13. November 2016
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Der Sonntag
Jeden Sonntag
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am Hochrhein
Viele Fragen, wenig Antworten
„Wie ein Katastrophenfilm“
Tolles Debüt
Die Spitäler Hochrhein GmbH hat eine neue Geschäftsführerin. Wann in Bad Säckingenwieder
operiertwird, kann Simone Jeitner allerdings
nicht sagen. Auch nicht,wie die Notfallversorgung in Bad Säckingen organisiertwird. SEITE 2
Donald Trumpwird Präsident der Vereinigten
Staatenvon Amerika. USA-Experte Wolfgang
Hochbruck, Professor für Nordamerikastudien
an der Uni Freiburg, im Gespräch über diese Wahl
SEITE 3
und ihre Begleiterscheinungen.
Drei Torevon Serge Gnabry (Foto) und ein 8:0 gegen San Marino haben die DFB-Auswahl auf
das Länderspiel gegen Italien
SEITE 11
eingestimmt.
meine Woche
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„Hoffentlich hält er sich nicht daran“
Der Außenpolitik-Experte Gernot Erler und der Europa-Abgeordnete Andreas Schwab zu den Folgen des TRUMP-WAHLSIEGS
Das Wahlkampfgetöse ist
verklungen, Donald Trump
der nächste Präsident im
Weißen Haus. Die USA sind
in Aufruhr, in der Weltpolitik herrscht Unsicherheit. „Eine Zeit der Prüfungen“, erwartet der besorgte
Freiburger Außenpolitiker
Gernot Erler (SPD).
TONI NACHBAR
Berlin und Brüssel, die gesamte
Welt der Politik stehe vor großen
Herausforderungen, weil derzeit
niemand wisse, welche jahrzehntelangen Konstanten der
US-amerikanischen Politik Donald Trump aufkündigen könnte. So lässt sich die Prämisse der
Analyse Erlers kurz und bündig
beschreiben. „Wir stehen vor der
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merkwürdigen Situation, dass
wir uns wünschen, Donald
Trump möge das meiste, was er
im Wahlkampf angekündigt hat,
nicht wahrmachen. Normalerweise ist es umgekehrt, man er-
wartet, dass Politiker ihre Wahlversprechen halten“, sagt Erler.
Ausgehend von einer Weltlage, die von den Großmächten
USA, China und Russland dominiertwird, betont Erler, die Ungewissheit der künftigen amerikanischen Rolle. Trumps Vorgänger Barack Obama hätte eine Politik verfolgt, die versuchte, sich
dem Aufstieg Chinas entgegenzustellen und solidarisch mit Europa Russlands Expansionspolitik zu sanktionieren. Zumindest
gegenüber Russland könnte
Trump eine Kehrtwende vollziehen: Im Syrien-Konflikt wäre es
eine um 180 Grad, sollte Washington die Argumentation Putins sowie Assads übernehmen
und beiden freie Hand bei der
Bekämpfung der Regimegegner
gewähren. Ein zurückgenommenes sicherheitspolitisches Engagement in Europa würde in vielen Ländern des Kontinents die
Angst vor Russland noch mehr
schüren. Noch weniger konturieren lasse sich die künftige AsienPolitik Donald Trumps, der im
Wahlkampf
Anspielungen
machte, aus seiner Sicht könnten Japan und Südkorea atomar
aufrüsten und selbst für ihre Sicherheit sorgen. „Das große
Problem“, sagt Erler, „liegt aber
darin, dass der Westen in der
Weltpolitik auf Werte, Prinzipien
und Regeln gesetzt hat in Konkurrenz zu Werten, die China
und Russland vertreten. Diese
Werte hat Trump beschädigt.“
Andreas Schwab (CDU), südbadischer Vertreter im Europaparlament, plädiert hingegen dafür,
„jetzt nicht in Panik zu verfallen“: „Die geostrategischen und
Welche Konstanten der amerikanischen Außenpolitik bleiben bestehen? Der designierte US-Präsident Donald Trump (links) zu Besuch bei seinem
FOTO: DPA
noch amtierenden Vorgänger Barack Obama.
wirtschaftlichen Interessen der
USA bleiben unverändert. Sie
sind in vielen Punkten die gleichen wie diejenigen Europas.
Wir müssen nun kühlen Kopf bewahren und abwarten, was
Trumps nächste Schritte sind.“
Viel komme darauf an, mit
welchem Team sich der designierte US-Präsident umgibt. Erler nennt einen einzigen Namen,
Newt Gingrich als etwaigen
künftigen Außenminister. „Dies
wäre ein weiterer Grund zur Sorge, erinnert man sich nur daran,
dass Gingrich einst laut über einen Einmarsch in Kuba nachdachte“, meint Erler. Aber: „Meine Hoffnung beruht darauf, dass
die amerikanischen Institutionen sowie gemäßigte Fraktionen
in der Partei der Republikaner
Trump einhegen.“
Einig sind sich Erler und
Schwab, dass die Europäische
Union geschlossen der großen
Ungewissheit und Herausforderung von jenseits des Atlantik
begegnen müssen. Erler: „Die
Krisen der jüngsten Vergangenheit haben den Solidaritätsgedanken in der EU geschwächt.
