Der Pfaffenhofener Ausgabe 11 / KW 47 FREITAG, 25. NOVEMBER 2016 Preis: gratis! Entwurzelt – unterwegs – angekommen Stillleben mit Autolack „Flucht und Vertreibung“ in Pfaffenhofen zeigt Stadtarchivar Andreas Sauer in Buch und Ausstellung „Natura morta viva“: Die Ausstellung des Künstlers Christoph Scholter bereicherte die Städtische Galerie Seite 3 Seite 8 ROTARY HILFT Hellmuth Inderwies über den RC Pfaffenhofen: Seit 35 Jahren im Dienst am Nächsten Seite 4 ERSTE BAYERN Woher und wie kamen eigentlich die Bajuwaren nach Bayern und in den Landkreis? Seite 5 BEACHTLICH Die Krippenausstellung der vhs-Schnitzer und Rudolf Schmids neue Dorfchronik von Gundamsried Seite 6 HEILSTROM Der „Freundeskreis Bruno Gröning“ traf sich im Wohnheim der Ilmtalklinik Seite 7 Advent, Advent, ein Flämmchen brennt … von Lorenz Trapp Klopf, klopf! – Klopf, klopf? – Tatsächlich: Klopf, klopf! Ist wohl doch noch nichts mit der staden Zeit, von der immer so marktschreierisch laut gesprochen wird. Ich tapse zur Tür und öffne sie, es steht ein doppelter Doppel-U-Wichtel davor, einer von Wichtelzeit & Weihnachtszauber, und übergibt mir ein Kuvert. „Kleine Prämie“, sagt er und lächelt in Geldscheinen, „damit du mal schneller in die Puschen kommst!“ Ein Traum! Tatsächlich: ein Traum! Ein schrecklicher! Ich sollte nicht so viel Zeitung lesen. So kann es durchaus passieren, dass einem die träumende Phantasie ins nackte Grauen galoppiert. Wenn Sie demnächst beim Bäcker am Ende der Schlange stehen und Ihnen das zu lange dauert, bis Sie Ihr Brezerl in der Hand haben, rufen Sie doch einfach „Breze inklusive Bonus 99 ct!“, und schon stehen Sie am Schlangenkopf; falls Ihr Handwerker mal zum vereinbarten Termin nicht fertig wird, legen Sie ihm einfach ein paar Scheine mehr auf die Brotzeitbox, dann wird das schon was werden. Sollten Sie gegenwärtig mit dem Gedanken spielen, sich einen Flughafen anzulegen, egal ob hier in der Gegend oder in Berlin, denken Sie daran, die notwendigen „Beschleunigungsprämien“ einzukalkulieren. In Berlin, weltweit berühmt für deutsche Politik und sorgfältigsten Flughafenbau, soll es auf diese Weise funktionieren, die schier endlose Geschichte des Flughafenbaus ein für alle Mal im nächsten Jahr abzuschließen. „Wir zahlen“, sagte ein Sprecher der Flughafengesellschaft vor Kurzem der Presse, „den Baufirmen Beschleunigungsprämien“. Dies sei völlig gewöhnliches Vorgehen und vergaberechtlich unbedenklich. Ach ja? Ist in Deutschland Bakschisch mittlerweile so durchsichtig geworden, dass kaum mehr zu erkennen ist, ob es vom Auftragnehmer zum Auftraggeber oder vom Auftraggeber zum Auftragnehmer fließt? Wir hier bauen im Moment keinen Flughafen, sondern Windräder. Und auch darüber darf ich in der Zeitung lesen. Ich mag Manfred „Mensch“ Mayer nicht nur, weil er mir vor mehreren Jahrzehnten gestattete, in einem Schaufenster in der Türltorstraße einige Texte auszustellen. Er ist für mich ein Beispiel für Konsequenz und Integrität. Deshalb hat es mich etwas irritiert, dass ich kürzlich in einer von ihm gezeichneten Eloge (Bitte denken Sie jetzt nicht an den griechische Ursprungsbedeutung!) auf den Bürgerentscheid zu den Windkraftanlagen im Förnbacher Forst in der Rubrik „Leserbriefe“ lesen (sic!) musste, erfreulich sei die „extrem hohe Wahlbeteiligung von 59,6 %“. Extrem ist sicher etwas übertrieben, und den anschließenden Milchmädchen-Trick „Wir hatten 19766 Wahlberechtigte. 5043 haben mit Nein gestimmt. Das sind 25,5 %. Das heißt, dass fast 75 % der Wahlberechtigten sich explizit für Windkraft aussprechen oder ihr neutral gegenüber stehen“ halte ich nicht, wie er, für „Beachtlich!“ Nicht beachtlicher jedenfalls, um etwas „gärend Drachengift“ in die „Milch der frommen Denkart“ zu gießen, als diese Rechnung: Wir hatten 19766 Wahlberechtigte. 6660 haben mit Ja gestimmt. Das sind 33,7 %. Das heißt, dass ziemlich genau 66,3 % der Wahlberechtigten sich explizit gegen Windkraft aussprechen oder ihnen Windkraft und Bürgerentscheid einfach an ihren vier Buchstaben vorbei gehen. Im Übrigen bin ich mir nicht sicher, ob die Bürger aus Tegernbach, denen selbst ja wohl die Göbelsbacher Windräder reichen, über zukünftige Windräder in Förnbach abstimmen sollten – um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, im Vorfeld seien bereits einige Wichtel mit „Beschleunigungsprämien“ aufgetaucht. Auch ohne „Beschleunigungsprämie“: Man hat dieser Zeitung schon einmal vorgehalten, bei fast jeder Nummer das Rathaus (wahlweise den Hauptplatz) auf dem Titel abzubilden. Das ist berechtigt. Uns fällt einfach nichts Besseres ein, wir machen es gerne und, wie oben erwähnt, ohne „Beschleunigungsprämie“. Um die „Beschleunigungsprämie“ für den Fotografen zu sparen, verwenden wir diesmal nur eine einfache Zeichnung; auch, weil Blau beruhigen soll. Klopf, klopf! Klopf, klopf! Jetzt werden wir den schlafmützigen Wichtel, der auf unserem Bild in einer Krippe der vhs-Schnitzer am offenen Flämmchen selig in den Advent hineinschlummert, aber doch mal wecken müssen. Nicht, dass er noch die Wichtel-Aktion unter dem Motto „Heimlich teilen, heimlich schenken, ohne an sich selbst zu denken“ verschläft und der staden Zeit ein Schnippchen schlägt; um es mit den Worten der Straßenpropheten an den U-Bahn-Wänden zusammenzufassen: „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.“ Das, glauben Sie mir, ist kein Witz, sondern in etwa so beachtlich wie „Der Weg ist das Ziel“ – und auch nicht leicht zu verstehen. Kommen Sie trotz allem gut durch den Advent! Der Christkindlmarkt ist das Ziel. STADTKULTUR Seite 2 | Der Pfaffenhofener Dunkle Nacht, hektische Nacht Liebe Pfaffenhofenerinnen und Pfaffenhofener, bereits zum achten Mal steht die Adventszeit in unserer schönen Innenstadt unter dem Motto „Wichtelzeit und Weihnachtszauber“. Mit dem beliebten Christkindlmarkt vor dem Rathaus, dem stimmungsvollen Lichtkalender und dem Krippenweg des Vereins Lebendige Innenstadt sowie nicht zuletzt unserem einzigartigen Weihnachtswichtel ist wieder für eine ganz besondere Atmosphäre gesorgt, an der Jung und Alt ihre Freude haben. