CLASS: aktuell - CLASS - Association of Classical Independents in

2 0 16 / N r. 4
CLASS : aktuell
Association of Classical Independents in Germany
„Emotions“
Kirill Troussov und Alexandra Troussova
Maria Bengtsson zeichnet Mozarts große Charaktere | Angela Hewitt Neuinterpretation der
Goldbergvariationen |
Gerhild Romberger und Alfredo Pearl Mahlers Klavierlieder intensiv |
Johannes Monno Lautenwerke von Johann Sebastian Bach | Johannes Moser und Andrei
Korobeinikov spielen Rachmaninoff und Prokofieff | Armoniosa mit Giovanni Benedetto Platti
Beethoven
www.mdg.de
„Hervorragend gelungen und hält jedem Vergleich stand.
Das Quartett präsentiert Beethoven,
wie er auf Portraits oft dreinblickt: wild, ernst, mit Schalk
und einer Prise Wahnsinn im Nacken.“ ( Fonoforum)
Ludwig van Beethoven
Sämliche
Streichquartette und
Streichquintette
Barbara Buntrock, Viola
Leipziger Streichquartett
MDG 307 1983-2
(10 CDs )
„Das Ergebnis ist
in Sachen
Klangschönheit
kaum zu übertreffen
und ist über
weite Strecken
umwerfend.“
( klassik.com)
Beispielhaft.
Nichts ist hier auf
Effekt getrimmt.
Der Klang des
Ensembles ist weich
und äußerst
homogen,
Akzente werden
sicher und
mit leichter Hand
platziert,
die Tempi sind
organisch flüssig.
Großartiger Klang.“
( Klassik heute)
„Diese Sensibilität
macht den
Leipzigern plus Gast
so schnell
niemand nach.“
( hifi & records)
Musikproduktion Dabringhaus und Grimm
Bachstraße 35 · 32756 Detmold · Telefon: 05231 – 93890 · [email protected] · www.mdg.de
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Gramola Wien · www.gramola.at · MusiKontakt Zürich · www.musikontakt.ch
CLASS : aktuell
Class: aktuell 4 / 2016
Inhalt
4 Musikalische Sternstunde
Jahrhundertelang vertraten Dichter und Denker die Meinung, dass es sich bei
der Musik um eine Art Sprache handeln müsse – eine Sprache diesseits oder jenseits
der Worte. Die dabei gewählten Umschreibungen von Musik zeigen jedoch eine
gewisse Spannbreite zwischen der „Sprache der Engel“ (Thomas Carlyle), der
„Sprache der Menschheit“ (Longfellow) und der „Sprache der Seele“ (Giora Feidman).
Der Philosoph Kant sah in der Musik die Sprache der Affekte. Der Komponist
Wagner verstand sie als Sprache des Herzens. Der Sänger Sven Regener nannte sie
die Sprache der Welt. So ganz einig scheint man sich da nicht zu sein.
Frank Peter Zimmermann mit
Beethovens Violinkonzert
5 Emotions, das neue Album von
Kirill Troussov und Alexandra Troussova
6 Nostalgische Tänze
Pina Napolitano spielt Schönberg,
Bartók und Krenek
7 Händel und die Macht der Musik
BR Klassik setzt seine erfolgreichen
Hörbiografien fort
8 Von katalytischer Reinheit
Armoniosa präsentiert Werke von Platti
9 Zweite Auseinandersetzung
Angela Hewitts Neuinterpretation der
Goldbergvariationen
Was sagt die Terz?
Letzteres könnte daran liegen, dass noch niemand die Sprache der Musik wirklich
übersetzt hat. Es gibt kein Wörterbuch „Musik – Deutsch“. Zwar können wir
heute auch sehr fremdartige Sprachen verstehen, etwa solche, die den stimmlosen
glottalen Plosiv (vulgo: Knacklaut) oder den stimmhaften gutturalen Frikativ
(vulgo: Rachenlaut) kennen. Aber niemand vermag zu sagen, was eine aufsteigende
Terz in Worten bedeutet, was ein Übergang von Dur nach Moll uns „mitteilen“
will oder wie man einen Quintsextakkord in klare deutsche Prosa übersetzt. Ganz zu
schweigen davon, dass jemand die Geschichte erzählen könnte, die in einem
Sonatenhauptsatz steckt.
Nicht dass es nicht versucht worden wäre! Schon Robert Schumann machte sich
über jene Enthusiasten lustig, die in der Interpretation und „Übersetzung“ von
Beethovens Musik miteinander wetteiferten. Speziell Beethovens Neunte hatte es
damals den Musikexegeten angetan. Sie sei eine Darstellung der verschiedenen
literarischen Gattungen, meinten die einen, eine Nacherzählung der fünf Bücher
Mose, so die anderen, und wieder andere hörten in ihr ein Bekenntnis zum
Deutschtum. In neuerer Zeit wurde der erste Satz der Neunten sogar als Fantasie
eines Sexualmords übersetzt oder als Prophezeiung der Nazi-Luftangriffe auf
London. Man muss Beethoven wirklich dankbar dafür sein, dass er wenigstens
bei seiner Sechsten vermerkte, was er sich bei der Musik gedacht hat. Der vierte
Satz („Gewitter, Sturm“) ist definitiv nicht Dantes Inferno.
Kennen Sie das, wenn man ein Buch zum zweiten Mal liest und plötzlich ganz
andere Botschaften, Fragen und Antworten daraus mitnimmt als beim ersten Mal?
Nicht das Buch hat sich verändert, sondern der Mensch, der es liest. So ähnlich
verhält es sich mit der Musik. Ein vertrautes Musikstück ist wie ein guter, alter
Freund, den man hin und wieder trifft und mit dem man sich immer wieder etwas
Neues zu sagen hat. Wenn Musik „spricht“, dann nur im Dialog mit dem Hörer.
Und wenn wir zu mehreren ein Musikstück erleben, etwa im Konzert, dann
„sprechen“ wir irgendwie alle miteinander durch die Musik. Sie ist wie ein Spiegel
unserer Gehirne, ein Modell für Kommunikation und Bewusstsein, Koexistenz und
Wandel. In der Musik spricht der Mensch vom Menschsein.
10 Eine besondere Beziehung
Johannes Monno spielt Lautenwerke
von J.S. Bach
11 Sympathisch und fein ausgehört
Maria Bengtsson mit Arien von Mozart
12 Liebst Du um Schönheit...
Mahlers Klavierlieder in hochkarätiger
Neueinspielung
13 Von Böhmen nach Venedig
Fagott- und Oboenkonzerte von Jiránèk
14 Schumannia – Feuerwerk und
Flammenzauber
Guido Schiefen und Markus Kreul
brennen für Schumann
15 Leidenschaft für J.S. Bach
Ann-Helena Schlüters Sicht auf das
Wohltemperierte Klavier
16 Kontrast und Konsens
Johannes Moser mit Cellowerken
von Rachmaninoff und Prokofieff
17 Mein Vaterland
Das Klavierduo Trenkner Speidel spielt
Smetanas Originalversion
18 Mehr als nur „Sohn“ C.P.E. Bach
Sonderausgabe aller
Hänssler Classic Aufnahmen
19 Josef Suks Klavierkompositionen
eingespielt von Karl-Andreas Kolly
20 Alle Jahre wieder!
Weihnachtsempfehlungen von CLASS
24 Klassik: XL! Bravi! Bravissimi!
Ein ECHO Klassik-Preisträgerkonzert
für die UdK Berlin
28 Im Blickpunkt
Neuheiten vorgestellt von CLASS
Impressum
Herausgeber/Verlag:
CLASS e.V.
Association of Classical Independents in Germany
Bachstraße 35, 32756 Detmold
Tel. 05231- 938922
[email protected]
Redakteur (v.i.S.d.P): Dr. Rainer Kahleyss
Anzeigen: Gabriele Niederreiter
Grafische Gestaltung: Ottilie Gaigl
Druck: Westermann Druck, Braunschweig
In diesem Sinne,
Ihr
Hans-Jürgen Schaal
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die
Meinung der Redaktion wieder.
Druckauflage: 126.300
3. Quartal 2016
ISSN: 2195-0172
Titel-Foto: Marco Borggreve
Ausgabe 2016 /4
3
geprüfte Auflage
Alle Tonträger dieser Ausgabe finden Sie auch unter
www.bielekat.de
CLASS : aktuell
Sternstunde zum Nachhören
E
s sind nur vier leise Paukenschläge. Man
könnte sie wohl leicht überhören. Doch
sie leiten ein Werk ein, das zum Proto­
typen einer ganzen Gattung wurde. Ludwig van
Beethovens Violinkonzert ist ohne Zweifel eines
der wichtigsten Werke der Musikgeschichte.
Und die vier Töne auf der Pauke sind die vier
wichtigsten, die für dieses Instrument geschrieben wurden. Denn das vermeintlich kurze Paukenmotiv bildet in Wahrheit die Basis für den
gesamten ersten Satz.
Was für ein Affront für den Solisten. Hier
wird deutlich gemacht: Du spielst zwar hier die
erste Geige, aber Du hast Dich trotzdem der
musikalischen Struktur unterzuordnen. Nicht
jeder Solist überzeugt in diesem Werk. Und so
darf man Frank Peter Zimmermann ebenso als
Glücksfall für dieses Stück ansehen wie Dirigent
Bernard Haitink. Beide sind schließlich Meister
ihres Fachs aber eben auch zwei Künstler, die
das Understatement zur Kunst erhoben haben.
Wie gut das dieser Musik tut, ist kaum zu
ermessen. Aber es ist zu hören! Und das gilt auch
für das restliche Programm: Webers „Euryanthe“Ouvertüre wird mit spritziger Leichtigkeit gegeben, und Brahms‘ erste Sinfonie erfährt unter
Haitink eine derart hingebungsvolle Darbietung,
bei der so viel Demut gegenüber diesem großen
Werk spürbar wird, dass sich diese Aufnahme
wohltuend abhebt von den vielen unangebracht
pompösen Werkwiedergaben, unter denen dieses
Stück so oft zu leiden hat.
Ein Programm also, das man sich kaum
schöner interpretiert vorstellen kann. Wenn die
Klangschönheit von Frank Peter Zimmermanns
berühmter „Lady Inchiquin“-Stradivari auf den
samtig-dunklen Klang der Staatskapelle Dresden
trifft, und all das unter der rundum werkdien­
lichen Leitung von Maestro Haitink, dann weiß
man, dass es sie noch gibt, die echten KlassikSternstunden!
René Brinkmann
Carl Maria von Weber
Ouvertüre zur Oper »Oberon«
Ludwig van Beethoven:
Konzert D-Dur op. 61 für Violine
und Orchester
Johannes Brahms
Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68
Frank Peter Zimmermann
Staatskapelle Dresden, Bernard Hatink
Profil Edition Günter Hänssler
PH09036 (2 CDs)
4
Ausgabe 2016/4
Fotos: © Harald Hoffmann (l.), Matthias Creutziger (r.)
Obwohl diese CD des Labels Profil ein breites Programm anbietet, steht natürlich
ein Werk ganz besonders im Mittelpunkt: Beethovens Violinkonzert, hier
interpretiert von Frank Peter Zimmermann, einem der besten Violinisten unserer Zeit.
CLASS : aktuell
Aktuelle Konzerte:
04. 12. 2016 Tonhalle Zürich
09. 12. 2016 Fürstenhaus Weimar
16. 12. 2016 Flagey, Brüssel
25.12. 2016 Philharmonie Berlin
„Durch gemeinsames
musikalisches Erleben enstehen
starke Emotionen –
es ist das größte Geschenk
sie mit den Menschen auf der
ganzen Welt teilen zu dürfen.“
26. 12. 2016 Französischer Dom Berlin
27. 12. 2016 Gewandhaus Leipzig
28. 12. 2016 Gewandhaus Leipzig
31. 12. 2016 Konzerthaus Berlin
01. 01. 2017 Gewandhaus Leipzig
15. 01. 2017 Tonhalle Zürich
20. 01. 2017 CD-Präsentation „Emotions“
Ludwig Beck, München
03. 02. 2017 Franz Liszt Music Academy,
Budapest
www.troussov.com
Aufwühlend emotional
Das neue Album
von Kirill Troussov und Alexandra Troussova
Fotos: © Marco Borggreve
M
it „Memories“ und einem bravourösen russischen Recitalprogramm feierten Kirill und Alexandra Troussov
ihr Debüt bei MDG, jetzt wird ein
Album mit französischem Repertoire nachgelegt,
in dessen Zentrum die weltweit gefeierten Künstler
die große Violinsonate von César Franck stellen.
Seit Kindertagen musizieren die Geschwister
gemeinsam. Die blinde Vertrautheit mit dem jeweils Anderen erlaubt agogische Freiheiten, die
dieses Gipfelwerk romantischer Kammermusik
hier um eine neue Dimension erweitern. Mit der
berühmten „Brodsky“-Stradivari, auf der seinerzeit Tschaikowskys Violinkonzert aus der Taufe
gehoben wurde, und dem legendären SteinwayKonzertflügel „Manfred Bürki“ von 1901 ist ein
weiteres Dream Team mit am Ball.
Und das sorgt für aufregende Momente:
Schon Francks „Mélancolie“, die das Programm
eröffnet, lässt mit unerhörtem Farbenreichtum
aufhorchen. Dass diese Preziose ähnlich wie das
sich anschließende „Andantino quietoso“ kaum
jemals irgendwo auf dem Programmzettel steht,
erscheint nach dem Auftritt der Geschwister
Troussov völlig unverständlich – eine absolut
lohnende Entdeckung!
Emotions Werke für Violine und Klavier
von César Franck (1822 -1890)
und Maurice Ravel (1875 -1937)
Kirill Troussov, Violine
Alexandra Troussova, Klavier
MDG 903 1984-6 (Hybrid-SACD)
Aufwühlend und emotional geht es mit Francks
Sonate weiter – da sind die unglaublichen dynamischen Steigerungen schon im ersten Satz, oder
erst das packende Allegro des zweiten Satzes!
Dass bei aller dramatischen Intensität die Interpretation der Troussovs immer transparent bleibt,
zeigt die große Klasse der beiden Künstler, die
auch die luzide Luftigkeit im ersten Satz von
Maurice Ravels Sonate zum Leuchten bringt.
Geradezu improvisiert wirkt dann Ravels
„Blues“ – und kommt damit der südstaatlichen
Ausgabe 2016/4
5
Weitere Einspielung:
Memories Werke für Violine und Klavier von
Prokofieff, Rachmaninoff, Schnittke,
Shchedrin, Shostakovich, Khatchaturian
und Tschaikowsky
MDG 603 1903-2
Stilvorlage, inklusive Banjoimitat, besonders nahe.
Und wie die beiden zum krönenden Abschluss
die populäre „Tzigane“ vom vordergründigen
Virtuosenfutter in ein kostbares Stück Kammermusik verwandeln, ist absolut hörenswert –
und dank feinster SACD-Wiedergabe hautnah
und fesselnd im 3D Klang zu erleben.
