Stiftungsratsvorsitzender Dr. Wolfgang Schörnig, Hansjürgen Gartner, Bundesvorsitzender der KünstlerGilde, Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, KOG-Direktorin Dr. Agnes Tieze, Dr. Peter Becher vom Adalbert-Stifter-Verein, Professor Dr. Dr. h. c. Walter Koschmal, Anna, Lina und Charlotte. Bild: KOG/Uwe Moosburger altro–Fotoagentur Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) in Regensburg feierte mit einem Festakt sein 50jähriges Jubiläum. Als Stiftung Ostdeutsche Galerie Regensburg wurde die Einrichtung am 16. November 1966 gegründet. Die Grußwortredner, Regensburgs Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und der Ministerialdirigent im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Eugen Turi, betonten die Einzigartigkeit des KOG in seinem Auftrag wie auch in seiner Sammlung und in Veranstaltungen. Festredner Walter Koschmal ging mit einigen Visionen für die Zukunft noch einige Schritte weiter. A ls „starkes Zeichen für unsere Ostdeutsche Galerie“ sah Oberbürgermeister Joachim Wolbergs den sehr guten Besuch der Soirée. „Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie bleibt in der Tat eine seltene, einzigartige Sache. Keine andere Galerie hat die Aufgabe, die die ‚Ostdeutsche‘ wahrnimmt“, erklärte Regensburgs Stadtoberhaupt und verwies auf die Aspekte „Kunst der Vergangenheit“ und „Künstler der Gegenwart in Osteuropa“. Auch erwähnte er den Schatz von 2000 Gemälden, 500 Skulpturen und 30 000 Papierarbeiten sowie die gemeinsame Trägerschaft durch den Bund, den Freistaat Bayern und die Stadt Regensburg. „Das Museum leistet einen wesentlichen Beitrag zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn, es ist ein Solitär in der deutschen und europäischen Museumslandschaft“, lobte Wolbergs. Er erwähnte, daß 7 KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 48 | 2. 12. 2016 Beim Festvortrag von Professor Koschmal (rechts) in der ersten Reihe: Marcus Spangenberg und Dr. Wilhelm Weidinger vom Verein der Freunde und Förderer des KOG in Regensburg, Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, Dr. Peter Becher und Hans-Jürgen Gartner (von links). Bild: Markus Bauer � Festakt zum 50jährigen Bestehen des Kunstforums Ostdeutsche Galerie in Regensburg Solitär in der Museumswelt der Hauptteil der Besucher aus ze gehoben seide und Förderer tieftes Verständnis für die Kunsteinem Radius von 100 Kilome- en. Aufgrund mit ihrem Vor- und Kulturgeschichte Europas tern komme. Sein Dank galt allen dieses einzigarsitzenden, dem mit den vielfältigen kulturellen in der Vergangenheit und Gegen- tigen Auftrags Regierungsprä- Wechselbeziehungen“, sagte Tuwart wirkenden Personen – ins- und der Kenntsidenten a. D. ri. besondere der Direktorin Agnes nis über Kunst Wilhelm WeiÜber den Begriff „ostdeutsch“, Tieze sowie dem Vorstandsvor- und Künstler dinger. „Der dessen verschiedene Bedeutunsitzenden Wolfgang Schörnig. im erwähnten Freistaat Bay- gen und heutige Bewertung soBesonders hob Wolbergs die Ar- Raum sei die ern ist stolz auf wie seine schwere Übersetzbarbeit mit Kindern und mit Men- Galerie auch sein Kunstfo- keit referierte am Beginn seines schen mit Handicap in der Gale- ein begehrter rum Ostdeut- Festvortrages Walter Koschmal, rie hervor. Kooperationssche Galerie“, Inhaber des Lehrstuhls für sla„Die Ostdeutsche Galerie hat partner. faßte der Mini- wische Philologie, Literatur- und sich wunderbar entwickelt, sie ist Turi ging Ministerialdirigent Eugen Turi. sterialdirigent Kulturwissenschaft an der Uniein Schmuckstück unserer Stadt. auch auf die Bild: KOG/Uwe Moosburger altro zusammen und versität Regensburg. Vor diesem Ich wünsche mir, daß uns