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer Veranstaltungen von Vereinen, Schulen und Organisationen, die die Vorweihnachtszeit in Pfaffenhofen vielfältig gestalten. Freitag, 25. November 2016 Geschäftiges Treiben in den Wochen vor Weihnachten von Claudia Erdenreich Schon seit der Rückkehr aus dem Sommerurlaub stehen die Lebkuchen im Supermarkt. Erst noch vereinzelt und ein wenig verschämt, doch dann dicht gefolgt von Marzipanstollen und an bester Position. Weihnachten naht zumindest kulinarisch noch vor dem letzten Freibadbesuch. Und Süßigkeiten gehen ja eigentlich immer. Schoko-Nikoläuse folgten inzwischen auch und die Frauen- und Kochzeitschriften überschlagen sich mit Specials und Sonderheften zum Plätzchenbacken. Neue Rezepte und Altbewährtes, wer jetzt schon mit dem Backen anfängt, kann verlässlich zum ersten Advent das Gebäck nicht mehr sehen, geschweige denn genießen. Traditionalisten warten zumindest bis St. Martin, bevor es Lebkuchen gibt, ganz traditionell war der Advent ja eine Fastenzeit und geschlemmt wurde erst nach Weihnachten. So lange wartet heute natürlich niemand mehr. Schon ab Anfang November werden die Hütten für den Christkindlmarkt vor dem Rathaus aufgebaut. Solide gezimmert sollen sie nicht nur Schneestürmen, Lawinen und Eiseskälte trotzen, sondern auch Besucherandrang, Glühweinattacken und kleineren Bränden. Realistisch gesehen müssen sie aber vermutlich wieder zweistellige Plusgrade und Starkregen aushalten, wie in jedem Jahr in Zeiten des Klimawandels. Nur dunkel wird es noch verlässlich. In manchen Touristenregionen öffnen die Weihnachtsmärkte schon spätestens Mitte November, manche haben bis zum Jahreswechsel offen. Sonst lassen sich die Besucherströme ja gar nicht bewältigen. Wer etwas auf sich hält, besucht reihenweise Märkte, zum Vergleich, zum Genuss und zum Konsum. Nun steht Ökologie ja ganz vorne auf der Agenda in Pfaffenhofen, und auch für die Weihnachtszeit gäbe es da noch diskussionswürdige Ansätze. Ein klitzekleines Windrad auf dem Rathausbalkon etwa würde zumindest genug Strom liefern, um die Bühne ganz schwach zu beleuchten. Stundenweise. Das warme Regenwasser, das wieder verlässlich kommt, könnte man aufstauen, und vielleicht ein wenig die Ilm durch den Markt fließen lassen, statt immer nur auf Schnee zu hoffen. Löschwasser hätte man dann auch gleich genug parat. Die Fackelstadtführungen machen es ja schon vor mit der alternativen Beleuchtung. Die Fackeln brennen lang, rußen kräftig und tropfen wunderbar farbiges Wachs. Damit könnte man doch alle Hütten erleuchten, genug Löschwasser wäre ja da. Und wenn sich das mit den Mini-Windrädern bewährt, dann bekommt jede Hütte ihr eigenes. Notfalls muss man dann für einen Glühwein eben pusten, oben am Windrädchen. Einen ganzen mobilen WindrädchenPark könnte man auf der Fläche der zukünftigen Landesgartenschau errichten. Das wird ja im Winter sowieso noch nicht benötigt, und die kleinen Windräder wären niedlich genug, um sich schon einmal an den Anblick, den Schall und die Drehungen zu gewöhnen. Schritt für Schritt. Vielleicht könnte man sie auch ein wenig erleuchten, stimmungsvoll und statt den altmodischen Christbäumen. Damit wäre Pfaffenhofen dann auf ökologisch-innovative Art dekorativ in der Zukunft angekommen. Irgendeinen Preis gibt es dafür auch ganz sicher! ung dürften sich bei ihrem Besitzer in Grenzen gehalten haben. Sie gehörte dem Großvater des Pfaffenhofener Künstlers Manfred Habl. Auf der Kiste steht: Lichtenstadt bei Karlsbad. Manfred Habl erzählt mir, dass sein Großvater der beste Friseur am Ort war und noch eine Weile als Angestellter eines Neubesitzers in seinem Laden arbeiten durfte, bis die Tschechen ihn 1946 aus dem Land warfen. Als Rache für sieben Jahre Herrenmenschentum und „Protektorat“ und dafür, dass die Sudetendeutschen dem Hitler 1938 ein bisschen zu laut zugejubelt hatten, von dem man sich das Eine abschauen konnte: dass ethnische Säuberungen eine durchführbare Option sind in dem Ringen um Lebensraum, das er selbst ausgerufen hatte. Und so konnte sich der Großvater Habl noch freuen, dass ihm die schlimmsten Exzesse erspart blieben und er an einer geregelten Vertreibung gemäß Beneš-Dekreten teilnehmen durfte mit zwei abgewogenen Holzkisten als zulässigem Gepäck. Keine Situation, die man unbedingt erleben will. Eine Weile stehe ich mit Manfred Habl andächtig vor der Großvaterkiste. Was packt man hinein? Scheren, die Haarschneidemaschine, das wichtigste Handwerkszeug. Ansonsten Erinnerungsstücke, Fotoalben. Die Frau war Schneiderin, doch die Nähmaschine durfte nicht mit. Dennoch konnten beide in der neuen Heimat den gelernten Beruf wieder aufnehmen. Das Ausbessern von Kleidung hatte Hochkonjunktur, und der Friseur ohne Laden kam zum Kunden ins Haus. Gewohnt wurde erstmal in der Sammelunterkunft. Ironie der Geschichte, so erzählt mir Manfred Habl: Die neuen Siedlungen, in denen dann ab den Fünfzigerjahren die Flüchtlinge unterkamen, folgten Bauplänen, nach denen ursprünglich weit im Osten Wohnraum für deutsche Kolonisten hätte geschaffen werden sollen. Würde man heute vertrieben, könnte man gerade noch versuchen, schnell zum digitalen Nomaden zu mutieren, sein Leben digitalisieren und auf ein Netzlaufwerk hochladen, um es am neuen Standort wieder abzugreifen: Fotoalben, Tagebücher, Schulzeugnisse. Und das wäre dann die Entsprechung der Holzkiste, die im Rahmen der Ausstellung „Pfaffenhofen – 70 Jahre Flucht und Vertreibung“ noch bis zum 3. Dezember im Rathaus zu sehen ist. In dieser kalten und dunklen Jahreszeit spielen Licht und Wärme eine ganz wichtige Rolle. Da lassen wir uns von den fantasievoll illuminierten Häuserfassaden des Lichtkalenders gern verzaubern. Auch das Musikfeuerwerk und die Feuershow sind unbedingt einen Besuch wert. Und wenn Sie die Pfaffenhofener Altstadt einmal in ganz neuem Licht sehen, dabei aber viel Historisches kennenlernen wollen, kann ich Ihnen eine der Fackelstadtführungen empfehlen. Aber noch viele weitere Höhepunkte finden sich im Rahmenprogramm des Christkindlmarktes, denn auf der Bühne vor dem Rathaus ist wieder täglich für Abwechslung und musikalische Unterhaltung gesorgt. Da dürfen natürlich unsere „Klassiker“, wie die Turmbläser und das beliebte Engelsspiel am Rathausbalkon, nicht fehlen. Wir sind aber auch gespannt auf neue Mitwirkende, wie etwa „Geri & the wagtails“. Freuen Sie sich mit mir auf eine wunderschöne Adventszeit und besuchen Sie unseren Christkindlmarkt vor der prächtigen Rathauskulisse. Bei Glühwein oder Punsch, herzhaften oder süßen Spezialitäten kann man den Feierabend genießen und sich mit der Familie oder Freunden treffen. Dabei ist im Bastelzelt für die Unterhaltung und Beschäftigung der Kinder gesorgt. So kann man auch ganz in Ruhe Geschenke aussuchen, um seine Liebsten zu überraschen. Besonders originell ist natürlich die Geschenke-Lieferung durch den echten Pfaffenhofener Weihnachtswichtel. Wichteln Sie