MEDIENSERVICE Stolpersteine bei der Beschäftigung von Frauen rasch beseitigen Frauen sind am Arbeitsmarkt unverzichtbar Linz, 1. Dezember 2016 Ihre Gesprächspartner: Margit Angerlehner Landesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft Ursula Krepp WKOÖ-Vertreterin im AMS OÖ Medienservice im Internet: wko.at/ooe/Medienservice Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: WKO Oberösterreich | Hessenplatz 3| 4020 Linz T 05-90909-3315 | F 05-90909-3311 | E [email protected] | w wko.at/ooe | DVR 0043087 Stolpersteine für Frauen beseitigen Medienservice Margit Angerlehner, Landesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft Frauen sind in OÖ ein unverzichtbarer arbeitsmarktpolitischer Faktor Nach fast einem Jahr an der Spitze von Frau in der Wirtschaft Oberösterreich zieht Margit Angerlehner Bilanz. „Immer mehr Frauen wählen den Weg in die Selbständigkeit. Während 2006 rund 16.000 (31 Prozent) oberösterreichische Frauen unternehmerisch tätig waren, ist die Anzahl der Unternehmerinnen heute auf über 34.600 (46 Prozent) angestiegen. Beachtlich ist, dass sich im 1. Halbjahr 2016 die Unternehmensgründungen durch Frauen um beinahe 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht haben und das quer durch alle Sparten. Allein diese Zahlen zeigen, wie stark sich die Position der Frauen in der Wirtschaft verändert hat“, freut sich Margit Angerlehner, Landesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft. Damit Frauen in der Wirtschaft auch weiterhin erfolgreich sein können, bedarf es jedoch einer sukzessiven Verbesserung der Rahmenbedingungen. Neben dem Aufbruch von traditionellen Rollenbildern sind flexiblere Arbeitszeiten, mehr Teilzeitangebote, verschiedene Elternkarenzvarianten sowie eine höhere Zahl an Kinderbetreuungsplätzen ein wichtiges Thema. Die entscheidenden Stolpersteine bei der Beschäftigung von Frauen stellen sich dabei aus Sicht der WKO Oberösterreich wie folgt dar: Öffnungszeiten für Kinderbetreuungseinrichtungen unzureichend Sowohl die täglichen Öffnungszeiten als auch die Ferienzeiten entsprechen in Oberösterreich noch immer nicht den Erfordernissen einer modernen Arbeitswelt. Gleiches gilt für die Betreuungsquote der unter 3-Jährigen, die – vor allem auf dem Land – noch weit von den ‚Barcelona-Zielen‘ (= 33 Prozent) entfernt liegen. Auch wenn vom Familienministerium erfreulicherweise zusätzliche 100 Mio. Euro für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt und dadurch 5.000 zusätzliche Plätze für die Kleinsten geschaffen wurden, darf man nicht übersehen, dass nur 0,44 Prozent der Mittel in die Erweiterung der Öffnungszeiten geflossen sind. Wie aktuelle Zahlen der Kindertagesheimstatistik 2015/2016 zeigen, schließen Oberösterreichs Krippen als auch Kindergärten - nach wie vor – durchschnittlich mehr als fünf Wochen Linz, 1. Dezember 2016 Seite 2 Stolpersteine für Frauen beseitigen Medienservice (27,1 und 27,3 Betriebstage) pro Jahr, wobei die meisten Schließtage in die Sommerferien fallen (durchschnittlich 17,5 bei den Krippen und 16,8 bei den Kindergärten). „Das geht eindeutig am Bedarf der österreichischen Familien vorbei und überschreitet die Urlaubsansprüche beider Elternteile. Dieser massive Betreuungsengpass bereitet gerade auch Unternehmerinnen große Schwierigkeiten“, hebt Margit Angerlehner die Problematik hervor. „Wir bekräftigen daher weiterhin unsere Forderung, die Schließzeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen auf maximal drei Wochen pro Jahr zu reduzieren und gleichzeitig auch die Öffnungszeiten auf mindestens 50 Stunden pro Woche auszuweiten. Weiters setzt sich Frau in der Wirtschaft für die Ausweitung der Altersgrenze bei der steuerlichen Absetzbarkeit für Kinderbetreuungskosten von 10 auf 14 Jahre ein“, so Angerlehner. Ebenfalls wichtig ist anzumerken, dass eine finanzielle Unterstützung für Kinderbetreuung (z.B. die Kinderbetreuungsbeihilfe des AMS) nicht nur