die ‚Ost- Vorgeschichte kündigte eine Hintergrund trage das Kunstfodeutsche‘ noch sehr lange erhal- der Gründung der Stiftung ein, Förderung von 500 000 Euro für rum Ostdeutsche Galerie zu eiten bleibt“, schloß der Oberbür- also die Initiativen des Adalbert- dringende bauliche Sanierungs- ner angemessenen Erinnerung germeister sein Grußwort. Ein- Stifter-Vereins und der Künstler- arbeiten an, woran sich auch der an die verlorene Heimat bei, und gangs hatte er die als Rednerin gilde Esslingen, deren Sammlun- Bund und die Stadt beteiligen auch dazu, daß dies Teil der Erinvorgesehene Staatsministerin für gen die Basis für die vor fünf Jahr- werden. „Investitionen in das nerung bleibe. Arbeit und Soziales, Familie und zehnten begründete Stiftung und Kunstforum Ostdeutsche GaleDer Festredner ging auch auf Integration Emilia Müller ent- die Galerie bildeten. Turis Dank rie sind Investitionen in den Er- die Konzept- und Baugeschichte schuldigt, die kurzfristig Mini- galt auch dem Verein der Freun- halt unserer Kultur, in ein ver- mit regelmäßigen baulichen Ersterpräsident Horst Seeweiterungen und wechhofer anderswo habe verselnden Aufträgen ein. treten müssen. „Das Museum wurde Deren Vertreter, Miauch von politischen Entnisterialdirigent Eugen wicklungen beeinflußt“, Turi, äußerte sich ähnso Koschmal, was sich auf lich: „Das Kunstforum den Sammelauftrag ausOstdeutsche Galerie ist gewirkt habe hinsichtein Juwel in dieser Kullich der Breite wie auch turlandschaft. Hier wird in der Tiefe der Exponate Kunst in Mittel-, Ostund der Ästhetik. Ausgeund Südosteuropa in viehend von den Anfordelen Facetten deutlich gerungen, die Kulturstaatsmacht“. Und das, obwohl ministerin Monika Grüt– wie Turi erklärte – ters im Februar vorgelegt Bild: Markus Bauer hatte – etwa Wechselnoch gar nicht alle Schät- Das Prager Ančerl-Streichquartett beim Festakt. beziehungen mit den östlichen Ländern, Einrichtung der europäischen Erinnerung, Schaffung eines zukunftsgerichteten Beitrags zur europäischen Integration – arbeitete Koschmal einige Zukunftsaufgaben und -charakteristika des KOG heraus, von denen viele Aspekte bereits heute erfüllt würden. Verstärkt werden sollten die Einbeziehung der jungen Generation als Zielgruppe und der Dialog der Kultur mit den einschlägigen Regionen im Sinne von mehr Erinnerungsgerechtigkeit wie die Einbeziehung von Prager Deutschen jüdischer Religion. Das „Forum“ könne in der doppelten Bedeutung als Versammlungsort und als virtueller Raum genutzt werden. Kooperationen sehe er mit Hochschulen, Akademien oder Künstlerkolonien. Daß Arbeit mit Kindern im KOG schon heute großgeschrieben wird, zeigte die szenische Bilderklärung des Gemäldes „Abschied der Auswanderer“, das Carl Wilhelm Hübner 1855 geschaffen hat. Die Gymnasiastinnen Lina, Anna und Charlotte erklärten das Bild im Detail und die angedeuteten Emotionen der daauf dargestellten Menschen. Die Mädchen informierten auch über die historischen Hintergründe und die Inspiration des Künstlers. Mit Musik zeitgenössischer tschechischer Komponisten umrahmte – in Kooperation mit dem ebenfalls in Regensburg ansässigen Sudetendeutschen Musikinstitut – das Prager AnčerlStreichquartett den Festakt in Regensburg mit wunderbaren Klängen. Markus Bauer Sudetendeutsche Zeitung, 2.12.2016 Um Tiere geht es in Dietmar Griesers neuestem Buch. Der literarisch-historische Spurensucher stellte bei einer Veranstaltung des Hauses des Deutschen Ostens (HDO) und der Sudetendeutschen Heimatpflege das Buch „Geliebtes Geschöpf“ in München vor. D ietmar Griesers jüngste Spurensuche ist tierischen Kultfiguren gewidmet, die es zu Ruhm und literarischer Verewigung brachten. „Um