doch mit und nutzen Sie diese ganz besondere und sogar kostenlose Gelegenheit, Freunde und Verwandte zu überraschen! Ich danke allen ganz herzlich, die sich für die Aktion „Wichtelzeit und Weihnachtszauber“ engagieren, die am Christkindlmarkt mitwirken oder eine Veranstaltung durchführen und so eine unvergessliche Adventszeit für uns alle gestalten. Allen Besuchern wünsche ich stimmungsvolle Stunden in unserer Innenstadt und eine wunderbare Vorweihnachtszeit! Ich freue mich, Ihnen auf dem Christkindlmarkt bei einer Tasse Glühwein oder Kinderpunsch zu begegnen! Herzlich Ihr Thomas Herker, Bürgermeister von Roland Scheerer Was nicht alles herumsteht und herumliegt. Duftlämpchen, halb gelesene Romane, Reservemöbel, Reservestereoanlage. Teile von Geräten, die man als Ersatzteile für andere Geräte nehmen könnte. Sachen, die man einmal wieder herrichten müsste, und von denen man sich gedacht hat: damit sollen mal die Kinder spielen an einem der berühmten langen Dezemberabende (an denen man dann immer etwas anderes vorhat). Nicht zu reden von den beiden Sakkos, die man seit Jahren aufhebt, weil sie noch nicht völlig durchgewetzt sind. Man sitzt in der Falle. Die Sesshaftigkeit fordert ihre Tribute. Der Jäger und Sammler ist in sein Dekadenzstadium als Messie eingetreten. Wenn sich doch alle Gegenstände, die man zwei Jahre nicht benutzt hat, von selbst auflösten! Unser Leben sähe aufgeräumt aus wie die Lofts in den unverschämten Designermöbelprospekten Und dann das leuchtende Gegenbild – der digitale Nomade, der nichts braucht als das, was er am Leib trägt, plus Zahnbürste und einen Internetzugang. Scheinbare Askese. Materieller Besitz war gestern, Cloud ist heute. Bücher und CDs sind vollständig überwunden. Jederzeit innerhalb von zehn Minuten alle Habe in eine coole messenger bag packen und in eine neue Stadt ziehen können – ein Traum von Leichtigkeit und Ungebundenheit. Wenn es doch für den Normalbürger Chance gäbe, von Zeit zu Zeit alles, was einem wichtig ist, wenigstens in eine Kiste zu packen und den Rest einfach zurückzulassen. Und mit dieser Kiste irgendwohin zu gehen und dort neu anzufangen – was für eine befreiende Vorstellung. Die besagte Kiste ist derzeit im Pfaffenhofener Rathaus zu besichtigen. Aber die Gefühle von Befrei- DIE SEITE 3 Freitag, 25. November 2016 Der Pfaffenhofener | Seite 3 G Flucht und Vertreibung Bedeutendes historisches Thema für die Stadt von Claudia Erdenreich Bevölkerung wuchs um 3000 Bürger in einem Jahr Thomas Herker stellte klar, dass mindestens jeder Dritte der Anwesenden Wurzeln in einer Familie von Vertriebenen oder Geflüchteten hat. Der Bürgermeister mahnte auch an, aus der Geschichte zu lernen und insbesondere die früher gemachten Fehler nicht zu wiederholen. Er berichtete, wie er selbst erstmals 2008 beim Tag der Heimat Kontakt mit Schwarz-Weiß-Fotos: Stadtarchiv eschichte darf nicht verloren gehen“ mit diesen Worten eröffnete Bürgermeister Thomas Herker die Ausstellung „70 Jahre Flucht und Vertreibung“ im Rathaus. Zur Auftaktveranstaltung waren zahlreiche Gäste in den Festsaal des Rathauses gekommen, darunter viele Stadträte und Altbürgermeister Hans Prechter. Unter den interessierten Gästen befanden sich auch noch viele Zeitzeugen, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Pfaffenhofen gekommen waren, so etwa die Familie Schurius oder Dr. Geppert. Ebenso waren viele Kinder und Enkel ehemaliger Vertriebener anwesend. und Vertriebenen in den Jahren 1945 und 1946 stellt die vermutlich größte Zäsur in der Stadtgeschichte dar seit der Pest. Während der „schwarze Tod“ auch in Pfaffenhofen die Bevölkerungszahl binnen kurzer Zeit drastisch vermindert hatte, passierte nach dem Krieg das Gegenteil. Schon gramm Gepäck waren alles, was an Besitz mitgenommen werden durfte. Die Flüchtlinge wurden meist sehr kurzfristig und drastisch entwurzelt, konnten nur sehr wenige Dinge mitnehmen, waren lange unterwegs, teils in Viehwaggons und zu Fuß und brauchten ihre Zeit, bis sie auch in- bringungsmöglichkeit. Zudem gab es Einquartierungen, selten wurden die Neuankömmlinge dabei mit offenen Armen empfangen. Schon ohne Flüchtlinge war die Versorgungslage schwierig, die Bevölkerung litt Mangel und Hunger, beklagte zahlreiche Verluste, wusste schung aus historischem Fachbuch, lokaler Lektüre und persönlichen Schicksalen dar. Historiker Sauer wertete dafür auch akribisch die vorhandenen Quellen aus, darunter insbesondere die Tagebücher von Otto Sturm. Die fünfzig Tagebücher des ehemaligen Lehrers Flucht und Vertreibung Geöffnet bis 3.12. zu den Öffnungszeiten des Rathauses Stadtarchivar Andreas Sauer dem Thema und mit Zeitzeugen hatte und von deren Berichten bestürzt, beeindruckt und zu Tränen gerührt war. Auch sein Verhältnis zum Thema hat sich mit dem persönlichen, regionalen Bezug entschieden gewandelt. „Wir waren in Pfaffenhofen nie im Zentrum der Weltgeschichte“, erklärte er, aber dennoch von allen Ereignissen direkt betroffen. Die Ankunft der zahlreichen Flüchtlinge in der zweiten Jahreshälfte 1945 kamen zahlreiche Flüchtlinge an, sie waren meist direkt auf der Flucht vor der Roten Armee. Die meisten Menschen erreichten Pfaffenhofen 1946. Zunächst passierten „wilde Vertreibungen“ in einem weitgehend rechtsfreien Raum. Nach der Potsdamer Konferenz ging dies über in die geordnete Vertreibung, die aber für die Menschen nicht weniger gravierende Eingriffe bedeutete. 50 Kilo- nerlich angekommen waren. Begleitet wurden sie von dem Gefühl, nicht mehr zurückkehren zu können. Die Pfaffenhofener Bevölkerung wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg in kurzer Zeit von 5.000 auf 8.000 Personen an. Dies bedeutete immense Herausforderungen in Bezug auf Versorgung, Unterbringung, Arbeit und Integration. Die Wohnungsnot war riesig, dürftige Baracken blieben über Jahre die einzige Unter- nicht, wo Männer und Söhne geblieben waren. Die Neuankömmlinge waren keine homogene Gruppe, rund sechzig Prozent stammte aus dem Sudetenland, der Rest aus Schlesien. Zum Festakt stellte Stadtarchivar Andreas Sauer sein neues Buch mit dem Titel „entwurzelt – unterwegs – angekommen“ vor, das sich mit dem Thema in der Region, in Stadt und Landkreis Pfaffenhofen befasst. Das Buch stellt eine sehr gelungene Mi- sind ein wichtiges Zeitzeugnis. Ebenso rief Andreas Sauer in Vorbereitung des Buches und der Ausstellung die Bürger auf, ihm noch vorhandene Fotos, Dokumente und Erinnerungsstücke aus der Zeit zur Verfügung zu stellen. Die Ausstellung im Foyer des Rathauses ist