Europäische Kommission - Factsheet Fragen und Antworten zur Europäischen Woche der Berufsbildung Brüssel, 5. Dezember 2016 Vom 5. bis zum 9. Dezember 2016 veranstaltet die Europäische Kommission eine erste Europäische Woche der Berufsbildung. Sie soll die Menschen dazu animieren, ihre Talente und Fähigkeiten zu entdecken, zu nutzen und durch Berufsbildung zu verbessern. Siehe IP/16/4097 Wozu eine Europäische Woche der Berufsbildung? Kompetenzen ebnen den Weg für Beschäftigungsfähigkeit und Wohlstand. So lautet die Kernbotschaft der Neuen europäischen Agenda für Kompetenzen vom 10. Juni 2016, in der zehn Aktionen vorgestellt werden, mit denen die Herausforderungen bewältigt werden sollen, mit denen Europa in diesem Bereich konfrontiert ist. Eine dieser zehn Aktionen zielt darauf, die Berufsausbildung zu einem Weg erster Wahl zu machen. Hierfür müssen nicht nur Qualität und Effektivität von Berufsbildungsgängen verbessert werden, es gilt auch, junge Menschen, ihre Familien sowie erwachsene Erwerbstätige für die Möglichkeiten zu sensibilisieren, die die berufliche Aus- und Weiterbildung eröffnet, und Unternehmen und Behörden dazu zu bringen, in den Ausbau beruflicher Kompetenzen zu investieren. Aus dem vor Kurzem veröffentlichten Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016 geht hervor, dass Absolventen von Berufsbildungsgängen im Allgemeinen schneller eine Stelle finden als Absolventen allgemeiner Bildungsgänge (Sekundarstufe II und nicht-tertiäre post-sekundäre Ausbildungsgänge). Durchschnittlich finden 73% der Absolventen von Berufsbildungsgängen innerhalb von drei Jahren nach dem Abschluss eine Stelle, für die allgemeinen Bildungsgänge liegt diese Zahl bei 61%, [1]. Dennoch ist die Berufsbildung in den Augen vieler junger Menschen und ihrer Eltern noch immer nicht so attraktiv wie der allgemeine Bildungsweg. Angebote zur beruflichen Weiterbildung können Erwachsenen die Möglichkeit geben, ihre Kompetenzen lebenslang auf dem neuesten Stand zu halten – eine Notwendigkeit auf dem heutigen Arbeitsmarkt und in der modernen Gesellschaft. Allerdings nimmt nur jeder zehnte erwachsene Europäer an Bildungsmaßnahmen für Erwachsene teil. Mit der Europäischen Woche der Berufsbildung soll die Aufmerksamkeit aller Betroffenen auf die Vorteile der Berufsbildung für den Einzelnen, für die Unternehmen und für die Gesellschaft insgesamt gelenkt werden. Warum der Schwerpunkt Berufsbildung? Europa braucht mehr und bessere berufliche Qualifikationen: Zwar befinden sich jedes Jahr 13 Millionen Menschen in Berufsbildungsgängen, von denen jährlich 3 Millionen eine Berufsqualifikation erlangen, aber das reicht nicht aus angesichts des für mehrere Mitgliedstaaten prognostizierten Fachkräftemangels[2]. 40 % der europäischen Arbeitgeber geben an, dass sie keine Mitarbeiter mit den Kompetenzen finden, die sie für Wachstum und Innovation benötigen. Unter den schwer zu besetzenden Stellen sind viele die eine Berufsausbildung erfordern, wie eine Tätigkeit als Koch oder in der Metallbearbeitung[3]. Eine Weiterentwicklung der Kompetenzen junger und erwachsener Erwerbstätiger, die diese in die Lage versetzt, aktiv am sich schnell ändernden, wettbewerbsorientierten Arbeitsmarkt teilzunehmen, ist für Wirtschaft und Gesellschaft in Europa unerlässlich. Die Unternehmen brauchen Mitarbeiter mit den richtigen Kompetenzen und, ganz wichtig, der Fähigkeit, diese Kompetenzen, die heutzutage sehr schnell überholt sind, lebenslang weiterzuentwickeln. Es muss klar sein, dass „berufliche Kompetenzen“ mehr sind als technische, jobspezifische Fertigkeiten für praktische Tätigkeiten auf relativ niedrigem Niveau. Zwar sind tätigkeitsspezifische