Presse Nr. 16/18 vom 24.11.2016 Berlin Lectures on Energy Empfehlungen der Kommission zur Finanzierung des Kernenergieausstiegs – Rechtsfragen im Zuge der Umsetzung Berlin. Am 19. Oktober 2016 hat das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur Neuordnung der Verantwortung der kerntechnischen Entsorgung verabschiedet. Der Entwurf setzt die Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) um. Über einzelne Implikationen dieses Gesetzentwurfes diskutierte das Forum für Zukunftsenergien in Kooperation mit der Bucerius Law School am 21. November 2016 in Berlin. Gemäß Atomgesetz sind die Betreiber von Kernkraftwerken verpflichtet, die Kosten für die Entsorgung und Endlagerung des von ihnen erzeugten radioaktiven Abfalls sowie für die Stilllegung und den Rückbau der Kernkraftwerke zu tragen. Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation der Betreiber, die sich auch durch den Kernenergieausstieg und somit aus verkürzten Zeiträumen für die finanzielle Vorsorge ergibt, beschloss die Bundesregierung am 14. Oktober 2015 die Einrichtung einer Kommission, um die Finanzierung des Kernenergieausstiegs überprüfen und Vorschläge für zukunftsweisende Regelungen erarbeiten zu lassen. Entsprechend der einleitenden Erläuterungen von Dr. Werner Schnappauf, Chairman, Initiative on Energy Law and Policy, Bucerius Law School, sowie Mitglied der KFK, stellte die KFK am 27. April 2016 ihren einstimmig verabschiedeten Abschlussbericht vor, der u.a. vorschlägt, die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung zukünftig in die Hand des Staates zu legen, der von den Betreiberunternehmen dafür 23,6 Mrd. Euro erhält. Diese Mittel sollen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds eingezahlt werden, um die Verfügbarkeit der Mittel zugunsten des Staates langfristig zu sichern. Rückbau-, Transport- sowie Verpackungsaufgaben bleiben in der Verantwortung der Betreiber, die Kosten dafür wurden auf 24,2 Mrd. Euro beziffert. MinDgt Dr. Winfried Horstmann, Leiter der Gruppe Energiepolitik und Energiewende; Industrie und Innovation, Bundeskanzleramt, lobte eingangs die Arbeit der KFK, deren Empfehlungen im Rahmen des nun vorliegenden Gesetzentwurfes weitestgehend umgesetzt würden. Noch klärungsbedürftig sei der Zeitpunkt der Einzahlung der Gelder durch die Unternehmen in den staatlichen Fonds. Derzeit werde der 1. Juli 2017 anvisiert. Dieser Termin hänge jedoch vom Inkrafttreten des Gesetzes und des Zustandekommens eines in Folge zu schließenden öffentlich-rechtlichen Vertrages ab. Er erwarte, dass das parlamentarische Verfahren noch in diesem Jahr abgeschlossen werde. Weiterhin sei zu klären, ob es Konflikte mit EURATOM oder mit EU-Recht gebe. So sei es denkbar, jedoch unwahrscheinlich, dass es an einer Vereinbarkeit mit den europäischen Beihilferichtlinien fehle. Die Europäische Kommission habe zwar im Juli 2016 einen Nachfrageprozess eingeleitet, der jedoch zunächst keine rechtlichen Konsequenzen habe. Das Vorgehen, gesetzliche Verpflichtungen von Unternehmen zu einem Teil auf den Staat zu übertragen, sehe er nicht als Modell für andere Fälle, wie beispielsweise die Renaturierung der Braunkohletagebaue. Dort sei die Sachlage eine andere; u.a. weil die Risiken für die Gesellschaft weniger groß und folglich auch die entsprechenden Kosten niedriger seien. Mit Blick auf die anhängigen Klagen der Betreiber im Kontext mit dem Kernenergieausstieg, wie die Schiedsgerichtsklage von Vattenfall, die Moratorium- und andere Klagen, merkte Dr. Horstmann an, dass angesichts des nun vorliegenden Gesetzesentwurfes zur Finanzierung des Kernenergieausstiegs deren Rücknahme wünschenswert sei. Schließlich unterstrich er, dass sich der Auftrag an die KFK nur auf eine Lösung der Probleme im Zusammenhang mit den von den Kernkraftwerksbetreibern produzierten