PHARMA CHRONISCHE HERZINSUFFIZIENZ Bilanz nach einem Jahr mit ARNI Sacubitril/Valsartan ist bereits kurz nach der Zulassung in die Leitlinien aufgenommen worden. Ein übergreifendes Studienprogramm soll nun die Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen belegen. eit rund einem Jahr steht mit dem Angiotensin-RezeptorNeprilysin-Inhibitor (ARNI) Sacubitril/Valsartan (Entresto®) ein neues Therapieprinzip für die Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) zur Verfügung, das die Mortalität im Vergleich zum Goldstandard ACE-Hemmer noch einmal um 20 % reduziert. Europäische und US-Kardiologen haben den ARNI bereits in ihre Herzinsuffizienz-Leitlinien integriert. Zentraler Prozess in der Pathogenese der HFrEF ist die Überaktivierung der neurohumoralen Systeme RAS und Sympathikus. Entsprechend stellt deren Blockade durch RAS-Inhibitoren und Betablocker das Rückgrat der prognoseverbessernden Therapie dar, erläuterte Prof. Norbert Frey, Universitätsklinikum Kiel. Der ARNI fügt einen weiteren günstigen Mechanismus hinzu: Die beiden in Sacubitril/ Valsartan zu einem supramolekularen Komplex zusammengekoppelten Wirkstoffe kombinieren die Blockade des AT1-Rezeptors mit der Inhibition des Enzyms Neprilysin, wodurch die Spiegel kardio-, vaso- und nephroprotektiver natriuretischer Peptide steigen. In der Zulassungsstudie PARADIGM-HF (1) wurde der ARNI mit dem ACE-Hemmer Enalapril verglichen und zeigte sich in allen relevanten Endpunkten inklusive Gesamt- und Herzkreislaufsterblichkeit (bei beiden: relative Risikoreduktion 20 %, p < 0,001) überlegen. Die Detailanalyse ergab für alle präspezifizierten Subgruppen (Alter, Geschlecht, NYHA-Klasse, Nierenfunktion, Diabetes, Vormedikation) einen Benefit durch Sacubitril/Valsartan. Zudem verbesserten sich Symptomatik und Lebensqualität. Die Erfahrung in der Praxis lehrt, dass diese Effekte sehr S A 2174 schnell einsetzen, berichtete Frey. Das American College of Cardiology hat daraufhin ein Update seiner Herzinsuffizienz-Leitlinie (2) veröffentlicht, in dem es den ARNI als Alternative zum ACE-Hemmer oder AT1-Antagonist benennt, der gewählt werden kann, „um Mortalität und Morbidität weiter zu senken“. Ganz so weit gehen die Europäer nicht, auch wenn die EMA-Zulassung (3) den Einsatz von Sacubitril/ Valsartan nicht auf vortherapierte Patienten beschränkt, sondern ihn grundsätzlich bei allen symptomatischen HFrEF-Patienten ermöglicht. Nicht mit weiterem RAS-Inhibitor kombinieren Die Leitlinie der European Society for Cardiology (4) empfiehlt den ARNI für Patienten, die trotz optimaler medikamentöser Standardtherapie (RAS-Inhibitor, Betablocker und Aldosteron-Antagonist) weiter Symptome zeigen. Dabei ist von zentraler Bedeutung, dass der ARNI keinesfalls mit einem weiteren RAS-Inhibitor kombiniert werden darf, weil dies das Nebenwirkungsrisiko erhöht, betonte Frey. Vielmehr müssen zwischen der letzten ACE-Hemmer-Einnahme und der ersten ARNI-Dosis mindestens 36 Stunden liegen. Vom AT1-Antagonisten kann dagegen direkt umgestellt werden. Obligat sind Kontrollen von Blutdruck (Sacubitril/Valsartan kann Hypotonien auslösen, auch wenn sie meist nicht zum Therapieabbruch zwingen), Kaliumspiegel und renale Funktionsparameter nach jeder Dosiserhöhung sowie alle drei Monate bei stabiler Therapie. Hinsichtlich der Nierenfunktion scheint der ARNI jedoch eher günstig zu wirken: Ein relevanter Kreatinin-Anstieg wurde seltener beobachtet als unter Enalapril, und signifikant weniger Patienten mussten die Medikation aufgrund renaler Probleme beenden (0,7 % versus 1,4 %, p = 0,002). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte in seiner ersten Bewertung der Sacubitril-Valsartan-Kombination im April 2016 „Hinweise auf einen beträchtlichen Zusatznutzen“ bescheinigt. Eine ergänzende IQWiG-Bewertung, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Auftrag gegeben wurde, relativierte diese Aussage später. Diabetiker müssten differenziert betrachtet werden, hieß es darin. So gebe es für herzinsuffiziente Diabetiker lediglich „Hinweise auf einen geringen Zusatznutzen“. Nur für Patienten ohne Diabetes sei dieser beträchtlich. In seiner abschließenden Nutzenbewertung vom 16. Juni war der G-BA dieser Einschätzung des IQWiG gefolgt. Novartis hat bereits ein übergreifendes Studienprogramm zu seinem neuen Präparat gestartet. Unter dem Namen FortiHFy, der sich von „Fortifying Heart Failure clinical evidence and patient quality of life” ableitet, sollen über 40 Studien zusammengefasst werden. Teilweise laufen diese bereits, teilweise befinden sie sich in Planung. Der Schweizer Pharmakonzern verspricht sich davon Wirksamkeitsbelege unter Alltagsbedingungen. ▄ Manuela Arand LITERATUR 1. McMurray JJV, et al.: NEJM 2014; 371: 993–1004. 2. Yancy CW, et al.: JACC 2016; 68: 1476–88. ® 3. Fachinformation Entresto , Stand Juni 2016. 4. Ponikowski P, et al.: Eur Heart J 2016; 37: 2129–200. Quelle: Pressekonferenz „ESC 2016: Einblicke und Ausblicke bei der Behandlung der chronischen ® Herzinsuffizienz mit Entresto “, Rom, Veranstalter: Novartis Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 47 | 25. November 2016
© Copyright 2024 ExpyDoc