Dieser muss wieder viel stärker
gelebt werden.“ Schwab hingegen ist überzeugt, dass die Ära
Trump eine eigene europäische
Sicherheitspolitik unabdingbar
macht. Diese sei ohne eine teuere Modernisierung der Streitkräfte der europäischen Staaten
nicht zu haben: „Aber noch entscheidender ist, dass sich die
Mitgliedsstaaten der EU endlich
militärisch koordinieren.“
Besorgt registrieren Schwab
und Erler, wie sich die Rechte bei-
spielsweise in Frankreich, Österreich und den Niederlanden
über den Wahlsieg Trumps
freue. Im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen in Frankreich im kommenden Jahr zeichnet Schwab ein recht düsteres
Bild der dortigen Zustände:
„Frankreich ist ein schwieriger
Fall. Dem Land geht es wirtschaftlich nicht gut, die Bürger
haben den Glauben daran verloren, dass angekündigte Reformen irgendwann auch umgesetzt werden.“
Doch auch in Deutschland
wähnt sich die AfD ob Trumps
Wahlsieg im Aufwind. „Es wäre
wichtig, dass sich Merkel zu ihrer
politischen Zukunft bald bekennt“, mahnt Erler, der seine
Partei in der außenpolitischen
Ausrichtung vor noch größeren
Herausforderungen
wegen
Trump sieht. Denn klimapolitisch seien nun Rückschritte zu
erwarten, die Aufkündigung des
Atomabkommens mit dem Iran
ist eine der größten Befürchtungen Erlers: „Dies würde die
Kriegsgefahr im Nahen Osten
noch einmal erhöhen.“
Hinzu kommen die wirtschaftlichen
Unwägbarkeiten
nach dem Trump-Erfolg. Das
Freihandelsabkommen
zwischen den USA und der Europäischen Union (TTIP) scheint erstmals vom Tisch: „Aber so eine
brutale Eile haben wir diesbezüglich auch nicht“, beschwichtigt Schwab. Schließlich sei TTIP
schon mit der Obama-Administration sehr schwierig gewesen.
> Mehr zur US-Wahl auf Seite 3
Nur geklaut wäre günstiger!!!!!!!!!
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2 AUS DER REGION
Der Sonntag · 13. November 2016
27-Jährige wurde Opfer
eines Sexualdelikts
ENDINGEN
trauert: 27-jährige Vermisste ist tot
Seit Freitag ist es klar: die 27-jährige Carolin G. aus Endingen ist
Opfer eines Sexualdelikts geworden. Am Donnerstag hatten Polizeibeamte mit einem Leichenspürhund die Tote in einem
Waldstück in den Reben zwischen Endingen und Bahlingen
gefunden.
Die junge Frau war heute vor
einer Woche am Nachmittag von
ihrer Joggingrunde nicht mehr
nach Hause zurückgekehrt. Polizei und Rettungskräfte hatten
mehrere Tage erfolglos nach ihr
gesucht. Ob das Sexual- und Tötungsdelikt an der jungen Frau
aus Endingen in einem Zusammenhang mit dem ungeklärten
Sexualdelikt an der Medizinstudentin Maria L. (19) in Freiburg
vor einem Monat steht, konnten
die Ermittler am Freitag mangels eindeutiger Fakten noch
nicht sagen. Man hoffe aber,
hierzu so schnell wie möglich
Klarheit zu gewinnen, so Kripochef Peter Egetemaier. Ob man,
wie in Freiburg, DNA-Spuren
vom Täter an der Toten finden
wird, war am Freitag noch nicht
klar. Laut Egetemaier seien die
Kriminaltechniker am Landeskriminalamt Stuttgart (LKA)
„rund um die Uhr“ mit der Auswertung der Spuren befasst.
Viele Details zur Tötung von
Carolin G. lieferten Polizei und
Staatsanwaltschaft aus taktischen Gründen am Freitag gegenüber der Presse – noch nicht: Weder der Todeszeitpunkt
noch die Art und Weise, wie die
junge Frau umkam, wurden mitgeteilt. Offen sei, so Polizeisprecher Walter Roth, ob der Leichenfundort auch der Tatort sei. Auch
zu dem Handy der Frau, das seit
ihrem Verschwinden nicht geortet werden konnte, sagten die Ermittler nichts. Oberstaatsanwalt
Dieter Inhofer betonte lediglich,
dass die Obduktion des Opfers
noch in der Nacht zum Freitag
eine vorsätzliche Tötung nachgewiesen habe. Ermittelt werde
nun in alle Richtungen. Man habe, so Egetemaier, die 20-köpfige
Ermittlungsgruppe „Erle“ aus
dem Vermisstenfall Gruber nun
zur 40-köpfigen Sonderkommission „Erle“ aufgestockt. Sollte
sich zeigen, dass die junge Frau
in Endingen und Maria L. in Freiburg dem gleichen Täter zum
Opfer fielen, werde man die Personaldecke in dem Fall noch weiter aufstocken, so der KripoChef. „Rund 100 Beamte der Freiburger Kripo sind nun in
Sonderkommissionen zu Tötungsdelikten gebunden, wir arbeiten am absoluten Limit“, so
Egetemaier. Seit gestern erhält
die Freiburger Polizei daher Verstärkung aus Karlsruhe und Offenburg. Sollte sich zeigen, dass
der Fall mit dem Tötungsdelikt
an der Freiburger Medizinstudentin in Zusammenhang steht,
werde man die Polizeikräfte weiter aufstocken, so Peter Egetemaier. Noch wisse man aber
nicht einmal, ob man überhaupt
Täter-DNA an der Leiche von Carolin G. finden werde.