mit alten Fotos und erklärenden Texten informativ gestaltet und greift die zentralen Themen des Buches auf. KULTUR Seite 4 | Der Pfaffenhofener Freitag, 25. November 2016 „Rotary hilft Menschen“ RC Pfaffenhofen seit 35 Jahren im Dienst am Nächsten von Hellmuth Inderwies D as Motto des rotarischen Jahres 2016/17 „Rotary Serving Humanity“ („Rotary hilft Menschen“) setzt jenen Appell konkret in die Tat um, der im Jahre der Gründung des RC Pfaffenhofen vom damaligen Weltpräsidenten Joseph Bourland als etwas abstrakt erscheinende Maxime ausgegeben worden war: „World Understanding and Peace Through Rotary“ („Völkerverständigung und Frieden durch Rotary“). Es war der 16. Dezember 1981, als Prof. Dr. Klaus Englert vom RC SchrobenhausenAichach als beauftragter Missionär den rotarischen Gedanken in den Landkreis Pfaffenhofen getragen hat und der damals noch ausschließliche Männerclub von 23 Gründungsmitgliedern verschiedener Berufsklassen aus der Taufe gehoben wurde. Nahezu die Hälfte von ihnen ist nicht mehr am Leben. Im Zeichen einer gemeinsamen ethischen Grundhaltung und gegenseitiger Freundschaft dem Mitmenschen zu dienen und zu helfen, ist das Grundanliegen der weltweit 1,2 Millionen Mitglieder in nahezu 35 000 Clubs, die unter dem Dach von Rotary International vereint sind. Diese von Rechtsanwalt Paul Harris 1905 in Chicago gegründete Bewegung bildet gewissermaßen eine globale Familie. Sie versteht sich als eine Wertegemeinschaft von Menschen mit Erfolg im Beruf, mit verlässlicher ethischer Gesinnung und einem ausgeprägten Bewusstsein für soziale Fragen, auf die es eine Antwort zu geben gilt. Lebensräume von Tieren und Pflanzen erkunden Der Präsident des RC Pfaffenhofen im rotarischen Jahr 2016/17, Dr. André Schneeweiß, hat den Themenkreis „Kinder und Jugend“ zum Grundanliegen seiner Arbeit gemacht. Eine gute Bildung und Ausbildung Heranwachsender gehört zu den tragenden Säulen der Gesellschaft, wenn sie einer lebenswerten Zukunft entgegensehen will. Das wiederum setzt die Unterstützung von sinnvollen Schulprojekten voraus, so z. B. des vom Club geförderten „Grünen Klassenzimmers“, das im Rahmen der Kleinen Landesgartenschau im Mai 2017 in Pfaffenhofen seine Pforten öffnen wird. Kinder und Jugendliche verschiedenster Altersstufen sollen in Anlehnung an die schulischen Lehrpläne in direkter Begegnung mit der Natur Lebensräume von Tieren und Pflanzen erkunden und Ökosysteme kennenlernen. Sogar einer fächerübergreifenden Lernzielsetzung werden damit vielfältige Möglichkeiten geboten, wenn die notwendige Ausstattung vorhanden ist. Unlängst wurde eine Norwegenexpedition des Schyren-Gymnasiums finanziell unterstützt, ein Beitrag dazu, dass die Schule 2016 als „Bayerische Forscherschule“ ausgezeichnet wurde. Hinzu kommt, dass am weltweit größten internationalen Jugendaustausch, den seit langem Rotary durchführt, auch schon der RC Pfaffenhofen mit seinen Vorschlägen berücksichtigt wurde. Zum achten Mal findet am Freitag, 02.12.2016, 17.30 Uhr, der Lesewettbewerb des RC Pfaffenhofen unter dem Motto „Lesen ist Zukunft – Wer Rotary-Motto 2016/17 kann es am besten?“ statt. Daran nehmen im Festsaal des Rathauses Schüler/innen der 4. Jahrgangsstufe der Grundschulen des Landkreises teil, die von ihren Klassenlehrern/innen ausgewählt wurden. Neben Eltern, Verwandten und Lehrern können sich durchaus auch andere Interessierte unter die Zuhörerschaft mischen. Es handelt sich um die Vorrunde des vom rotarischen Distrikt 1841, dem 53 Clubs angehören, zusammen mit 200 bis 250 Grundschulen alljährlich durchgeführten Projekts. Im Zeitalter des Computers und anderer moderner Medien wird es mehr und mehr zu einer wichtigen Aufgabe, die elementare Kulturtechnik „Lesen“ zu fördern und zu erhalten, zumal heute vor allem im Elternhaus häufig zu wenig Zeit dafür bleibt. Eine fünfköpfige rotarische Jury, die das Clubmitglied Hellmuth Inderwies als verantwortlicher Organisator zusammengestellt hat, wird die Lesefähigkeiten der jungen Protagonisten, die unbekannte Texte vortragen, im Rahmen der Kriterien „Aussprache, Lesetempo, Lautstärke, Betonung und Lebendigkeit“ bewerten. Sie erhalten alle kleine Geschenke und Geldpreise für einen Bücherkauf. Der Sieger des Wettbewerbs in Pfaffenhofen wird auf Distriktebene an einer der Zwischenrunden teilnehmen, bevor im Rahmen der Distriktkonferenz am 23. Juni 2017 der/die Gesamtsieger/in ermittelt wird. Das Projekt ist bei den Grundschulen wie bei der Elternschaft im Landkreis wie im ganzen Distrikt, der die Region zwischen Nördlingen und dem Schliersee sowie Oberstaufen /Immenstadt und Neustadt /Vohburg umfasst, auf ein nicht erwartetes, außerordentlich positives Echo gestoßen. In den bisherigen Wettbewerben belegten die Kandidaten/innen des RC Pfaffenhofen in der Endrunde fast durchwegs vordere Plätze. Darüber hinaus werden auch kleinere Kinder nicht vergessen. Gemeinsam mit dem Rotaract Club Hallertau, der zur weltweiten Jugendorganisation der Rotarier gehört, wurde Geld für die Sanierung und Modernisierung eines Kinderspielplatzes in der Kreisstadt zur Verfügung gestellt. Im Rahmen des Projekts „Weihrauch“ (s. auch Welthungerhilfe e. V.!) begleiten Mentoren des RC Pfaffenhofen gegenwärtig junge Zuwanderer auf dem Weg in eine erfolgreiche Berufsausbildung oder bei einem zielgerichteten Studium. Mit einer Spende wurde zudem bereits die Künstlerwerkstatt bedacht und ältere Mitbürger freuten sich im Rahmen des alljährlichen Seniorenausflugs auch heuer wieder über eine seit 1983 ununterbrochen gewährte finanzielle Unterstützung und die Begleitung aktiver Mitglieder des Clubs, wobei sich in den letzten Jahren vor allem Georg Gerlsbeck zusammen mit seiner Familie dieser Aufgabe widmete. Selbstverständlich ist der RC Pfaffenhofen auch mit einem ansehnlichen finanziellen Beitrag am größten Gemeindienstprojekt beteiligt, das Rotary in seiner nunmehr 111-jährigen Geschichte weltweit durchführt. Es handelt sich um „PolioPlus“: Seit 1988 gelang es mit Hilfe mächtiger Partner, wie der Weltgesundheitsorganisation, den Gründungsmitglieder bei AUDI (v. l. Hellmuth Inderwies, Wenzel Possinger, Dr. Wolfgang R. Habbel, Hermann Schlicker, Günter Benecke, Ludwig Schrötzlmair, dahinter Josef Grauvogl, Alois Schwaiger) Rotary-Präsident Dr. André Schneeweiß und der Hauptgewinn der Tombola 2016 größten Teil der Erde durch massive Impfkampagnen von der Kinderlähmung zu befreien. Angesichts der außerordentlich großen Fortschritte, die in den letzten Jahren bei der Bekämpfung dieser Krankheit