Lisa Eranos
Foto: © Tommaso Tuzj
CLASS : aktuell
Elegy
Arnold Schönberg (1874 -1951)
Klavierkonzert op. 42 &
Begleitungsmusik zu einer
Lichtspielscene op. 34
Bela Bartók (1881 -1945)
Klavierkonzert Nr. 3
Ernst Krenek (1900 -1991)
„Symphonic Elegy“
Pina Napolitano, Klavier
Liepa- ja Symphony Orchestra,
Atvars Lakstı-gala, Ltg.
www.pinanapolitano.com
Odradek 028339
„Nostalgische Tänze“
D
ie Begeisterung der italienischen Pianistin Pina Napolitano für Schönberg
begann schon sehr früh. Mit 12 Jahren
kaufte Pina eine CD mit einem romantischen Konzert und fand darauf als Begleitstück
das Klavierkonzert von Schönberg. Es war die
erste Musik von Schönberg, die Pina hörte, und
sie war sofort fasziniert.
Viele sehen Schönberg noch heute als trockene,
intellektuelle, ernste Person, aber Pina Napolitano
erkennt in seiner Musik eine Verbindung zwischen
mentaler Strenge und sanfteren Eigenschaften wie
Wärme und Ausdrucksstärke. Diese Charakteristika durchziehen Pina Napolitanos neue Einspielung, in der das Schönberg-Klavierkonzert
gekoppelt ist an Bartóks Drittes Klavierkonzert,
neben Schönbergs Begleitmusik zu einer Lichtspielszene und Kreneks Symphonischer Elegie.
Als Kriegsfolge im Exil bringen drei Komponisten ihre Trauer um die zurückgelassene Welt
zum Ausdruck, um die verlorenen Leben und
sogar ihre eigene Sterblichkeit, gemildert durch
ihre neuen Erfahrungen in Amerika.
„Melodische
Zwölftonmusik“
Während Pina Napolitano an den Konzerten
von Schönberg und Bartók arbeitete, tauchten
zwischen diesen zunehmend Parallelen auf. Beide
Werke verströmen ein Gefühl von elegischer
Nostalgie, teilweise durch den Einsatz von Tanzstilen, die mit der retrospektiven Eigenschaft der
Musik kontrastieren, sie gleichzeitig steigern und
ihnen eine bittersüße Zartheit verleihen.
Bei Schönberg unterstreicht Pina die wienerischen Walzerfiguren, die durch das gesamte
6
Ausgabe 2016/4
Werk tanzen. Bei Bartók finden sich im ersten
Satz Volkstänze und im letzten Satz Annäherungen
an Walzer- und Barocktänze, dazwischen im
zweiten Satz eine Huldigung an die Natur.
Für Pina Napolitano ist der letzte Satz von
Bartóks Konzert, mit dem diese Aufnahme abschließt, besonders bewegend. Geschrieben gegen
Ende seines Lebens, ist es nichtsdestoweniger
eine Hymne auf das Leben: ein Lobgesang auf
Glück und Dankbarkeit. Im Streit zwischen
Nostalgie und Tanz gewinnt der Tanz.
Pina Napolitanos’ Interpretation drückt Pathos
und Verlust aus, lässt jedoch durch die Tränen
auch Freude aufkommen. Eine bewegende Einspielung mit einem faszinierenden Programm.
Philip Krippendorff
WERGO
CLASS : aktuell
WER 73492 (CD)
Fotos: © Thomas Becker
Jetzt neu bei WERGO
Pēteris Vasks
Flute Concerto | Symphony No. 3
Dita Krenberga: Flöte / Liepāja Symphony
¯
Orchestra / Atvars Lakstigala:
Leitung
Daniela Röder (Tontechnik), Bernhard Neuhoff (Redaktion und Regie), Jörg Handstein (Autor)
WER 73562 (CD)
Produktion: WDR
Ein Mann lebt seinen Traum
Mit den spannenden Hörbiografien zum Leben bekannter Komponisten hat
BR-Klassik, das Label des Bayerischen Rundfunks erfolgreich eine Marktlücke besetzt.
Sämtliche Ausgaben der Reihe wurden zu Bestsellern, und nun folgt Händel!
Walter Zimmermann
Voces abandonadas
Voces abandonadas / The Missing Nail
at the River / Blaupause / Blueprint /
Romanska Bågar / Aimide
A
Nicolas Hodges: Klavier
mit Ersteinspielungen
WER 73362 (CD)
Produktion: ORF/Ö1,
BR, SWR
m Anfang mag man es kaum glauben,
dass aus diesem kleinen Jungen einst
der Komponist werden sollte, über den
Beethoven sagte: „Händel ist der größte Komponist, der je gelebt hat. Ich würde mein Haupt
entblößen und an seinem Grabe niederknien.“
Doch ja, hier sind wir mitten drin in Händels
Kindheit: Ein kleiner Junge in einer kleinen Stadt.
Die Musik zog ihn magisch an, und bald zieht
er aus in die weite Welt, in südliche Gefilde, von
denen sich die Musiker wahre Wunderdinge erzählen. Er lebt in glänzenden Palästen, erschafft
BR Klassik 900911 (3 CDs)
nie zuvor gehörte Klänge, doch eines Tages geht
er zurück und erobert die größte Stadt des Nordens mit seiner Musik: London!
Ja, Händels beispielloser Aufstieg hat etwas
märchenhaftes, aber er ist auch die Erfolgsstory
eines genialen Künstlers, der sich in einer schon
damals knallharten Geschäftswelt behauptet:
Launische Kastraten und eitle Primadonnen,
exzentrische Lords und unnahbare Königinnen,
Musiknarren und Opernfeinde bevölkern die
damals aufregendste Kulturmetropole.
Die neue Hörbiografie von Jörg Handstein
verfolgt Händels Weg durch diese faszinierende
Welt – und erschließt sein Werk auch jenseits
der Hits und Hallelujas. René Brinkmann
Hans Zender
¿Adónde? Wohin?
4 Canciones nach Juan de la Cruz
¿Adónde? Wohin? / Oh Bosques | O Wälder /
¿Por qué? Warum? / Oh Cristalina ...
Angelika Luz: Sopran / Ernst Kovacic: Violine /
Klangforum Wien / Chor des Bayerischen Rundfunks / Symphonieorchester des Bayerischen
Rundfunks / SWR Vokalensemble Stuttgart /
SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und
Freiburg / Sylvain Cambreling, Susanna Mälkki,
Marcus Creed, Emilio Pomàrico: Leitung
mit Ersteinspielungen
Udo Wachtveitl (Erzähler)
Ausgabe 2016/4
7
Fordern Sie bitte unseren Katalog an!
WERGO, Weihergarten 5, 55116 Mainz, Deutschland
[email protected] | www.wergo.de
www.armoniosa.net
Francesco Cerrato
Mit katalytischer Reinheit
Armoniosa präsentiert Giovanni Benedetto Platti
M
it der Gesamteinspielung von Vivaldis
„La Stravaganza“ hat Armoniosa
ein fulminantes Debüt hingelegt.
Für ihre neueste Produktion fokussieren sich die jungen Italiener auf ihre Stammbesetzung. Und auch wenn „Triosonate“ auf dem
Titel steht, so offenbart sich doch bald eine faustdicke Überraschung: Entgegen aller Konvention
besetzt Giovanni Benedetto Platti das zweite Soloinstrument seiner Sonaten mit dem Cello statt
einer zweiten Geige – und sorgt damit für ein
frisches Hörerlebnis jenseits des Gewohnten.
Giovanni Benedetto Platti (ca. 1697-1763)
6 Triosonaten für Violine, Violoncello
und Continuo
Armoniosa
Schon der Anfang der g-Moll-Sonate führt mit
satten dunklen Klängen von Solo- und Continuocello und der Orgel in eine fantastische Welt, die
nach einigen Takten von Violine und Cembalo
unvermittelt aufgehellt wird. Überhaupt spielt
die Instrumentierung bei Armoniosa eine ganz
besondere Rolle: Vielfach wechseln die Continuo­
instrumente, mal spielen alle gemeinsam, mal
begleitet nur das Cembalo das Cello, mal nur
die Orgel. Für die c-Moll-Sonate wird auf ein
Akkordinstrument gleich ganz verzichtet, was dem
Stück einen sehr eigentümlichen Reiz verleiht.
Weitere Einspielung:
Antonio Vivaldi (1678 -1741)
La Stravaganza op. 4
Armoniosa
MDG 901 1885-6 (2 Hybrid-SACDs)
MDG 903 1978-6 (Hybrid-SACD)
8
Ausgabe 2016/4
Stefano Cerrato
Cembalist Michele Barchi hat die beiden
Tasteninstrumente speziell für Armoniosas Bedürfnisse gebaut. Besonderer Clou: Die Orgel
wird über einen pedalgetriebenen Magazinbalg
mit der nötigen Atemluft versorgt; dadurch entfällt
das lästige Motorenbrummen, das die meisten
anderen Aufnahmen barocker Musik mit einem
akustischen Grauschleier überzieht. In der jetzt
möglichen reinen Klarheit erhält der Orgelklang zudem eine Lebendigkeit, die nur mechanisch beatmeten Instrumenten eigen ist.
Die hochauflösende Aufnahme auf dieser
Super Audio CD lässt den Hörer an allen klanglichen und dynamischen Feinheiten unmittelbar teilhaben, und besonders in der empfohlenen dreidimensionalen Wiedergabe im 2+2+2
Recording ist die Musik wie mit Händen zu
greifen. Der cellospielende Auftraggeber Graf
von Schönborn-Wiesentheid, Bruder zweier
Würzburger Fürstbischöfe, hätte seine schiere
Freude gehabt… Klaus Friedrich
Foto Stefano und Francesco Cerrato: © Davide Esposito; weitere © MDG
CLASS : aktuell
CLASS : aktuell
Angela Hewitts Neuinterpretation der Goldbergvariationen
Foto: © Bernd Eberle
Angela Hewitt
E
s war wohl einer lukrativsten Aufträge, den
Johann Sebastian Bach in seiner Schaffens­
zeit für eine Komposition erhielt: einen
goldenen Becher, gefüllt mit 100 Louis d’Or ver­
diente er mit der Komposition seiner „Clavier
Ubung bestehend in einer ARIA mit ver­
schiedenen Verænderungen vors Clavicim­
bal mit 2 Manualen“ – so der offizielle
Titel der heute weltberühmten Gold­
bergvariationen. Der Auftraggeber Graf
Kaiserling wollte sich mit der Komposi­
tion die Langeweile seiner schlaflosen
Nächte vertreiben und sein Hofcembalist
Johann Gottlieb Goldberg hatte die ehren­
volle Aufgabe, die Variationen Nacht für
Nacht vorzuspielen.
Bachs Goldbergvariationen begleiten
Angela Hewitt bereits seit Jahrzehnten.
Nach fünfmonatiger Übezeit führte die
Pianistin den Variationszyklus mit 16 Jah­
ren erstmal vor großem Publikum auf,
ein Jahr später gewann sie damit den
Internationalen Klavierwettbewerb in Washington
D.C. Kein Wunder also, dass die „Aria mit ver­
schiedenen Veränderungen“ Hewitt besonders
ans Herz gewachsen ist und im Laufe der Jahre
zu ihrem Markenzeichen wurde. Unzählige Male
führte Sie die Variationen auf, auch unter den
widrigsten Umständen, z.B. als sich Hurricane
Sandy dem fast menschenleeren New York näherte,
konzertierte Sie im „Le Poisson Rouge“, dem
legendären Underground Restaurant in Green­
wich Village. Ihrer ersten Aufnahme des Werkes
aus dem Jahr 1999 folgt nun eine Version, die
Sie 2015 einspielte. Ganz wie der „Goldberg­
variations-Papst“ Glenn Gould stellt Hewitt also
zwei Versionen der Komposition im Abstand
mehrerer Jahre nebeneinander. Bereichert um
16 Jahre Lebenserfahrung und ihren legendären
Fazioli-Flügel präsentiert sich die kanadische
Pianistin als jung gebliebene Interpretin. Ihre
Goldbergvariationen kommen kontrast- und far­
benreich daher: filigranste Legato-Bögen prallen
auf markante Staccati, düster-weiche Moll-Varia­
tionen auf flirrend-schimmernde Spielfiguren.
Ihre künstlerische Reife belegt die technische
Selbstverständlichkeit, mit der sie durch das
hochanspruchsvolle Werk gleitet, und ihre un­
prätentiöse Interpretation. Martin Bail
GOTHIC
OICES
V
MARY STAR
OF THE SEA
Johann Sebastian Bach (1685 -1750)
Goldbergvariationen
Angela Hewitt, Klavier
hyperion CDA-68146
Ausgabe 2016/4
9
Im Vertrieb der NAXOS Deutschland GmbH
www.naxos.de
www.naxosdirekt.de
Foto:thecramped/www.photocase.de
Zweite Auseinandersetzung
CLASS : aktuell
„Jeder Ton hat einen Sinn, alles
steht in Beziehung zueinander“
Die Laute erfreute sich zu J.S. Bachs Zeiten großer Beliebtheit. Über Jahrhunderte
hatten die unterschiedlichen Lautentypen das Musikleben mitbestimmt. Mit dem
Bach´schen Lautenrepertoire hat sich der Gitarrist Johannes Monno beschäftigt.
Nun wird sein neues Album bei Hänssler Classic veröffentlicht.
S
chon als Kind haben mich die Lautensuiten
von Johann Sebastian Bach in ihren Bann
gezogen und seitdem nicht mehr losgelassen.
Es erfüllt sich mit dieser Aufnahme ein lang gehegter Wunsch, diese Beschäftigung in Form
eines Tonträgers zu dokumentieren.
Gerade die Musik von Johann Sebastian Bach
bietet dem Interpreten, dem Musiker über ihre
geniale kompositorische und stilistische Architektur hinaus eine schier unendliche Tiefe an
rhetorischen und emotionalen Ausdrucksmöglichkeiten, die es immer wieder neu zu entdecken
und zu beleuchten gilt.“ betont Johannes Monno.
Bach war bekanntlich kein Lautenist und insofern stellen seine Stücke den Spieler – sowohl
auf der Laute wie auf der Gitarre – offensichtlich vor viele spiel- und satztechnische Fragen
und Probleme. Die Gitarre unterscheidet sich
trotz vieler Gemeinsamkeiten spieltechnisch und
klanglich von der Laute. „Daraus ergeben sich
andere Lösungen, aber auch sehr interessante
Möglichkeiten, inhaltliche Aspekte alternativ zu
deuten und darzustellen.“
Bach komponierte am Clavichord, einem sehr
leisen Instrument, welches – auch durch seine dynamischen Differenzierungsmöglichkeiten be­dingt
– dem Klang der Laute näher kam als dem Cembalo. Vielleicht war es diese sensible dynamische
Differenzierungsmöglichkeit – gepaart mit den
sehr feinen farblichen Abstufungsmöglichkeiten
–, die Bachs Interesse für die Laute geweckt hat.