Angestellten, sondern auch selbständigen Frauen zugute kommt und somit allen Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert. Arbeitszeit nach wie vor zu unflexibel Auch, wenn es in vielen Betrieben - gerade für Frauen – individuell abgestimmte Arbeitszeitmodelle gibt und niemand mehr auf die vielerorts vereinbarten Gleitzeitvarianten verzichten möchte, verhindern starre Gesetze und Kollektivverträge nach wie vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Ort gemeinsam individuelle Arbeitszeitmodelle vereinbaren können. „Flexibilisierung und Individualisierung sind gesellschaftliche Trends, die sich bereits auf dem Arbeitsmarkt abzeichnen“, so Angerlehner. Das belegen auch zwei aktuelle Umfragen unter Arbeitnehmer vom market Institut und von spectra Marktforschung. Fast 90 Prozent der befragten Arbeitnehmer gaben an, dass flexible Arbeitszeiten immer wichtiger werden und mehr betriebliche Flexibilität in der Verteilung der Arbeitszeit ermöglicht werden soll. „Dies ist besonders für Frauen sehr wichtig, um Vereinbarkeit von Beruf und Familie realisieren zu können.“ Auch die eigene Leistungsbereitschaft zu phasenweise längeren Arbeitszeiten ist ungebrochen hoch unter den Arbeitnehmern: 90 Prozent signalisieren Bereitschaft. Am liebsten werden Überstunden geleistet, wenn diese längere Freizeiten am Stück nach sich ziehen, wie z.B. ein längeres Wochenende. „Die Bedürfnisse der Wirtschaft und der Arbeitnehmer nach flexiblerem Arbeiten gehen also weitgehend in die gleiche Richtung.“ Linz, 1. Dezember 2016 Seite 3 Stolpersteine für Frauen beseitigen Medienservice Besonders problematisch aus Unternehmerinnensicht sind die zu kurzen Durchrechnungszeiträume bzw. praxisfremde Ruheund Pausenzeiten. Daher fordert Frau in der Wirtschaft keine Ruhezeitbestimmungen bei Teleworking sowie die Flexibilisierung der Arbeitszeit nach der Formel 10/12/60/18 (10 Stunden Normalarbeitszeit/12 Stunden tägliche Höchstarbeitszeit/60 Stunden wöchentliche Höchstarbeitszeit/18 Monate Durchrechnungszeitraum). „Frauen sollen ihre Arbeitszeit flexibel gestalten und besser an die Gegebenheiten sowie an die Bedürfnisse ihrer Familie anpassen können.“ Linz, 1. Dezember 2016 Seite 4 Stolpersteine für Frauen beseitigen Medienservice Ursula Krepp, WKOÖ-Vertreterin im AMS OÖ Neue Beschäftigungsformen forcieren Teilzeit, befristete Dienstverhältnisse, Projektarbeit, Zeitarbeit etc. gelten für manche von Vornherein als „prekär“ und werden deshalb vom Gesetzgeber auch diskriminiert. „So wird etwa seitens AK/ÖGB immer wieder versucht, Zeitarbeit negativ darzustellen und diese etwa durch eine Limitierung der Anzahl der Zeitarbeiter im Betrieb zu erschweren. Auch die Tatsache, dass bei Teilzeit unter gewissen Voraussetzungen seit geraumer Zeit Mehrstunden abzugelten sind, ist ein Systembruch und nicht wirklich nachvollziehbar“, kritisiert Ursula Krepp, Mitglied des oö. AMS-Landesdirektoriums. Um neue Beschäftigungsformen zu ermöglichen und somit eine Win-win-Situation für Unternehmer und Mitarbeiter zu generieren, bedarf es einer Auflockerung des Arbeitszeitgesetzes. Das Gesetz sollte in einem bestimmten Rahmen direkt die betriebliche Ebene zu flexibler Gestaltung ermächtigen, um Mitarbeitern eine flexible Arbeitsgestaltung anbieten zu können. Hierbei sollten die Anforderungen je nach Branche und Betrieb berücksichtigt werden. Falsche Berufswahl wirkt sich gerade auf Frauen fatal aus Sowohl im Beruf, als auch im privaten Bereich bestehen nach wie vor gewisse Stereotypen, die Frauen und Männern ein bestimmtes Rollenverhalten auflegen. Umfragen bei Mädchen und Burschen zum Thema Zukunftswege bestätigen die Hartnäckigkeit dieses traditionellen Denkens: Während Buben an erster Stelle KFZ-Mechaniker werden wollen, möchten die Mädchen hingegen Verkäuferinnen und Friseurinnen werden. Die Antworten von Jugendlichen auf derartige Umfragen sind seit dreißig Jahren ähnlich. Aus dieser fehlenden