erzielt wurden, rückt im Jahr 2018 das angestrebte Ziel in greifbare Nähe. Bis dahin soll die Übertragungskette weltweit unterbrochen sein. Schulische Ausbildung für benachteiligte Kinder Wenn am Donnerstag, dem 24. November, um 10.00 Uhr am unteren Hauptplatz die seit 1999 jährlich durchgeführte Weihnachtstombola des RC Pfaffenhofen eröffnet wird, dann wird mit dem Erlös daraus der Erhalt und die Erweiterung der Johann Ludwig Schneller-Berufsschule (JLSS) in Khirbet Kanafar auf der Beqaa-Hochebene im Libanon unterstützt. Sie ist benannt nach einem schwäbischen Missionar und Pädagogen, der hier gewirkt hat. Es handelt sich um eine evangelische ökumenische Einrichtung, in der sozial benachteiligte Kinder aus armen oder zerrütteten Familien und Waisen unabhängig von Geschlecht, Rasse und Religion eine schulische Ausbildung und ein Zuhause finden. Grundlagen der Erziehung sind Toleranz, Koexistenz, Völkerverständigung und Wahrung des Friedens, also ethische Werte, die mit denen der rotarischen Bewegung übereinstimmen. Bei einem Lospreis von einem Euro sind auch dieses Mal wieder ein Auto, ein Mercedes Benz A-Klasse 160, und weitere neun große Preise zu gewinnen. Wer eine Nummer zieht, erhält einen der 8000 Kleinpreise als Sofortgewinn und hat mit diesem Los, das er unbedingt aufbewahren muss, dann die Chance auf einen der Haupttreffer bei der öffentlichen Endauslosung am 17. Dezember 2016, 14.00 Uhr, beim Verkaufsstand am unteren Hauptplatz in Pfaffenhofen. Er ist bis dahin während des Christkindlmarkts an den Werktagen von 10.00 bis 20.00 Uhr und an den Sonntagen von 12.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Wer kein Glück hat, der darf für sich in Anspruch nehmen, dass er mit seinem Geldbetrag einem sehr guten Zweck dienen wird. In Kooperation mit der JLSS, der Evangelischen Kirche Beirut, der deutschen Botschaft und dem Partnerclub RC Beirut Cosmopolitan wird damit ein sinnvolles, wirksames und vor allem auch nachhaltiges Projekt erfolgreich fortgeführt. Auch dabei gilt die Beantwortung von vier Fragen als Kriterium, die für jeden Rotarier als Leitlinie seines Handelns gefordert wird: Ist es wahr, bin ich aufrichtig? Ist es fair für alle Beteiligten? Wird es Freundschaft und guten Willen fördern? Wird es dem Wohl aller Beteiligten dienen? STADTKULTUR Freitag, 25. November 2016 Der Pfaffenhofener | Seite 5 S ie waren die Fußkranken der Völkerwanderung, spötteln Kabarettisten gerne über unsere frühen Vorfahren. Da gehen ältere Quellen schon respektvoller mit den angeblich ersten Bayern um. Noch vor tausend Jahren glaubte man, die Bayern wären direkt von der Arche Noah gekommen. Eine erfrischende Vorstellung, doch von der Forschung ebenfalls nur belächelt. Die Herkunft der Bajuwaren liegt trotz intensiver Forschung noch immer weitgehend im Dunkeln, ebenso ihr Ankunftszeitraum. Irgendwann im fünften Jahrhundert, als das römische Reich zu Ende ging, wanderten Völker quer durch Europa. Klimaveränderung und daraus folgend Hunger trieb sie vermutlich an, ebenso wie das immer schwächere und dann verschwundene römische Imperium. Um 550 waren sie dann da, belegen spärliche Quellen. E inige Regensburger Gästeführer unternahmen einen Ausflug, bei dem sie vor allem Pfaffenhofens ältere und jüngere Geschichte erkundeten. Die fünf erfahrenen Stadtführer zeigen in Regensburg bei einer Themenführung mit dem Titel „Sesam öffne dich“ geheime und sonst verschlossene Orte. Die Stadtführer, organisiert bei Kulttouren, warfen auch in Pfaffenhofen einen Blick hinter einige Schlüssellöcher und waren erstaunt über die Vielfalt der Stadt. Zunächst erkundeten sie den Hungerturm, einen von noch drei erhaltenen Stadttürmen von 1400. Der gut erhaltene Turm lässt erahnen, wie und wo einst die rund eineinhalb Kilometer lange Stadtmauer um Pfaffenhofen lief, und wie die Türme aussahen. Selbstverständlich ließen es sich die Regensburger Gäste nicht nehmen, auf den engen Holztreppen Lange glaubte man, die Die Bajuwaren ernährten Bajuwaren wären einfach sich durchaus vielfältig Männer beziehungsweise und aus heutiger Sicht Menschen aus dem Osgesund. Obst, Gemüse, ten, aus Böhmen. Das gilt Getreide, Fleisch und Reste der Bajuwaren im Landkreis in der Forschung heute Fisch standen auf dem als weitgehend überholt. Speiseplan. Und Bier, das Es war wohl keine geallerdings sehr weit entvon Claudia Erdenreich schlossene Gruppe, die sich da später fernt von dem war, was wir heute dazu den Bajuwaren formierte. Allen runter verstehen. Damals braute man voran stand bald das Herrschergein Bier alles hinein, was berauschte, schlecht der Agilolfinger, die bis 788 und Glas finden sich. Die Frauen hat- gerne auch einmal Bilsenkraut oder regierten, bis sie, zu mächtig gewor- ten eine Vorliebe für orange Glasper- Tollkirsche. Der Hopfenanbau ist für den, von Karl dem Großen abgesetzt len und rote Steine, Karfunkelstein. die Hallertau erst später belegt und wurden. Sie bestatteten in langen Reihen, auch dann verwendete man ihn spärAus der frühen Zeit, dem fünften, noch lange nicht um Kirchen herum. lich, das Reinheitsgebot kam erst sechsten Jahrhundert haben uns die Überhaupt waren sie nur mäßige tausend Jahre später. ersten Bayern nichts Schriftliches Christen, wenn überhaupt Arianer, Bajuwarische Siedlungsplätze und hinterlassen, dafür umso mehr im weise Mönche aus Irland und Schott- Friedhöfe finden sich an verschieBoden da gelassen. Archäologie lie- land brachten erst später den Bayern denen Stellen im Landkreis. fert viele Einblicke, auch rings um wieder das Christentum. Von Anfang So ist etwa im Bereich des Marktes Pfaffenhofen. Gräberfelder mit rei- an waren unsere bajuwarischen Vor- Wolnzach ein kleiner Bestattungschen Beigaben zeigen, welch hohe fahren ein Mischvolk, Multikulti, sie platz dokumentiert. SchweitenkirKunstfertigkeit unsere Vorfahren integrierten alles, nahmen aus jeder chen reklamiert für sich eine frühe hatten. Waffen und Schmuck, Fibeln Kultur etwas an. Gründung zur Zeit der Bajuwaren, Erste Bayern Geschichten, Geschichte und geheime Orte Gästeführer auf Erkundungstour durch die Stadt von Claudia Erdenreich im Inneren des Turms bis ganz hinauf zu klettern. Besonders das neugotische Rathaus begeisterte die Besucher. Der Blick vom Rathausbalkon zeigt die Dimension und Bebauung des dreihundert Meter langen und vierzig Meter breiten Hauptplatzes. Der Blick schweifte über Dächer, alte wie neue Gebäude bis hin zur Stadtpfarrkirche. Die vier bayerischen Könige blickten wie immer würdevoll von