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ZO/AvU
Mittwoch, 16. November 2016
Bezirk Hinwil l 7
«Kinder lachen mich aus»
A
27. November
WETZIKON
ls Erstes fällt ihr Lachen
auf. Es ist breit, warm
und herzlich. «Ich bin ein
fröhlicher Mensch», sagt Anita
Utzinger aus Wetzikon. «Das
war ich schon immer, das war
mein Glück.»
Anita Utzinger ist zerebral
gelähmt (siehe Box). Durch die
Behinderung macht sie abrupte
Bewegungen, ihre Finger sind
leicht gekrümmt, zum Laufen
benötigt sie einen Rollator, beim
Kampfwahl
um Schulpflegesitz
Um die Nachfolge der zurückgetretenen Primarschulpflegerin
Monika Frick (SVP) bewerben
sich zwei Personen: der 69-jäh­
rige Treuhänder Ernst Dätwyler
(SVP) und die parteilose 60-jährige Lehrerin und Sozialarbeiterin Barbara Fischer. zo
GRÜNINGEN
Entscheid über
Mehrzweckhalle
Persönlich
Anita Utzinger
ist zerebral gelähmt. Oft wird sie
für geistig beeinträchtigt gehalten.
Die Stimmberechtigten befinden über den Neubau einer
Mehrzweckhalle in der Aussergass für 14,68 Millionen Franken
sowie zusätzlich 2,15 Millionen
Franken für eine Tiefgarage. zo
Sprechen verzieht sie immer
wieder den Mund. «Ich bin nur
körperlich beeinträchtigt», sagt
die 72-Jährige. «Aber viele Leute
behandeln mich, als wäre ich
nicht ganz richtig im Kopf.» Das
hat ihr ganzes Leben geprägt.
Anita Utzingers Mutter war 20,
als sie das Kind bekam. «Sie war
vermutlich überfordert mit mir,
und ich kam zeitweise zu meinen
Grosseltern nach Gossau.» Dort
habe sie den normalen Kindergarten besucht, wo sie von den
anderen Kindern gut akzeptiert
worden sei.
Doch dann begann eine regelrechte Odyssee, weil niemand
wusste, wohin mit dem Kind, das
zwar geistig behindert wirkte, es
aber nicht war. Von einer Spezialschule in Uster bis ins Pestalozziheim nach Pfäffikon. Dort
blieb sie drei Jahre lang. «Ich
habe aber gespürt, dass ich da
nicht hingehöre. Ich fing an, jeden Tag ein Riesenaffentheater
zu machen, bis sie irgendwann
fanden, ich sei nicht mehr tragbar. Das war meine Rettung.»
Die kleine Anita kam nach
­Zürich in die Wilhelm-Schult­
hess-Klinik, ein Wohnheim mit
Schule für körperlich beeinträchtigte Kinder. Endlich fühlte sie sich am richtigen Ort.
«Aber obwohl ich froh war, endlich meiner Entwicklung gemäss
lernen zu können, war ich nicht
glücklich. Kein Kind ist gerne im
Heim, und die Erzieher waren
sehr streng. Ich vermisste mein
Zuhause.»
Nur alle drei Wochen durfte
sie nach Hause. Als sie ins Teenageralter kam, fühlte sie sich
immer gefangener. Nach der
­
zweiten Sekundarklasse ging sie
zurück zu den Grosseltern. «Von
meinen Eltern bekam ich keinerlei moralische Unterstützung,
das war schlimm. Aber meine
Grosseltern haben mich immer
gefördert und versucht, das
­Beste aus mir rauszuholen.»
HINWIL
Umstrittener Verkauf
einer Erbliegenschaft
Trotz hartem Leben immer ein Lachen auf den Lippen: Anita Utzinger aus Wetzikon.
Nach einem Haushaltjahr bei
einer Familie in Dübendorf und
der Mädchenschule in Wetzikon
schlugen ihr die Grosseltern vor,
sich beim «Zürcher Oberländer»
zu bewerben. «Sie fanden, ich sei
sehr gut in Deutsch und Grammatik. Und prompt bekam ich
eine Stelle im Lektorat.»