Die Spurensuche am Fundort
der Toten war am Freitag noch in
vollem Gang, der Zufahrtsweg
von einem Streifenwagen abgesperrt. Rund 100 Hinweise, so
SoKo-Leiter Richard Kerber von
der Emmendinger Kripo, habe
man in der Woche der Suche
nach der jungen Frau erhalten.
Nun hoffe man auf weitere Hinweise. Auch habe man den französisch sprechenden Fahrer eines weißen BMW im Blick, der in
den vergangenen Wochen zweimal im Kaiserstühler Raum
durch das Ansprechen und Belästigen von Personen aufgefallen sei. „Die Personalien des
Manns sind uns bekannt, er wird
als Spur behandelt“, so Kerber.
Die Tat hat Endingen in Trauer
gestürzt. In der Wallfahrtskirche
wurde ein Gedenkraum eingerichtet, in der Martinskirche am
Marktplatz ein Kondolenzbuch
ausgelegt. Es sei aber auch Angst
und Unsicherheit in der Bevölkerung, so Polizeisprecher Walter
Roth. Pauschale Sicherheitstipps
könne man nur schwer geben.
Die Selbstbewaffnung mit Pfefferspray sei umstritten, da es Angreifern in die Hände fallen und
so zur Waffe werden könne.
Praxis Dr.
Philipp Hoffmeister
Viele Fragen ohne Antworten
Die Spitäler Hochrhein GmbH haben mit Simone Jeitner eine neue GESCHÄFTSFÜHRERIN
Die Spitäler Hochrhein
GmbH hat eine neue Geschäftsführerin. Wann in
Bad Säckingen wieder operiert wird, kann Simone Jeitner allerdings nicht sagen.
Auch zur Frage: Wie wird
die Notfallversorgung in
Bad Säckingen organisiert?
konnte sie sich nicht konkret äußern. Zu vielem anderen auch nicht.
NINA LIPP
Die Stimmung im Westen des
Kreises Waldshut kocht. In Bad
Säckingen bangen die Bürger
um „ihr“ Spital, das von einer
möglichen Schließung bedroht
ist. Dass der dortige, veraltete
OP-Trakt nun auf unbestimmte
Zeit geschlossen bleibt, nährt die
Verunsicherung. Und dass die
neue Geschäftsführerin der Spitäler Hochrhein GmbH, Simone
Jeitner, seit Anfang November
im Amt, keinen Wiedereröffnungstermin benennen kann,
auch. So viel ließ sich Jeitner in
einem Pressegespräch diese Woche abringen: „Ich hoffe, der OPTrakt in Bad Säckingen wird im
nächsten Jahr wieder in Betrieb
genommen, sicher sagen lässt
sich das aber nicht. Das hängt
von Faktoren ab, die ich nicht abschätzen kann.“ Gründe seien
„baurechtliche Probleme, die
mit der Infrastruktur des Gebäu-
Simone Jeitner
FOTO: LIPP
Der Investitionsstau in Bad Säckingen sei schuld daran, dass der dortige OP-Trakt auf unbestimmte Zeit geschlossen bleibt, sagt die neue
Geschäftsführerin der Spitäler Hochrhein GmbH, Simone Jeitner (kleiFOTO: DPA
nes Foto).
des zusammenhängen.“ Auch
die drängende Frage, ob es mittelfristig in Bad Säckingen eine
permanent besetzte Notfallambulanz geben wird, konnte Jeitner nicht beantworten. Das könne erst entschieden werden,
wenn der Wirtschaftsabschluss
für das Jahr 2015 vorliege.
Anfang September hatte Jeitners Vorgänger, der kommissarische Geschäftsführer der Spitäler Hochrhein GmbH, Peter Lepkojis, bekanntgegeben, der OPBetrieb in Bad Säckingen müsse
für drei bis vier Wochen eingestellt werden. Bei Arbeiten an der
Außenhülle des OP-Traktes waren immer mehr Schäden am
Gebäude entdeckt worden. Zusätzliche Probleme, so Lepkojis
damals, bereiteten der fehlende
Brandschutz, die veraltete Belüftung und Beleuchtung der Operationsräume.
Am schlechtesten bestellt sei
es um den Brandschutz, sagte
Jeitner nun am Mittwoch. „Das
Gebäude erfüllt die Kriterien bei
Weitem nicht.“ Viele Fragen
müssen laut Jeitner in den kom-
menden Wochen geklärt werden,
das Sozialministerium hat bereits seine „Bereitschaft zur Förderung“ der Investitionen in das
Spital in Bad Säckingen signalisiert, Zahlen und Fakten gibt es
aber noch keine. So viel schon:
Konsens bestehe, das bestätigt
das Sozialministerium, „die Klinikstruktur am Hochrhein nachhaltig und zukunftsfähig weiterzuentwickeln“. Dazu gehört, dass
in Bad Säckingen künftig 120
Betten belegt werden können.
