerstoff wird
von der Symbiose aus Mollusken
und Bakterien verbraucht. Mit dieser Methode ergibt sich beispielsweise eine Rate von 200 Millilitern
pro Quadratmeter und Tag. Hierbei
wird allerdings nur der „tektonische“
Entwässerungsstrom geschätzt, denn
nur dieser transportiert Methan und
Schwefelwasserstoff heran. Schließlich können Entwässerungsraten
auch indirekt über abgeleitete geo-
Abb. 6: Schema eines Fluidprobennehmers für kalte Quellen (VESP = Vent SamPler) und Einsatz
vom Forschungsschiff; das Absatzgestell trägt Transponder, Telemetrie und Video-Kamera zur
Führung und zum Absatz des Gerätes über Fluidaustritten. Die zentrale Einheit besteht aus einer
Probenkammer mit CTD-Speichersonde, mehreren Wasserschöpfern, Schrittmotor und eingebauter Strömungssonde in der Ausstromöffnung (Ausschnitt); VESP wurde in Wassertiefen bis 6.000
m erfolgreich eingesetzt.
physikalische Größen geschätzt werden. So lassen sich Änderungen der
seismischen Geschwindigkeit in
Akkretionskeilen in Ausstromraten
umrechnen. Dazu muss die Geschwindigkeit, mit der sich die Platten aufeinander zu bewegen, genauso bekannt sein, wie die Änderung
des Gesamtporenvolumens durch
die tektonische Aktivität. Für die
Berechnung wird angenommen, dass
die Porositätsabnahme das unmittelbare Ergebnis von Wasserverlust ist.
Oft liegen genau dort, wo nach dieser Berechnung die höchsten Ausstromraten liegen, tatsächlich kalte
Quellen. Die Berechnungen sagen
Ausstromraten von 0,02–0,05 Liter
pro Quadratmeter und Tag voraus.
Die Porositätsänderung bezieht
sich auf viel größere Flächen, als die
Messung der Quellen selbst. Da die
Quellen aber konzentriert am unteren Kontinentalhang auftreten, sind
die biogeochemisch (= durch Sauerstoffverbrauch) abgeleiten “tektonischen” Raten viel höher als die geophysikalisch (= durch Porositätsänderung) abgeleiteten “tektonischen”
Raten. Bezogen auf die Fläche gleichen sich die Werte aber an. Die relativ gute Übereinstimmung aller
Abschätzungen der Ausstromraten
ist eines der bisher wichtigsten Ergebnisse bei der Erforschung der
kalten Quellen. Dies war nur möglich durch die fundamental neue Erkenntnis, dass die Pumpleistung der
Quell-Organismen im Bereich von
Konvergenzzonen berücksichtigt
werden muss. Dies unterstreicht die
Bedeutung der Tiergesellschaften.
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Planet Erde
expedition Erde
Abb. 7: Subduktionszone vor Alaska; die Pazifische Platte schiebt sich mit bis
zu 7 cm pro Jahr nach Nordwesten unter die Nordamerikanische Platte; als
Verschluckungszone entsteht der Aleutengraben und Transform-Störungen
Beispiel: Aleuten-Subduktionszone
Der Kontinentalhang im Nordpazifik vor Alaska und der Inselbogen
der Aleuten bilden eine typische aktive Subduktionszone an der zahlreiche morphologische und tektonische
Einzelheiten eindrucksvoll ausgeprägt sind (Abb. 7). Die nach Norden driftende Pazifische Platte wird
hier unter die Nordamerikanische
Platte geschoben. Die Subduktionszone ist durch eine deutlich ausgeprägte Rinne markiert, den Aleutengraben. Der reicht mit nach Westen
zunehmender Wassertiefe von 4.000
bis auf über 7.000 Meter.
Bei der Subduktion entstehen
mehrere gefaltete Rücken, deren
Achsen parallel zur Deformationsfront und senkrecht zur Plattenbewegung verlaufen (Abb. 7 & 8a).
Diese Rücken entwickeln im fortgeschrittenen Stadium entweder landwärtig oder seewärtig gerichtete
Überschiebungsbahnen und werden
durch tiefe Einschnitte (Canyons)
und Rutschungen kontinuierlich erodiert (Abb. 8a). Sie sind im Untergrund durch Störungen intensiv zer-
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entlang der Kanadischen Küste; Strukturen in Abb. 8 und 9 stammen vom
Grabensegment gegenüber der Insel Kodiak; (nach von Huene, R., et al.