Nie zuvor beschäftigten sich Musiker so intensiv mit der emotionalen Wirkung von Musik
wie im Barock. Jedes Intervall, jede Tonart, jede
Akkordstellung, jedes rhythmische Phänomen
wurde hinsichtlich der Wirkung auf den Zuhörer
Johann Sebastian Bach (1695 -1759)
Suite a-Moll BWV 995 (orig. g-Moll)
Suite a-Moll BWV 997 (orig. c-Moll)
Präludium d-Moll BWV 999 (orig. c-Moll)
Fuge a-Moll BWV 1000 (orig. g-Moll)
Präludium, Fuge & Allegro D-Dur BWV 998 (orig. in Es-Dur)
Suite e-Moll BWV 996; Suite E-Dur BWV 1006a
Johannes Monno, Gitarre
hänssler Classic HC16085 (2 CDs)
untersucht. Die Laute bot mit ihrem klanglichen
Facettenreichtum, ihrer Dynamik und Mehrstimmigkeit enorme Möglichkeiten, diese „Affektenlehre“ konkret umzusetzen. Praktisch und überzeugend zeigt dies Johannes Monno „Da wird nicht
mit oberflächlicher Effekthascherei gearbeitet,
mit der Virtuosität um ihrer selbst willen, sondern
da hat jeder Ton einen Sinn, alles steht in Beziehung zueinander.“ wie Konrad Junghänel dem
Gitarristen bescheinigt. Christina Hofmann
500 Jahre Reformation
Gott allein zur Ehre
BACH
Johannes-Passion – Matthäus-Passion
Messe in h-Moll – Weihnachtsoratorium
Johann Sebastian Bachs drei protestantische Oratorien
sowie die große katholische Messe vereint in einer Edition
– interpretiert vom Chor des Bayerischen Rundfunks unter
der Leitung von Peter Dijkstra.
10
www.br-klassik.de
900514 (6 DVD)
900913 (15 CD mit Werkeinführungen)
Barocke Pracht und besinnliche Momente auf CD und DVD.
Die CD-Edition enthält umfassende Werkeinführungen zu
allen Werken auf 6 CDs.
Ausgabe 2016/4
Erhältlich im Handel und im BRshop / www.br-shop.de
Foto ©: Felix Broede (M.Bengtsson) Marco Borggreve (B.de Billy), Federal Studio (Orchester)
CLASS : aktuell
Orchestre de Chambre de Lausanne
Bertrand de Billy
Sehr sympathisch und fein ausgehört
Maria Bengtsson zeichnet Mozarts große Charaktere
W
olfgang Amadeus Mozart hat etwa
25 Opern komponiert – und damit
seine Zeitgenossen oft überfordert.
Das Publikum erwartete typisch
schablonenhaft gezeichnete Darsteller, um sich
unterhalten zu lassen, während Mozarts subtil
ausgearbeitete Individualpartien die volle Auf­
merk­samkeit erfordern. Maria Bengtsson zeigt
in ihrem Arien-Recital die Vielschichtigkeit der
Charaktere, die nicht zuletzt auch durch den über­
aus anspruchsvollen Orchesterpart illustriert wird.
Das Orchester de Chambre de Lausanne unter der
Stabführung von Bertrand de Billy erweist sich
dabei einmal mehr als großartiger Partner.
Für „Idomeneo“ konnte Mozart auf das beste
Orchester seiner Zeit zurückgreifen: Erst kurz
zuvor war die berühmte Mannheimer Hofkapelle
im Gefolge des Kurfürsten nach München umge­
zogen. Dankbare Aufgaben erwarteten die hoch
gehandelten Musiker: Großartige Bläsersoli, die
weit über die reine Begleitfunktion hinausgehen,
untermalen den Konflikt zwischen menschlichen
Leidenschaften und göttlicher Fügung, den Maria
Bengtsson in „Padre, germani, addio!“ herzer­
greifend zu gestalten weiß.
Mozarts heute bekanntesten Opern entstan­
den in seinem letzten Lebensjahrzehnt in Wien,
darunter die „Zauberflöte“, deren alles andere
überragender Erfolg seit der Uraufführung bis
in unsere Tage anhält. „Ach, ich fühl´s“ zeigt
Pamina, am Boden zerstört ob der verloren
geglaubten Liebe ihres Tamino, und in tiefste
Innerlichkeit zurückgezogen.
Auch aus „Don Giovanni“, „Le Nozze di Figaro“
und „Così fan tutte“ hat die schwedische Sopra­
nistin wundervolle Szenen ausgewählt. Und be­
sonders in den beiden Fiordiligi-Nummern zeigt
sie die ganze Vielseitigkeit ihrer lyrischen Stimme:
Aktuelle Auftritte:
Maria Bengtsson
05. | 12. | 18. | 25. 11. 2016 Oper Frankfurt
15. 01. 2016 Elbphilharmonie Hamburg
17. | 19. | 22. | 25. | 27. 02. 2017
01. 03. 2017
Theater an der Wien
20. | 24. 03. 2017 u. 19. | 28. 04. 2017
Semper Oper Dresden
06. | 10. | 13. | 19. | 27. 05. 2017
04. 06. 2017
Oper Frankfurt
03. 08. 2017 Orchestre Philharmonique de
Monte Carlo / Palais Princier
(Vier Strauss-Lieder:
Bertrand de Billy, Ltg.)
www.mariabengtsson.com
Extreme Intervallsprünge und virtuose Koloratu­
ren untermalen die Zerrissenheit der jungen Frau,
die mit dem Feuer gespielt hat, das nun kaum
mehr zu kontrollieren ist… Wie gut, dass das
Publikum mitfiebern kann. Die Aufnahme im
2+2+2 Recording auf dieser SACD lotet die an­
genehme Akustik des Konzertsaals Metropol in
Lausanne bis in die Ränge aus – ein fein ausgehör­
tes Mozart-Debüt dieser sympathischen Sängerin.
Lisa Eranos
W. A. Mozart (1756 -1791)
Arien
Maria Bengtsson, Sopran
Orchestre de Chambre de Lausanne
Bertrand de Billy, Ltg.
Weitere Einspielung:
Ludwig van Beethoven: Ah, perfido! Op. 65,
Ouvertüre Leonore 1 op. 138
Luigi Cherubini: Aria aus Medea, Sinfonie D-Dur
MDG 940 1973-6 (Hybrid-SACD)
MDG 940 1854-6 (Hybrid-SACD)
Ausgabe 2016/4
11
CLASS : aktuell
Liebst Du um Schönheit…
Fotos: G. Romberger © Rosa Frank ; A. Perl © Marco Borggreve
Mahlers Klavierlieder in hochkarätiger Neuaufnahme
U
nstillbare Sehnsucht, herzzerreißender
Schmerz, brennendes Verlangen – in
Gustav Mahlers Liedern erreicht die
romantische Gefühlswelt unzweifelhaft
einen großartigen Höhepunkt. Die virtuos instru­
mentierten Orchesterpartituren lenken das Ohr
allerdings immer wieder besonders auf die raffi­
nierte klangliche Delikatesse des Fin de Siècle.
Umso schöner, dass wir mit Gerhild Rombergers
und Alfredo Perls Neuaufnahme der Klavierfas­
sungen jetzt wieder ganz im emotionalen Extrem
aufgehen dürfen!
Über das Vorstadium zur „endgültigen“
Kom­
position oder gar einen Korrepetitions­
auszug gehen die Klavierfassungen weit hinaus.
Oftmals unabhängig vom Orchestersatz entstan­
den, offenbaren sie respektvolle Beziehungen zu
Vorbildern wie Schuberts „Winterreise“. Von
vordergründiger Heiterkeit („Ging heut morgen
übers Feld“) über das Wechselbad von schönster
Erinnerung und unerfüllbarer Liebe („Wenn mein
Schatz Hochzeit macht“) bis zu äußerster Ver­
zweiflung („Ich hab ein glühend Messer in meiner
Brust“) lassen Romberger und Perl ihr Publikum
mit angehaltenem Atem mitfiebern.
Die „Kindertotenlieder“ berühren ganz be­
sonders. Aus Friedrich Rückerts sage und
schreibe 428 Gedichten, geschaffen unter dem
Eindruck des Todes zweier seiner Kinder, hat
Mahler fünf ausgewählt, die in Text und Musik
gleichermaßen zu Herzen gehen. Der versöhn­
liche Schluss des Zyklus taucht in der dritten
Sinfonie wieder auf: „Was mir die Liebe erzählt“.
Vielleicht hoffte Mahler auf ein Wiedersehen im
Spätestens seit der Auszeichnung mit dem Echo Klassik für die Kammermusikfassung des
„Lied von der Erde“ sind Gerhild Romberger und Alfredo Perl in vorderste Front der Mahler
Interpreten gesetzt. Nun präsentieren sie als Duo drei wichtige Liederzyklen des Komponisten.
Jenseits: Seine Tochter Maria-Anna starb nur
kurze Zeit nach der Komposition…
Fünf Lieder, die heute als „Rückert-Lieder“
zusammengefasst werden, runden das Programm
ab, darunter ein sehr privates: „Liebst du um
Schönheit“ ist Alma Mahler nach der Hochzeit
zugeeignet, und bezeichnenderweise hat Mahler
dieses Lied nicht selbst orchestriert. Besondere
Nähe und Authentizität erhält Rombergers und
Perls Deutung der sehr persönlichen Gesänge
durch den hervorragend feingestimmten Steinway
Konzertflügel „Manfred Bürki“ aus dem Jahre
1901. Fazit: eine fein balancierte SACD-Aufnahme
in klarer Schönheit. Lisa Eranos
Gustav Mahler (1860-1911)
Rückert-Lieder, Lieder eines fahrenden Gesellen
Kindertotenlieder
Gerhild Romberger, Mezzosopran
Alfredo Perl, Klavier
Außerdem erschienen:
Gustav Mahler
Das Lied von der Erde
Fassung für Kammerensemble
von Schönberg / Riehn
Gerhild Romberger, Stefan Rügamer
Detmolder Kammerorchester,
Dirigent Alfredo Perl
MDG 903 1972-6 (Hybrid-SACD)
MDG 901 1845-6 (Hybrid-SACD)
12
Ausgabe 2016/4
Foto: © Petra Hajska
CLASS : aktuell
Collegium Marianum
Von Böhmen nach Venedig
Die Fagott- und Oboenkonzerte von František Jiránek
M
it Erlaubnis seines Dienstherren Graf
Wenzel Morin konnte František Jiránek
im Alter von 26 Jahren vom böhmischen
Lomnitz nach Venedig reisen, um sich dort drei
Jahre lang musikalisch inspirieren zu lassen. Zu
dieser Zeit war Vivaldis Ruhm in der Lagunenstadt sowie in ganz Europa auf dem Höhepunkt
und es ist denkbar, dass Jiránek sich selbst vom
großen Violinmeister ausbilden ließ, sich jedoch
zweifelsfrei in seinem Umfeld aufhielt. Dies wird
durch die Tatsache belegt, dass Vivaldi seine „Vier
Jahreszeiten“ dem Grafen Morin widmete und
dieser einige Fagottkonzerte beim „Prete Rosso“
bestellte. Nach diesem italienischen Intermezzo
kehrte Jiránek bis zum Tode des Fürsten nach
Böhmen zurück und erhielt eine Anstellung in
der Hofkapelle des sächsischen Premierministers Heinrich von Brühl in Dresden, wo er bis zu
seinem Tode lebte. Dies ist das Wenige, was wir
über das Leben Jiráneks wissen und so sind auch
die meisten seiner Werke in Vergessenheit geraten. Bereits 2010 widmete sich Supraphon der
Wiederentdeckung des Komponisten und nahm
dadurch einige Instrumentalwerke (die einzige
Gattung, die er verfasste) mit dem Collegium
Marianum auf. In der neuesten Einspielung aus
dem Jahr 2016 sind Solokonzerte für Fagott,
Violine und Traversflöte zu hören. Der Einfluss
Vivaldis auf Jiránek ist nicht zu überhören: der
Einfallsreichtum der Melodien, die innovative
Instrumentierung und die Virtuosität verneigen
sich zweifelsohne vor dem Venezianer. Dennoch
vermochte es Jiránek gerade durch harmonische
Finessen eine gewisse ‚böhmische Seele‘ beizubehalten. Als Solisten treten hierbei Größen der
historisch informierten Aufführungspraxis wie der
Fagottist Sergio Azzolini, Xenia Löffler an der
Oboe oder die Geigerin Lenka Torgersen auf.
Solisten und Ensemble spielen gleichermaßen
elegant und inspiriert unter der Leitung von
Jana Semerádová, die auch als Solistin an der
Traversflöte zu hören ist. Eine wiederentdeckte
Musik, die sich vor ihrem großen Vorbild nicht
verstecken muss! Martin Bail
František Jiránek (1698 -1778)
Prager Musik aus dem 18. Jahrhundert
Collegium Marianum
Sergio Azzolini, Xenia Löffler, Lenka Torgersen
Jana Semerádová, Ltg.
FRANK PETER
ZIMMERMANN
BERNARD HAITINK
Staatskapelle Dresden
BEETHOVEN
BRAHMS
VON WEBER
Der phänomenal erfolgreiche Violinvirtuose
Frank Peter Zimmermann begeistert mit dem
Titan der Violin-Literatur: Beethovens
Violinkonzert D-Dur.
Livemittschnitt eines denkwürdigen Konzerts
aus dem Jahr 2002 in der Edition Staatskapelle
Dresden mit dem damaligen Chefdirigenten
Bernhard Haitink.
Supraphon SU-4208
Ausgabe 2016/4
13
PH09036
Im Vertrieb der NAXOS Deutschland GmbH
www.naxos.de · www.naxosdirekt.de
Foto: © Konstantin Volkmar
CLASS : aktuell
Guido Schiefen und Markus Kreul
Feuerwerk und Flammenzauber
Guido Schiefen und Markus Kreul brennen für Schumann
S
chumannia – besser könnte der Titel
dieser SACD nicht gewählt sein! Guido
Schiefen und Markus Kreul nehmen sich
der Werke für Violoncello und Klavier
an, und dass Robert Schumann tatsächlich nur
die „Stücke im Volkston“ original für diese Besetzung vorgesehen hat, tut der Sache keinen
Abbruch – im Gegenteil: Die enorme Wandlungsfähigkeit von Schiefens fantasiereich-virtuosem
Cellospiel mit exzellenter Bogenführung lässt
Schumanns Kammermusik ganz besonders erleben und hebt die wundervollen Lieder auch
ohne Worte auf eine bezaubernd neue Stufe.
Die unvergleichliche Stimmung von Eichendorffs „Zwielicht“ etwa erfährt eine bezwingende
Spannung, die den fehlenden Text mehr als
kompensiert, und Schiefen erlaubt sich die –
einem Sänger unmögliche – Oktavierung der
letzten Strophe, die in der beklemmenden Aufforderung mündet: „Hüte Dich! Bleib´ wach und
munter!“ Mit Händen zu greifen ist Ophelias
Verzweiflung in „Herzeleid“, die Markus Kreul
mit großer Intensität schon aus den wenigen
Tönen des Klaviervorspiels zaubert.