Vor einem Jahr entschied der
Kreistag, dass das unrentable
Spital in Bad Säckingen und das
am anderen, östlichen Ende des
Kreises gelegene Spital in Waldshut zu einem Krankenhaus an
zwei Standorten zusammenwachsen müssen. Damit wird
nachgeholt, was in der Vergangenheit versäumt wurde: 2011
wurde das heutige Spital Bad Säckingen aus dem HBH-Verbund
herausgelöst und die beiden Spitäler Waldshut und Bad Säckingen zur Spitäler Hochrhein
GmbH fusioniert – Jeitners Vorgänger Uwe Lorenz hatte stets
betont, der Fusionsvertrag habe
festgelegt, dass beide Spitäler eigenständige Krankenhäuser mit
gleichen
Leistungsspektrum
bleiben. Lorenz wurde wiederholt vorgeworfen, den Abbau
von Doppelstrukturen in den
beiden Häusern zu wenig vorangetrieben haben. Lorenz behauptete damals, seine Vorschläge dazu seien von der Gesellschafterversammlung nicht aufgegriffen worden.
Diese, Kreistag und der Gemeinderat von Waldshut Tiengen hatten im November 2015
der Spezialisierung der beiden
Häuser zugestimmt, damit sie
mittelfristig ohne Verluste wirtschaften können. Die Gesellschafter sind zu 60 Prozent der
Spitalfonds der Stadt Waldshut
und zu 40 Prozent der Landkreis.
Entscheidungen in der Spitalfrage werden also in der Gesellschafterversammlung,
im
Waldshuter Gemeinderat und
im Kreistag getroffen. Die Stadt
Bad Säckingen ist in die Entscheidungsprozesse somit nicht
direkt eingebunden.
Dieses Jahr mussten die Gesellschafter, der Spitalfonds
Waldshut und der Landkreis
Waldshut, der Spitäler Hochrhein bereits fünf Millionen Euro zuschießen. Dass weitere Zahlungen auch im kommenden
Jahr nötig sein werden, hält Jeitner für wahrscheinlich, auch
wenn für 2017 noch kein Wirtschaftsplan vorliege.
Dem ein Jahr alten Kreistagsbeschluss liegt ein Gutachten
der Beratergesellschaft Kienbaum zugrunde, das die Schwerpunktbildung an den beiden
Häusern nur als Zwischenschritt
zum Bau eines Zentralklinikums
im Landkreis vorsieht. Vor diesem Hintergrund drängt sich
der Blick über die Kreisgrenze
gen Westen geradezu auf. Dort,
im Kreis Lörrach, sind die Probleme ähnlich gelagert. Seit wenigen Wochen ist nun bekannt: Im
Kreis Lörrach wird es eine neue
Zentralklinik geben, die die drei
kleinen Krankenhäuser ersetzen
wird. Jeitner kommentierte am
Mittwoch diesen „Lörracher
Weg“ mit den Worten: „Diese
Entwicklung liegt doch auf der
Hand.“
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Säckingen
Endlich ist ein ein NACHRÜCKER
für die scheidende SPD-Stadträtin Kathrin Schwarz gefunden:
In der Bad Säckinger Gemeinderatssitzung verpflichtet Bürgermeister Alexander Guhl Stephan Muster. Laut SPD-Liste hätten Manuel Knapp, Alexander
Wunderle oder Monika Neuhöfer-Avdic auf Schwarz folgen sollen, alle drei aber hatten glaubwürdige Gründe genannt, warum sie das Ehrenamt nicht übernehmen können.
Dienstag
Zu früh gefreut hat sich ein Kiffer, der am Waldshuter Bahnhof
in eine ZOLLKONTROLLE gerät.
Die Beamten finden nichts und
lassen ihn gehen. Erleichtert bittet der Mann den nächstbesten
Passanten, doch bitte kurz seinen angeleinten Hund zu halten,
damit er seinen Joint wieder holen könne, den er wegen der Kontrolle habe wegwerfen müssen.
Das Dumme ist: Der angesprochene Passant auf dem Bahnsteig ist ein Zöllner in Zivilklei-
Mit Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl freuten sich der parlamentarische Staatssekretär im
BMVI Enak Ferlemann, die Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl, Parlamentarische Staatssekretärin und SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter sowie die CDU-Bundestagsabgeordneten
FOTO: ZVG
Gabriele Schmidt und Thomas Dörflinger.
dung. Wüst schimpfend musste entgegen. Mit Guhl freuen sich
der Mann sein Marihuana dann die SPD-Bundestagsabgeordnete, Rita Schwarzelühr-Sutter, und
doch noch abgeben.
CDU-Bundestagsabgeordneter
Thomas Dörflinger aus WaldsMittwoch
hut-Tiengen. Alle sind sich einig:
In Berlin nimmt Bad Säckingens Mit den Bundesmitteln kann der
Bürgermeister Alexander Guhl Weg zur nachhaltigen Mobilität
freudestrahlend einen Förderbe- in Bad Säckingen und der Region
scheid über 80 000 EURO zur konsequent weiterverfolgt werFörderung der Elektromobilität den.