ihren Gemälden im Rathaussaal, der ebenfalls interessiert erkundet wurde. Nach einer Hauptplatz-Umrundung mit Details zur Pfaffenhofener Geschichte, zu Kuriositäten und zur aktuellen Lage stärkten sich die Gästeführer im Café Hipp. Auch hier wurde der vierhundertjährigen Geschichte und der „Geburt“ vom Unternehmen Hipp interessiert gelauscht. Erschrocken waren sie über den teils sehr wenig geschichtsbewussten Umgang mit historischer Bausubstanz und die vielen Abbrüche der jüngeren Zeit. Ganz besonderes Interesse weckte das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus neben dem Haus der Begegnung. Auch die Nutzung des ehemaligen Schulhauses mit Stadtbücherei, Galerie und Theatersaal fanden die fünf Besucher sehr stimmig. „Ein kleines Thon-Dittmer-Palais“ bemerkte einer der Gästeführer anerkennend, mit Vergleich zum Gebäude, in dem in Regensburg Stadtbücherei und Volkshochschule untergebracht sind. Selbstverständlich durfte anschließend und schon bei völliger Dunkelheit auch ein Besuch des Bunkers nicht fehlen. Der ehemalige Fernmeldebunker aus den 60er Jahren stellt einen ganz besonderen und bis vor wenigen Jah- möglicherweise schon im fünften Jahrhundert. Gräber finden sich auch in Fahlenbach. In den benachbarten Landkreisen Freising und Kelheim finden sich weitere Siedlungs- und Bestattungsplätze der Bajuwaren sowie Gräberfelder. Nur in Pfaffenhofen hat man noch nichts von den Bajuwaren gefunden. Zu selten hat man hier bislang ausgegraben, um eine Aussage treffen zu können, ob sie da waren. Vermutlich aber schon, der Platz hinter dem Hauptplatz weist frühe Spuren von Menschen nach, die Gegend war fruchtbar, mit der Ilm genug Wasser vorhanden. Es wäre spannend, bei den nächsten Grabungen genauer hinzusehen. Man wird zwar keine Dirndl und Lederhosen finden, aber vielleicht Schmuck und Waffen und vor allem das Wissen um Kontinuität. ren wirklich geheimen Ort dar. „Wie bei James-Bond“, stellten die Regensburger Guides begeistert fest, als sie sich mit Taschenlampen und durch Herbstlaub zum Eingang tasteten. Unten im Bunker waren sie beeindruckt von den Dimensionen dieses Relikts. Der Kalte Krieg war plötzlich ganz nahe, neben der Faszination war auch die Erschütterung zu spüren. Die Besucher ließen sich interessiert durch die über 40 Räume führen, bestaunten die Reste der noch vorhandenen Technik, die dicken Wände und die Kabelmengen. „Das hat sich wirklich gelohnt“, war die einhellige Meinung auf der Heimreise. Die Regensburger Führer, die sonst mit „Sesam öffne dich“ zahlreiche geheime Orte in Regensburg öffnen, waren erstaunt, hinter wie viele Türen man auch in einer Kleinstadt blicken kann. STADTKULTUR Seite 6 | Der Pfaffenhofener Kulturtermine Lesung Der Autor Michael Böckler liest am 25.11. um 19 Uhr in der Kreisbücherei aus seinem Krimi „Mörderischer Jahrgang“. Schnitzer Die VHS-Schnitzer zeigen in der Städtischen Galerie ihre Werke, Vernissage am 25.11. um 19.30 Uhr. Fackeln Zur Weihnachtszeit gibt es wieder Fackelstadtführungen (mit Anmeldung), Start ist am 28.11. um 18 Uhr am Hauptplatz. Kunst Am 1.12. kann wieder von 15 bis 18 Uhr Kunst in der Artothek im Anbau der Spitalkirche ausgeliehen werden. Freitag, 25. November 2016 Dorfchronik der Gemeinde Gundamsried Vor drei Jahren hat der Heimatforscher Rudolf Schmid die umfangreiche und informative Dorfchronik für seinen Heimatort Uttenhofen vorgestellt. Nun hat er, nach intensiver Forschung, Recherche und Ausarbeitung, auch für die ehemalige Gemeinde Gundamsried mit ihren Orten Kleinreichertshofen und Eja eine interessante Dorfchronik fertiggestellt. Zur Präsentation am Sonntag, 27. November 2016 19.00 Uhr im Gasthaus Alter Wirt in Uttenhofen sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Der Eintritt ist selbstverständlich frei. Für alle, die der Tradition, der Heimat und der Familie verbunden sind, ist dieses Werk eine wirkliche Fundgrube. Im Wesentlichen gliedert sich die Gundamsrieder Dorfchronik in drei Abschnitte: A) In der Ortschronik werden die Historie und die soziale Struktur der Ortschaften im Laufe der Jahrhunderte von der Besiedlung bis zur Gegenwart detailliert geschildert. B) Die Haus- und Hofchronik stellt jedes Anwesen dieser Orte mit den über viele Generationen zurückreichenden Besitzern und Besonderheiten dar – teilweise zurück bis ins 15. Jahrhundert. C) Das Ortsfamilienbuch erlaubt dem Leser eine individuelle Familienforschung innerhalb dieser Dörfer und bietet den Bewohnern viele überraschende Erkenntnisse über die eigene Abstammung und Verwandtschaft. Die Dorfchronik umfasst 651 Seiten, ist mit erstaunlich vielen Bildern aus Vergangenheit und Gegenwart illustriert und farbig sehr aufwändig gestaltet. Obwohl der Preis die Selbstkosten nicht deckt, ist die Dorfchronik ab sofort zum Preis von 60,– € erhältlich bei: - Rudolf Schmid, Ilmsiedlung 7, 85276 Uttenhofen, Tel. 08441 1729 - Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte, Filiale Uttenhofen - Bürgerbüro der Stadt Pfaffenhofen (im Rathaus, EG) Musik Die fünf Musiker von „Luz amoi“ laden am 2.12. ab 20 Uhr in die Stadtpfarrkirche zu einem Adventskonzert. Jazz Das Sebastian Nay Septett spielt „Music of Joe Nay“ am 2.12. ab 21 Uhr in der Künstlerwerkstatt, Eintritt frei. Flucht Am 3.12. kann die Ausstellung „Flucht und Vertreibung“ im Rathaus zum letzten Mal besucht werden. Zusatztermin Wegen der großen Nachfrage spielen 3/5 Stachelbär (Roland Andre, Claus Drexler, Michael Eberle) ihr neues Kabarettpro- A lle Jahre wieder zeigen die Schnitzer der Volkshochschule Pfaffenhofen, was sie während des Jahres geschaffen haben. Die Schnitz- und Krippenausstellung zeugt von handwerklichem Geschick und der Liebe zum weihnachtlichen Detail. Die Besucher der Städtischen Galerie können dabei dem adventlichen Alltagsstress entfliehen und sich möglicherweise auch Traditionelle Krippenausstellung der vhs-Schnitzer in der Städtischen Galerie gramm „Betreten sein verboten“ zusätzlich am Samstag, den 3.12., im Haus der Begegnung. Beginn ist 20 Uhr. Karten gibt es beim PK und bei Tabak Breitner. Konzert Accademica di Monaco spielt am 4.12. um 20 Uhr ein zusätzliches Rathauskonzert in der Spitalkirche. für die eigene Dekoration daheim inspirieren lassen. Die Kursteilnehmer zeigen unter der leitenden Hand von Dozent Franz Peter ihre selbstgeschnitzten Krippen sowie Krippen aus Afrika, Masken und andere Holz-Kunstwerke und läuten so auf ihre ganz eigene Art die „stade Zeit“ ein. Als besonderes Highlight bereichert der Scheyerer Künstler Reiner Schlamp die Ausstellung mit einer neuen Papierkrippe unter dem Titel „Paradies“. Lichter Bei der „Nacht der Lichter“ wird die Stadtpfarrkirche wieder am 13.12. ab 19 Uhr erleuchtet, umrahmt von Gebeten und Liedern. IMPRESSUM Verlag/Herausgeber/Herstellung: KASTNER AG – das medienhaus, Schloßhof 2–6, 85283 Wolnzach, Telefon 08442/9253-0 V.i.S.d.P.: Kilian Well E-Mail: [email protected] Redaktion: Claudia Erdenreich, Kilian Well, Hellmuth Inderwies, Lorenz Trapp Layout: Monika Lang Anzeigen: Claudia Scheid Telefon: 0 84 42 / 92 53-7 04 Erscheinungsweise: monatlich Der Pfaffenhofener erhalten Sie in der Buchhandlung Osiander, der Buchhandlung Kilgus, bei Schreibwaren Daubmeier, Schreibwaren Prechter, Tabak Bergmeister, Tabak Breitner etc. Nächste Ausgabe voraussichtlich Freitag, 16. 