Anders, als es der Titel nahelegt, warten die
„Stücke im Volkston“ mit cellistischen Höchst-
schwierigkeiten auf. Es bedarf schon eines versierten Virtuosen, um den einfach gehaltenen
Charakter der Werke mit der notwendigen technischen Brillanz zu versöhnen. Man höre nur
einmal, wie die beiden Kammermusikspezialisten die Spielanweisung „Mit Humor“ des ersten
Stückes umsetzen! „Adagio und Allegro“ ist ursprünglich für das Horn vorgesehen; aber jeder
Hornist muss vor Neid erblassen vor dem „feurig“,
mit dem Schiefen und Kreul die Atmosphäre in
Flammen setzen…
Auch in den „Fantasiestücken“ und den „Drei
Romanzen“ zeigt sich die große Klasse des Duos.
Da sprüht die geradezu manische Begeisterung
für das Romantische aus jedem Takt, da sitzt jede
agogische Bewegung und jeder musikalische Einfall wird vom Partner unmittelbar aufgegriffen, verändert, zurückgeworfen
– packend nachzuerleben als klangrealistisch eingefangenes Musikereignis auf dieser fein abgestimmten Super
Audio CD – wer will kann sie im MDG
eigenen 2+2+2 Verfahren in verblüffend dreidimensionaler Natürlichkeit
wiedergeben. Heiß! Klaus Friedrich
Robert Schumann (1810 -1856)
„Schumannia“
Werke für Violoncello und Klavier
Guido Schiefen, Violoncello
Markus Kreul, Klavier
MDG 903 1971-6 (Hybrid-SACD)
14
Ausgabe 2016/4
CLASS : aktuell
Rolando Villazón
inszeniert
LaTraviata
DVD: 733708
Blu-ray: 733804
Johann Sebastian Bach (1695 -1759)
Das Wohltemperierte Klavier
Ann-Helena Schlüter
hänssler Classic HC16027 (2 CDs)
Leidenschaft für Bach
Ann-Helena Schlüter legt beim Label Hänssler Classic
ihre Sicht auf das Wohltemperierte Klavier von Johann
Sebastian Bach vor. Ihre Beziehung zum Komponisten Bach
prägt die musikalische Karriere der jungen Pianistin wie
kein anderer. „Bach musste geahnt haben, dass seine Gabe
zeitlos für die Ewigkeit war!“ Im Gespräch erläutert die
Musikerin, weshalb das so ist.
„Visuell
spektakulär“
The Huffington Post
Mitschnitt aus dem
Festspielhaus Baden Baden 2015
Traumhafte Inszenierung im fantasievollen
Umfeld einer Manege mit einer doppelten
Violetta als Zirkusprinzessin
Foto:bauzaun/www.photocase.de
Foto: © Pascal Roessler
A
ls Pianistin sieht sich Ann-Helena Schlüter als Beleuchtungsmeisterin:
Sie richtet die Aufmerksamkeit, richte das Licht. „Höre ich in Bach
Erlösung, Sieg, Triumph oder Loslassen? Oder höre ich alles in
einem Werk? Zwischen Spielen und Hören besteht ein großer Unterschied.“
sagt sie. „Dies bedeutet für mich: Mehr hören als machen. Das Machen ist
letztendlich eine Selbstverständlichkeit. Ich öffne dem Hörer eine eigene
Welt, nicht meine. Ich öffne ihnen eine Welt, in der sie ihre eigene entdecken und hören: Ihre eigenen Wunder, Räume, Wünsche und Gefühle.
Der Orgelpunkt der Heiligkeit in Bachs Musik mischt sich mit unserer
Welt wie ein immer wiederkehrendes Ostinato im gewöhnlichen Alltag.
Seine musikalische Botschaft ist die des Trostes. Als Musikerin komme ich
vom Erleben, Erinnern, vom Sinn her, nicht vom bloßen Wissensbegriff.
Johann Sebastian ist darin mein Vorbild in seinem Kunstwerk aus Güte,
Kraft, Freude und Geduld. Musik öffnet sich nicht immer selbst, ich möchte
sie vorsichtig öffnen, nicht drücken oder erzwingen. Zum Himmel hin
streckt sich Bachs Wohltemperiertes Klavier, stets die Augen nach oben
gerichtet, winkt hinein, an jeder Kadenz, in jedem Auftakt aufs Neue, in
jeder Pause, die Einladung immer wieder erneuernd. Die Schlüsse geben
den Anfängen die Hand. Bach drückt auch den Tod, den Umgang mit
Leid aus, in seiner absoluten und textlosen Musik wie hier so wie in den
Johannes- und Matthäuspassionen. Bach unterstützt uns im Leben: Seine
Klarheit und Reinheit in seinen musikalischen Ausdrucksformen schenkt
uns die Sehnsucht nach innerer Stärke und Ruhe, gibt Kraft und Hoffnung.
Wie schlicht und majestätisch leuchtet dieser Zyklus, nirgends aufgebläht – eine zärtliche, federnde Einladung, zu entspannen und zu verstehen.
Bachs Musik ist wie ein Kompass, ein Knotenpunkt des Lebens, von wo aus
wir immer wieder neue Richtungen einschlagen können mit der Gewissheit,
wo wir herkommen, wer wir sind und wohin wir einmal gehen werden.“
Soli Deo Gloria – ganz im Sinn des Komponisten! Christina Hofmann
Mit Olga Peretyatko, Atalla Ayan,
Simone Piazzola, Tom Fox,
Emiliano Gonzalez Toro
Balthasar-Neumann-Ensemble
Balthasar-Neumann-Chor
Pablo Heras-Casado
„Die Premiere wird zum Triumph für die
Olga Peretyatko in der Titelpartie“
Stuttgarter Zeitung
Im Vertrieb der NAXOS Deutschland GmbH
Ausgabe 2016/4
15
www.naxos.de · www.naxosdirekt.de
CLASS : aktuell
Kontrast und Konsens
KARL RICHTER EDITION
BACH · MOZART
HÄNDEL · HAYDN
31
CDs
PH16010
Karl Richter, der in diesem Jahr
90 Jahre alt geworden wäre,
hatte den Weltruf, den Stücken
eine bis heute unerreichte Wärme,
Liebreiz und Anmut verleihen zu
können.
in einer Zeit persönlicher Lebenskrisen. Doch sie
reagierten darauf mit vollkommen unterschied­
licher Musik: Während die Krise in Rachmaninov
eine seiner sanftesten, melodiösesten und schöns­
ten Kompositionen heraufbeschwor, merkt man
Prokofievs Sonate den inneren Kampf, den der
Komponist aus­zustehen hatte, spürbar an. Sie
blieb Musik mit Ecken und Kanten und in ihrer
Mischung aus Aggression und Verletzlichkeit ein
zutiefst menschliches Werk.
Ergänzt wird dieses äußerst interessante
Repertoire neben einem Arrangement des be­
rühmten Adagios aus dem Ballett „Aschenbrödel“
durch die selten zu hörende „Romanze“ Alexander
Skrjabins. Sie ist vor allem deswegen selten zu
hören, weil sie für die ungewöhnliche Duo-Kom­
bination Horn/Klavier geschrieben wurde. Hier
erklingt sie als Transkription für Cello und Klavier.
Johannes Moser und Andrei Korobeinikov
zeigen auf diesem Album, wie faszinierend es
klingen kann, wenn aus Kontrast Konsens wird.
Ein Album, das denkenden Menschen eine echte
Inspiration vermitteln kann. René Brinkmann
GÜNTER WAND
und die
MÜNCHNER PHILHARMONIKER
BRUCKNER:
Sinfonien Nr. 4, 5, 6, 8, 9
SCHUBERT:
Sinfonien Nr. 8 & 9
BRAHMS: Sinfonie Nr. 1
BEETHOVEN: Sinfonie Nr. 1
Sinfonien von Anton Bruckner,
Franz Schubert, Johannes Brahms
und Ludwig van Beethoven. Über
15 Jahre nach dem Tod Günter
Wands wird in dieser CD-Box
seine musikalische Arbeit mit den
Münchner Philharmonikern dokumentiert, mit den Konzerten seit
1990, die mit eigener Digitaltechnik
aufgezeichnet wurden.
12
CDs
8
CDs
PH16060
SVIATOSLAV RICHTER
spielt BEETHOVEN
Mstislav Rostropovich · USSR
Symphony Orchestra
Moscow Philharmonic · Kurt
Sanderling · Kirill Kondrashin
Johannes Moser
PH16030
GUSTAV MAHLER
EDITION
Sinfonien, Konzerte,
Sonaten, Kammermusik
21
CDs
Staatskapelle Dresden
Wiener Philharmoniker
New York Philharmonic Orchestra
NDR Sinfonieorchester
Diana Damrau · Hertha Töpper
Brigitte Fassbaender
Bernard Haitink · Klaus Tennstedt
Bruno Walter · u.v.a.
PH14000
31
CDs
Zum 70. Geburtstag
von RUDOLF BUCHBINDER:
WOLFGANG AMADEUS
MOZART
Klavierkonzerte
Rudolf Buchbinder · Wiener
Symphoniker
PH14003
Profil Medien GmbH
Edition Günter Hänssler . www.haensslerprofil.de
Vertrieb: NAXOS DEUTSCHLAND GmbH · www.naxos.de
A
ndrei Korobeinikov ist ein passio­
nierter Pianist des russischen Reper­
toires. Johannes Moser hingegen,
der große deutsche Cellist, der sowohl mit
dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik
als auch zweimal mit dem ECHO Klassik
ausgezeichnet wurde, hatte eigentlich be­
schlossen, sich dem russischen Repertoire
lieber langsam anzunähern. Er hatte es nach
eigenen Aussagen über Jahre hinweg sogar
„bewusst vermieden“, Rachmaninov zu in­
terpretieren. Dann aber trafen beide Künstler
zusammen, und Moser erkannte, mit jeman­
dem wie Korobeinikov könnte man das Wag­
nis eingehen. Plötzlich war sie da, die Lust
auf Rachmaninov, auf Prokofiev, auf Skrjabin.
Kontrast und Gemeinsamkeit auf der Inter­
pretenebene setzen sich auf diesem Album schließ­
lich auch in den beiden eingespielten Hauptwer­
ken fort: Sowohl Prokofiev als auch Rachmaninov
schrieben ihre heute hochberühmten Cellosonaten
16
Sergei Rachmaninov (1873 -1943)
Sergei Prokofiev (1891 -1953)
Werke für Violoncello und Klavier
Johannes Moser, Violoncello
Andrei Korobeinikov, Klavier
Pentatone PTC5186594
Ausgabe 2016/4
Foto: © Sarah Wijzenbeek
Wie nah Gegensätze und Gemeinsamkeiten in der Musik beieinander liegen,
zeigt Cellist Johannes Moser auf seinem neuen Album für das
niederländische High-End-Label Pentatone. Das beginnt bereits mit den
Interpreten. Und es hört beim Werk nicht auf…
Ursula Buckel · Hertha Töpper
John van Kesteren · Kieth Engen
Ernst Haefliger · Aurèle Nicolet
Münchener Bach-Chor
Münchener Bach-Orchester
Solistengemeinschaft der BachWoche Ansbach u.v.m.
CLASS : aktuell
Evelinde Trenkner und Sontraud Speidel
Zu den Quellen
Bedřich Smetana (1824 -1884)
Má Vlast (Mein Vaterland)
Piano Duo Trenkner / Speidel
Klavierduo Trenkner Speidel spielt Smetanas Originalversion
MDG 930 1960-6 (Hybrid-SACD)
‚‚D
ie Moldau“ gehört zu den ganz gro­
ßen Schlagern auf den Konzertpo­
dien in aller Welt. Bedřich Smetanas
sagenhaft - mythisches Tongemälde ist
auch deshalb so ungemein populär, weil hinter
der überaus plastischen Naturschilderung ein
tiefempfundenes Programm steht, das in den
sechsteiligen Zyklus „Mein Vaterland“ eingebun­
den ist. Noch vor der Orchesterpartitur veröf­
fentlichte Smetana, der gerade sein 50jähriges
Bühnenjubiläum als vielumjubelter Pianist vor
Augen hatte, eine Fassung für Klavier zu vier
Händen. Das Klavierduo Evelinde Trenkner und
Sontraud Speidel hat sich jetzt der Mammutauf­
gabe angenommen und den gesamten, äußerst
anspruchsvollen Zyklus eingespielt – und offen­
bart dabei manche Entdeckung in vermeintlich
altbekanntem Repertoire.
In der Klavierversion werden die raffiniert
gearbeiteten motivischen und thematischen Zu­
sammenhänge, die den gesamten Zyklus durch­
ziehen, ganz besonders deutlich. Da ist zum
Beispiel die Verwendung des Hussiten-Chorals
„Die ihr Gottes Kämpfer seid“: Er wird in „Tábor“,
einer Referenz an die von Anhängern des
böhmischen Reformators Jan Hus gegründeten
Stadt zuerst eingeführt, dann in „Blaník“, dem
Rückzugsort der aufständischen Kämpfer aus­
Aber auch ohne historischen Hintergrund
ist „Mein Vaterland“ natürlich ein großartiger
Hörgenuss. Das gilt ganz besonders für die
neue in akustisch edelster SACD-Technik pro­
duzierte Aufnahme: Das dreidimensionale
2+2+2-Recording lässt das Publikum in die
Konzertsaalillusion eintauchen – und die böh­
mischen Mythengestalten quellfrisch und le­
bensnah auferstehen.
Lisa Eranos
Auswahldiskografie
Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 1 und 2
(arr. für Klavier zu 4 Händen von Bruno Walter)
MDG 930 1778-6 (2 Hybrid-SACDs)
gearbeitet, und schließlich verbindet sich das
gegen die katholisch-österreichische Fremd­
herrschaft gerichtete Lied mit dem „Vyšehrad“Motiv, das die Ursprünge einer böhmischen
Nation in der einstmals prächtigen Felsenfes­
tung in der Nähe von Prag beschwört.
„Má Vlast“, das auch mit „Zugehörigkeit“
übersetzt werden kann, ist natürlich ein politi­
sches Statement nationaler Identität. Seit 70
Jahren eröffnet die Tschechische Philharmonie
das Festival „Prager Frühling“ mit dem Werk –
und setzt damit ein beständiges Zeichen ange­
sichts zunehmender kultureller Beliebigkeit.