Donnerstag
Rheinfeldens
Oberbürger
KLAUS EBERHARDT ist neuer
Aufsichtsratsvorsitzender der
Wirtschaftsregion
Südwest
GmbH. Er übernimmt dieses
Amt ab 1. Januar 2017 für zwei
Jahre. Das Gremium wählt ihn
einstimmig als Nachfolger von
Landrat Martin Kistler. NIL/GTR
DIE DRITTE SEITE 3
Der Sonntag · 13. November 2016
„Wie ein Katastrophenfilm“
Nach der Wahl von DONALD TRUMP zum US-Präsidenten ist auch Amerika-Experte Wolfgang Hochbruck schockiert
Donald Trump wird neuer
Präsident der Vereinigten
Staaten von Amerika. USAExperte Wolfgang Hochbruck, Professor für Nordamerikastudien an der
Universität Freiburg, im
Gespräch über diese Wahl
und ihre Begleiterscheinungen.
Herr Professor Hochbruck,
wann haben Sie Donald Trump
zum ersten Mal wahrgenommen?
Das muss schon in den neunziger Jahren gewesen sein. Da war
Trump ein Wirtschaftsphänomen, das damals schon das Laute und Vulgäre widerspiegelte.
Seine Shows im amerikanischen
Fernsehen hatte ich lange nicht
auf dem Schirm, muss ich zugeben. Aber es passt ins Bild. Als er
verkündete, dass er Präsident
werden will, schien das erst mal
absurd. Dass sich dann etwas anbahnte, was den Rahmen des bekannten politischen Systems
sprengen würde, das ist mir erst
mit der republikanischen Convention im Juli in Cleveland richtig bewusst geworden. Als er
dann tatsächlich zum Kandidat
gekürt wurde.
Nun ist er zum Präsidenten der
USA gewählt worden und damit
bald mächtigster Mann derWelt.
Für viele ist Trump eine mensch„Make America Great Again“: Donald Trump, der künftige 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amegewordene Drohkulisse. Zu
FOTO: AFP
rika.
Recht?
Absolut, ich halte ihn für gemeingefährlich. Wenn man von
der politikwissenschaftlichen
Seite da drangeht, hat er lauter
Sachen gemacht, die ihm die
Wahl hätten kosten müssen.
Sein Wahlkampf war im Grunde
genommen wie ein Katastrophenfilm mit ihm in der Hauptrolle. Ich gehe von einer kulturwissenschaftlichen Seite heran
und sage: Er hat alles, was alte
Filmhelden machen, gemacht
und deshalb ist er im Bild der
Leute dringeblieben, das er ja
schon seit Jahrzehnten von sich
selber zeichnet. Trump mimte
die Maverick-Figur, die sich gegen das Establishment und die ja
so korrupte Administration
stellt. Der Held Trump macht alles besser und greift auch noch
die Frauen ab, das Wortspiel ist
an der Stelle unvermeidlich. Der
Held darf einfach alles, deshalb
blieb auch nichts an dem Mann
hängen. Es kommt einem vor, als
steige da eine Figur aus dem
Bildschirm und mache sich über
die reale Politik her. Trump ist
Realsatire. Man könnte auch sagen: die Wiederauferstehung
von Ronald Reagan als Horrorclown.
Seit seiner Wahl kommen plötzlich versöhnliche Töne aus dem
Mund des Krawallmachers.
Ist das der Wolf, der Kreide gefressen hat, oder ist das ein anderer Trump, der sich tatsächlich
ähnlich wie Reagan in politische
Bahnen wird lenken lassen? Das
kann ich schlecht einordnen. Ich
frage mich, ob der Mann wirklich
so größenwahnsinnig ist, und
wir uns ab Januar auf fürchterliche Sachen gefasst machen müssen, oder ob er höchst geschickt
und sehr intelligent diese ganze
Kampagne auf seinem Bild in
der Öffentlichkeit aufgebaut hat.
War diese Präsidentschaftswahl
pro Trump oder letztlich vor al-
lem contra Hillary Clinton und
die Politik, für die sie steht?
Es war eindeutig eine AntiEstablishment-Wahl. Hillary war
für viele, und das nicht ganz zu
Unrecht, die Metapher für das,
was in der amerikanischen Politik schiefläuft: Diese enge Verzahnung zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessen,
dieser Elitismus. Leider hat man
gerade auch sie und ihren Mann
mehrfach beim Lügen erwischt.
Und deren Lügen wurden ganz
anders gewertet als die seriellen
Lügen von Trump. Eine Menge
Leute, die jetzt Trump gewählt
haben, haben die letzten acht
Jahre in schierem Horror darüber verbracht, dass mit Barack
Obama ein eleganter, hochintelligenter Afro-Amerikaner Präsident war. Dass dieser „uppity
nigger“ wieder verschwindet
und einer von ihnen an die
Macht kommt, dafür haben die
alles geschluckt, was Trump von
sich gegeben hat. Seine Aussagen gingen ja nicht gegen sie.
ZUR PERSON
WOLFGANG
HOCHBRUCK
ist seit 2003
Professor für
Nordamerikastudien an
der Uni Freiburg. Er ist
Leiter des
Praxiskollegs im Freiburg
Advanced Center of Education, Direktor des MasterProgramms „British and
North American Cultural
Studies“, sowie Zweiter Vorsitzender des Carl-SchurzHauses. Der 57-jährige Vater
von zwei Kindern lebt mit
seiner Familie in Waldkirch
und ist freiwilliger FeuerDAW
wehrmann.
