Datum: 24.11.2016 Versicherte als Risikoträger PK le-Pläne bieten Chancen, beinhalten aber auch Risiken. Vorsorgeeinrichtungen zwingen vermehrt zum Kapitalbezug, um ihre Bilanz zu entlasten. FREDY HÄMMERLI ie le-Pläne sind eine feine rere Versicherer haben bereits Produkte mindest für den überobligatorischen Teil Sache: Für Lohnkomponen- für le-Vorsorgepläne vorbereitet und werten über 126 900 Franken den nun damit auf den Markt kommen», dürfen Pensionskassenver- weiss feröme Cosandey, Altersvorsorgesicherte seit 2006 selbst ent- experte bei der Denkfabrik Avenir Suisse. scheiden, wie sie ihr Vorsorgeguthaben Viele Kassen werden auch dazu überanlegen möchten. Wer eine eher risiko- gehen, von ihren Versicherten für solche reiche Strategie mit hohem Aktienanteil le-Pläne den Kapitalbezug statt der Rente fährt, hat gute Chancen, seine Rente auf- zu verlangen. Manche davon sogar schon zubessern. Er trägt aber auch ein erhöhtes Risiko. Denn Garantien gibt es dafür künf- Die SBB haben tig nicht mehr. ihre Pläne nach Voraussetzung ist allerdings, dass die heftigen entsprechende Vorsorgeeinrichtung überProtesten haupt solche e -Pläne (so benannt nach Artikel auf Eis gelegt. e BVV2) anbietet. Und das ist heute erst bei ihres Altersguthabens. Vorreiterin war die Pensionskasse von Novartis, die ihre Mitglieder für Lohnbestandteile über 150 000 Franken zum Kapitalbezug verpflichtet. IBM setzt die Schwelle gar beim absoluten Minimum von 84 600 Franken an. Und bereits hat die Credit Suisse angekündigt, dass sie für Lohnkomponenten über 126 900 Franken ebenfalls nachziehen will, sobald das revidierte Gesetz in Kraft ist, also spätestens auf 2018. Entschlackung der Bilanz Aus Sicht der Arbeitgeber, namentlich von Grossunternehmen, die nach den internationalen Standards IAS/IFRS oder für Lohnanteile über 84 600 Franken. US-GAAP bilanzieren, ist dieses Verhalten Denn die Vorschriften des Gesetzes über «attraktiv», wie Hansruedi Scherer und ganz wenigen voll- und teilautonomen Kassen der Fall. die berufliche Vorsorge (BVG) gelten nur für den obligatorischen Lohnanteil unterhalb der Schwelle. Darüber sind sie in der Gestaltung ihrer Vorsorgereglemente frei. Grund dafür: Wegen einer eher schlampigen Gesetzes- formulierung galten in der Vergangenheit auch für ePläne die Garantieleistungen des Freizügigkeitsgesetzes. Clevere Vorsorgesparer wählten also die risikoreichste Strategie und durften Verluste auf ihre Pensionskasse abwälzen, die Gewinne dagegen einsacken. Das soll nun ändern. Voraussichtlich Mitte 2017, sobald die zugehörige Verordnung steht, tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, wonach die Versicherten das Risiko für ihre frei ge- Lukas Riesen, Partner beim Pensionskassen-Beratungsunternehmen PPCmetrics, meinen. Denn damit lassen sich ihre Bilanzen von latenten Risiken und RückUnd das heisst, dass sie auch den vollen stellungen für nicht genügend gesicherte Kapitalbezug verlangen können. Rentenleistungen befreien. «Das Risiko Im obligatorischen Teil des BVG haben einer Unterdeckung sinkt, weil das Andie Versicherten die Wahl zwischen Kapi- lagerisiko vor der Pensionierung auf den tal und Rente, wobei der Rentenbezug mit Angestellten übertragen wird», argumen80 Prozent der Regelfall ist. Ist das Kapital verbraucht oder verspekuliert, kann es zu tiert auch Adrian Tones, Direktor Steuer Härtefällen kommen. Sozialminister Alain und Rechtsberatung bei PwC. Berset befürchtet, dass dann die öffent- In die gleiche Richtung zielen Pen- sionskassen, die eine Flexibilisierung der liche Hand mit Ergänzungsleistungen einRenten im Überobligatorium eingeführt springen muss, und will den Kapitalbezug haben: Sinkt der Deckungsgrad unter 100 wählte le-Strategie selber tragen müssen. zumindest für den obligato- Prozent, gibt es weniger, steigt er darüber, «Doch dann geht es los», erwartet rischen Teil verbieten. gibt es mehr. Dieses Modell gilt neuerIsabelle Amschwand, Geschäftsführerin Die unternehmerischen dings beispielsweise bei der PKE Vorsorgedes Beratungsunternehmens Trianon in Interessen laufen den bun- stiftung Energie. Bei der PwC-PK bemisst Renens und Zürich. Viele Pensionskassen desrätlichen Absichten also sich die Rente am Anlageerfolg. Der Ansind in den Startlöchern, um e -Pläne zuwider. Bereits heute ver- lagenbauer Bühler in Uzwil will nächstes aus ihren Schubladen hervorzuzaubern, langen einzelne Pensions- Jahr eine Mischform beider Modelle einsobald die Kassen das Risiko nicht mehr kassen von ihren Versicher- führen. Die SBB haben ihre Pläne nach tragen müssen. So etwa ABB, Caterpillar, ten den Kapitalbezug zu- heftigen Protesten vorerst auf Eis gelegt. Novartis und Schindler. Und auch «meh- Themen-Nr.: 660.003 Abo-Nr.: 660003 Auflage: 36'290 Argus Ref.: 63499541 Datum: 24.11.2016 KAPITALBEZUG Überforderung der Versicherten Risiko Colette Nova vom Bundesamt für Sozialversicherung zeigt sich wenig begeistert vom Zwang zum Kapitalbezug und von flexiblen Rentenmodellen: Sie befürchtet «für viele Leute eine Überforderung, zumindest eine grosse Herausforderung». Denn bislang habe die Vorsorgeeinrichtung die Anlageentscheide gefällt und dafür aber auch gewisse Garantien geboten. «Künftig muss man selber schauen.» Belastung Noch dezidierter lehnt Doris Bianchi, Sekretärin für Altersfragen beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, die neuen Möglichkeiten ab: «Wer Risiken selber tragen will, der soll das tun. Doch der Zwang zum Risiko mit der Pflicht zum Kapitalbezug geht zu weit, da müssen die Vorsorgeeinrichtungen ihre Verantwortung bei der Ausgestaltung der le-Pläne wahrnehmen.» Gefahren sieht Bianchi auch im Invaliditäts- und Todesfall, wenn nur noch das Kapital, aber keine Invtliditäts- oder Kinderrente mehr bezahlt wird. «Das wird für manche Familie zur grossen Belastung.» Themen-Nr.: 660.003 Abo-Nr.: 660003 Auflage: 36'290 Argus Ref.: 63499541
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