Predigt vom 20. November - Hoffnungskirche zu Pankow

Evangelische Hoffnungskirchengemeinde Berlin-Pankow
PREDIGT im Gottesdienst am 20.11.2016 in der Hoffnungskirche
(Textgrundlage: Offb 21,1-7)
von Pfarrer Matthias Motter
Liebe Gemeinde,
auf einmal ist nichts mehr gut. Alles fühlt sich falsch an.
Es gibt diese Momente, die nicht sein sollen. Momente, die wir nicht erleben wollen.
Wenn der Tod in unser Leben tritt, dann ist das viel zu oft so ein Moment.
Wir sind ihm begegnet, dem Tod, in den zurückliegenden Monaten – in den Nachrichten, in
Gesprächen und viele von uns im eigenen Leben.
Viele von uns mussten Abschied nehmen von einem vertrauten, von einem geliebten
Menschen. Großeltern, Mütter, Väter, Freundinnen und Freunde und auch Kinder mussten
wir begraben.
Traurigkeit hat das Herz zugeschnürt. Unbegreiflich bleibt uns vieles.
Wir wünschen es uns anders. Das, wo unser Herz schreit und sagt: Das soll nicht sein. Das
kann doch nicht alles sein. So vieles wünschen wir uns anders.
Ich habe es gesehen, es wird anders! So spricht einer in unsere Dunkelheit hinein. Wir haben
seine Worte vorhin in der ersten Lesung gehört. Im Buch der Offenbarung schreibt uns der
Seher Johannes von seiner Vision einer ganz anderen Welt.
Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Ich habe es gesehen, es wird alles anders, neu, heil! so klingt es aus diesen Worten des Johannes.
Gott wohnt bei den Menschen. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach:
Siehe da, das Zelt Gottes bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker
sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein;
Gott
mit
den
Menschen
zusammen.
Nie
mehr
dieses
schreckliche
Gefühl
der
Gottverlassenheit, nie mehr die Frage, warum dieser Gott manchmal so fern, so unbegreiflich
scheint.
Wie sehr wünsche ich mir das oft genug schon jetzt. Nicht mehr fassungslos vor dem
Unbegreiflichen stehen. Am Totenbett eines vertrauten und geliebten Menschen. Nicht mehr
ohne Worte und ohnmächtig an der Seite eines Menschen, dem ich in seiner Traurigkeit und
Verzweiflung nichts mehr geben kann als meine schlichte Anwesenheit. Da wünsche ich mir
einen Gott, der die Tränen abwischt von den Augen, einen Gott der sagt: der Tod ist nicht mehr.
Ich habe es gesehen, sagt Johannes: Er selbst, [der Gott, der den Namen trägt:] Gott mit ihnen,
wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht
mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein;
Wir wissen, dass es kein Leben ohne Leid und Schmerz gibt. Das kann einen zur Verzweiflung
bringen oder gleichgültig machen. Aber es ist diese Vision wie das Licht einer kleinen Kerze in
der Dunkelheit: Es kann die Dunkelheit nicht ganz vertreiben. Aber es zeugt davon, dass die
Dunkelheit nicht alles ist. Und dieses Licht, diese Vision sagt uns, dass das, was wir in dieser
Welt erleben und sehen nicht das Einzige und Letzte ist. Das ist Hoffnung gegen die
Verzweiflung, das ist Zuversicht gegen die Gleichgültigkeit.
Wie gut, daran glauben zu können. Wie gut, trotzig festhalten zu können gegen nur
vermeintlich Stärkeres an dem, was an dem kleinen Wunderbaren, das schon jetzt da ist –
daran festhalten zu können im Vertrauen darauf, dass da noch viel mehr Wunderbares
kommt. Wie gut auch, wenn es andere gibt an meiner Seite, in meiner Familie, in meiner
Gemeinde, die dann, wenn ich selbst diese Glaubenskraft nicht mehr habe, für mich glauben.
Wie gut, dass Gottes Macht und Liebe nicht von unserem Glauben abhängt.
Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott, so sagt es uns Johannes. Ich,
Gott, gehe allem voraus. Dass es diese Welt gibt, dass es jeden einzelnen Menschen gibt, das
ist kein Zufall, das geschieht nicht ohne Sinn, das kommt von mir. Ich bin das A, der Anfang.
Und ich bin das Omega, das Z, das Ende – nein, besser: die Vollendung, die Vollkommenheit.
Ich, dein Gott, werde vollenden, was in der Welt unvollendet geblieben ist. Und die
Unvollkommenheit der Welt werde ich verwandeln in Vollkommenheit.
Und alles wird gut.
Johannes hat eine Vision von dem, was eigentlich unvorstellbar ist. Eine Vision aber, die
glaubbar wurde für die, die im Licht des Ostermorgens spürten: Gottes Liebe ist stärker als
der Tod. Es ist Jesus Christus, der sagt: Ich lebe – und ihr sollt auch leben (Joh 14,19)
Unser Glaube kann zur Lebenskraft werden. Dieser Glaube kann das Leben, kann die Welt
verändern. Und da kann manches, was wir uns anders wünschen, wirklich anders werden.
Schon jetzt. Und dereinst wird es anders in Vollkommenheit.
Amen.
Es gilt das gesprochene Wort.