1998: Geol. Soc. Amer., Bull. 110, p. 468-482).
klüftet (Abb. 8b & c). So werden
Wegsamkeiten für die unter Druck
stehenden Wässer, Gase und leicht
flüchtigen Bestandteile, die Volatilen, geschaffen. Eingelagerte Schichten mit hoher Durchlässigkeit im deformierten Sedimentpaket begünstigen die Entwässerung, so dass im
Bereich der Deformationsfront, besonders an den seewärtigen Flanken
des ersten Akkretionsrückens, ausgeprägte ‘cold vents’ oder ‘cold
seeps’ entstehen (Abb. 8c).
An diesen Rückenflanken in fast
5.000 Metern Wassertiefe gedeihen
großflächig Lebensgemeinschaften,
die, gemessen an der ansonsten eher
spärlich besiedelten, nahrungsarmen
Tiefsee, eine außerordentliche Größe und Dichte erreichen. Sie sind
vergleichbar mit den Muschelbänken der Nord- und Ostsee oder gar
den Riffpopulationen tropischer Gewässer. Diese „Oasen der Tiefsee“
entstehen durch die oben beschriebene Symbiose mit chemoautotrophen Bakterien. Sie werden von
dichten Bakterienmatten und Kolonien speziell angepasster Muscheln
und Bartwürmer dominiert (Abb. 9).
Die Verteilungsmuster von calyptogenen Muscheln sind entlang der
Ausbisse von Verwerfungen oder
Überschiebungen angelegt, die sich
dem großräumigen tektonischen Gefüge der Plattenkollision, hier vor
Alaska, anpassen und die direkten
Fluidaustrittsstellen markieren
(Abb. 9a). Interessant ist auch der
typische Bewuchs der Muscheln mit
Seeanemonen, die als sekundäre
Konsumenten die Muscheln sozusagen als Hochsitz nutzen (Abb. 9b).
Seltene Aufnahmen zeigen auch
das Vorkommen von Bartwürmern
(Abb. 9c), die meist am Rand der
Muschelkolonien leben oder als büschelförmige Kolonien zusammen
mit Muscheln aus der Gruppe der
Mytilidae vorkommen (Abb. 9d).
Dichte Kolonien von Röhrenwürmern, die ebenfalls an eine chemosynthetische Lebensweise angepasst
sind, kommen ebenso vor, wie dicke
Matten frei lebender Bakterien
(Abb. 9e & f).
Außer den Lebewesen, die direkt
von den Fluiden leben, treten andere
Organismen auf, die zum Teil nur
hier vorkommen, oder aus anderen
Abb. 8: Tektonischer Aufbau und Entwässerungsstrukturen entlang der
Subduktionszone im Aleutengraben; (Kläschen & von Huene, 1997). (a)
Morphologie des Meeresbodens mit Blick von ozeanischer Platte über
Deformationsfront auf Akkretionsrücken; Höhenunterschied: 6000-3000 m.
Seewärtige Rückenflanke durch Rutschungen modifiziert. Landwärtige Seite:
Sediment verfüllte Becken durch Canyons und Rutschungen; Verlauf der seismischen Linie EDGE (weiß); (b) Reflexionsseismische Aufzeichnung des Un-
tergrundes entlang der Linie EDGE; ozeanische Platte (rechts), Deformationsfront (Mitte), Sedimentbecken (links); (c) Interpretation: Tiefreichende Bruchzonen an der Deformationsfront bilden Wegsamkeiten zur vertikalen Entwässerung; Fluidaustritte (Cold Vents) finden sich konzentriert nahe der
Deformationsfront und im Streichen des tektonischen Gefüges; (von Huene,
R., et al. 1998: Geol. Soc. Amer., Bull. 110, p. 468-482).
73
Planet Erde
expedition Erde
Lebensräumen der Tiefsee angelockt
werden. Bislang sind die komplexen
Nahrungsnetze kaum bekannt. Sie
lassen sich zukünftig mit Hilfe moderner Techniken, wie Isotopenanalyse, Anreicherung von Spurenelementen und Biomarkern (z.B.
Lipiden oder komplexen Kohlenwasserstoffen) aufklären.
Ausblick: Verbreitung von kalten
Quellen in Raum und Zeit
Viele Jahre stand das Auffinden und
die Bestandsaufnahme der ‘cold
seeps’ mit ihren an diesen extremen
Lebensraum angepassten Organismen im Mittelpunkt der Forschung.
In Zukunft wird ein besonderes Augenmerk auf deren Veränderung mit
der Zeit notwendig sein. Eine fast
unüberschaubare Anzahl von Fluidaustrittsstellen ist inzwischen dokumentiert.