Kompetenzen nach wie vor unverzichtbar, aber um ihre Arbeit richtig zu machen, brauchen Arbeitnehmer auch gute Querschnittskompetenzen oder weiche Kompetenzen, beispielsweise gute Kommunikationsfähigkeit, Problemlösungskompetenz und Unternehmergeist. So muss der Techniker, der Kühlschränke repariert, nicht nur die technischen Fähigkeiten für die Reparatur an sich besitzen, er muss auch die Probleme der Kunden verstehen und ihnen die Lösungsmöglichkeiten erklären können. Ein Geschäft zu eröffnen – ein Maklerbüro, eine Buchhandlung oder ein Restaurant, eine Softwarefirma oder eine Klempnerei – erfordert unternehmerisches Denken und Handeln, gute Fähigkeiten für den Umgang mit Lieferanten und Kunden und Personalführungsqualitäten. Was tut Europa sonst noch, um Berufsbildungsgänge zur „ ersten Wahl“ zu machen? In der Mitteilung über eine neue europäische Agenda für Kompetenzen sind eine Reihe von Maßnahmen aufgeführt, die die Berufsbildung effektivere und attraktiver machen sollen: - Stärkere Förderung des Lernens am Arbeitsplatz und insbesondere der Lehrlingsausbildung, die sich als wirksame Instrumente zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit erwiesen haben. Das soll unter anderem über die Stärkung der Europäischen Ausbildungsallianz durch einen nachfrageorientierten Unterstützungsdienst geschehen, der Ländern bei der Einführung oder Reform der Lehrlingsausbildung Hilfestellung leistet, mit der Entwicklung eines Qualitätsrahmens für Berufsausbildungen, wie er im Arbeitsprogramm der Kommission für 2017 vorgesehen ist, und durch die Förderung der Entwicklung gemeinsamer europäischer Berufsqualifikationen im Rahmen eines spezifischen Aufrufs zu Vorschlägen unter Erasmus+. - Förderung von mehr Qualität in der Berufsausbildung, ausgehend von EQAVET, dem 2009 eingeführten europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der Berufsbildung. Es wird eine gezielte Konsultation zu einer möglichen Überarbeitung der EQAVET-Empfehlung auf den Weg gebracht, und daneben ist eine spezifische Maßnahme zur Nachverfolgung des Werdegangs von Berufsbildungsabsolventen geplant, die auch eine Studie über relevante Erfahrung umfassen wird sowie einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die Nachverfolgung des Werdegangs von Absolventen, der sich sowohl auf tertiäre Bildungsgänge als auch auf Berufsbildungsgänge sowie auf Peer-Learning-Aktivitäten in eigenen Netzwerken erstreckt. - Gestaltung offenerer und flexiblerer Berufsbildungsgänge, ausgehend von den seit 2009 gesammelten Erfahrungen mit ECVET, dem Europäischen Leistungspunktesystem für die Berufsbildung. Es werden bereits Überlegungen zur Überarbeitung der ECVET-Empfehlung angestellt, die insbesondere durch Peer-Learning über Lernergebnisse in Qualifikationen und Programmen und über die Koordinierung der ECVET- und Europass-Dokumente, die eine bessere Vor- und Nachbereitung der Erfahrungen mit Lernmobilität in der Berufsbildung fördern, vorangebracht werden sollen. - Unterstützung der Lernmobilität in der Berufsbildung. Gestützt auf die Erläuterungen im Arbeitsprogramm der Kommission für 2017 und auf vom Europäischen Parlament initiierte Pilotprojekte wird in Erasmus+ ein Teilbereich speziell für lange (6–12 Monate) Auslandspraktika als Teil eines formellen Ausbildungsprogramms eingeführt. Wie viele junge Menschen absolvieren eine Berufsausbildung? 