radioaktiven Abfällen bezogen habe. Der Umgang mit radioaktiven Abfällen anderer Unternehmen sei darin folglich nicht geregelt und werde noch diskutiert. Über die Umsetzung der Empfehlungen der KFK diskutierten anschließend der Bundestagsabgeordnete Steffen Kanitz, (CDU/CSU), Mitglied der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“, Gerald Hennenhöfer, Rechtsanwalt, Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen, ehem. Leiter der Abteilung Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen und Strahlenschutz, Bundesumweltministerium, sowie Mitglied der Kommission zur Finanzierung des Kernenergieausstiegs und Prof. Dr. Hans-Wolfgang Arndt, emeritiert, bis 2012 Lehrstuhl für öffentliches Recht und Steuerrecht an der Universität Mannheim, sowie Sachverständiger der Kommission zur Finanzierung des Kernenergieausstiegs. Die Diskussion wurde gemeinsam moderiert von Dr. Werner Schnappauf und Dr. Annette Nietfeld, Geschäftsführerin, Forum für Zukunftsenergien. Ein erster Themenschwerpunkt konzentrierte sich auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes. Entgegen früher geäußerter Bedenken, dass eine Abgabenpflicht in einen Garantie- oder einen Solidaritätsfonds an der Verfassung scheitere, äußerte sich Prof. Dr. Arndt nunmehr dahingehend, dass mit dem jetzt entwickelten Gesetzesvorschlag ein verfassungskonformes Paket geschnürt worden sei. Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion drehte sich um die Frage, in wieweit das Vorgehen der Bundesregierung, eine Kommission zu beauftragen, Schule machen könnte. Dazu merkte Kanitz an, dass die KFK helfen sollte, zu einem Teilaspekt der Kernenergienutzung einen gesellschaftlichen Konsens zu finden und politische Stabilität in den Prozess zu bringen. Dennoch könnten die KFK sowie die Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ nur als Beratungsgremien eingestuft werden, denn sie seien demokratisch nicht legitimiert. Bezüglich der nun festgesetzten Kosten für Rückbau, Verpackung, Transport und Endlagerung begrüßten Hennenhöfer und Kanitz, dass ein Kompromiss gelungen sei und es somit auch wieder mehr Sicherheiten für die Betreiberunternehmen gebe. Ein Teil der Kosten, wie etwa jener für die Suche eines Endlagerstandortes, sei politisch begründet und in seiner Höhe derzeit nicht absehbar – ein Faktor, für den nun nicht mehr die Unternehmen die Verantwortung trügen. Inwieweit mit dieser Regelung der Überantwortung von Risiken auf den Staat gewissermaßen ein Präzedenzfall für andere risikobehaftete Produktionen und Produktionsstandorte geschaffen sei, vermochte niemand auf dem Panel abzuschätzen. Dass ein solches Beispiel womöglich Schule machen könnte, wollte andererseits aber auch niemand verneinen. Das Forum für Zukunftsenergien und die Initiative on Energy Law and Policy der Bucerius Law School bedanken sich bei Linklaters LLP für die Gastfreundschaft. Über das Forum für Zukunftsenergien e.V. Das Forum für Zukunftsenergien engagiert sich als einzige branchenneutrale und parteipolitisch unabhängige Institution der Energiewirtschaft im vorparlamentarischen Raum in Deutschland. Der eingetragene Verein setzt sich für erneuerbare und nicht-erneuerbare Energien sowie rationelle und sparsame Energieverwendung ein. Ziel ist die Förderung einer sicheren, preisgünstigen, ressourcen- und umweltschonenden Energieversorgung. Dem Verein gehören ca. 250 Mitglieder aus der Industrie, der Energiewirtschaft, Verbänden, Forschungs- und Dienstleistungseinrichtungen sowie Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung an. Kontakt: Gregor J. Weber M.A. Referent Forum für Zukunftsenergien e.V. Reinhardtstr. 3 10117 Berlin Tel.: 030 / 72 61 59 98 - 5 Fax: 030 / 72 61 59 98 - 9 [email protected] www.zukunftsenergien.de
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