Der Präsident University of Applied Sciences Hochschule Hamm-Lippstadt, Marker Allee 76-78, 59063 Hamm Per Email Landtag NRW Präsidentin des Landtags NRW Frau Carina Gödecke Postfach 10 11 43 40002 Düsseldorf 16 STELLUNGNAHME 16/4459 Hamm, den 15.11.2016 A10 „AIWF – Matrikelnummer – SV-Gespräch – A10 – 23.11.2016“ Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld Präsident Sekretariat: Carmen Wockenfuß +49 (170) 8339286 Sehr geehrte Frau Präsidentin Gödecke, +49 (23 81) 87 89 - 100 [email protected] für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landtags Nordrhein- Postanschrift: Marker Allee 76-78 59063 Hamm Westfalen am 23. November 2016 übersende ich Ihnen meine Mein Zeichen: für das bevorstehende Sachverständigengespräch des Ausschusses Stellungnahme. Ihr Zeichen: I.1 / A10 vom 25.10.2016 Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld Anlage Privatadresse: Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld Präsident der Hochschule Hamm-Lippstadt Sachverständigengespräch des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landtags Nordrhein-Westfalen am 23. November 2016 Stellungnahme zum Antrag „Chancen des digitalen Wandels an den Hochschulen nutzen – einheitliche Matrikelnummer einführen“ (Drucksache 16/12829) Vorbemerkung Grundsätzlich ist der Gedanke der Einführung einer einheitlichen Matrikelnummer charmant. Um aber einen wirklichen Nutzen aus einer solch großen und kostenintensiven Strukturänderung zu erzielen, greift der hier formulierte Antrag nur für die NRW-weite Einführung räumlich und strukturell zu kurz. Darüber hinaus müssten datenschutzrechtliche und auch erhebliche DV-technische Hürden überwunden werden, die dem Nutzen einer solch großen Umstellung wirtschaftlich gegenüberstehen. Im globalen Prozess der Digitalisierung und den damit enormen Herausforderungen, denen sich die Hochschulen in Lehre und Forschung gegenüberstehen, erscheint diese Maßnahme somit nur, gegenüber Maßnahmen, die die Digitalisierung von Lehre und Forschung unterstützen, bedingt sinnvoll. Aktuelle Funktionalität der Matrikelnummer: Die Matrikelnummer dient der Identifizierung der Studierenden als Mitglieder der Hochschule und wird im Rahmen ihrer Prüfungsrechtsverhältnisse zur Abwicklung der Prüfungen genutzt. Als rein interner Code wird diese Nummer daher auch nur eingeschränkt extern bekannt gegeben. Zur Anonymisierung der Studierenden im Prüfungsrechtsverhältnis sollen die Lehrenden zudem keine Möglichkeit haben, permanent auf die Verbindung des Namens zur Matrikelnummer zugreifen zu können. Laut Antrag der Fraktion der CDU fordert der Landtag NRW die Landesregierung auf die Vereinheitlichung der Matrikelnummer zwecks Einstieg in eine digitale Verwaltung zu nutzen und ein landesweit einheitliches digitales Vorlesungsverzeichnis einzuführen, das der Vergleichbarkeit und Übersichtlichkeit des landesweiten Studienangebotes dient. Dies führt natürlich zu grundsätzlichen Bedenken im Bereich des Datenschutzes („gläserner Student“) und auch das Argument, somit Studierendenbewegungen besser verfolgen zu können ist zwar lobenswert, endet aber leider damit an den Landesgrenzen von NRW. Ziel der Vereinfachung und Verbesserung der digitalen Infrastruktur: Bei einer hochschulübergreifenden Matrikelnummer müsste aus datenschutzrechtlicher Sicht eine gesetzliche Ermächtigung geschaffen werden, mit welcher eine hochschulübergreifende Software einheitliche Matrikelnummern generieren und verteilen dürfte, denn die Hochschulen würden verpflichtet sein, bei Einschreibungsanträgen Daten an externe Stellen zur Generierung der Matrikelnummer weiterzugeben. Dies ist nicht ohne gesetzliche Grundlage möglich. Die Vergabe unterschiedlicher Nummern und Ausweise auch innerhalb der Hochschule erfolgt daher (z. B. an der Hochschule Hamm-Lippstadt) auch aus datenschutzrechtlichen Gründen. In diesem Fall ist das Parallelsystem sogar erwünscht. Hochschule Hamm-Lippstadt, Marker Allee 76-78, 59063 Hamm [email protected] Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld Präsident der Hochschule Hamm-Lippstadt Allerdings sind die IT-Systeme an den meisten Hochschulen in NRW mittlerweile so fortschrittlich, dass die Studierenden von den unterschiedlichen Systemen nach einmaliger Authentifizierung (Single-Sign-On-Prinzip) die meisten Systeme nutzen können, so dass keine neue Authentifizierung notwendig ist. Die durch ein so genanntes Identity-Management zusammengefassten Systeme können uneingeschränkt genutzt werden. Eine ähnlich fortschrittliche Situation ergibt sich für die Studierenden auch bei Nutzung der Multifunktions-Chipkarten, die an den meisten Fachhochschulen in NRW erfolgreich im Einsatz sind. Sollte es dennoch zu einer gewünschten mehrfachen Authentifizierung (s. o.) kommen, liegen in den meisten Fällen datenschutzrechtliche