Utzinger lernte einen Mann
kennen, verliebte sich, heiratete
mit 23. «Er war 24 Jahre älter als
ich. Aber das machte mir nichts
aus. Er gab mir viel Halt, glaubte
an mich, ermutigte mich.» Doch
dass ihr Mann in der gleichen
Firma arbeitete, war einer
Arbeitskollegin ein Dorn im
Auge. «Sie gönnte mir den Job
sowieso nicht», sagt Utzinger.
«Obwohl mein Mann und ich uns
bei der Arbeit gar nicht sahen,
bekam ich irgendwann die Kündigung mit der Begründung, sie
könnten dieses ‹Gschleik› nicht
dulden. Das waren halt noch ein
bisschen andere Zeiten.»
Ein Redaktor half ihr, eine
neue Stelle zu finden, wo sie aber
hoffnungslos unterfordert war.
Schliesslich kam sie zur Elma
in Wetzikon, wo sie bis zu ihrer
Pensionierung in der Admini­
stration der Verkaufsabteilung
arbeitete, 37 Jahre lang.
Kinder hat Anita Utzinger keine.
«Vom Gefühl her hätte ich mir
schon Kinder gewünscht. Aber
ich hatte keinen Mut. Einerseits
war ja mein Mann viel älter und
hatte schon zwei Kinder, andererseits hatte ich wegen meiner
Behinderung auch Angst, der
Aufgabe nicht gewachsen zu
sein.» Nach 23 gemeinsamen
Jahren starb Utzingers Mann.
Mit einer seiner Töchter, nur drei
Jahre jünger als sie, ist sie noch
heute befreundet.
Sowieso ist Anita Utzinger
gerne mit Leuten zusammen.
«Ich bin ein sehr geselliger
Mensch.» Um nicht zu vereinsamen, hilft sie in der Schreibstube
Wetzikon, Flüchtlingen und sozial schwächer gestellten Menschen Bewerbungen und andere
Schreibarbeiten zu erledigen. Es
sei sonst nicht einfach für sie,
an Leute heranzukommen. «Ich
werde unterschätzt und nicht
ernst genommen.» Mit ihrer Behinderung haderte sie deshalb
immer wieder. «Ich habe mir oft
gewünscht, dass ich gesund wäre.
Gerade in der Mobilität fühle ich
mich eingeschränkt.» Wenn sie
recht überlege, sei jedoch nicht
die Behinderung das Schlimme,
sondern vor allem der Umgang
der Leute damit. «Kinder lachen
über mich, starren mich an, als
ob ich ein Monster wäre. Das verletzt mich sehr. Und dann verkrampfe ich mich und kann noch
schlechter gehen. Das macht mir
am meisten zu schaffen.»
ZEREBRALE LÄHMUNG
Motorische Beeinträchtigung
Wird während der Schwangerschaft, der Geburt oder in den
ersten Lebensjahren das Gehirn
geschädigt, führt dies oft zu Bewegungsbehinderungen unterschiedlichen Ausmasses und
Schweregrades. Dazu können
Seh- oder Hörstörungen, kogni­
tive, Sprach- und Verhaltens­
beeinträchtigungen sowie in gewissen Fällen auch eine Epilepsie kommen.
Nur in etwa 50 Prozent der
Fälle finden sich eindeutige
­
­Ursachen für die Hirnentwicklungsstörung. Typischerweise
führt ein Sauerstoffmangel vor,
während oder kurz nach der Geburt zu einem Absterben von
Nervenzellen. Aber auch Infektionskrankheiten während der
Schwangerschaft, Alkohol- oder
Medikamentenkonsum
oder
Fehlbildungen der Plazenta können das Gehirn des noch ungeborenen Kinds schädigen.
