SL Bau - GSK Stockmann + Kollegen

21.11.2016
Runderneuerung der Streitlösungsordnung für das
Bauwesen (SL Bau)
Seit 1. Juli 2016 stehen zusätzliche Möglichkeiten zur außergerichtlichen Konfliktlösung zur
Verfügung.
Executive Summary
> Die Deutsche Gesellschaft für Baurecht e.V.
(DGfB) und der Deutsche Beton- und BautechnikVerein e.V. (DBV) haben die Neufassung der SL
Bau
in
einer
gemeinsamen
Kommission
erarbeitet und zum 1. Juli 2016 herausgebracht.
> Die
SL
Bau
ermöglicht
nun
fünf
Streitlösungsverfahren: Mediation, Schlichtung,
Adjudikation,
Schiedsgerichtsverfahren
und
Schiedsgutachterverfahren.
> Das Schiedsgutachterverfahren wurde erstmals
in der SL Bau geregelt.
> Darüber hinaus hat die DGfB und der DBV eine
gemeinsame
Kommission
„Streitlöser-Liste“
eingerichtet.
durch
die
Vertragsparteien
im
Bauoder
Planervertrag vereinbart, können Streitigkeiten
häufig
vermieden
oder
zumindest
ohne
Einschaltung staatlicher Gerichte beigelegt werden.
Eines dieser Regelwerke ist die von der DGfB und
dem DBV gemeinsam entwickelte Streitlösungsordnung für das Bauwesen (SL Bau). Die SL Bau
steht seit 2010 zur Verfügung und wurde nun zum
1. Juli 2016 grundlegend überarbeitet und
erweitert.
II. Die Regelungen der SL Bau
Die
SL
Bau
sieht
5
Möglichkeiten
der
Streitvermeidung und –beilegung vor: Mediation,
Schlichtung, Adjudikation, Schiedsgerichtsverfahren
und Schiedsgutachterverfahren.
1.
I.
Hintergrund
Ein baubezogener Prozess vor deutschen Gerichten
dauert in der Regel 3 bis 6 Jahre. Auch Prozesse
über 10 Jahre sind keine Seltenheit. Die deutschen
Gerichte sind von der Flut an Streitigkeiten am Bau
überfordert.
Konflikte
hinsichtlich
Planung,
Ausschreibung, Angebotsbearbeitung, Ausführung,
Vergütung, Abnahme und Mängelhaftung können
unter Einschaltung der Gerichte nicht mehr in
einem akzeptablen Zeitraum sachgerecht gelöst
werden.
Den Projetbeteiligten stehen jedoch zahlreiche
Regelwerke zur Verfügung, die auf verschiedenen
Wegen eine Konfliktlösung außerhalb staatlicher
Gerichte ermöglichen. Werden die in diesen
Streitlösungsordnungen vorgesehenen Verfahren
Mediation
Im Rahmen der Mediation (§§ 11 ff. SL Bau) kann
den Parteien am Bau durch einen Mediator bei der
einvernehmlichen Lösung von Streitigkeiten Hilfe
geleistet werden. Der Mediator wirkt gemäß § 11
Abs. 2 SL Bau ohne eigene Entscheidungsbefugnis
auf eine Streitlösung hin und nimmt demnach eine
vermittelnde Rolle ein. Die Mediation bietet sich als
erster Schritt zur außergerichtlichen Beilegung von
Streitigkeiten am Bau an. Sind die Fronten jedoch
bereits
verhärtet,
ist
zweifelhaft,
ob
eine
Vermittlung noch aussichtsreich ist. Daher ist die
zusätzliche
Vereinbarung
von
Streitlösungsverfahren, die in einer bindenden Entscheidung
münden, empfehlenswert.
2.