Ausgabe 2016/4
17
Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 6 und 7
(arr. von Zemlinsky und Casella)
MDG 337 0837-2 (2 CDs)
Arthur Honegger: Pacific 231
Maurice Ravel: Boléro
N. Rimsky-Korsakov: Scheherazade
Suite Symphonique op. 35
MDG 330 1616-2
Bach / Reger: Brandenburgische Konzerte
MDG 330 0635-2 (2 CDs)
Bach / Reger: Orchestersuiten
MDG 330 1006-2 (2 CDs)
Max Reger: Sämtl. Werke für zwei Klaviere
MDG 330 0756-2
EINZIGARTIGE
ERSTAUFNAHME
VON DEN
SCHWESTERN MARI
KODAMA UND
MOMO KODAMA
Foto: © Marco Borggreve, Karl Thumm, A.T. Schaefer, Theresa Pewal
CLASS : aktuell
Sir Roger
Norrington
Dorothea Seel
Julian Steckel
Helmuth Rilling
Mehr als nur „Sohn“
Ana-Marija Markovina
Der Komponist Carl Philipp Emanuel Bach wurde in den letzten Jahren
wiederentdeckt. Kaum ein anderes Label hat mehr für die Würdigung des
Komponisten getan, als Hänssler Classic. Nun erscheinen alle, wirklich alle von
Hänsslers C.P.E. Bach-Aufnahmen in einer geradezu sensationellen Box.
PTC 5186 579
K
Zum ersten Mal gemeinsam im
Aufnahmestudio, nehmen uns
die Schwestern Mari und Momo
Kodama mit dem neuen Album
voller lebendiger Arrangements von
Schwanensee, Dornröschen und
Nussknacker auf eine wundersame
Reise in Tschaikowskys Ballett-Welt.
9 SACDs
PTC 5186 490
MEHR VON
MARI KODAMA
Beethoven
Complete
Piano
Sonatas
www.pentatonemusic.com
Im Vertrieb von NAXOS Deutschland
ann man heutzutage Carl Philipp Emanuel
Bach überhaupt noch unterschätzen? Trotz
des Jubiläumsjahrs 2014, trotz einer nie
dagewesenen Welle an C.P.E Bach-Neuerscheinungen kann es doch noch immer nicht schaden,
auf das prominente Haydn-Zitat hinzuweisen:
„…wer mich gründlich kennt, der muß finden,
daß ich dem Emanuel Bach sehr vieles verdanke.“
Oder auch auf den Mozart zugeschrieben Satz über
C.P.E. Bach: „Er ist der Vater; wir sind die Bubn.“
Kurz gesagt: Carl Philipp Emanuel Bach wird
heute von den einen zwar endlich wieder als eines
der Genies des 18. Jahrhunderts wertgeschätzt. Für
die anderen ist er aber noch immer vor allem
„einer der Söhne“ des großen Johann Sebastian
Bach. Dabei war C.P.E. Bach nicht nur ein enorm
kunstvoll komponierender, ungemein souveräner
Komponist. Er hatte zudem auch einen so ebenso
unverkennbaren, einzig- und manchmal eigenartigen Personalstil, wie er sonst nur seinem
Vater nachgesagt wird.
Aber Sichtweisen auf Komponisten haben eben
auch viel damit zu tun, in welcher Qualität Bachs
Musik am Tonträgermarkt verfügbar ist. Und da
hat sich in Sachen C.P.E. Bach gerade in den letzten Jahren viel getan. Kaum ein anderes Label
hat mehr für die Verbreitung von Bachs Musik
geleistet als Hänssler Classic. Dies wird nun umso
offensichtlicher durch die Veröffentlichung der
bislang vollständigsten C.P.E.-­Bach-­Edition. Auf
sage und schreibe 54 CDs bekommt man einen
Einblick in Sinfonien, Konzerte, sämtliche Sonaten
sowie einer großen Auswahl an Kammermusik.
Mit Künstlern wie Helmuth Rilling und Sir
Roger Norrington sind Pioniere der historischen
18
Aufführungspraxis dabei ebenso vertreten wie
die Weltstars Patrick Gallois und Julian Steckel
oder natürlich auch die großen C.P.E.-BachSpezialisten der Neuzeit wie Michael Rische
und Ana-Marija Markovina. Mit enthalten sind
natürlich auch die gefeierten Einspielungen des
Stuttgarter Kammerorchesters und der Camerata
Salzburg. Kurz gesagt: Näher kam man einem vollständigen C.P.E. Bach-Werküberblick und damit
auch dem Komponisten selbst wohl noch nie.
René Brinkmann
Carl Philipp Emanuel Bach (1714 -1788)
Sinfonien, Konzerte, Sonaten, Kammermusik
Julian Steckel, Michael Rische
Ana-Marija Markovina, Patrick Gallois u.v.a.
Bach Collegium Stuttgart
Camerata Salzburg, Leipziger Kammerorchester
Stuttgarter Kammerorchesters
Helmuth Rilling, Sir Roger Norrington
hänssler Classic HC16000 (Box – 54 CDs)
Ausgabe 2016/4
CLASS : aktuell
www.karl-andreaskolly.ch
Josef Suk
Ekstatisches Verlangen
Karl-Andreas Kolly spielt Josef Suks Klavierkompositionen ein
E
in doppelter Schicksalsschlag teilt
Josef Suks Leben in ein Vorher und ein
Nachher: Innerhalb eines guten Jahres
verliert er zuerst seinen Mentor und
Schwiegervater Antonin Dvořák, dann seine junge Ehefrau Otilile. Der Schweizer Pianist KarlAndreas Kolly zeigt in seiner neuesten Einspielung Spuren dieser Zäsur auf, die Suks gesamtes
kompositorisches Schaffen durchziehen, und
eröffnet damit einen erfrischenden Blick auf
einen viel zu wenig beachteten Komponisten.
Der Klavierzyklus op. 10 „Stimmungen“ steht
noch ganz in bester böhmischer Tradition;
Dvořáks Einfluss ist unüberhörbar. Rhythmus und
Harmonie der fünf zauberhaften Charakter­
stücke lassen Erinnerungen an die Volksmusik
im östlichen k.u.k-Reich aufkommen, oft mit dem
typischen, leicht melancholischen Unterton –
und es zeigt sich, dass der überaus erfolgreiche
Geiger Suk auch ganz offensichtlich ein gutes
Händchen für das Klavier besaß.
Das kommt auch dem Zyklus op. 30 zugute,
dessen etwas rätselhafter Titel „Erlebtes und
Erträumtes“ die Fantasie des Publikums beflügelt. Weitere Hilfen gibt Suk dem Hörer nicht
mit auf den Weg durch die Klangwelt der zehn
Stücke. Und dennoch steigen Bilder auf: Spie-
lende Kinder vielleicht, die
sich auch mal zanken; ein
Trauerzug, der in gewaltigem, schmerzhaftem Ausdruck kulminiert; ein rätselhaft-suchendes Adagio,
das den Kreis beschließt
– faszinierend, wie es Suk
gelingt, die Assoziationen
hervorzulocken! Weit entfernt hat Suk sich hier vom
Kolorit seiner Heimat – zu
Gunsten einer sehr individuellen Tonsprache, die
auch Einflüsse des franzö­
sischen Impressionismus aufgenommen hat.
Karl-Andreas Kolly beschließt sein SukRecital mit einem „Liebeslied“, das mit sehnsuchtsvoll-schmachtender Vorhaltsharmonik ekstatisches Verlangen in Klänge fasst. Da möchte
man gar nicht mehr aufhören… Zumal die Tonmeister von MDG auch diese Aufnahme wieder
mit allerfeinster SACD-Technik eingefangen haben,
hochauflösend und in 3D, für das perfekte
lukullische Musikerlebnis zu Hause.
Klaus Friedrich
Josef Suk (1874 -1935)
Klavierwerke
Karl-Andreas Kolly, Klavier
MDG 903 1956-6 (Hybrid-SACD)
Weitere Einspielung:
César Franck (1822 -1890)
Kammermusik
Karl-Andreas Kolly, Klavier
Simone Riniker, Violine
David Riniker, Cello
MDG 903 1855-6 (Hybrid-SACD)
Ausgabe 2016/4
19
CLASS : aktuell
CLASS‘ musikalis
zu den Festtagen
Die Mitglieder von CLASS verlosen je drei Exemplare der musikalischen Empfehlungen.
Um an der Verlosung teilzunehmen, senden Sie uns bitte einen selbstgebastelten
Weihnachtststern oder den Entwurf eines selbstgestalteten Weihnachtssterns und verraten
Sie uns, in welcher Zeitschrift Sie CLASS: aktuell entdeckt haben.
Gustav Mahler
Symphony X
International Mahler Orchestra
Yoel Gamzou
WERGO WER 51222
Dave Brubeck
A Dave Brubeck Christmas
Gustav Mahlers Symphonie
Nr. 10 ist die letzte und einzig
unvollendete in seinem
Gesamtwerk. Der junge Dirigent
und Komponist Yoel Gamzou
hat es sich zur Aufgabe
gemacht, Mahlers Unvollendete
zu rekonstruieren und
erntete höchstes Lob von Kritik
und Publikum.
Telarc CD-83410
Andreas N. Tarkmann
Die Prinzessin auf der Erbse
& Der Mistkäfer
Für Sprecher und Kammerorchester nach den Märchen
von Hans-Christian Andersen
Juri Tetzlaff, Erzähler
Kinderchor der Oper Stuttgart,
Württembergisches Kammer­
ochester, Ruben Gazarian, u.a.
Coviello CLASSICS COV91615
Johann Sebastian Bach
Messe h-Moll
Thomanerchor Leipzig
Leipziger Barockorchester,
Thomaskantor
Georg Christoph Biller
Andreas Tarkmann beweist
einmal mehr seine Meisterschaft,
mit wenigen kompositorischen
Mitteln plastisch erlebbare
Szenarien zu entfalten.
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Dave Brubeck hat seinen
persönlichen traditionellen
Weihnachts-Lieblingsliedern das
verliehen, was er als eine
persönliche Aussage bezeichnet,
die mit der neugierigen Mischung
aus der Freude und der
Melancholie von Weihnachten
spricht. Seine Interpretationen
sind wahre Schätze.
Rondeau Production
ROP404849
Ausgabe 2016/4
„Klanglich neue Maßstäbe“,
so lobte die Leipziger
Volkszeitung die Aufführung
der h-Moll-Messe des
Thomanerchores Leipzig:
das Werk, mit dem der große
Thomaskantor Bach die
künstlerische Bilanz seines
Lebenswerks zieht.
Die glanzvolle Interpretation
ist endlich wieder auf CD
in neuem Gewand erhältlich.
CLASS : aktuell
Zusendung:
per Post an:
Antonio Vivaldi
Oboen- und Fagottkonzerte
Matthias Ràcz, Fagott
Simon Fuchs, Oboe
KKO Mannheim,
Johannes Schlaefli
CLASS, Bachstraße 35, 32756 Detmold
per Fax an:
05231-26186
per E-Mail an:
[email protected]
Einsendeschluss:
24. Dezember 2016
Wünsche werden, wenn möglich, berücksichtigt.
ARS Produktion
ARS 38 208 (Hybrid-SACD)
Josef & Michael Haydn
Franz Xaver Gruber
„Heiligste Nacht “
Weihnachtliche Motetten
Hassler Consort, Franz Raml (Ltg.)
MDG 614 1048-2
Voller Charme und Esprit
präsentiert das Hassler-Consort
auf dieser CD bezaubernde
Weihnachtsmusik. Mit Freude
und Eleganz werden diese
jubelnden und ruhig-lyrischen
Lieder und Werke ausgekostet.
Ein Genuss für Hörer, die
Weihnachtsmusik lieben.
Dem Himmel entgegen
Werke von Muffat, Rosier,
Telemann, Jacquet de la Guerre
Cölner Barockorchester
Coviello CLASSICS COV91603
Mendelssohn, Mozart
Klavierkonzerte
Danae Dörken
Royal Northern Sinfonia
Lars Vogt
ARS Produktion
ARS 38 210 (Hybrid-SACD)
Danae Dörken ist eine der
außergewöhnlichsten jungen
Künstlerinnen ihrer Generation.
Ihr atemberaubendes Talent
für Gestaltung und Farben machen
diese Aufnahme zu einem
beeindruckenden Erlebnis.
Vivaldis Instrumentalkonzerte
höchst musikalisch musiziert von
Simon Fuchs und Matthias Ràcz
mit dem KKO Mannheim unter
Johannes Schlaefli. Warum sich
nicht Weihnachten verwöhnen?
Im weitesten Sinne „himmlische
Musik“ hat das Cölner Barock­
orchester auf seiner Debüt-CD
eingespielt. Auf höchstem musi­ka­lischem Niveau entsteht ein
faszinierendes Bild des Spannungsfelds barocker Affekte zwischen
Erdenschwere und Jenseitsbezug.
Édouard Lalo
Symphonie espagnole
Juan Manén
Concierto español
Tianwa Yang
Barcelona Sinfonieorchester
Darrell Ang
NAXOS 8.573067
Ausgabe 2016/4
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Dieses neue NAXOS-Album
entführt seine Hörer in die feurige
Klanglandschaft Spaniens.
Zwei hoch virtuose Violinkonzerte
stehen hier auf dem Programm,
bei denen die zweifache ECHO
Klassik-Preisträgerin Tianwa Yang
erneut zeigen kann, dass
sie zu den besten Geigerinnen
unserer Zeit gehört.
CLASS : aktuell
Nacht und Träume
Werke von Schubert
und Strauss
VirCanto
Ella Fitzgerald
Wishes You a Swinging Christmas
Phoenix 131567
Jingle Bells; Santa Claus Is Coming
To Town; Have Yourself A Merry Little
Christmas; What Are You Doing New
Year’s Eve?; Sleigh Ride; The Christmas
Song; Good Morning Blues; Let It
Snow! Let It Snow! Let It Snow!; Winter
Wonderland; Rudolph The Red-Nosed
Reindeer; Frosty The Snowman; White
Christmas; The Secret Of Christmas;
Medley: We Three Kings Of Orient Are /
O Little Town Of Bethlehem; Christmas
Island; The Christmas Song [Version 2];
White Christmas [Version 2]; Frosty
The Snowman [Version 2]; I’ve Got My
Love To Keep Me Warm; Santa Claus
Got Stuck In My Chimney
Coviello CLASSICS COV91609
Die legendäre Sängerin beschenkt
ihre Zuhörer mit einer modernen
und dennoch anheimelnden
Zusammenstellung von beliebten
Weihnachtsliedern. Die First
Lady des Jazz nahm diese Stücke
1960 auf, als sie sich auf dem
Höhepunkt ihres Könnens befand.
El canto quiere ser luz
Das Lied will Licht sein
Kubanische Chormusik
Werke von Valera, Hernández,
Cal, Brouwer, Silva etc.
Coro Nacional de Cuba
Kammerchor Entrevoces
Digna Guerra, Ltg.
MDG 602 1704-2
Christmas Break
Relaxing Jazz for the Holidays
mit Oscar Peterson, Dave Brubeck,
Al Di Meola, Ray Brown Trio,
Mel Torne u.a.
Telarc CD-83657
ambitus amb 96955
L‘amore e la morte
(Liebe & Tod)
Werke von Wagner und Liszt
Susanne Bernhard, Sopran
Harald Feller, Orgel
TYXart TXA15055
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Genau das Richtige nach den
anstrengenden Weihnachtsvorbereitungen. Christmas Break:
Relaxing Jazz for the Holidays
enthält eine Fülle von klassischen
Weihnachtsliedern, dargeboten
im entspannten Jazz-Feeling.
fantasia italiana
per clarinetto e piano
Rolf Weber, Klarinette
Kazue Tsuzuki, Klavier
Der kubanische Nationalchor und
seine Solisten bieten ein überaus
farbiges und abwechslungsreiches
Abbild kubanischen Chorgesangs.