Gründe vor. Der Wunsch der Vergabe einer einheitlichen Matrikelnummer würde darüber hinaus das Einrichten von Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen oder aber den Aufbau eines einzelnen unabhängigen Systems voraussetzen, welches in beiden Fällen kosten-, personalund zeitintensiv zugleich ist. Die hier zu veranschlagenden Mittel wären aus Sicht des Autors besser im weiteren Auf- und Ausbau der Digitalisierungsstrategien der NRW-Hochschulen in Lehre und Forschung zu investieren. Um hier weiter im globalen Rennen der Digitalisierung wettbewerbsfähig und attraktiv für in- und ausländische Studierende zu bleiben, sind in diesen Bereichen in den kommenden Jahren erhebliche Anstrengungen erforderlich. Beispielhaft seien hier die Themenfelder ECTS-Monitoring und Systemakkreditierung genannt. Mit dem Aufbau der Digitalen Hochschule NRW (DH NRW) sind, ausgehend von der Vorgängerinstitution DV-ISA, im Landeshochschulentwicklungsplan sinnvolle strategische Ziele für die Lehre und Forschung entworfen worden. Diese gilt es zukünftig zu unterstützen und weiter auszubauen. Ziel der Anerkennung erbrachter Leistungen: Die Vereinheitlichung der Matrikelnummer zur Verbesserung der Anerkennungsprozesse unter Einbeziehung eines landesweiten „Modulpools“ dürfte nach Meinung des Autors nicht zum gewünschten Ziel führen. Die separate Prüfung des Anerkennungsantrags durch die Modulverantwortlichen kann nicht entfallen, müsste also bei dem Aufbau eines „Pools“ im Vorfeld für jedes Modul an jeder anderen Hochschule in NRW vorgenommen werden. Dies würde zu einer immensen Arbeitsbelastung führen, die aufgrund der sich möglicherweise semesterweise ändernden Modulziele und Workloads auch fortwährend erhalten bleiben. Dies erfordert zudem ein gemeinsames Verständnis von Modulzielen, Inhalten und Prüfungs- bzw. Veranstaltungsformaten. An dieser Stelle stellt sich auch die Frage inwieweit eine landesweite Einigung nicht den europäischen Bologna -Gedanken konterkariert und dem Ziel der Förderung Mobilität und Internationalisierung entgegenwirkt. Eine übermäßige Konzentration auf Strukturmerkmale der Hochschulen auf Landesebene ist hier nicht empfehlenswert. Ziel der Aufstellung eines landesweiten, digitalen Vorlesungsverzeichnisses: Insgesamt ist festzustellen, dass die Maßnahme nicht im Einklang mit diesem Ziel steht und die erforderlichen Einigungsprozesse zwischen den Hochschulen zeit- und kostenintensiv sind. So ist die Darstellung der Vorlesungsverzeichnisse und die damit verbundene Publikation und Aktualisierung der Curricula und Modulbeschreibungen hochschultypabhängig und obliegt z.T. den dezentralen Einrichtungen, die sich auch in Abhängigkeit von der Fachkultur in diverse Veranstaltungs- und Prüfungsformate differenziert. Eine Vereinheitlichung der Darstellung und Veröffentlichung hätte weitreichende Konsequenzen, die einen enormen zeitlichen Aufwand und Diskussionsbedarf an den Hochschulen auslösen würden. Hochschule Hamm-Lippstadt, Marker Allee 76-78, 59063 Hamm [email protected] Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld Präsident der Hochschule Hamm-Lippstadt Die Vereinheitlichung der Matrikelnummer z.B. zur Verbesserung der Anerkennungsprozesse unter Einbeziehung eines landesweiten „Modulpools“ dürfte nach Ansicht des Autors nicht zum gewünschten Ziel führen. Bei Anerkennungen wird i.d.R. individuell geprüft, ob das das bereits an einer anderen Hochschule bestandene Modul, grob gesagt, im Wesentlichen vergleichbar ist. Die Modulverantwortlichen prüfen also jeden Anerkennungsantrag separat. Diese Prüfung kann nicht entfallen, müsste also bei dem Aufbau eines „Pools“ im Vorfeld für jedes Modul an jeder anderen Hochschule in NRW vorgenommen werden. Dies würde zu einer immensen Arbeitsbelastung führen, die aufgrund der sich möglicherweise semesterweise ändernden Modulinhalte auch fortwährend erhalten blieben. Fazit: Aus Sicht des Autors bestehen, auch nach Rücksprache mit der Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen NRW e.V., erhebliche Zweifel an der Einführung einer einheitlichen Matrikelnummer für Studierende in NRW. Diese liegen klar im Bereich des Datenschutzes, des erheblichen kosten- und personalintensiven Aufwands der Maßnahme im Vergleich zu deren Nutzen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Antrags, Chancen des digitalen Wandels an den Hochschulen zu nutzen, gibt es wesentlich sinnvollere strategische Ziele, insbesondere in den Kernkompetenzen der Hochschulen im Bereich der Lehre und der Forschung, die in den kommenden Jahren unterstützt und ausgebaut werden müssen, um im internationalen Vergleich der Digitalisierung weiter wettbewerbsfähig zu bleiben. Hochschule Hamm-Lippstadt, Marker Allee 76-78, 59063 Hamm [email protected]
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