Schlichtung
Die in den §§ 15 ff. SL Bau geregelte Schlichtung
geht bereits einen Schritt weiter als die Mediation
1
Streitlösungsordnung für das Bauwesen (SL Bau)
und
wirkt
auf
eine
Entscheidung,
einen
Schlichterspruch hin. Der Schlichterspruch ergeht
zwei
Wochen
nach
dem
Erörterungstermin.
Widersprechen die Parteien dem Schlichterspruch
innerhalb von zwei Wochen nach Zugang nicht, ist
er bindend. Anderenfalls gilt die Schlichtung als
gescheitert.
3.
Adjudikation
Das in den §§ 22 ff. SL Bau geregelte
Adjudikationsverfahren bietet ein schnelles Mittel
zur Streitbeilegung während der Bau- und
Planungsphase. Wird die Adjudikation vereinbart
und die Einleitung des Verfahrens nach § 23 SL Bau
beantragt, hat der Adjudikator unverzüglich,
spätestens nach Ablauf von zwei Wochen nach
einem Erörterungstermin zu entscheiden. Die
Entscheidung
des
Adjudikators
ist vorläufig
bindend, kann also bei Bedarf später durch ein
Schiedsgericht
oder
ein
staatliches
Gericht
überprüft werden.
In England ist das Adjudikationsverfahren bereits
seit längerem etabliert und verzeichnet beachtliche
Erfolge. Nur ca. 2,5 % der durchgeführten
Adjudikationsverfahren landen anschließend noch
bei Gericht.
GSK Update / 21.11.2016
wiederhergestellt. Das Schiedsverfahren nimmt
dabei nur einen Bruchteil des zeitlichen Aufwands
eines Gerichtsverfahrens in Anspruch.
Haben die Parteien die Möglichkeit des Beitritts
Dritter vereinbart, so können diese nach § 43
SL Bau in jeder Lage des Verfahrens beitreten. Wird
auch mit einem Dritten die SL Bau vereinbart, so
kann
diesem
gemäß
§
44
SL
Bau
im
Schiedsgerichtsverfahren der Streit verkündet
werden, sodass auch dieser an den Schiedsspruch
gebunden wird. Im Übrigen sind auch die weiteren
wesentlichen
Prozesshandlungen
wie
Klageerweiterung,
Klageänderung,
Klagerücknahme,
Widerklage und Aufrechnung geregelt (§§ 37, 38 SL
Bau).
5.
Schiedsgutachterverfahren
Das Schiedsgutachterverfahren wurde zum 1. Juli
2016 erstmals in der SL Bau vorgesehen (§§ 49 ff.
SL Bau). Als Schiedsgutachter kann eine Person mit
besonderen
Kenntnissen
im
bautechnischen,
baubetriebswirtschaftlichen
und/oder
baurechtlichen
Bereich
festgelegt
werden.
Dieser
Sachverständige trifft dann auf Antrag der Parteien
Feststellungen und Bewertungen über technische,
betriebswirtschaftliche
oder
rechtliche
Sachverhalte.
Das Schiedsgutachten findet bei den Beteiligten am
Bau insbesondere aufgrund der technischen
Expertise des Gutachters Anerkennung. Die
Entscheidungen des Schiedsgutachters sind für die
Parteien – auch im Rahmen eines späteren
Gerichtsverfahrens – verbindlich. Das Verfahren ist
daher
geeignet,
Streitigkeiten
schnell
und
sachgerecht beizulegen.
6.
4.
Schiedsgerichtsverfahren
Vereinbaren die Parteien ein Schiedsgerichtsverfahren nach §§ 30 ff. SL Bau, so entscheidet ein
von den Parteien zu benennendes, in der Regel 3köpfiges Schiedsgericht durch Schiedsspruch. Der
Schiedsspruch hat zwischen den Parteien gemäß
§ 1055 ZPO die Wirkung eines rechtskräftigen
gerichtlichen Urteils und kann daher auch mit
Zwang durchgesetzt werden. Dadurch wird - auch
im Fall verhärteter Fronten - gleich dem Urteil eines
staatlichen
Gerichtes,
der
Rechtsfrieden
Streitlöserliste
Im Rahmen einer Streitlösungsvereinbarung sollte
auch bereits ein Streitlöser benannt werden, bzw.
zumindest eine Auswahl an Streitlösern angegeben
werden, aus der ein Streitlöser im Fall der streitigen
Auseinandersetzung
festgelegt
wird.