Lebendig, temperamentvoll,
voller Dynamik und mit traumwandlerisch sicherer Intonation.
Eine großartige Einspielung
wie man sie selten hören kann.
Die zwei großen Menschheitsthemen Liebe und Tod stehen auf
geheimnisvolle Weise miteinander in Beziehung. Die außerge­
wöhnliche Besetzung mit Sopran
und Orgel sowie die hervorragenden Künstler Susanne Bernhard
und Harald Feller lassen die Musik
Richard Wagners (Tristan und
Isolde, Wesendonck-Lieder) und
Franz Liszts (Orpheus, Lieder)
in einem anderen, faszinierend
neuen Licht erscheinen.
Das männliche Vokalensemble
VirCanto stellt hier einen
hellen nächtlichen Reigen vor,
in faszinierendem Wechsel
von solistischer Brillanz
und perfekter Verschmelzung
im Ensembleklang.
Mit Transkriptionen berühmter
Opernmelodien (Rossini / Verdi),
in denen die Klarinette den
feinfühligen Ausdruck der
menschlichen Stimme wiedergibt
und veredelt, gelingt es dem
Duo verborgene und selten zu
hörende Schätze zu heben.
swan fake
Uwaga! Plus Dortmunder
Philharmoniker
Uwaga! classical crossover –
einzig stilübergreifend.
Ein Album, das konsequent
die Grenzen der Klassik erweitert
mit virtuosen Musikern, die mit
ihrer Klangästhetik die Herzen der
Menschen zutiefst berühren.
ARS Produktion
ARS 38 220 (Hybrid-SACD)
Ausgabe 2016/4
CLASS : aktuell
Fanny Hensel
Felix Mendelssohn
Duette für 2 Soprane
Judith und Felicitas Erb
Doriana Tchakarova
Mozart con Tromba
Matthias Höfs, Trumpet
Anke Dill, Stefan Fehlandt,
Gustav Rivinius, Florian Wiek
ES-DUR ES 2068
MDG 947 1651-6 (Hybrid-SACD)
Vom Reiz der Musik Wolfgang
Amadeus Mozarts angezogen, von
der Freude auch, ihren virtuosen
und bekanntermaßen verspielten
Kern herauszufeilen, haben
sich der Trompeter Matthias Höfs
und seine Kammermusikpartner
leiten lassen und präsentieren
wundervolle Transkriptionen von
Werken wie dem ‚Kegelstatt-Trio‘
KV 498, dem Andante in C-Dur
KV 315 oder dem Konzert für
Flöte und Harfe KV 299. Mozart
aus einer ganz neuen Perspektive!
ARS Produktion
ARS 38 201 (Hybrid-SACD)
In dulci jubilo
Weihnachtliche Chormusik
der Romantik
Norddeutscher Figuralchor
Jörg Straube, Ltg.
C. P. E. Bach
4 Symphonies Wq 183
6 Sonatas Wq 184
Ensemble Resonanz
Riccardo Minasi
Auch mit dieser Einspielung
erhalten Freunde weihnachtlicher
Chormusik eine unkonventionelle,
abwechslungsreiche und niveau­volle Alternative zu vielen anderen,
mit Kitsch beladenen Weihnachtsplatten – eben besinnliche
Weihnachten.
Ensemble Resonanz und Dirigent
und ECHO Klassik-Gewinner
2016 Riccardo Minasi präsentieren
die 2. CD mit späten Werken von
C. P. E. Bach. Die Symphonien
Wq 183 werden mit großer Leiden­schaft gespielt, außerdem 6 kleine
Juwelen: Die Weltersteinspielung
der Bläsersonaten Wq 184!
ES-DUR ES 2070
Fritz Wunderlich
Arien aus Oper, Operette und Film
Brahms
Klaviersonate Nr. 3, op. 5
Berg
Klaviersonate, op. 1
Vincent Larderet, Klavier
Chor des Bayerischen Rundfunks
Münchner Rundfunkorchester
BR Klassik 900314
Diese Musik tut der Seele gut
und hat etwas Heilsames.
Es geht hier, zumindest vordergründig, „nur“ um Natur,
Blumen, Vögel, Jahreszeiten.
Interessant, dass z.Zt. wieder
solch eine Sehnsucht nach
„Idylle“ aufkommt, wie sie in
dieser Musik vorhanden ist.
Obwohl es mittlerweile fünfzig
Jahre her ist, dass Fritz Wunderlich
auf tragische Weise ums Leben
kam, blieb seine unvergleichliche
Tenorstimme unvergessen.
Auf der von BR Klassik anlässlich
seines 50. Todestages neu
veröffentlichten CD präsentiert
sich Fritz Wunderlich in
frühen, bislang nicht veröffent­
lichten Rundfunkaufnahmen.
ARS Produktion
ARS 38 217 (Hybrid-SACD)
Ausgabe 2016/4
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Jugend-Meisterwerke, die nur
50 Jahre trennen und in denen
sich schon das schöpferische
Genie mit einer außer­
gewöhnlichen Authentizität und
Reife deutlich abzeichnet.
Laderet gelingt auch mit dieser
Einspielung wieder eine
beeindruckende Interpretation.
CLASS : aktuell
Klassik:XL! Bravi! Bravissimi!
Ein herausragendes Klang- und Veranstaltungskonzept!
A
uch in diesem Jahr veranstaltete CLASS
ein Vorkonzert zum ECHO Klassik. Man
kann den Verantwortlichen nur gratulieren für die grandiose Idee und die
reibungslose Durchführung, denn so etwas organisiert sich nicht einfach von selbst. Eingeladen
wurde wie 2015 zum Benefizkonzert in den
großen Saal der Universität der Künste in Berlin.
Es mag ein Risiko sein, mit einem Kammerkonzert in einen so großen Saal zu laden, der einst
die Berliner Philharmoniker und Herbert von
Karajan beherbergt hatte. Und dennoch: alle
kamen, alle hörten und staunten... Mit bis auf
wenige Plätze ausverkauftem Parkett haben die
Berolina Ensemble
24
Ausgabe 2016/4
Veranstalter einen hervorragenden Zuspruch
erhalten. Kein Wunder, denn es standen sieben
hochkarätige Ensembles und Solisten auf dem
Programm, die allesamt in diesem Jahr einen
der begehrten ECHO-Klassik-Preise entgegennehmen konnten. Dazu ein Repertoire mit spannenden Begegnungen und einer klugen Mischung
Fotos: © www.sinissey.de - Sinisa Wagner
von Bekanntem – bisweilen im neuen Kleid –
aber auch völlig unbekanntem Repertoire. Sogar für den Kenner wimmelte es geradezu von
Trouvaillen, bei denen man sich unwillkürlich
fragte, warum diese Werke sonst nie im Konzertsaal präsentiert werden.
Und offenbar hatte es sich herum gesprochen,
dass bei dieser Konzeption eindeutig weniger die
Pflege der Abendgarderobe als die der Musik und
der Kunst der Interpretation im Vordergrund steht.
Einen roten Teppich suchte man bei
Klassik:XL allerdings vergeblich. Dafür gab es
ein pfiffig durchmoderiertes Konzert, bei dem
Steffen Schleiermacher und Holger Falk
ein gut gelaunter und hoch motivierter Steffen
Schleiermacher auch die längste Umbaupause
in einem musiktheoretischen Genuß verwandelte. Dass zudem noch eine Live-Übertragung
über Klassik:TV und eine Aufzeichnung für CD und
eine Sendung im Deutschlandradio stattfanden,
sei denjenigen zum Trost gesagt, die dieses Ereignis bisher verpasst haben.
Als Entree betrat das groß besetzte Berolina
Ensemble mit dem Oktett für Klavier, drei Violinen, Flöte, Klarinette, Violoncello und Kontrabaß in d-Moll von Waldemar von Bausznern die
Bühne. Ein fahler, fast monochromer Beginn im
Aurelia Shimkus
Ausgabe 2016/4
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Klavier, dazu wehte ein Unisono von Klarinette
und Violoncello verhalten in den Saal, immer
mehr Instrumente gesellten sich hinzu, um sich
schnell zu einem farbenprächtig leuchtenden
Gesamtklang aufzufüllen, bei dem die bestens
aufgelegten Bläser und Streichersolisten hervorragend mit dem Klaviersatz harmonierten.
Der erste Satz „Zug durch die Puszta“ ist wie
das ganze Oktett eine Reminiszenz des Kom­p o­
nisten an seine siebenbürgische Heimat. Er überrascht immer wieder durch rasche Stimmungswechsel und lässt durch manche pointierte
harmonische Wendung aufhorchen. Zugegeben,
CLASS : aktuell
Bassoon Consort Frankfurt
Waldemar von Bausznern ist heute allenfalls
kaum jemandem bekannt, „auch mir nicht“ –
wie Steffen Schleiermacher in seiner launigen
Anmoderation freimütig bekannte: „dabei hätte
dieser Komponist und dieses Werk es wahrlich
verdient, zumal er später in Berlin, sogar an
eben dieser Hochschule wirkte…“
In dieser Art ebenso kenntnisreich wie augenzwinkernd informiert, folgte mit „Czardas“ noch
der zweite Satz des Oktetts, bei dem die virtuose
Concert Royal Köln
Spielfreude der Solisten wie ein ansteckender
Funke übersprang; was für ein grandioser Auftakt mit viel verdientem Applaus!
Mit Erik Satie folgte ein ganz anderes Kapitel
– interessanterweise hat er in etwa dieselben
Lebensdaten wie von Bausznern, und er gehört
auch sicher zu den bekannteren Komponisten des
20. Jahrhunderts. Dennoch ist seine Musik irgendwie nicht im Bewusstsein des Konzertbesuchers
– möglicherweise ist seine Biografie mit dafür
Im Foyer gespannte Erwartung
26
Ausgabe 2016/4
verantwortlich, denn er hatte Zeit Lebens Probleme, sich mit Gelegenheitsarbeiten sei es für
Bühnenmusiken, sei es für Chanconiers finanziell über Wasser zu halten. Vielleicht entstand
gerade hieraus diese völlig überraschende
Musik, die der Bariton Holger Falk und Steffen
Schleiermacher am Klavier vor atemlos lauschendem Publikum zu Gehör brachten: Schon im
ersten Zyklus „Ludions“ – er ist dem Spätwerk
zuzurechnen und datiert aus dem Jahr 1923 –
faszinierte Holger Falk mit einer großen Bandbreite an Stimmfarben und seinem enormem
Stimmumfang. Seine Art der Präsentation ließ
genau erahnen, was der französische Text bedeuten könnte, auch wenn man der Sprache nicht
mächtig ist. Mit Steffen Schleiermacher hatte der
Sänger außerdem traumhafte Begleitumstände,
denn es gelang ihm den teils schlichten Klaviersatz,
den teils kargen, teils fremdartigen Akkordgefügen
ein sublimes klangliches Leuchten beizufügen.
Der Clou waren danach vielleicht die beiden
Stücke, zu denen der Text verschollen bzw. nicht
überliefert ist: In „Rambouillet“ pfiff ein völlig
gelöst wirkender Holger Falk die kurze Melodie
kurzerhand und zum Vergnügen des Publikums,
um in „Enfant-Martyre“ gar stimmlich und ansatzlos ins Posaunenfach zu wechseln… Mit dem
ohrwurmartigen „Je te veux“ und seiner dezent
aber höchst wirkungsvoll platzierten Mimik
landete Holger Falk einen absoluten Publikumserfolg, um sich dann – quasi in aller Stille –
mit der im feinsten pastellfarbenen Pianissimo
vorgetragenen „Elegie“ zu verabschieden. Das
war hinreißend, und hier hat die Jury des ECHO
CLASS : aktuell
Benefizkonzert „Klassik: XL“ Programm
8. Oktober 2016 , 19:00 Uhr
Konzertsaal der Universität der Künste, Hardenbergstraße / Ecke Fasanenstraße
Durch das Programm führte der Komponist und Pianist
Steffen Schleiermacher
Künstler / Programm CD
ECHO Klassik-Preisträger 2016
„Kammermusik-Einspielung“ 19. Jh. / gemischtes Ensemble
Berolina Ensemble
Waldemar von Bausznern (1866-1931) – Oktett (1. + 2. Satz),
Zug durch die Puszta + Czardas
MDG 948 1937-6 (Hybrid-SACD)
ECHO Klassik-Preisträger 2016
„Solistische Einspielung / Lied / Gesang“
Holger Falk Bariton +
Steffen Schleiermacher Klavier
Erik Satie (1866-1925) – Mélodie et Chansons
Klassik tatsächlich eine Trouvaille mit Traumbesetzung ausgezeichnet.
Aurelia Shimkus sieht man es nicht an.
Aber tatsächlich gehört sie zu denjenigen jungen
Wilden, die mit Macht und blendender Virtuosität
aber gleichzeitig bescheidener Anmutung die
Bühne stürmen. Liszt B-A-C-H ist sicher kein
Randrepertoire, und wenn man das zur Auf­
führung bringt, dann ist man bestrebt alles an
technischer Raffinesse auf die Tasten zu fokussieren. Man kann sich gut vorstellen, dass der
junge Liszt ebenso kühn das Publikum zwischen
Verzückung und Raserei führte, wie er die Klaviertechniker zur Verzweiflung gebracht haben muss.
Mit dem Choral aus Bach / Busoni „Ich ruf
zu Dir, Herr Jesu Christ“ setzte Aurelia Shimkus
noch einen veritablen Kontrapunkt, denn wenn
Liszt auch das Thema B-A-C-H deutlich und andauernd verwendet, eben weil es harmonisch
so überaus spannend ist, so hat das Werk (wie
vermutlich Liszt auch) mit Bach als Komponisten
gar nichts gemein. Ganz anders Busoni, der
als großer Klaviervirtuose viele Werke Bachs
bearbeitet, kommentiert und sogar komposi­
torisch erweitert hat.
