Vom Saatgut zum festlich geschmückten Weihnachtsbaum

Wald & Jagd 55
■ BAUERNBLATT | 19. November 2016
Zukunftsbranche mit langer Tradition
Vom Saatgut zum festlich geschmückten Weihnachtsbaum
Zur gemeinsamen Pressekon­
ferenz der Landwirtschafts­
kammer
Schleswig-Holstein
und der Arbeitsgemeinschaft
Schleswig-Holsteinischer Weih­
nachtsbaumproduzenten (ver­
treten durch Axel Graf von
Bülow) ­
b egrüßte Kammerge­
schäftsführer Peter Levsen Jo­
hannsen am 10. November in
der Baumschule Engler in Ho­
henlockstedt (Steinburg) zahl­
reiche Medienvertreter. Bei sei­
ner Begrüßung brachte es Jo­
hannsen auf den Punkt: „Sie
arbeiten in einer Zukunftsbran­
che mit Tradition.“
Auch wenn es bis Weihnachten
noch fünf Wochen hin ist, befin­
den sich die Weihnachtsbaumpro­
duzenten schon lange in den Start­
löchern und haben die Erntesaison
bereist geplant. Jetzt beginnt die
Hochsaison des Einschlags, zuerst
für die Großhändler, dann auch für
die Direktvermarktung.
Johannsen sagte bei der Er­
öffnung in der Baumschule Eng­
ler: „Unsere Veranstaltung läu­
tet traditionell die Weihnachts­
baumsaison ein. Wir können mit
Stolz festhalten, dass die mittler­
weile alle Lebensbereiche um­
fassende Digitalisierung der Welt
das traditionelle Weihnachtsfest
noch nicht erreicht hat. Nach wie
vor stellt der Weihnachtsbaum ei­
nen zentralen, festen Bestandteil
des Weihnachtsfestes in den Fa­
milien in Deutschland und Euro­
pa dar.“
Tomek Wantowski und Olaf Braubach (r.) transportieren die gefällten Weihnachtsbäume ab.
Gutes Wachstumsjahr 2016
Die Weihnachtbaumproduzen­
ten in Schleswig-Holstein kön­
nen auf ein witterungstechnisch
gutes Jahr 2016 zurückblicken. Es
gab ausreichend Wärme und ge­
nügend Feuchtigkeit. Das Frühjahr
hat die Kulturen weitgehend vor
Frostschäden verschont. Es zeich­
net sich ab, dass die Qualitäten
gut sind und die Preise sich gegen­
über den Vorjahren für den End­
verbraucher im Bereich der Quali­
tätsbäume kaum ändern werden.
Der laufende Meter kostet zwi­
schen 20 und 25 €. Die genannten
Preise beziehen sich immer auf
Qualitätsbäume, also Pflanzen
ohne Fehler im Bereich des Wuch­
ses und der Nadeln und insbeson­
dere aus spätem Frischeinschlag.
Oft findet man Discountangebo­
te, die auf rege Nachfrage stoßen,
aber nicht das besondere Ziel der
schleswig-holsteinischen Weih­
nachtsbaumproduzenten sind. De­
ren Ansprüche sind: Frische, Regio­
nalität, Nachhaltigkeit und Wert­
schöpfung im Land.
Graf Bülow sprach den Klima­
wandel an. Er macht sich Sorge,
dass die Bäume wegen der warmen
Witterung zu lange Triebe bekom­
men. Hier gelte es Lösungen zu fin­
den; ebenso für die große Anzahl
an Singlehaushalten. Diese würden,
wenn überhaupt, nur ein kleines
Bäumchen kaufen.
Rückenschonender als mit der Motorsäge und dennoch präzise fällt der Nach dem Fällen werden die Bäume noch auf der Plantage für den platzspalangjährige Mitarbeiter Piotr Giselak die Weihnachtsbäume mit dem Por- renden Transport und zum Schutz vor Abknicken der Triebe genetzt.
talschlepper.