Eine
Hilfestellung bietet dabei die SL Bau Streitlöserliste.
Diese Streitlöserliste bietet aktuell eine Auswahl
von
ca.
20
Sachverständigen
aus
den
verschiedenen Fachbereichen.
Die DGfB und der DBV haben nun eine gemeinsame
Kommission eingerichtet, die über die Aufnahme
von Sachverständigen in diese Streitlöserliste
2
Streitlösungsordnung für das Bauwesen (SL Bau)
entscheidet. Dies sichert die Qualität und Expertise
der Entscheidungsträger, die im Rahmen einer
Streitlösungsvereinbarung
von
den
Parteien
eingesetzt werden können.
III. Alternative Schlichtungs- und
Schiedsordnungen
Neben der SL Bau existieren zahlreiche andere
Schlichtungs- und Schiedsordnungen.
Für die Adjudikation empfiehlt sich die AdjukationsOrdnung für Baustreitigkeiten (AO-Bau). Dieses
interdisziplinär entwickelte Vertragsmuster sieht
eine Verfahrensdauer von 11 bis 19 Wochen vor
und sichert so eine schnelle Abwicklung der
einzelnen Streitigkeiten.
Ein
ebenfalls
durchdachtes
und
für
außergerichtliche Streitlösungen in Bausachen
empfehlenswertes
Regelwerk
bietet
die
Schiedsgutachtenordnung der Deutschen Institution
für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS-SchGO). Die DISSchGO
ist
im
Vergleich
zu
anderen
Schiedsordnungen für Baustreitigkeiten zwar sehr
formalisiert,
stellt
dafür
aber
auch
klare
Verfahrensregeln auf.
Auch die Schlichtungs- und Schiedsordnung für
Bausachen
(SO
Bau),
die
von
der
Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht
im Deutschen Anwaltsverein (ARGE Baurecht)
konzipiert wurde, bietet ein durchdachtes und
praxistaugliches Regelwerk für Schlichtungs- und
Schiedsgerichtsverfahren.
GSK Update / 21.11.2016
Bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung ist
abzuwägen und zu entscheiden, welche der vielen
Verfahrensordnungen und Verfahrensarten für das
einzelne Bauprojekt und die Interessen der Parteien
passend
ist.
Für
ein
systematisches
Baukonfliktmanagement empfiehlt es sich oft,
mehrere Elemente der alternativen Streitlösung zu
kombinieren und ein stufenweises Vorgehen zu
vereinbaren (z.B. Mediation und Adjudikation).
GSK begleitet die Projektbeteiligten auf dem Weg
zu einer schnelleren und effizienteren Streitlösung.
Dies umfasst die entsprechende Vertragsgestaltung
sowie ggf. die Beratung während des jeweiligen
Streitbeilegungsverfahrens. Soweit GSK noch nicht
als Parteivertreter beteiligt ist, treten wir auch als
Mediatoren,
Schlichter,
Adjudikatoren
oder
Schiedsrichter auf. Bei der Entwicklung von
Konfliktmanagementstrategien und Ausarbeitung
von Streitlösungsvereinbarungen können Sie daher
nicht nur in der klassischen baurechtlichen
Vertragsgestaltung sondern insbesondere auch auf
dem Feld der alternativen Streitbeilegung von
unserer Expertise profitieren. Sprechen Sie uns bei
Bedarf gerne an.
Dr. Oda Wedemeyer
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Standort Berlin
[email protected]
Maximilian Forster
Rechtsanwalt
Standort München
[email protected]
3
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