Eine Oase mitten im Zentrum von Wolfenbüttel Was kulinarisch ist, hängt nicht selten vom Auge des Betrachters ab. Neulich fragte mich jemand, warum wir bei Kulinarisch38 eine Currywurst besprechen würden. Die Antwort liegt in der Subjektivität von Geschmack. Der Duden gibt zur Erklärung Synonyme an die Hand: genießerisch, genussfreudig, sinnenhaft, lustvoll. Und das kann viel sein. Wenn ein Gourmetkoch die Hand anlegt. Aber genauso, wenn man nach einer langeren Wanderung aus dem Rucksack einen Laib Brot hervorholt und ein Stück Mettwurst dazu genießt. Vor allem ist Genuss mit Erinnerung verbunden – und Geschmack. Der Wolfenbüttler Koch Sam Harvey, der jetzt mit seinem Börgerbüro in Slims Irish Corner auf der Komisse gezogen ist, erinnert sich an sein persönliches Geschmackserlebnis. Es ist wieder eine Currywurst. Wir treffen uns auf dem Wolfenbüttler Wochenmarkt bei Piske: Sam Harvey »Es ist früh am Morgen. Fit und ausgeschlafen stehe ich auf, das fällt mir nicht heute nicht schwer. Normalerweise hat der Tagesanfang einen strukturierten Ablauf. Der erste Mensch, auf den ich treffe, ist meine Mutter, mein Vater ist noch früher aufgestanden als ich und schon fleißig am Arbeiten. Jetzt heißt es Waschen, anziehen und ab in den Kindergarten. Das Toben ist bestimmt genauso anstrengend wie die Arbeit von Papa, habe ich mal gesagt, heutzutage weiß ich es besser. Der heutige Tag fängt allerdings ganz anders an. Heute bin ich zuerst wach. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Also ab zu Mama ins Schlafzimmer. Aufwecken ist angesagt. Mein Vater darf heute ausschlafen. Es ist der beste Tag der Woche, Samstag! Aufgeregt dränge ich meine Mutter dazu, endlich aufzustehen. Wir haben doch etwas vor. Heute bin ich der Boss! Die Zeit vergeht wie im Flug, schon sitze ich auf dem Rad. Es geht auf den Markt in die Stadt. Total aufgeregt sehe ich schon die Imbissbude, wo nur Frauen bedienen. Anders kann ich das noch nicht beschreiben. Ich habe meine Mutter als Kind nicht nach dem Namen des Standes gefragt. Und eigentlich ist es mir auch egal, wie er heißt. Es gibt aber eine Sache, die mir durchaus bekannt ist. Der Grund nämlich, warum ich so aufgeregt bin. Heute bekomme ich doch von Rita oder Silvana meine Currywurst serviert. Mit ganz viel gelbem Pulver, dieses Curry. Wenn ich mich so umschaue, komme ich mir total erwachsen vor. Die Großen essen das nämlich genauso, und als Krönung gibt es zum Nachtisch sogar noch einen kleinen Dauerlutscher! Während meine Mutter noch mal um den Markt spaziert, um ihre Einkäufe zu erledigen, hänge ich wie ein alter Haudegen am Imbiss ab und beobachte das rege Treiben. Nicht nur am Stand, auch drumherum ist richtig was los. Das, was sich im Imbissstand abspielt interessiert mich am meisten. Selbst im größten Gewusel versorgen die Damen den hungrigen Marktbesucher. Im Akkord wandern Bratwürste, Pommes, Hamburger, Backschinkenbrötchen und allerlei anderer Leckerein über den Tresen. Beinahe 30 Jahre später ist es, auch wenn nicht mehr ganz so regelmäßig, immer ein Ritual für mich, dort meine Currywurst zu essen. Oder noch eher eine Tradition! Einige Dinge haben sich geändert. Hier und dort wurde etwas modernisiert. Auf der Speisekarte findet man unter den traditionellen Spezialitäten neue. Das ist völlig okay, man geht halt mit der Zeit. Außerdem merke ich, dass sich das Eigentliche nicht im Geringsten geädert hat. Bei liebevollem Klatsch und Tratsch über das Geschehen und kleinem Plausch über die neuesten Fußballereignisse wird mir meine Bestellung überreicht. Die kleine gebratene, nicht frittierte Currywurst ist schön deftig gewürzt und mit einer rustikalen Soße überzogen. Die Currygewürzmischung ein Stück frisches Baguette runden den Snack ab. Zusammen mit den Erinnerungen an meine etlichen Besuche hier am Stand, wird daraus schon fast ein Festmahl. Gestärkt ziehe ich weiter meine Runde über unseren schönen Wochenmarkt hier in Wolfenbüttel. Der Ort wo es für mich diesen einen besonderen Stand gibt! Wie eine Oase steht sie mitten im Zentrum „Piske´s leckere Spezialitäten vom Grill…«
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