Fotos: Isa-Maria Kuhn
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Qualität von Anfang an
Die offizielle Saisoneröffnung
hat dieses Jahr in eine Baumschule
geführt. In der zweiten Generation
werden dort seit Ende der 1950er
Jahre in dem modernen Produktions- und Handelsbetrieb Weihnachtsbäume und Schnittgrün produziert. Dabei wird unter anderem
Saatgut von eigenen Flächen gewonnen, und es werden auf über
300 ha Bäume kultiviert und auch
Jungpflanzen für andere Weihnachtsbaumproduzenten vorgezogen (siehe Betriebsspiegel Baumschule Engler). Geeignetes Saatgut
zu bekommen, ist eine wesentliche Herausforderung im Weihnachtsbaumgeschäft. Die hierzulande größtenteils angebaute und
beim Verbraucher beliebte NordBetriebsspiegel
Baumschule Engler
Springhoe 1
25551 Hohenlockstedt
Tel.: 0 48 26-860-20
Vom Saatgut zu ein-, zwei-, drei- und vierjährigen Nordmanntannen.
manntanne muss mit dem nordDeshalb werden die Bäume mit
deutschen Klima zurechtkommen. Vlies oder Frostschutzberegnung
Eine große Gefahr für die Pflanzen geschützt. Dr. Jörg Engler gab zu,
dass er in der betreffenden Jahsind Spätfröste.
●●Vertragsanbau von Jungpflan-
reszeit äußerst unruhig ist. Im Alter von vier Jahren verlassen seine
überwiegend Nordmanntannen
die geschützte Baumschule und
●●Weihnachtsbäume in allen nemark; green tree.dk Aps; Dänezen
marktgängigen Größen- und mark) ist die Baumschule national
●●Vertragsanbau von WeihnachtsHandelsklassen
und international tätig. Die Zubäumen inklusive Pflege, Ein- ●●Schnittgrünprodukte in diver- sammenarbeit mit den Geschäftsschlag, Versand
sen Sortierungen, Groß- und partnern aus Einzel- und Großhan●●Schnittgrünproduktion in diverKleinmengen
del zeichnet sich durch ein hohes
Das Betriebsmotto
sen Sortierungen
Maß an Vertrauen und ZuverläsQualität von Anfang an
●●zum Teil Saatgutgewinnung aus Mit der Unternehmensgruppe sigkeit aus. So umfasst der kontiDer Betrieb Engler ist ein modereigenen Ernteflächen
(Baumschule Engler, NWSV Nord- nuierlich gewachsene Kundenbener Produktions- und Handelsdeutsche Weihnachtsbaum- und stand rund 500 Geschäftspartner
betrieb, spezialisiert auf alle StuSchnittgrün-Vermarktungsgesell­ aus dem In- und Ausland. Weitere
Die
Mitarbeiter
fen der Weihnachtsbaum- und
schaft mbH, Christmas Tree Informationen unter www.baum
Schnittgrünproduktion.
Rund 20 Mitarbeiter kümmern Sp.z.o.o; Polen; Engler-DK Aps; Dä- schule-engler.de
sich um die Bedürfnisse der Kunden und um die Pflanzen und
Kernkompetenzen
Die Geschichte des Unternehmens
Weihnachtsbaumkulturen.
Kultivierung aller gängigen Pflan1958: Gründung ­Baumschule
1996:Errichtung des Standortes
zenarten
­Engler durch Friedrich-­Karl
in Polen mit einer zusätzDie Produktpalette
●●für Weihnachtsbaum- und
lichen Anbaufläche von
und Walli Engler, sukzessiSchnittgrünkulturen auf rund ●●Saatgutgewinnung aus eigener
ve Ausweitung der Anbau­
180 ha
20 ha Baumschulfläche
kontrollierter Saaternte, Sorte
fläche auf rund 35 ha
2008:Ausweitung der Anbau­
●●regelmäßige VersuchsanpflanAbies nordmanniana „Benz-Eh1989:Eintritt
Dr.
Jörg
Engler
in
fläche am Stammsitz auf
zungen zur Beurteilung von
lerswisch“ (Ambrolauri-Abkomden elterlichen Betrieb,
rund 135 ha
Aufwuchs und Vitalität
me), Deutschland
Ausweitung
der
Anbau­
2012:Errichtung des Stand­ortes
●●Weihnachtsbaumkulturen
●●Saatgutbehandlung und Einlafläche auf rund 70 ha
in Dänemark mit einer
●●jährliche Anpflanzung eigegerung durch Levinsen & Abies
1995: Bezug und Inbetriebnahme
­zusätzlichen Anbau­fläche
ner Weihnachtsbaumkulturen
A/S, Dänemark
des heutigen Firmensitzes,
von 40 ha (in Kooperatiauf 335 ha (Deutschland rund ●●Jungpflanzen aller gängigen
Ausweitung der Anbau­
on mit einem dänischen
115 ha, Polen rund 180 ha, DäArten für Weihnachtsbaumfläche auf rund 90 ha
­Partner)
nemark rund 40 ha)
und Schnittgrünkulturen
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werden weiterverkauft an andere Weihnachtsbaumproduzenten
oder im eigenen Betrieb bis zur
Erntereife gehegt und gepflegt.