Der Milliardär Trump als „einer
von uns“ für Amerikaner vornehmlich aus der unteren Mittelschicht. Wie passt das?
In den USA ist das so. Aber das
bekommen sie hier schlecht erklärt. Als das erste Mal einer vor
mir stand, den wir im Soziologendeutsch als proletaroide
Kümmerexistenz bezeichnen
würden, und der mir erklärte, er
sei nicht „poor“ sondern „prerich“, dachte ich, der hat Wahnvorstellungen. Aber der sah das
nicht so. Davon gibt es da ziemlich viele. Trump ist ja eine Linie
gefahren von Show und Wirtschaftsbetrügereien. Und viele
Amerikaner finden Wirtschaftsbetrüger toll. Im Grunde genommen sind sie neidisch, dass sie
nicht selber auf solche Ideen gekommen sind. Von daher ist
Trump in seiner Redneck-Primitivität einer von ihnen, und er ist
auch noch Milliardär, also somit
Projektionsfläche und Vorbild.
Das muss man leider so sehen.
Hillary Clinton hat in der Gesamtheit über 200 000 Wählerstimmen mehr als Trump auf
ihrer Seite.
An einem Punkt hat Trump ja
recht. Das amerikanische Wahlsystem ist völlig korrupt. Das ist
ein Wahlsystem aus dem 18. Jahrhundert. Es ist das dritte Mal,
dass der Kandidat an die Macht
kommt, der insgesamt weniger
Wählerstimmen hatte. Bei Reagan, George W. Bush und jetzt bei
Donald Trump war das der Fall.
Die Republikaner werden das
System aber nicht ändern, weil
sie jedes Mal davon profitiert haben. Und Obama konnte es
nicht, weil er den Kongress gegen
sich hatte.
„Make America Great Again“
lautet das Mantra von Trump.
Auf welches „Great“ bezieht er
sich damit eigentlich?
Das ist ein völlig metaphorisches „Great“. Ein Selbstwertgefühl, das an Ronald Reagan in
den Achtzigern anschließt. Dessen Ideologie hatte seinerzeit
weder in der Wirtschaft noch im
Politischen irgendeine Deckung.
Aber dieses Hingwegkommen
über das Trauma des verlorenen
Vietnamkrieges war eine höchstgradig psychologische Geschichte, und da hat er die Gefühle bedient. Ebenso macht es Trump.
Wir sind nicht in der postfaktischen Gesellschaft, diesen Ausdruck halte ich ehrlich gesagt für
Quatsch. Es ist ein in Mode gekommenes Schlagwort, das andere dazu benutzen werden,
auch nur noch Mist zu erzählen.
Sondern wir leben in der Sentimentsgesellschaft. Es geht um
Gefühle, nicht um Fakten.
Fakt ist auch, dass Trump die
Gefühle vieler Republikaner verletzt hat, die sich im Wahlkampf
dann von ihm abwendeten. Wie
groß ist seine Rückendeckung
in der eigenen Partei?
Nun ja, nichts schmeckt ja bekanntlich so süß wie die Macht.
Und wenn sich republikanische
Abgeordnete und Senatoren gegen ihn stellen würden, müssten
sie zusammen mit den Demokraten handeln. Ich habe da keine großen Hoffnungen. Ich glaube auch, dass sich die Republikaner verschätzen, die gemeint haben: Okay, wir wählen ihn jetzt,
aber er wird sich innerhalb der
ersten sechs Monate so dermaßen selber diskreditieren, dass
man an einem Impeechment
(Amtsenthebungsverfahren;
Anm. d. Red.) nicht drum herumkommt. Dann schmeißt man ihn
raus und dann wird Mike Pence
Präsident. (macht Pause, atmet
durch) Ja, 1933 hatten wir diese
Möglichkeit nicht, also insofern
kann ich nur hoffen, dass die damit Recht haben und es vielleicht so klappen könnte und
man die ganze Geschichte wie- zu lenken. Ob Trump sich in solder eingefangen kriegt. Aber ich chen Bahnen bewegen wird, ist
die Frage. Putin dagegen freut
habe so meine Zweifel.
sich über Trump, aber möglicherweise unterschätzt er ihn
Eine düstere Analogie ...
und denkt, er hat einen schwaAnalogien zu Hitler-Deutsch- chen, weil unerfahrenen Präsiland sind immer blöd, und pas- denten vor sich. Ich sag es mal
sen meistens auch nicht. Aber mit einem japanischen Sprichwas wirklich übel ist, ist diese wort: Der beste Schwertkämpfer
Parallele, die hier bei der Bewe- der Welt muss nicht den zweitgungsgeschichte anfängt, und besten Schwertkämpfer fürchwo sie hoffentlich aber auch ten, sondern den Idioten, der
schon wieder aufhört. Es ging noch nie ein Schwert in der Hand
Trump ja nicht um seine Partei, gehabt hat.
sondern um ein Movement, eine
Im Gegensatz zu Merkel, über
Bewegung, wie er es selbst nennt.