Flexibilität bei der Berufswahl resultieren unnötige Arbeitslosigkeit, die Verfestigung von Klischees sowie geringere Karrierechancen. Auch bleiben Frauen damit hinsichtlich der Entlohnung unter ihren Möglichkeiten. „Deshalb gilt es, die verfestigten Stereotypen aufzubrechen und neue Beschäftigungsformen zu forcieren, denn Technik und Informationstechnologie bieten zukunftsträchtige und sichere Berufe“, untermauert Krepp. Linz, 1. Dezember 2016 Seite 5 Stolpersteine für Frauen beseitigen Medienservice Stolperstein Arbeitslosigkeit Der Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent stehen – aktuell - sensationelle 648.000 Beschäftigungsverhältnisse gegenüber – das sind 10.539 bzw. um 1,7 Prozent mehr als im Vorjahr. „Rekordbeschäftigung, steigende Arbeitslosenzahlen und alleine in Oberösterreich über 14.000 offene Stellen – Angebot und Nachfrage klaffen am oberösterreichischen Arbeitsmarkt viel zu weit auseinander“, betont Krepp. Während die Zahl der Arbeitslosen weiter steigt, nimmt auch die Anzahl der Beschäftigten kontinuierlich zu. Bemerkenswert ist, dass die Beschäftigung wiederum im Oktober im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, was besonders auch auf die Frauenbeschäftigungsquote (+1,7 %) zurückzuführen ist. Dies zeigt, dass vor allem Frauen immer mehr auf den Arbeitsmarkt drängen und erfreulicherweise auch entsprechende Beschäftigung finden. Nichtsdestotrotz verbleiben aber auch Frauen (17.403) unnötigerweise im Status der Arbeitslosigkeit, obwohl viele Betriebe nach Arbeits- und Fachkräften suchen. Gründe sind fehlende Arbeitsanreize, einer nicht überall optimalen Vermittlung durch das AMS sowie zu wenig Abstand zwischen Mindestsicherung und regulärem Arbeitseinkommen. Vor allem durch einen „Kombilohn Neu“ sollte der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld/Mindestsicherung und dem jeweiligen Nettogehalt aus regulärer Arbeit deutlich vergrößert und damit ein echter Arbeitsanreiz geschaffen werden. Der Kombilohn in seiner derzeitigen Form – er wurde in OÖ 2015 nur 375-mal, das war halb so oft wie 2014, gewährt – ist für alle Beteiligten unattraktiv. Deshalb sollte dieser zukünftig altersunabhängig (derzeit ab 45 Jahren), früher (derzeit 182-tägige Vormerkung als „arbeitslos“ notwendig) sowie länger (derzeit 1 Jahr) und in einem deutlich höheren Ausmaß als bisher gewährt werden. Die Fakten zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht und die Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von Frauen verbessert werden müssen. „Was Arbeitslosigkeit betrifft, ist die Zuverdienstgrenze gerade bei geringer qualifizierten Berufen die größte ‚Frauenfalle‘. Um Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden, gilt es daher, die Zuverdienstgrenze für Arbeitslose wegfallen zu lassen, um einen Anreiz für den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu schaffen“, hebt Krepp hervor. Linz, 1. Dezember 2016 Seite 6 Stolpersteine für Frauen beseitigen Medienservice Beschäftigungspotenzial von Frauen nutzen Wer das arbeitsmarktpolitische Potenzial von Frauen nicht ausschöpft, lässt zu, dass Gesellschaft und Wirtschaft wertvolle Ressourcen entgehen. Aktive Frauenförderung sowie die Beseitigung der oben angeführten Stolpersteine sind daher als eine vorrangige Aufgabe von Politik, Gesellschaft und Unternehmen zu betrachten. Darüber hinaus sind durch geeignete Maßnahmen alle Bevölkerungsgruppen gezielt zu sensibilisieren, wenn es um ein gleichberechtigtes Miteinander zwischen Mann und Frau geht. Wir lehnen es ab, hier nur die Betriebe einseitig in die Pflicht zu nehmen und mit bürokratischen Einkommensberichten bzw. sinnlosen Transparenzgesetzen zu quälen. „Schärfere Pflichten für Betriebe schaffen keinen einzigen Job für Frauen und verbessern auch nicht deren Karrieremöglichkeiten“, so Krepp abschließend. Linz, 1. Dezember 2016 Seite 7
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