Irgendwo zwischen „Er müsste Meer heißen,
statt Bach“ (Beethoven) und „kein Tach ohne
Bach“ (Kardinal Meissner) lokalisiert sich das
Bassoon Consort Frankfurt: Acht Fagottisten samt
Kontrafagott gruppieren sich um ihren Mentor
Hendrik Rabien, der zunächst aus päda­go­gi­
schen Gründen die Goldbergvariationen für seine
Studenten arrangierte. Zu wechselnden Besetzun­
gen vom tiefsten Baß- bis zum schmeichelnden,
MDG 613 1926-2
ECHO Klassik-Preisträger 2016
„Nachwuchskünstlerin Klavier“
Aurelia Shimkus Klavier
Franz Liszt (1811 - 1886)
Fantasie + Fuge über das Thema B-A-C-H
ARS 38196 (Hybrid-SACD)
ECHO Klassik-Preisträger 2016
„Kammermusikeinspielung“ 17. / 18. Jh. / Bläser
Bassoon Consort Frankfurt Fagott-Oktett
Johann Sebastian Bach (1685 - 1750)
Goldbergvariationen (Auszug)
MDG 903 1914-6 (Hybrid-SACD)
Pause
ECHO Klassik-Preisträger 2016
„Surround Einspielung“ erste 3D Kopfhörer Aufnahme
Concert Royal Köln
Johann Georg Linike (ca. 1680 - 1762) – Sonate für Violine,
Oboe und Bc + Sonate für 2 Oboen und Bc
Musicaphon M56972 (Hybrid-SACD)
ECHO Klassik-Preisträger 2016
„Editorische Leistung des Jahres“
Doris Hochscheid Cello + Frans van Ruth Klavier
Rudolf Escher (1912 - 1980)
Sonate concertante
Audiomax 903 1910-6 (Hybrid-SACD)
ECHO Klassik-Preisträger 2016
„Nachwuchskünstler Geige“
Friday Nights with Yury Revich Festival Ensemble Guiseppe Tartini (1692 - 1770) – Teufelstrillersonate
Antonio Vivaldi (1678 - 1741)
ARS 38170
Der Sturm aus „Die vier Jahreszeiten“
(Hybrid-SACD)
Der Sender Klassik.TV übertrug das Konzert live und stellt es für Sie auf seiner Internetseite
bereit unter: www.klassik.tv/live/klassikxl-2016.html
Ausgabe 2016/4
27
CLASS : aktuell
Frans van Ruth und Doris Hochscheid
bisweilen koboldhaften Diskantregister hat er
wortwörtlich die Vorlage übertragen und vergnüglich aufgeführt. Dass das rauschhafte 16telPerlen eines Cembalos nicht zu erwarten ist,
sollte klar sein. Dennoch überrascht bei aller
satter Tieftönigkeit die strukturelle Durchhörbarkeit der Stimmen, was sicher auch auf die
geschickte stereophone Verteilung zurück zu
führen ist. Vielleicht wäre eine schlüssigere
Verbindung der einzelnen Variationen ohne aufwendiges Blättern wirkungsmächtiger gewesen –
aber das Ensemble hat die abschließenden fünf
Variationen in aller Opulenz und virtuoser Klangpracht aufgeführt, und die mit fagottistischen
Auszierungen versehene Aria entließ das Publikum
rundum heiter gestimmt in die Konzertpause.
Mit Johann Georg Linike betrat das schon
im vergangenen Jahr ausgezeichnete Concert
Royal die Bühne der UdK. Linike stammt aus
Mecklenburg und lebte etwa zur Zeit Bachs.
Der Musikgeschmack hatte sich schnell geändert und seine Musik schlummerte seitdem in
irgendwelchen Archiven völlig unbeachtet, bis
sie für die CD-Aufnahme entdeckt wurde. Seine
Sonate für 2 Oboen und Bc. und für Violine und
Oboe mit Bc. wurden stilrein in alter Stimmung
präsentiert. Es braucht immer einen Moment
der Umstellung, aber wenn dann bisweilen Akkorde in unvergleichlicher Reinheit im Raum
entstehen und andere durch die Stimmung eine
zusätzliche Spannung erhalten, dann gibt das
der Musik doch ein besonderes Hörerlebnis,
das uns durch die gleichschwebend temperierte
Friday Nights with Yury Revich Festival Ensemble
Stimmung abhanden gekommen ist. Faszinierend,
wie sich Karla Schröters herber Oboenklang mit
dem so weich und klar konturierten Generalbaß
von Cembalo und Cello ergänzte. Vielleicht hätte
eine reichere Akustik – etwa einer barocken
Kirche – dieses Ensemble noch viel besser zur
Geltung gebracht. In jedem Fall ist diese Musik
eine veritable Entdeckung, zu der man Musikern und Produzenten nur gratulieren kann.
Wenn eine Serie von sieben CDs mit einem
ECHO Klassik für die editorische Leistung ausgezeichnet wird, dann erübrigt sich die Frage
„Braucht man das?“, die Steffen Schleiermacher
rhetorisch in den Saal rief: „Die niederländische
Cellosonate! Natürlich braucht man das...“ In der
Tat haben Doris Hochscheidt und Frans van Ruth
einen immensen Schatz von zum Teil völlig unbekannten Cellosonaten aus ihrem Land entdeckt
und aufgeführt. Und dabei haben sie Bezüge
zu allen Musikern und europäischen Musikmetropolen herstellen können. So hat z.B. Julius
Röntgen, dessen „Cinq Morceaux“ sie spielten,
zusammen mit Brahms als Dirigent dessen
2. Klavierkonzert aufgeführt.
Die jahrelange gemeinsame musikalische
Arbeit der Musiker teilte sich unmittelbar mit.
Die beiden bilden ein wirkliches Duo, nicht ein
mal eben zusammengestelltes ad hoc Ensemble.
Da sitzt jede Phrase, da stimmt jeder Atmer,
jede Zäsur, der Zusammenklang, die Intonation.
Dass sie zudem auf sämtliche Starallüren verzichten und nicht sich selbst, sondern die Musik in
den Mittelpunkt rücken, machte diesen Auftritt
28
Ausgabe 2016/4
besonders sympathisch. Als Zugabe erklang das
Werk „Extase“ von Josph Hollmann – der in
Paris mit Saint-Saens zusammen traf. Vielleicht
erklärt dies, dass sich hinter dem (für uns heute)
eher irreführenden Titel eine ergreifend schöne
Musik verbirgt – wie uns die Moderation verhieß – der eigentlich „noch schönere“ niederländische Schwan...
Nach dieser stillen Ekstase stand Friday
Nights with Yury Revich Festival Ensemble in
der Vorankündigung, und als Guiseppe Tartinis
Teufelstrillersonate auf den Notenpulten stand,
war klar, dass hier solistische Glanzleistungen
programmiert waren. Die der Legende nach vom
Teufel höchstselbst im Traum eingegebenen
Vertracktheiten gehörten seinerzeit zum Unerhörtesten, was man sich vorstellen konnte, und
auch heute macht mancher Virtuose gern einen
weiten Bogen um solche Werke, erwartet das
Publikum doch (vermutlich völlig zurecht) ein
Feuerwerk an Artistik und Fingerfertigkeit. Jedenfalls hat Yury Revich diesbezüglich niemanden
enttäuscht, wenn er teils deftig, aber stets mit
viel Energie und Temperament seine breite
Ausdruckspalette in Ton und Gestik vorführte.
Mit dem Sturm aus Vivaldis Jahreszeiten rauschte
schließlich noch eines der populärsten Werke
der Musikgeschichte über die Bühne, bevor
sich alle Beteiligten mit langem, höchst verdientem Applaus von den über 900 Zuhörern
im Saal verabschiedeten.
Fazit: Ein grandioses Erlebnis! Lisa Eranos
Im Blickpunkt
CLASS : aktuell
Kammermusik
W.A. Mozart (1756 -1791)
Frühe Streichquartette Vol. 1
KV 80, 155, 159, 169, 170
Leipziger Streichquartett
Alte Musik
Jean Sibelius (1865 -1957)
Streichquartette op. 56 & JS 183
Leipziger Streichquartett
MDG 307 1957-2
MDG 307 1975-2
Mit Mozarts zehn berühmten Streichquartetten hat das Leipziger Streichquartett bereits vor Jahren für Furore
gesorgt. Jetzt widmet sich das vielfach
preisgekrönte Ensemble den nahezu
unbeachteten Jugendwerken des Salzburger Meisters – mit eindeutigem Ergebnis: Vor allem die unnachahmliche
Geschmeidigkeit der Melodien zeigt den
überbordenden Einfallsreichtum des
noch jungen Genies.
Zeitvertreib
Die fünf eingespielten Quartette
komponierte Mozart im Alter von 14
bis 17 Jahren, das erste davon, KV 80,
während einer Übernachtung auf der
Reise nach Mailand in einem Gasthof in
Lodi, aus Langeweile, wie Vater Leopold
nach Hause schrieb. Vor allem die langsamen Sätze überzeugen, und wenn die
Perfektionierung der Satzkunst in den
schnellen Sätzen noch nicht immer mit
den geradezu sprudelnden Ideen mithalten kann, so entsteht doch immer ein
überaus frischer Eindruck, der manche
muntere Überraschung bereithält.
Wie in manchen Quartteten aus
Haydns Feder beginnt KV 170 mit einem Variationensatz. Aber schon das
Thema ist alles andere als konventionell: Eine eingeschobene Pause bricht
die „klassische“ Symmetrie, und dass
nicht alle Variationen genau wie die
Vorlage wiederholt werden, sorgt für
zusätzliche Spannung. Das Leipziger
Streichquartett präsentiert diese Stücke
mit der richtigen Mischung aus Unbefangenheit und Souveränität, die jetzt
schon Lust auf die Fortsetzung macht!
Schon mit den ersten Tönen seines
Streichquartetts „Voces intimae“ entführt
Jean Sibelius den Hörer in eine faszinierende nordische Vorstellungswelt.
Und gleichzeitig beendet er eine persönliche Schaffenskrise, die alles Spätromantische hinter sich lässt und den
Weg in eine moderne und gleichzeitig
höchst individuelle Tonsprache weist. Das
Leipziger Streichquartett setzt diesem
Meilenstein ein Jugendwerk zur Seite,
das mit originellen Einfällen überrascht,
dabei aber höchsten kompositorischen
Ansprüchen genügt.
Offene Frage…
Als Abschlussarbeit verfasste Sibelius
das a-Moll-Quartett 1889 und gewann damit höchste Anerkennung. Dass der Student den Kontrapunkt perfekt beherrscht,
belegen schon aufregende Fugato-Passagen im Kopfsatz; ob allerdings auch
die Anklänge an den heute in Finnland
so populären Tango an der Hochschule
gelehrt wurden, bleibt offen…
Das Leipziger Streichquartett findet
in dieser Neueinspielung in neuer Besetzung zu einer Ausdruckstiefe, die
Ihresgleichen sucht. Man hört überschäumend-wilde Ausgelassenheit in den
Finalsätzen, die in größtmöglichem Kontrast zum einsam-verlassenen Beginn
steht! Mit dem frühen a-Moll-Quartett
liefern die Leipziger eine hochwillkommene Repertoirebereicherung.
Ulrich Leyendecker (*1946)
Streichquartette 1 - 3
Quintett für Baßklarinette und
Streichquartett
Minguet Quartett
Volker Hemken, Baßklarinette
Musicaphon M55724
Ulrich Leyendecker gehört zu den
wichtigsten deutschen Komponisten
seiner Generation. Er nahm bereits als
Jugendlicher privaten Kompositionsunterricht. 1965 -1970 studierte er an
der Musikhochschule Köln bei Günter
Ludwig Klavier und bei Rudolf Petzold
Komposition. Wie viele andere Komponisten seiner Generation nahm Leyendecker an den Darmstädter Ferienkursen
für Neue Musik teil und beschäftigte
sich intensiv mit seriellen Kompo­si­
tions­techniken. 1971 erfolgte ein Ruf
als Theorielehrer an die Musikhochschule Hamburg, wo Leyendecker 1981
Professor für Musiktheorie und Komposition wurde. Von 1994 bis 2005 war
er in gleicher Position an der Musikhochschule Mannheim-Heidelberg tätig
und lebt seither als freier Komponist.
Er erhielt zahlreiche Ehrungen: u.a.
Stipendien der „Villa Massimo“ in Rom
und der „Cité Internationale des Arts“
in Paris, die Mitgliedschaft in der freien
Akademie der Künste in Hamburg und
den „Eduard van der Heydt-Preis“ seiner
Heimatstadt Wuppertal.
Spannungsgeladen
und klangsinnlich
Leyendeckers Werk beinhaltet Sinfonien und Solokonzerte, Kammermusik
für Streichquartett, Klaviertrio, Klarinettentrio, Klavierduo sowie verschiedene
andere Besetzungen und viele Werke für
Soloinstrumente.
Seine Musik zeichnet sich durch
spannungsgeladene Lebendigkeit und
klang­sinnliche Farbigkeit aus. Sie bewahrt eine „Rest-Tonalität“ und entwickelt aus kurzen Grundgestalten großbögige Formverläufe.
Ausgabe 2016/4
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„Insane Harmony“
Werke von Purcell, Lawes, Tomkins,
Locke & Williams
Musica Alta Ripa
MDG 309 1961-2
Erstaunliches Ergebnis: Während
überall auf dem europäischen Kontinent
Italiener und Franzosen um die musikalische Deutungshoheit kämpfen, hält
sich für einen kurzen Zeitraum zwischen
1650 und 1700 eine sehr eigene britische
Tonsprache. Henry Purcell erweist sich in
seiner „Fantazia“ dabei als großartiger
Dramatiker, der auch einfachste Motive
kontrapunktisch und mit großer Virtuo­
sität ausarbeitet, mit aufregenden harmonischen Wendungen. Unbekümmert
verbindet er die alte höfische „Pavane“
mit der avantgardistischen „Chaconne“
zu einem phänomenalen Satzpaar.
Brexit
Bizarre Einfälle, verbunden mit oft
melancholischem Ausdruck, prägen
auch die Werke seiner Zeitgenossen:
Von William Lawes, der in den Wirren des
englischen Bürgerkriegs einer Kugel
zum Opfer fiel, über Thomas Tomkins,
dessen Musik noch stark von der elisabethanischen Ära geprägt ist, bis zu
William Williams, der sich dem Einfluss
Corellis dann nicht mehr vollständig
entziehen kann, spannt sich ein reich
ausgestatteter Bogen.
Dass Musica Alta Ripa sich dieser
Epoche annimmt, erweist sich als ein
wahrer Glücksfall. Mit viel Gespür für
die oft eigentümlichen Schwingungen
der englischen Musik zelebrieren die
Hannoveraner Barockspezialisten ein
Klangfest der Extraklasse – eine echte
Bereicherung!
Im Blickpunkt
CLASS : aktuell
Orchester
Franz Schreker (1878 -1934)
Orchestermusik aus den Opern:
Symphonisches Zwischenspiel
aus „Der Schatzgräber“
Vorspiel aus „Die Gezeichneten“
Vorspiel aus „Das Spielwerk“
Vorspiel zu einer großen Oper
Nachtstück aus „Der ferne Klang“
Royal Swedish Orchestra
Lawrence Renes
BIS-SACD-2212
Die Uraufführung der Oper „Der ferne
Klang“ in Frankfurt bescherte Franz
Schreker 1912 den Ruf als einer der
besten Komponisten seiner Zeit; Arnold
Schönberg nannte ihn „einen der herausragendsten unter uns“. Seine expressionistischen Opern (meist auf eigene
Libretti) mit ihrer Symbolik, Erotik und
opulenten Klanglichkeit waren durchweg
triumphale Erfolge und erreichten zeitweise höhere Aufführungszahlen als
diejenigen von Richard Strauss. Und
doch geriet sein Werk seit den 1930er
Jahren zunehmend in Vergessenheit.