Es gilt aber nicht nur die räumliche Verbreitung aufzuklären, sondern auch zeitliche Schwankungen,
zum Beispiel der Ausstromraten, die
auf allen Zeitskalen zu erwarten
sind. Diese zu erfassen ist eine große technische Herausforderung. Gewöhnlich beschränken sich Messungen auf Stunden, damit sind aber
zum Beispiel Gezeitenrhythmen
nicht zu erfassen. Daneben existieren nicht-zyklische Fluktuationen
bei der tektonisch gesteuerten Entwässerung. Sie werden durch seisAbb. 9 (linke Seite): Charakteristische Vergesellschaftungen spezialisierter Organismen an kalten
Quellen der Tiefsee: (a–c) Populationen von calyptogenen Muscheln mit bucciniden Schnecken und
Bar twürmern im Aleutengraben; Wassertiefe
4.950 m; (a) Die Muscheln sind entlang einer linearen tektonischen Struktur am Meeresboden angeordnet; (b) Details der mit Actinien besetzten
Muschelfauna; (c) Kolonien von Bartwürmern
(Pogonophoren) mit ausgesteckter Tentakelkrone
an der Peripherie der Muschelkolonie; (d) Kolonie von Bar twürmern an der Flanke eines
Schlammvulkans vor Costa Rica; Wassertiefe 500
m; (e) Bakterienmatten und Karbonatausfällungen
sowie angrenzende Muschelkolonien über
oberflächennahen Gashydraten vor Oregon; Wassertiefe 780 m; (f) Kolonien serpulider Borstenwürmer sowie vereinzelte Muscheln an einem Steilhang vor Peru; Wassertiefe 2500m.
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mische Aktivitäten und Änderungen
hydrogeologischer Wegsamkeiten
verursacht.
Ein erster Schritt zur Erfassung
solcher Fluktuationen ist der Einsatz
von Langzeitobservatorien, die Video geführt am Meeresboden positioniert werden. Diese Observatorien führen dort dann über Wochen
und Monate bestimmte vorprogrammierte Messungen oder Experimente durch und kehren nach einem
akustischen Signal wieder an die
Meeresoberfläche zurück. Ein weiterer Schritt ist die Einbindung derartiger Observatorien und Sensoren
in glasfaseroptische Netzwerke, die
am Meeresboden ausgebracht werden und von dort über Jahre hinweg
on-line Daten und Bilder zu den angeschlossenen Landstationen senden. Im internationalen Rahmen existieren bereits eine Reihe von
Meeresbodenobservatorien oder
sind in Planung. Observatorien befinden sich oft an den tektonisch aktiven Spreizungszonen, wie z.B. am
Juan de Fuca Rücken. Geplant ist
der Aufbau eines Glasfasernetzes im
Nordost Pazifik, das durch Einbindung von Observatorien an der Cas-
cadia Subduktionszone und der Juan
de Fuca Platte eine vollständige tektonische Einheit umfassen soll. Es
ist zu erwarten, dass ein solches
Netzwerk erstmalig die Ursachen
und Steuermechanismen der ‚cold
seep’ Aktivitäten erschließt. Außerdem erwarten sich Forscher wesentlich präzisere Daten zu Ausstromraten, als sie bis jetzt haben.
Literaturhinweise:
Suess, E., G. Bohrmann, J. Greinert, E.
Lausch (1999): Methanhydrat am
Meeresgrund. Spektrum der Wissenschaft 6, 62-73.
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99, 22-23.
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in the Aleutian subduction zone. J.
Geophys. Res.103 (B2) 2597-2614.
Linke, P., E. Suess, M. Torres, V. Martens, W. D. Rugh, W. Ziebis, and L. D.
Kulm (1994): In situ measurement of
fluid flow from cold seeps at active
continental margins. Deep-Sea Res.,
41 (4): 721-739.
Beitrag Nr. 11 des SFB 574
Erwin Suess ist Professor für Marine Umweltgeologie an
der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Er arbeitet als Geochemiker am GEOMAR Forschungszentrum der Universität
Kiel und war von 1995 bis 1999 Direktor des GEOMAR.
Anschrift:
Prof. Dr. E. Suess, M.Sc., Ph.D.
GEOMAR Forschungszentrum
Wischhofstr. 1-3
24148 Kiel
e-mail:
[email protected]
Peter Linke arbeitet als Biologe am GEOMAR Forschungszentrum der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit biogeochemischen Prozessen an tektonisch aktiven Kontinentalrändern.
Anschrift:
Dr. P. Linke
GEOMAR Forschungszentrum
Wischhofstr. 1-3
24148 Kiel
e-mail:
[email protected]
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