12. 2016 Die Ausstellung in der Städtischen Galerie wird am Freitag, 25. November, um 19.30 Uhr eröffnet. Zur Vernissage sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Anschließend kann die Ausstellung bis Sonntag, 18. Dezember, bei freiem Eintritt besucht werden. Die Städtische Galerie im Haus der Begegnung ist Montag bis Freitag von 9 bis 12 und 13.30 bis 16.30 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die U11 des MTV feiert Vorrundenmeisterschaft in Liga 1 Die U11-Fußballjunioren des MTV 1862 Pfaffenhofen sicherten sich mit dem 6:6 Unentschieden beim FC Geisenfeld die Vorrundenmeisterschaft in Liga 1 Donau / Isar, Gruppe Pfaffenhofen. Beide Mannschaften zeigten in der äußerst fairen Partie großen Einsatz und Kampfgeist. Der MTV U11 genügte ein Unentschieden zum Titelgewinn. Der FC Geisenfeld hätte bei einem Sieg selbst den Meistertitel erringen können. Somit war es ein echtes Endspiel! Gleich nach dem Abpfiff fielen sich die Spieler von Trainer und 1. MTV-Vorstand Helmut Reiter überglücklich in die Arme und feierten ihren Erfolg auf dem Spielfeld. Die zahlreichen Zuschauer waren sich einig, dass dieses Spiel eine tolle Werbung für den Fußballsport war. Beide Teams gaben alles, das Unentschieden war ein gerechtes Ergebnis. Das Trainer-Team des FC Geisenfeld gratulierte den MTVlern zum Titelgewinn. Bei 9 Spielen stehen für die Kreisstädter 7 Siege, ein Unentschieden und eine Niederlage zu Buche. Die U11 geht nun in die Hallensaison und bestreitet dabei u. a. Turniere gegen den TSV 1860 München, FC Bayern München und Würzburg. Die U11-Meistermannschaft des MTV 1862 Pfaffenhofen v.l.n.r.: Christian Beimler, Clemens Rakut, Noel Szalai, Leo Kovc, Trainer und 1. MTV-Vorstand Helmut Reiter, Andi Reiter, Vincent Jacobi. Kniend v.l.n.r.: Johann Schwarplys, Maxi Kinberger, Valentino Cabras, Niklas Thiel und Keeper Marvin Kotysch. Es fehlen: Mika Hippner und Simon Brinkmann. STADTKULTUR Freitag, 25. November 2016 S chweigend bewegen sich die Menschen in langen Schlangen über den Friedhof. Sie kommen aus Afrika, Asien, Südamerika und aus dem Alpenraum hierher, an das Grab von Bruno Gröning nach Dillenburg in Hessen. Am 26. Januar 1959 war Bruno Gröning gestorben. Heute hat er angeblich 85.000 Anhänger auf der ganzen Welt. Menschen, die verzweifelt waren, oft geplagt von schwersten Krankheiten wie Krebs oder Lähmungen. Menschen, die die Ärzte schon aufgegeben hatten. Menschen, die nach wissenschaftlichen Kriterien gar nicht mehr leben dürften. Menschen, die behaupten, auf geistigem Weg geheilt worden zu sein. Dokumentarfilm mit der Stimme von Brad Pitt Die deutsche Stimme von Brad Pitt ist zu hören. Sein Synchronsprecher Tobias Meister führt durch diesen Dokumentarfilm: „Das Phänomen der Heilung“. Ein sehr außergewöhnlicher Film, den der Freundeskreis Bruno Gröning hier im Schwesternwohnheim der Ilmtalklinik zeigt. Außergewöhnlich in vielerlei Hinsicht: Fast sechs Stunden lang dauert diese Dokumentation. Zwei Pausen unterbrechen den Film. Dann haben die Zuschauer 20 Minuten Zeit, in der Freundeskreis Bruno Gröning selbstgebackenen Kuchen, Muffins mit Pilzen und mehr als ein Dutzend verschiedener, selbst zubereiteter Speisen anbietet. Umsonst, genau wie Kaffee, Tee und kalte Getränke. Auch für den Film selbst müssen die Zuschauer nichts bezahlen. Aber sie können spenden. Darauf werden sie bei der Begrüßung und beim Abschied auch deutlich hingewiesen. „Heilstrom“: Ärzte klagten gegen Bruno Gröning Geld ist für den Freundeskreis nach eigener Darstellung nur Mittel zum guten Zweck. Die globale Organisation besteht aus Ehrenamtlichen, die aus Dankbarkeit umsonst arbeiten. Viele von ihnen haben auch allen Grund dankbar zu sein. Denn sie gehören nach eigener Einschätzung zu den Glücklichen, die den so genannten „Heilstrom“ empfangen haben und danach von schweren Krankheiten geheilt waren. Von diesem „Heilstrom“ sprach Bruno Grö- Medizinisch nicht erklärbar – Heilung auf geistigem Wege von Heinz Hollenberger ning schon zu Lebzeiten. Manchmal vor bis zu 30.000 Menschen täglich. So viele kamen zum Beispiel auf den Traberhof, einem Gestüt bei Rosenheim. Von 1949 bis 1959 war Bruno Gröning in ganz Deutschland bekannt. Zeitungen und Illustrierte wie der Stern hatten über den „Wunderheiler“ berichtet. Im Dokumentarfilm kommt unter anderem ein Journalist der Abendzeitung zu Wort, der solche „Spontanheilungen“ als Augenzeuge erlebt und beschrieben hat. Noch spannender sind zahlreiche Interviews mit Ärzten, die Heilungen nicht nur beobachtet haben, sondern auch ausführlich dokumentieren. So wie es sich Bruno Gröning schon zu Lebzeiten gewünscht hatte. Die Mediziner berichten von einem Russen, der nach Aufräumarbeiten am Reaktor von Tschernobyl sterbenskrank geworden ist. Der Film zeigt unter anderem eine Frau aus Südamerika, die nach landwirtschaftlichem Einsatz giftiger Chemikalien aus Flugzeugen Invalide auf Lebenszeit war, einen Deutschen mit unheilbarer Herzerkrankung. Sie und viele andere seien heute wieder gesund, behaupten die Ärzte in Interviews und der Film zeigt ein großes Archiv an Befunden, in denen tausende Heilungen mit schulmedizinischen Methoden dokumentiert sein sollen. Außerhalb der Freundeskreise stehende Ärzte hätten diese Krankheitsverläufe auch beobachtet und bestätigt, was nach wissenschaftlichen Kriterien nicht zu erklären ist: Dass der „Heilstrom“ gesund machen kann. Schon zu seinen Lebzeiten klagten Ärzte gegen Bruno Gröning. Laut Dokumentarfilm wollten sich zwei Schulmediziner in den 50er Jahren mit ihm zusammen tun und hohe Honorare von den behandelten Menschen verlangen. Bruno Gröning, ein gelernter Zimmermann, lehnte dieses Angebot empört ab. Er selbst soll nie Geld von