Spätes Interesse
Erst seit den 1970er Jahren zeigt
sich wieder Interesse am Schaffen
dieses ungewöhnlichen Komponisten.
Diese Entwicklung ist nicht verwunderlich, denn auch Schreker war als Jude der
Verfolgung durch die Nazis ausgesetzt.
Schon 1932 wurde auf Grund des NSTerrors die in Freiburg geplante Uraufführung seiner Oper „Christophorus“
von Schreker selbst zurückgezogen, und
er wurde zum Rücktritt von seinem Amt
als Direktor der Berliner Musikhochschule gezwungen, die er seit 1920 geleitet hatte. Und verschwand zu dieser
Zeit deshalb auch von den Spielplänen.
Die Musik selbst ist oft Sujet in seinen
Opern, und daher sind die rein orchestralen Abschnitte der Werke von
größerer dramaturgischer Bedeutung
als bei anderen Komponisten. Schon
Schreker selbst präsentierte sie gern
in Konzerten und zeigte dabei seine
ganze Kunst der Orchestrierung.
Klavier
Viva Voce
Symphonic Christmas
Enrique Ugarte
Russische Kammerphilharmonie
St. Petersburg
A-cappella-Band Viva Voce
„Calligraphy“
Asia Piano Avantgarde
Vol. 2 Japan (1960 - 2012)
Steffen Schleiermacher, Klavier
MDG 613 1935-2
MDG 613 1980-2
Rondeau Production ROP6136
Viva Voce – Symphonic Christmas: Die
A-cappella-Band Viva Voce und die Russische Kammerphilharmonie St. Petersburg bieten auf ihrer aktuellen Weihnachts-CD eine perfekte Mischung aus
höchster orchestraler Darbietung und
der großen Kunst musikalischer Unterhaltung. Unter der Leitung von Maestro
Enrique Ugarte präsentiert das Orchester
zusammen mit ehemaligen Sängern des
Windsbacher Knabenchors klassische
Weihnachtslieder in völlig neuem Gewand. Frosty, der Schneemann, hat für
diese Einspielung den Swing-Mantel gewählt, eine Weihnachtsgans irgendetwas
völlig falsch verstanden und auch kulinarische Problemzonen sind kein Tabu.
Die Vokalkünstler David Lugert,
Bastian Hupfer, Mateusz Phouthavong,
Heiko Benjes und Jörg Schwartzmanns
singen wechselweise peppig, rhythmisch oder besinnlich gegen Konsumterror und Geschenkewahn an. Das Fazit: „Wir schenken uns nix“ – außer
diese abwechslungsreiche Einspielung.
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Federico Mompou (1893 -1987)
Fêtes Lointaines
Steffen Schleiermacher, Klavier
„Calligraphy“ beschäftigt sich mit
japanischer Avantgardemusik zwischen
1960 und 2012. Das Album repräsentiert
japanische Kompositionskunst in einer
großen Breite. Die Reflexion der jahrtausende alten Musiktradition des Landes
bildet dabei eine verbindende Klammer.
„Mai – uralte japanische Tanzmusik“
von Toshio Hosokawa bezieht sich auf
das traditionelle No-Theater. Die Komposition spielt mit den Kontrasten von
Klang und Stille, Bewegung und Ruhe,
wobei Naturlaute eine wesentliche Rolle
spielen. Keijiri Satohs „Calligraphy“ verwendet ähnliche Kontraste, allerdings
viel feiner ziseliert, wie eine kunstvolle
Buchhandschrift.
Schönschrift
Joji Yuasas „Projection Esemplastic“
entstand 1962 und ist ein fernöstlicher
Beitrag zur Fluxus-Bewegung. Grafische
Figuren bestimmen das Bild der Partitur; Linien, die vielleicht Beziehungen
suggerieren, müssen vom Spieler mit
Leben gefüllt werden, und die wenigen
richtigen „Noten“ werfen mehr Fragen
auf, als dass sie Anweisung geben…
Mit solchen Stücken kennt sich
Steffen Schleiermacher bestens aus. Bereits zum wiederholten Mal widmet sich
der umtriebige Komponist und Pianist
einem rein fernöstlichen Programm.
Und wieder einmal gelingt ein äußerst
hörenswertes Portrait einer Musiklandschaft, die hierzulande viel zu wenig
Beachtung findet.
Ausgabe 2016/4
„Fêtes lointaines“ ist die zweite Folge
mit sehr eigentümlichen Klavierwerken
Federico Mompous, die Miniaturen aus
der Zeit zwischen 1914 und 1921 enthält. Schon in diesen frühen Werken ist
die äußerst undramatische Melancholie
zu verspüren, die das gesamte Schaffen
durchweht. Und wieder gelingt es Steffen
Schleiermacher, die wenigen Töne in
geheimnisvolles Leuchten zu hüllen, das
den kurzen Stücken einen geradezu überirdischen Reiz verleiht.
Magische Klänge
„Cants mágics“ sind die ersten gedruckten Stücke aus Mompous Feder.
Glockenartige Klänge bestimmen das
Geschehen. Ob seine Herkunft aus einer
Glockengießerfamilie etwas damit zu tun
hat? Die Begeisterung für Chopin hat in
den „Trois variations“ ihren Niederschlag
gefunden, dessen Thema von geradezu
entwaffnender Schlichtheit ist. Aber besonders das abschließende Nachtstück
wartet mit luxuriöser Harmonik auf, bevor das Werk in klassisch-mompouscher
Manier im Unbestimmten verweht.
Auch in „Charmes“ verweigert sich
Mompou jeder musikalischen Entwicklung. Die Klänge sind einfach da und
irgendwann auch wieder weg. Darin
ähnelt er Erik Satie, den er in Paris noch
kennen- und schätzen gelernt hat. Der
Steinway D-Flügel „Manfred Bürki“ kann
in dieser ganz besonderen Produktion
unter Steffen Schleiermachers sensiblen
Fingerspitzen seine ganze durchsichtige Farbigkeit präsentieren – auch ohne
lautes Auftrumpfen, ein magisches Fest
für empfindsame Hörer!
Im Blickpunkt
CLASS : aktuell
Klavier
Portrait
Schumann und die Sonate II
Robert Schumann
Allegro op. 8
Sonate fis-Moll op. 11
Sonate g-Moll op. 22
Florian Uhlig, Klavier
Amanda Maier (1853 -1894)
Werke Vol. 1: Violinkonzert d-Moll
Klavierquartett e-Moll
Schwedische Lieder und Tänze
Gregory Maytan, Violine; Bernt Lysell, Viola;
Sara Wijk, Cello; Ann-Sofi Klingberg, Klavier
Helsingborg Symphonieorchester, Andreas Staehr
hänssler Classic CD HC16081
Florian Uhlig stellt sich auf diesem
Album einer der schwierigsten Aufgaben der gesamten Klaviermusik: Robert
Schumanns zweiter Klaviersonate. Mit
ihren paradoxen Tempovorgaben und
ihrem enormen technischen Anspruch hat
diese Sonate Generationen von Pianisten
in die Klausur getrieben: Wie um Himmels
Willen soll man ein solch komplexes,
dabei zugleich aber emotionsgeladenes
Werk zur Geltung bringen?
Komplett, nicht
komplex
Florian Uhlig zeigt wie es geht. Bei
ihm klingt alles ganz natürlich, flüssig.
Technische Belange scheinen eine ganz
untergeordnete Rolle zu spielen. Stattdessen kümmert sich Uhlig lieber um
den Werkzusammenhang. Besonders interessant wird die Aufnahme durch den
Einbezug des von Schumann verworfenen, ursprünglichen Finales und eines
Allegros (Op. 8), das in engem Werkzusammenhang steht mit Schumanns erster Sonate Op. 11, die auf diesem Album
ebenfalls bewundert werden kann. Und so
zeigt sich wieder einmal Uhligs Anspruch,
die bislang zwar kompletteste Einspielung des Schumann-Klavierœuvres vorzulegen, zum Glück aber eben nicht die
komplexeste. Sehr wohltuend, dass sich
hier jemand mehr um wirkliche Musik
kümmert, als um vordergründigen Effekt!
dbProductions DBCD174
(Ersteinspielung)
Immer noch und immer wieder hält die Musik­
geschichte ungehobene Schätze und Überraschungen
bereit. Das schwedische Label dbProductions nimmt sich
jetzt der Werke von Amanda Maier an. Die war verhei­
ratet mit Julius Röntgen (einem Komponisten und Vetter
des berühmten Physikers Wilhelm Conrad Röntgen) und
eine enge Freundin von Edvard Grieg, Johannes Brahms,
Anton Rubinstein, Joseph Joachim und vielen anderen
Größen ihrer Zeit. Die junge Schwedin (ihr Vater, Carl
Eduard Maier, stammte aus Riedlingen) erhielt eine Ausbildung an Geige und Klavier und studierte schließlich in
Leipzig als Privatstudentin von Engelbert Röntgen, Carl
Reinecke und Ernst Friedrich Richter. Nach der sehr erfolgreichen Uraufführung ihres Violinkonzerts in Halle an
der Saale (1875) mit ihr selbst als Solistin folgten ausgedehnte Konzerttourneen. Nach ihrer Heirat 1880 trat sie
nicht mehr als Violinistin auf, komponierte aber weiterhin.
Ein bisher ungehobener
Schatz
In Amsterdam, wohin sie mit ihrem Mann übersiedelt
war, führte sie einen sehr beeindruckenden musika­
lischen Salon (das ausführliche Booklet zur CD bietet
bezüglich ihres Lebens viele unbekannte Fakten und
gleichzeitig ein interessantes Zeitbild). Gesundheitlich
war Maier schon ab 1887 angeschlagen. 1891 schrieb
sie ihr letztes großes Werk, das ambitionierte Klavierquartett in e-Moll. Hier vorgestellt von Gregory Maytan,
Bernt Lysell, Sara Wijk und der Grammy-Gewinnerin
Ann-Sofi Klingberg am Klavier.
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Im Blickpunkt
CLASS : aktuell
Chor
Lied
CARL PHILIPP EMANUEL
BACH
Sofia Gubaidulina (*1931)
Sonnengesang für Cello, Kammerchor und Schlagzeug
Jauchzt vor Gott für Chor und Orgel
Hell und dunkel für Orgel solo
Christian Schmitt, Orgel; Ivan Monighetti, Cello
Elbtonal Percussion
NDR Chor, Philipp Ahmann
BIS-SACD-2276
A Verlaine Songbook
Lieder von
Claude Debussy, Poldowski,
Maurice Ravel, Jósef Szulc,
Déodat de Séverac, Gabriel Fauré,
Ernest Chausson, Camille Saint-Saëns,
Reynaldo Hahn, Charles Bordes
Carolyn Sampson, Sopran
Joseph Middleton, Klavier
BIS-SACD-2233
Sofia Gubaidulina, die am 24. Oktober 2016 ihren
85. Geburtstag feiern konnte, bekommt zu diesem Anlass
vom NDR Chor unter der Leitung von Philipp Ahmann ein
schönes Geschenk auf dem Label BIS präsentiert: Die
Erst­einspielung ihres Chorwerkes „Jauchzt vor Gott“. In
dem neunminütigen Werk für Chor und Orgel vertont
Gubaidulina drei Verse aus Psalm 66. Dieser Komposi­
tion folgt auf der SACD das Orgelwerk „Hell und Dunkel“,
bereits 1976 geschrieben, und den Abschluss bildet der
großformatige „Sonnengesang“ für Cello, Kammerchor
und Schlagwerk. Ein höchst ungewöhnlich besetztes Werk
mit dem Cello als Solisten (sie widmete die Komposition
Mstislav Rostropowitsch); der Chor singt die berühmten
Verse des Franz von Assisi.
54
HC16000
CDs
Mit der Gesamtaufnahme aller Werke
für Klavier solo und für Orgel.
Außerdem enthalten sind Konzerte für
diverse Soloinstrumente, Sonaten,
Sinfonien, Kammermusik
und das Magnificat.
Mit u. a.
Julian Steckel, Michael Rische,
Ana-Marija Markovina, Dorothea Seel
Bach-Collegium Stuttgart,
Camerata Salzburg, Helmuth Rilling
und Sir Roger Norrington.
Im Vertrieb der NAXOS Deutschland GmbH
www.naxos.de · www.naxosdirekt.de
Repräsentative
Veröffentlichung
Eine durchaus repräsentative Veröffentlichung mit
Musik einer Komponistin, die ihr gesamtes Schaffen religiös
motiviert und geprägt sieht. Seit zwei Jahrzehnten gehört
Sofia Gubaidulina zusammen mit Alfred Schnittke und
Edisson Denissow zu den führenden, weltweit anerkannten
Komponisten Russlands der Ära nach Schostakowitsch.
Sofia Gubaidulina lebt seit 1992 in Deutschland und
wohnt in Appen (Kreis Pinneberg). Sie ist Mitglied der
Akademie der Künste in Berlin, der Freien Akademie der
Künste in Hamburg sowie der Königlich Schwedischen
Musikakademie Stockholm sowie Ehrenmitglied der
American Academy of Arts and Letters. Im Jahre 1990 wurde
sie zum Mitglied des Komitees für Verleihung der LeninPreise ernannt. Im Jahre 1999 wurde sie in den Orden
Pour le mérite aufgenommen. Seit dem Jahre 2001 ist sie
Ehrenprofessorin des Konservatoriums von Kasan, seit 2005
auch an den Konservatorien von Beijing und Tianjin.
32
In seiner „Art poétique“ erklärt
Paul Verlaine, dass Dichtung vor allem
musikalisch sein soll („Musik, Musik vor
allen Dingen“). Seine hochmusikali­schen
Verse bringen feinste Gefühls­regungen
und Zwischentöne zum Ausdruck; die
Thematik reicht dabei von morbider
Erotik bis zu ekstatischer Frömmigkeit.
Der Vers soll Musik sein, eine Harmonie
von Tönen, ein flüchtiger Rausch, der
die Grenzen der Form verwischt und die
Farben nur als Nuancen wiedergibt.
Nicht mehr
fassbar
Das im Schwebezustand verharrende
Gedicht wird zum Pendant einer begrifflich nicht mehr fassbaren Welt. Diese
besondere Qualität seiner Werke fiel
Komponisten schon zu seinen Lebzeiten
auf, und der im realen Leben so versagende Verlaine ist so oft vertont worden
wie kaum ein Dichter nach ihm. Für ihr
Verlaine Songbook haben Sampson und
Middleton Lieder von zehn Komponisten
ausgesucht, darunter zwei komplette
Zyklen: Faurés „La Bonne Chanson“
und Debussys „Ariettes oubliées“. Die
33 Lieder auf dieser SACD beziehen sich
auf 25 Gedichte; wobei es interessant
ist, die Doppelungen zu vergleichen.
Alle Lieder entstanden innerhalb der
kurzen Spanne von nur 35 Jahren, und
dennoch sind die stilistischen Unterschiede enorm. Ein Beweis dafür, wie
unterschiedlich die künstlerischen Tem­
peramente auf Verlaines vielschichtige
Lyrik reagieren.
Ausgabe 2016/4