2014 absolvierten in der EU 13 388 000 Personen (54 % aller Lernenden der betreffenden Bildungsstufen) eine Berufsausbildung, entweder eine Ausbildung auf Sekundarstufe-II-Niveau (10 553 000 oder 48% der Lernenden dieser Stufe), einen nicht-tertiären post-sekundären Ausbildungsgang (1 448 000 oder 91%) oder einen kurzen tertiären Ausbildungsgang (1 387 000 oder 100%). Während sich die Schüler von Berufsbildungsgängen der Sekundarstufe II proportional auf die Mitgliedstaaten verteilen, entfallen drei Viertel derjenigen in nicht-tertiären post-sekundären Berufsbildungsgängen auf drei Länder, nämlich Deutschland mit rund 700 000, Polen mit 300 000 und Rumänien mit 100 000. Auch bei den kurzen tertiären Ausbildungsgängen ist eine starke Konzentration festzustellen: 84 % oder 500 000 dieser Lernenden entfallen auf Frankreich, 400 000 auf Spanien und 300 000 auf das Vereinigte Königreich. Weitere Informationen: Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016, siehe insbesondere Tabelle 3.3.1. Wie viele junge Menschen machen eine Lehre oder absolvieren eine andere Form des arbeitsbasierten Lernens? Das System der Lehrlingsausbildung ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. Gemeinsam ist jedoch allen die Kombination und das Alternieren von Lernen im Unternehmen und Schulbesuch, die bei erfolgreichem Abschluss zu einer auf nationaler Ebene anerkannten Qualifikation führen. 2014 absolvierten alle Schüler in der Berufsbildung auf Sekundarstufe-II-Niveau in Lettland und Dänemark Ausbildungsgänge, in denen das Lernen am Arbeitsplatz mehr als ein Viertel des Lehrplans ausmachte. In Ungarn und Deutschland betrug dieser Anteil etwa 90 % und im Vereinigten Königreich und Österreich rund 50 %. Alle anderen Länder lagen deutlich darunter. Allerdings waren für mehrere Länder keine Daten verfügbar. Weitere Informationen: Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016, siehe insbesondere Schaubild 3.3.2. Finden junge Absolventen von Berufsbildungsgängen leicht eine Stelle? Obwohl die Finanzkrise von 2008 ihre Spuren hinterlassen hat, finden noch immer 70 % aller jungen Menschen mit einer Berufsqualifikation innerhalb von drei Jahren nach ihrem Abschluss eine Stelle. Die Situation ist allerdings je nach Land unterschiedlich. In einem Drittel der Länder liegt der Anteil über 80 % und in einigen wenigen unter 50 %. In den meisten Ländern fällt der Vergleich zwischen Absolventen von Berufsbildungsgängen und Absolventen allgemeiner Bildungsgänge (EU-Durchschnitt 61 %) zugunsten der Berufsbildung aus. Weitere Informationen: Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016, siehe insbesondere Schaubild 3.3.1. Haben Absolventen von Berufsbildungsgängen Zugang zu Hochschulen? Die große Mehrheit der Lernenden in der Berufsbildung auf Sekundarstufe-II-Niveau absolviert Bildungsgänge, die unmittelbaren Zugang zur Hochschulbildung verleihen – in einem Drittel der Mitgliedstaaten ist das für über 90 % der Fall, und in den meisten anderen Staaten für über 60 %. Nur in einigen wenigen Ländern ist der direkte Hochschulzugang eingeschränkt, in der Regel, weil die Berufsbildungsgänge – aufgrund spezifischer nationaler Prioritäten – eher kurz ausgelegt sind. In diesen Fällen müssen für die Zulassung zum Hochschulstudium Übergangsprogramme absolviert werden. Weitere Informationen: Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016, siehe insbesondere Schaubild 3.3.3. [1]Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016, siehe insbesondere Schaubild 3.3.1. [2] Europäisches Parlament (2015), Labour market shortages in the European Union. [3] Europäische Kommission (2014), Mapping and analysing bottleneck vacancies in EU labour markets. MEMO/16/4096 Kontakt für die Medien: Christian WIGAND (+32 2 296 22 53) Sara SOUMILLION (+32 2 296 70 94) Kontakt für die Öffentlichkeit: Europe Direct – telefonisch unter 00 800 67 89 10 11 oder per E-Mail
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