Großmacht Russland: Der Getreideexport

Großmacht
Russland:
Getreideexport
Der
[von Dr. Christian Wipperfürth] Russlands Getreideausfuhr
steigt deutlich an. Dies spült nicht nur Milliarden in die
Kassen, sondern
Einfluss.
sichert
mittlerweile
auch
politischen
Russland und die Ukraine spielten noch um die Jahrtausendwende
als Weizenexporteure nur eine untergeordnete Rolle. Sie
stellten zusammen unter 5% der weltweiten Ausfuhren. In den
darauffolgenden zehn Jahren wuchsen ihre Exporte deutlich an.
Russland bekundete 2009 seine Absicht, in den folgenden
Jahren zum zweitgrößten Getreideexporteur der Welt zu werden.
2009 stand Russland an vierter Stelle, ebenso wie 2012. –
Deutschland war in diesem Jahr übrigens der achtwichtigste
Weizenexporteur weltweit. –
Auch während der Exportsaison 2014/15 stand Russland an
vierter Stelle, im darauf folgenden Jahr rückte Russland an
die zweite Position. Gegenwärtig ist Russland sogar Nummer
eins, erstmals in der Geschichte – wenn man von der Zarenzeit
absieht.
Russland fuhr 2016 die größte Getreideernte seiner Geschichte
ein. Auch die Mais- und Gersteexporte stiegen in den
vergangenen Jahren deutlich an. Sie verdoppelten sich seit
2012. Weizen bleibt weltweit als das meisten gehandelte
landwirtschaftliche Gut dabei von besonderer Bedeutung. Dies
liegt zum einen an der starken Konzentration auf nur wenige
Exportländer. Die ersten sechs stellen 78% der gesamten
weltweiten Ausfuhr zur Verfügung. Zum anderen gibt es einige
Länder, deren politische Stabilität an hohen Weizenimporten
hängt. Hierzu zählt insbesondere Ägypten, der mit 11,5 Mio. t
größte Weizenimporteur. Im Land am Nil kam es in der
Vergangenheit mehrfach zu ernsthaften Unruhen, weil der Brot-,
also Weizenpreis anstieg.
Umso bemerkenswerter ist das ägyptische Verhalten in diesem
August: Das Land verlangte nunmehr, dass Weizenimporte zu 100%
frei von sog. „Mutterkornpilzen“ sein müssten. Zuvor hatte
Ägypten eine Infektionsrate von 0,05% akzeptiert, wie
international üblich. Dies war ein bemerkenswerter Affront,
denn der Kairobesuch Präsident Putins lag erst kurze Zeit
zurück.
(Zur Auflockerung der Stimmung: Hören Sie sich an, wie
urkomisch schief die ägyptische Staatskapelle die russische
Nationalhymne zu Putins Empfang gespielt hat . Mit der
französischen hatte sie auch nicht mehr Glück …
).
Mutterkornpilze gelten in sehr kleinen Dosen als unbedenklich,
in größeren Mengen bewirken sie LSD-ähnliche Halluzinationen.
Sie dürften im antiken Griechenland und in der germanischen
Kultur genau zu diesem Zweck bei bestimmten rituellen Anlässen
eingesetzt worden sein.
Die ägyptischen Vorgaben kamen einem Importverbot gleich.
Handelte es sich um einen Irrtum? Wollte Kairo Russland, den
wichtigsten Lieferanten, in der Syrienfrage unter Druck
setzen? Wollte Kairo seinen Unwillen zeigen, weil Moskau
nachdrücklich seine Bereitschaft erklärt hatte, den
Ministerpräsidenten Israels und den Präsidenten Ägyptens nach
Moskau einzuladen, um den Nahostfrieden voranzubringen? Wie
dem auch sei: Russland versuchte zunächst eine gütliche
Einigung. Die Präsidenten Russlands und Ägyptens führten am
Rande des G20-Gipfels in China ein Gespräch, bei dem es mit
Sicherheit auch um die Weizenexporte ging.
Kairo versuchte aber weiterhin, seinen Handlungsspielraum
gegenüber Moskau auszutesten. Oder handelte es sich um einen
innerägyptischen Konflikt? Ende September verhängte Moskau als
Gegenmaßnahme schließlich ein Importverbot für Früchte und
Gemüse aus Ägypten. Russland war der wichtigste Auslandsmarkt
für ägyptische Apfelsinen. Das Land ist der zweitgrößte
Exporteur dieser Südfrucht. Bereits fünf Tage darauf nahm
Ägypten von der Neuregelung wieder Abstand und kehrte zu den
international üblichen Gepflogenheiten zurück. Russland
lockerte daraufhin seine Importbeschränkungen, sie wurden
jedoch nicht gänzlich aufgehoben.
Kurz darauf, im Oktober, gab es Anzeichen, dass Russland eine
Militärbasis in Ägypten einrichten könnte. Eine Realisierung
halte ich für unwahrscheinlich. Moskau ventilierte den
Gedanken, um Damaskus eine mögliche Alternative zu den
Stützpunkten in Syrien vor Augen zu führen. Moskau will sowohl
gegenüber Damaskus als auch Kairo unmissverständlich deutlich
machen, wer Koch und wer Kellner ist.
Die Stellung Russlands als wichtigster Weizenexporteur erhöht
die entsprechenden Möglichkeiten Moskaus.
Quelle der Graphiken:
1. http://www.agrarberatung-hessen.de/markt/aktuell/0101_20
08q2/01012008052001.html
2. N a c h :
Statista,
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/262309/um
frage/groesste-weizenexporteure-weltweit/