die sich Trump lustig gemacht
Eine Bewegung in dem Sinne wie
hat, hat er sich über Putin lobend
es auch schon bei Mussolini war
geäußert.
und wie überhaupt der Faschismus eine Bewegung war. Faschismus ist vom lateinischen Sinngemäß hat er mal gesagt,
Wort fasces abgeleitet und meint dass die Russen die Krim doch
eine Bündelung von Ideen aus behalten können. Wenn wir von
dem linken wie rechten Lager, einer politisch-pragmatischen
und das gibt es bei Trump über Sicht da drangehen, dann weiß
die Parteigrenzen weg auch. Die- das auch Angela Merkel, dass sie
ses Monster jetzt, das hat der keine Mittel und Wege hat, die
Frankenstein namens Republi- Krim wieder an die Ukraine rückkanische Partei in die Welt ge- zuüberstellen. Es ist nur so, dass
setzt. Das Blödeste, was jetzt so- diese pragmatische Einsicht im
wohl Republikaner als auch De- normalen politischen Diskurs
mokraten machen können, wäre nicht offen gesagt werden kann.
die Rückkehr zur Tagesordnung, Wir reden da auch ständig von
denn diese Wahl war kein Be- einem Diskurs des nicht offen
triebsunfall, genauso wenig wie Aussprechens von dem, was alle
Hitler ein Betriebsunfall der Ge- wissen. Trump fährt da mit seischichte war. Das konnte man ner Planierraupe quer durch.
kommen sehen, auch wenn ich Das führt zu Begeisterung bei
wie viele gehofft habe, dass die denen, die diesen ganzen DisUmfragen doch stimmen und kurs sowieso nur noch für Gelaber halten. Was er zum Teil auch
Hillary die Wahl gewinnt.
ist. Aber was nutzt das dann?
Dann erkennt er die Annexion
Was kommt auf Deutschland
der Krim vielleicht an, aber bei
und Europa mit Donald Trump
der nächsten Gelegenheit missals neuem US-Präsidenten zu?
fällt ihm irgendwas, was die RusTrump wird Merkel erklären sen machen und dann droht er
wollen, was sie alles in der mit Atomschlägen. Und in dem
Flüchtlingspolitik falsch ge- Moment weiß kein Mensch, wie
macht hat und was sie gefälligst ernst er das jetzt meint. Und das
anders zu machen habe, wenn macht ihn zu dieser unberesie mit den Amerikanern in Zu- chenbaren gefährlichen Kraft.
kunft weiter verhandeln will.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE
Und Merkel wird versuchen, das
DANIEL WEBER
in politisch geordnete Bahnen
Die schönsten Tagesfahrten
D
So. 13.11. „Chrysanthema“ in Lahr – farbenprächtig
28,–
Mi. 16.11. Luino – größter Wochenmarkt in Oberitalien
39,–
Mo. 28.11. Zwiebelmarkt in Bern – einmalig
24,–
Konzertfahrten nach Freiburg (inkl. Karten und Fahrgeld)
Di. 27.12. Russian Circus On Ice
Kat. II 82,– Kat. I 88,–
Do. 2.5.17 Florian Silbereisen „Das große Schlagerfest“
Kat. I 112,–
Christkindlmarktfahrten
Sa. 26.11. Stuttgart
30,– So.
Sa. 26.11. Esslingen
30,– So.
Sa. 26.11. Mailand, Einkaufsf. 45,– Mi.
Sa. 26.11. Karlsruhe
30,– Mi.
17.11.–20.11. Venedig in der ruhigen Zeit
27.11.
27.11.
30.11.
30.11.
Kaysersberg/Elsaß 22,–
Straßburg/Elsaß 26,–
Stuttgart
30,–
Freiburg
22,–
HP 368,–
Schöne Adventsfahrten
24.11.–27.11.
24.11.–27.11.
25.11.–27.11.
26.11.–27.11.
1.12.– 4.12.
3.12.– 4.12.
4.12.– 7.12.
5.12.– 8.12.
8.12.–11.12.
8.12.–11.12.
10.12.–11.12.
10.12.–11.12.
17.12.–18.12.
17.12.–18.12.