Zerebrale Bewegungsbehinderungen stellen mit einer Häu­
figkeit von 2 bis 2,5 auf 1000
­Geburten die häufigste motorische Behinderung im Kindesalter dar. zo
Christian Merz
Mit Männern habe sie Pech gehabt, nachdem ihr Mann gestorben sei. Der erste Freund, den
sie nach der Ehe hatte, war ein
Alkoholiker, der zweite hat sie
­finanziell ausgenutzt. Erst mit
dem dritten war sie wieder
glücklich – ganze 13 Jahre lang.
«Er war 16 Jahre jünger», sagt sie
und lacht verschmitzt, bevor sie
wieder ernst wird. «Aber er war
gesundheitlich angeschlagen und
starb mit 54. Ich habe ein Jahr
lang geweint. Ich wusste: Jetzt
finde ich keinen mehr.» Die
Männer, die sie im Internet kennenlerne, seien sehr oberflächlich. «Die Guten sind schon unter
der Haube, und diejenigen, die
allein sind, kann man nicht brauchen. Sofort wollen sie über Sex
reden. Das löscht mir ab.» Sie hat
sich mit dem Gedanken abgefunden, allein zu bleiben, habe den
Glauben an die Liebe aber noch
nicht ganz verloren.
Trotz aller Fröhlichkeit sei
sie manchmal schon wehmütig
über ihr Leben. Es fühle sich
manchmal an, als hätte sie etwas verpasst. «Am liebsten
wäre ich Hebamme geworden
oder Kindergärtnerin. Aber das
ging halt nicht. Ich bin froh,
habe ich mein Leben gemeistert, ohne je einen Rappen IV
zu beziehen. Nun ist noch mein
einziger Wunsch, so lange wie
möglich hier in dieser Wohnung
zu bleiben.»
Annette Saloma
2,4 Millionen fürs Innenleben eines Schulhauses
GOSSAU Zwei Budgets,
zwei Bauabrechnungen und
ein Baukredit kommen vor
die Gemeindeversammlung
Gossau. Fürs Bauprojekt
liegt die Baubewilligung
bereits vor.
Es gibt sicherlich Fragen an der
Gossauer Gemeindeversammlung. Etwa, weshalb die Politische Gemeinde finanziell plötzlich wieder auf Kurs ist. Oder
weshalb die Schulge­meinde ein
Minus schreibt, das praktisch
genau so gross ist wie das Plus
der Politischen Gemeinde. Doch
dramatisch scheint die örtliche
Finanzlage nicht mehr auszu­
sehen (wir berichteten). Grosse
Diskussionen dürften wegen der
Budgets heuer deshalb wohl nicht
losgetreten werden. Noch weniger siehts bei zwei der drei weiteren Geschäfte danach aus.
Die Rede ist von zwei Bau­
abrechnungen. Die erste betrifft
die Erschliessung des Areals
Eich im Ortsteil Gossau. Sie fällt
positiv aus, gut einen Viertel
unter Budget. Statt 2,1 Millionen
nur 1,62 Millionen Franken. Minderkosten verursachten auch die
Erweiterung und die Sanierung
des Altbaus der Schulanlage
Männetsriet in Bertschikon.
Dort gehts bei einem Budget
von 2,68 Millionen Franken um
einen Minderbetrag von lediglich rund 137 000 Franken.
Ein Baukredit
Der letzte Antrag dreht sich
um einen Baukredit. Namentlich
will die Schulbehörde bei der Gemeindeversammlung 2,41 Millionen Franken für die Sanierung der Schulanlage Wolfrichti
abholen.
Konkret gehts um drei der fünf
Gebäude, die zur Schulanlage gehören. Sie stammen aus den Jahren 1957, 1964 und 1974. In den
­älteren beiden Trakten wurden
bisher die Fenster und WC-Zellen
saniert. In keinem der Trakte
seien jedoch in Sachen Brand­
schutz, Erdbebensicherheit oder
bauliche Sicherheit Massnahmen
getroffen worden, schreibt die
Schulbehörde in der Weisung zur
Gemeindeversammlung.