Was viele Verbraucher nicht wissen:
Um die Bäume kümmert sich der
Betrieb das ganze Jahr über. Darüber berichteten wir bereits im Sommer (Ausgabe vom 16. Juli). Sie benötigen übrigens 15 Jahre, bis sie
mannshoch sind.
Fakten Weihnachtsbaum
Die Bäume werden nicht mehr wie
früher noch üblich in Wäldern aus
Fichten- und Tannenkulturen einzeln
geworben, sondern mittlerweile von
bundesweit gut 2.000 Erzeugern
auf landwirtschaftlichen Sonderkulturen produziert. In Schleswig-Holstein bauen rund 200 Produzenten
auf über 2.000 ha Weihnachtsbäume an. Hier wachsen über 17 Millionen Bäume. Rund eine Million Bäume werden diese Saison hierzulande eingeschlagen und wandern von
der Fläche in Wohnzimmer, auf Plätze und in öffentliche Gebäude. Über
die Hälfte der Bäume wird exportiert, sogar bis China.
Ähnlich wie bei anderen landwirtschaftlichen Produkten, bieten
einige Betriebe Bäume zum Selberschlagen im Advent an.
Ungebrochene Tradition
Der festlich geschmückte Baum
zum Weihnachtsfest hat eine lange Tradition. Sie ist ungebrochen
und hat sich auf weite Teile der Zivilisation verbreitet. Die Vorläufer
finden sich bereits im alten indogermanischen Baumkult. Seit dem
13. Jahrhundert wird diese Sitte mit
der Geburtsfeier Jesu Christi verbunden. Den Überlieferungen zufolge wurde der erste Weihnachtsbaum in Deutschland im Jahre 1419
von der Freiburger Bäckerschaft
aufgestellt. Die heutige Dekoration gab es damals noch nicht. Bäume wurden mit Süßigkeiten, Obst
und Nüssen geschmückt. Aktuell
hat nahezu jeder Haushalt einen
Weihnachtsbaum.
2016: Glitzer und Glamour
Der Klassiker unter den Dekorationen ist immer noch der rot
geschmückte Baum. Viele Verbraucher verbinden damit vermutlich eine Tradition, schließlich
sah der Weihnachtsbaum schon
Der Trend ist in diesem Jahr Glamour und Glitzer am Naturprodukt. Im Handel finden sich silberne, goldene und bronzene Tiere, Kugeln und anderer
Schmuck.
bei Eltern und Großeltern so aus.
Trotzdem gibt es im Handel immer neue Trends, und schon kurz
nach Weihnachten finden jedes
Jahr große Messen dazu statt. In
Hohenlockstedt stellte Floristin
Beate Pomplun von „Ambiente
Florale“ in Aukrug vor, was diese
Saison angesagt ist. Neben dem
klassischen Schmuck bietet die
Dekobranche sehr viel Glamour
und Glitzer an. Die Trendfarben
sind Gold, Silber und Bronze, und
neben Weihnachtsmännern und
Äpfeln dürfen auch schon einmal
Hirsche und Vögel an den Zweigen hängen.
Isa-Maria Kuhn
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 31-94 53 111
[email protected]
Jahreshauptversammlung des Schleswig-Holsteinischen Waldbesitzerverbandes
„Der Privatwald darf seine Freiheit nicht aufgeben!“
Wenn die Waldbesitzer mit ihrem Vorsitzenden, Hans-Caspar Graf zu Rantzau, zur Jahreshautversammlung einladen, dann kommen immer zahlreiche Vertreter aus Jagd, Verwaltung,
Vermarktung, Verbänden und Bera-
tung. Anfang November in Rendsburg
sprachen auch drei bekannte Landespolitiker und machten schon etwas
Wahlkampf – allen voran der neue
Landesparteichef und Spitzenkandidat der CDU, Daniel Günther.
Eine der Kernthesen von Daniel
Günther ist, dass Natur nur erhalten
werden könne, wenn man einerseits
Flächen intensiv bewirtschafte, um
dadurch andererseits die Möglichkeit zu nutzen, ökologisch beson-
Mit 10 % Waldfläche ist Schleswig-Holstein nach wie vor das waldärmste Bundesland.
ders wertvolle Flächen zu extensivieren. Er plädierte dafür, Eigentümer wieder mehr in die Verantwortung zu nehmen und Bürokratie
abzubauen: „Wer Eigentum nutzt,
hat ein Interesse an Nachhaltigkeit.“