den Menschen verlangt haben, denen er helfen konnte. Auch hat er sie zum Beispiel in einem Fernsehinterview immer dazu aufgefordert, die schulmedizinische Behandlung nicht abzubrechen. Trotzdem sah er sich ständigen Gerichtsklagen der Ärzteschaft ausgesetzt, ein Verfahren lief noch 1959, als er an Magenkrebs starb. Bis heute bekämpfen Schulmediziner und Standesvertreter die Bruno-Gröning-Freundeskreise. Die Gerichtsverfahren und auch der Vorwurf der Sektenbildung werden in dem Dokumentarfilm angesprochen. Eine Frau, beruflich Expertin in Sa- Der Pfaffenhofener | Seite 7 chen Sekten, erläutert, wie sie die Freundeskreise auf die gängigen Kriterien hin abgeklopft habe: Nachdem man dort kommen und gehen kann wie man will, alle Religionen und Weltanschauungen akzeptiert werden und die Mitglieder der Freundeskreise auch kein Geld zahlen müssen, kann es sich nicht um eine Sekte handeln, so ihr Urteil. Die Frau ist allerdings selbst Mitglied in einem der Bruno-Gröning-Freundeskreise. Sich innerlich auf etwas Schönes konzentrieren In ihren Freundeskreisen treffen sich die Anhänger Bruno Grönings regelmäßig, um sich „einzustellen“. Dabei nehmen sie eine bestimmte offene Sitzhaltung ein, bei der keine Beine oder Arme verschränkt werden. Die Unterarme liegen auf den Oberschenkeln und die Hände bleiben wie ein Gefäß nach oben offen. Dann konzentrieren sie sich innerlich auf etwas besonders Schönes und machen sich dafür bereit, ihre Krankheiten abzugeben. Wenn sie dabei der „Heilstrom“ trifft, berichten sie von einem Kribbeln, das durch den ganzen Körper geht. So wie es Maria Dengler erlebt hat. Sie litt 20 Jahre lang an Magenschleimhautentzündung, Kreuz- und Nackenschmerzen, Menstruationsbeschwerden. Vor 14 Jahren traf die heute 56-jährige Bäuerin auf einen Freundeskreis Bruno Grönings und seither hat sie all diese Krankheiten überwunden. „Ich habe heute mehr Kraft als je zuvor“, versichert die sympathische Frau mit der freundlichen Ausstrahlung. In Pfaffenhofen, Ilmmünster und Geisenfeld gibt es solche Freundeskreise. Die mittlerweile verstorbene Grete Häusler hatte diese Zirkel unermüdlich in der ganzen Welt verbreitet. Sie selbst hielt Bruno Gröning anfangs für einen Schwindler. 1950 ist sie dann zu einem seiner Vorträge gegangen, um sich selbst ein Bild zu machen – danach war sie nach eigenen Angaben drei unheilbare Krankheiten los. Daher hat Grete Häusler ein Leben lang die Lehre vom „göttlichen Heilstrom“ in der ganzen Welt verkündet. Eine Unterorganisation der UNO hat ihren Sohn Dieter Häusler stellvertretend für die Freundeskreise Bruno Gröning in aller Welt mit dem Peace Pole ausgezeichnet. Den Preis haben davor schon der Dalai Lama, Mutter Teresa und Papst Johannes Paul II. bekommen. ANSICHTEN Seite 8 | Der Pfaffenhofener Stillleben mit Autolack „Natura morta viva“ in der Städtischen Galerie von Claudia Erdenreich S ie wirken auf den ersten Blick wie Fotos. Erst bei näherer Betrachtung erkennt man die gemalten Werke, die mit hohen künstlerischen wie handwerklichen Fähigkeiten erstellt wurden. Der Schrobenhausener Künstler Christoph Scholter stellte im Haus der Begegnung rund ein dutzend seiner großund kleinformatigen Bilder aus, gemalt in Öl oder Aryl auf Leinwand in klassischer Technik. Bürgermeister Thomas Herker und Christoph Scholter kennen sich noch aus der Schulzeit. Der Eröffnungsabend wurde musikalisch umrahmt von Richard Gruber an der Gitarre und Claus Filser an der Geige. Richard Gruber, ein Schrobenhausener Bildhauer, übernahm auch die Einführung in das künstlerische Werk seines Freundes und Kollegen. „Natura morta“ bedeutet tote Natur. Und damit nähert sich der Künstler an die Vanitas-Stillleben des 17. und 18. Jahrhunderts an, transportiert sie in die Moderne. Weiß lackierte und damit völlig fremd wirkende Schwimmflügel sind unter seinen Werken, ein allzu bekanntes Schreibtischchaos, beliebig wirkende Party-Reste oder auf den zweiten Blick befremdlichverfremdete Barock-Szenen. Christoph Scholter, 1982 geboren, studierte an der Universität Regensburg Pädagogik, Kunstgeschichte und Kunsterziehung und anschließend freie Malerei in Nürnberg. Er gewann den Kunstförderpreis der Stadt Lauf, erhielt ein Stipendium an der Universität für angewandte Kunst in Wien, machte aber auch sein Staatsexamen für Kunst im Lehramt. Seit ganz kurzer Zeit trägt der Künstler auch einen Christoph Scholter stellte schon in Regensburg, Stuttgart und Wien aus und nun zum ersten Mal in Pfaffenhofen. Er kannte die Städtische Galerie, schätzt den „White Cube“ der Galerie ohne Bilder, die Beleuchtungsmöglichkeiten. Zur Ausstellungseröffnung kamen natürlich auch viele Schrobenhausener Künstler und Freunde. Er malt Alltagsgegenstände, die wie zufällig zusammengewürfelt wirken, doch sie sind vielfältig arrrangiert, oft nur Ausschnitte. Es sind seine eigenen Gegenstände, mit denen er sich umgibt, die er anordnet, fotografiert und malt. „Man braucht viel Erfahrung“, einfach so entstehen diese akribischen Werke keinesfalls. Sie sind meist ohne Titel, tragen nur Nummern, das lässt dem Betrachter jede Freiheit. Manche Bildoberflächen sind mit Autolack versiegelt, direkt in der Werkstatt, zusammen mit den Kotflügeln. Vom „Autolackierer meines Vertrauens“, so der Künstler lachend. Kotflügel brauchen etwa drei Lackschichten, seine Bilder bis zu acht, um so glatt zu wirken und jeden Pinselstrich auszugleichen. Die Bilder sind empfindlich, sie müssen temperiert gelagert werden, auf den klaren Oberflächen wäre jeder kleine Kratzer störend. Seine Stillleben wirken durch die Alltagsgegenstände banal und modern, teils erschreckend in ihrer Klarheit, sie entwickeln Tiefe und überraschen beim weiteren Betrachten. Eine Ausstellung, die wieder zeigte, dass die Öffnung für weitere Künstler einen großen Gewinn für die Stadt darstellt. www.scholter.net Doktortitel, seit zwei Jahren unterrichtet er zudem Kunst an einem Schrobenhausener Gymnasium. In seiner Dissertation analysierte er historische Kinderzeichnungen. „Das gibt mir viel Freiheit“, bekennt der Lehrer und Künstler, der nie plante, nur von seinen Gemälden zu leben. So kann er mit dem gesicherten Einkommen ganz ohne Zeitdruck malen, dabei nur seiner eigenen Kreativität folgen. Und das tut er intensiv, rund zehn Stunden pro Woche im eigenen Atelier. Als Künstler hat er sich mit seinem ganz eigenen Stil damit weit über regionale Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Freitag, 25. November 2016
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