So sieht das Projekt etwa
Nachrüstungen in jenen Bereichen wie auch den Fensterersatz
im jüngsten der drei Trakte vor.
Zudem beabsichtigt die Schulbehörde, die Schulräume gemäss
kantonalen Empfehlungen auszugestalten. Die Arbeiten sollen
traktweise verlaufen, um Pro­
visorien zu vermeiden. Der bauliche Standard sei der Sanierung
im Schulhaus Männetsriet entsprechend festgelegt worden,
über deren Abrechnung am selben Abend abgestimmt wird.
Baustart im Januar geplant
Wird der Kredit bewilligt, will
die Schulbehörde bereits im Januar 2017 mit dem Bau beginnen. Laut Weisung liegt eine
Baubewilligung fürs Projekt bereits seit Mai dieses Jahrs vor.
Die Bauarbeiten sollen bis Mitte
2018 dauern. Die Innensanierung des Schulhauses ist erst
Teil 1 eines Projekts mit zwei
Phasen. Der zweite Teil wird
die Sanierung und Erweiterung
des Kindergartens Böschacher
zu einem Doppelkindergarten
sein. Mit dem Ausbau ginge die
Schliessung des Kindergartens
Grüenau einher.
Nach einigen sehr langen
Gossauer Gemeindeversammlungen in den letzten Jahren
könnte diejenige vom kommenden Montag etwas kürzer dauern. Laut Gemeindeschreiber
Thomas-Peter Binder sind dieses Mal auch keine Anfragen
­eingegangen.
David Kilchör
Gemeindeversammlung Gossau
am Montag, 21. November,
20.10 Uhr, reformierte Kirche.
Der Gemeinderat möchte die
1999 von Irène Rüegg der Gemeinde vermachte Liegenschaft
Kemptnerstrasse 8 verkaufen,
um eine private Überbauung zu
ermöglichen. Der Erlös von mindestens 5,14 Millionen Franken
soll der Stiftung Wohnen im
­A lter zugutekommen. Ja sagen
aber einzig die FDP und EVPPräsidentin Ruth Hauser. Alle
anderen Parteien empfehlen Ablehnung. zo
RÜTI
Duell um freien
Schulpflegesitz
Zum zweiten Wahlgang für den
frei gewordenen Sitz in der Schulpflege Rüti treten Leo Keller (SP)
und Stephan Müller (FDP) an.
Virginia Tschritter (EDU) zog
ihre Kandidatur zurück. zo
FISCHENTHAL
Sechs Kandidaten für
drei Schulpflegesitze
Im zweiten Wahlgang um die
drei vakanten Schulpflegesitze
treten sechs Kandidaten an: Andrea Hegi (parteilos), Hans Lazzarotto (parteilos), Michaela
Oberholzer Huber (parteilos),
Corinne Schoch-Schäfli (parteilos), Nelly Villiger (SVP) und
Sonja Wildhaber (parteilos). Für
das Schulpräsidium stellen sich
Michaela Oberholzer Huber, Judith Rüegg (parteilos) und Nelly
Villiger zur Wahl. zo
WALD
Zwei Kandidaten für
zweiten Wahlgang
Für den zweiten Wahlgang um
den vakanten Schulpflegesitz
stellen sich Doris Okle Jaeggi
(Grüne) und Christian Schmid
(FDP) zur Verfügung. Die beiden Parteilosen André Lee und
Monika Cathomas Weber haben
sich zurückgezogen. zo
esultate am Abstimmungstag
R
ab Mittag auf zueriost.ch
In Kürze
DÜRNTEN
Flohmarkt in der
Mehrzweckhalle
Am Samstag, 19., und Sonntag,
20. November, findet in der
Mehrzweckhalle Blatt in Tann
ein Hallenflohmarkt statt. Er ist
an beiden Tagen von 9 bis 16 Uhr
geöffnet. Neben Ständen von
gegen 60 Anbietern gibts auch
ein Verpflegungsangebot. zo