mit Kanzlerin Angela Merkel zu sprechen, geht es um Tiere, die ,es geschafft haben‘“, wie der Autor schmunzelnd meinte. Er stellte bei der Lesung im HDO viele der tierischen Protagonisten seines Buches vor: Zu berühmten Hunde zählten etwa Sigmund Freuds Chow-Chow Jofie, die der mährischer Entdecker der Psychoanalyse verhätschelte. Die Hündin habe als „Ordinationshilfe“ nach 50 Minuten das Ende der therapeutischen Sitzung angekündigt. Ferner gebe es die Möpse des fantastischen Zeichners Loriot oder die Boxerhunde, die der frühere österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky hielt. Über Marie von Ebner-Eschenbachs Jagdhund- Schöpfung „Krambambuli“ berichtete Grieser, die Handlung sei von Ebner-Eschenbach nach einem wahren Vorfall von Niederösterreich ins Südmährische verlegt worden. Dorthin, nach Zdislawitz bei Kremsier, EbnerEschenbachs Geburtsort, reiste Grieser zur Recherche: „Ich habe dort eine kolossale Reminiszenz an Alt-Österreich erlebt“, schwärmte er. Auch über den treuen Hund des Schriftstellers Leo Perutz gab es Anekdotisches zu hören. Als weitere Vierbeiner hatten berühmte Katzen ihren Auftritt: Grieser spürte E. T. A. Hoffmanns „Kater Murr“ nach, dessen Todesanzeige er aus dem Buch vorlas. Die Entstehungsgeschichte des Musicals „Cats“ war sicher auch allen Zuhörern neu, die sich jedoch gleich das Buch kauften. Beim Blättern entdeckten sie im Vorwort auch das Zitat von Franz Werfels Gedenkworten für seine geliebten Katzen. Bei Katzen lagen Mäuse nicht weit: Der zweiundachtzigjährige Autor gestand seine Vorliebe für die Kinderserie „Sendung mit der Maus“ im ARD-Fernsehen. Dennoch seien ihm „echte“ Mäuse keineswegs zu „geliebten Geschöpfen“ geworden. An der � Buchvorstellung im Haus des Deutschen Ostens Geliebte Tiere Heimatpflegerin Dr. Zuzana Finger und Dietmar Grieser.Bild: Susanne Habel „Sendung mit der Maus“ gefalle ihm jedoch die „Bildung in kleinen Häppchen“, so Grieser. „Das Durchschnittsalter der Zuschau- er ist übrigens 43 Jahre“, amüsierte sich der Medienexperte. Auch vom Borstenvieh des Antonius von Ägypten im Stephans- dom erzählte Grieser. Ursprünglich habe er das Buch „Was sucht ein Schwein im Stephansdom“ nennen wollen. Da sich die Verlagsmitarbeiter mit einem anderen Titel durchgesetzt hätten, habe er diesen Titel als Kapitelüberschrift behalten. Zum Stichwort „Roß und Reiter“ fielen Grieser die kaiserlichen Rösser ein, die einst im Gestüt im ostböhmischen Kladrau aufgezogen worden waren. Dazu las er einen Auszug darüber, wie es nach dem Untergang der Donaumonarchie weiterging. Die blauen Pferde Franz Marcs müsse er nennen, so der in Hannover-Linden geborene WahlWiener, „weil wir in Bayern sind“. Nach Bayern hatte es den in Leobschütz in Oberschlesien aufgewachsenen Horst Dietmar Grieser als Kind verschlagen: Er landete nach der Flucht im April 1945 in Seeshaupt am Starnberger See (Õ SdZ 45/15; Seite 7). Persönliche Erinnerungen fehlten daher in dieser Menagerie nicht: Unter dem Stichwort „Alle meine Tiere“ aktivierte Dietmar Grieser eigene „tierische“ Kindheitserinnerungen. Er las über ein schreckliches Erlebnis, das er als Erstkläßler mit einer in seiner Mantelkapuze ver- steckten Maus hatte, die er für einen Teufel hielt. Wie immer machte Griesers souveräner Wechsel zwischen freier Rede und Buch-Zitaten die Buchvorstellung zu einem Genuß und inspirierte alle Gäste im HDO dazu, mit ihm auf weitere kulturelle Entdeckungsreisen zu gehen. Susanne Habel Dietmar Grieser: „Geliebtes Geschöpf: Tiere, die Geschichte machten“. Amalthea-Verlag, Wien 2016; 272 Seiten, 25 Euro. (ISBN 978-399050-045-3)
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