Bezaubernder Salzburger Christkindlmarktt
ÜF 406,–
Adventsmarkt in Wien
ÜF/HP 421,–
Zum Weihnachtsmarkt nach Köln
ÜF 279,–
Christkindlmarkt in Heidelberg
ÜF 178,–
Zum Striezelmarkt nach Dresden
ÜF 396,–
Christkindlmarkt in Augsburg
ÜF 178,–
Weihnachtsland im Erzgebirge
HP 469,–
Nikolausfahrt nach Südtirol – Bozen und Brixen HP 398,–
Altötting im Advent
HP 420,–
Leipzig im Advent
ÜF/HP 421,–
Christkindlmarkt in Nürnberg
ÜF 167,–
Christkindlmarkt in Heidelberg
ÜF 178,–
Christkindlmarkt in Nürnberg
ÜF 167,–
Christkindlmarkt in München
ÜF 169,–
Stimmungsvolle Weihnachtsfahrten
23.12.–27.12. Weihnachten i. Hotel „Unterwirt“ in Ebbs in Tirol HP 654,–
23.12.–27.12. Weihnachten im Bayerischen Wald
HP 588,–
Unsere beliebten Silvesterfahrten
29.12.–2.1.17 Silvester in Freiberg im Erzgebirge
HP 678,–
29.12.–2.1.17 Silvester in Südtirol – Hotel „Löwen“
HP 538,–
mit Hallenbad, Sauna, Silvestermenu, Musik, Tanz,
Neujahrsfestmenu und Ausflügen
30.12.–1.1.17 Silvesterschifffahrt Bonn – Köln – Bonn
HP 465,–
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ZIMMERMANN-REISEN, Wehr, Tel. 0 77 62 / 90 00
4 AUS DER REGION
Der Sonntag · 13. November 2016
„Im Rahmen des Üblichen“
GESICHT DER WOCHE
SONJA FABER-SCHRECKLEIN
W
Unter Narren
Auch in der Schweiz gibt es KRIEGSDENKMÄLER : Zwei Beispiele und eine Erklärung
as hat diese Frau alles kommen gefühlt – sogar als
mitgemacht! Sie wur- hörbare Württembergerin im
de ins Stroh gesteckt, Badischen. Kein Wunder:
verwuschelt, zerKommt „das Fernzaust, ritt auf Balsehen“, freuen sich
ken, rief bis zur
die Zünfte über die
Heiserkeit „Narrigroße Bühne. Und
Narro!“. Wie viele
wenn „die SchreckKilo Konfetti unter
lein“ persönlich erihren orangen
scheint, ist es das
Anoraks hervorSahnehäubchen
rieselten mag man
auf dem Fassich kaum vorstelnachtskiechli. Jede
len. Die Breisgauer
Hexe, jedes HanseNarrenzunft (BNZ)
le wollte sie – und
verlieh am Freitag,
damit die maxi11.11., den diesjähri- Sonja Faber-Schrecklein male Aufmerkgen Narrenpreis an hat keine Angst vor
samkeit. Doch bei
FOTO: SWR aller Tollerei hätdie SWR-Moderato- Narren.
rin Sonja Faberten die Narren geSchrecklein, weil sie als „ rasen- wisse Grenzen nie überschritde Straßenfasnet-Moderatoten, lobt Sonja-Faber Schreckrin“ das positive Image der Fas- lein. Den einen oder anderen
nacht befördert habe.
blauen Fleck und derben
Millionen Fernsehzuschauer
Spruch, das muss eine Fasverfolgten von 1994 bis 2004
nachtsreporterin schon abkönvom Sofa aus, wenn sie Masken- nen. „Aber jetzt arbeite ich ja
träger interviewte und sich von nicht mehr auf der Straße“, sagt
Narrenräten herzen ließ. Dabei die Moderatorin und lässt ihr
habe sie mit Fasnacht gar nichts typisches Lachen erschallen.
am Hut und anfangs schon ein Stattdessen kommentiert sie
bisschen Angst gehabt, erzählt seit zwei Jahren mit Werner
die 51-Jährige, denn sie stammt Mezger vom Wagen aus. 20 Jahaus dem protestantischen
re im Auge des Orkans sind
Landkreis Esslingen. Fasnachts- dann auch genug, findet sie. Eiprofessor Werner Mezger habe ne echte Närrin ist auf jeden
sie anfangs ein Stück weit gelei- Fall aus ihr geworden, aber eine
tet: „Und sein Fachwissen hat
Lieblingsfasnacht hat sie nicht:
mich über Jahre getragen.“
„Fasnacht ist wie Landschaft –
Auch an Paul Teike, den langjede hat ihre Reize.“ Aber als die
jährigen Narrenmeister des
Historische Narrozunft VillinVerbandes Oberrheinischer
gen an einem Abend im Häs die
Narrenzünfte, der vor zwei Jah- Narrenzunft Schwenningen beren starb, denkt Sonja Fabersuchte und damit den größtSchrecklein gern zurück: „Er
möglichen Fasnachtsgraben
war sehr herzlich und liebeüberwand, gesteht Sonja Fabervoll.“ Tolle Freundschaften sei- Schrecklein, habe sie schon die
en durch die Fasnacht entsaneine oder andere Träne verKATHRIN GANTER
den , sie habe sich überall willdrückt.
KURZ GEFASST
VOGELGRIPPE
„Wehrmännerdenkmal“ –
so heißen Kriegsdenkmäler
für gewöhnlich in der
Schweiz. Sie erinnern an
Kriegszeiten ohne Krieg
und an Soldatentode ohne
Gefallene.
BORIS BURKHARDT
Einen Volkstrauertag wie in
Deutschland kennen die Schweizer nicht. Dennoch gab es in der
lebendigen Erinnerung derer
Männer, die 1914 bis 1918 und
1939 bis 1945 als Soldaten unter
Waffen die Grenze schützen
mussten, in der Nachkriegszeit
ein Bedürfnis, ihrer Entbehrungen zu gedenken. „Kameraden!
es galt der Heimat“ heißt es beispielsweise noch immer am Gedenkbrunnen in Liestal an der
westlichen Seite des Regierungsgebäudes von 1923. Vor allem im
Ersten Weltkrieg gab es für
Schweizer Soldaten keine soziale
Absicherung: Gehörten sie zu
den 25 000 Männern, die der
Spanischen Grippe zum Opfer
fielen, blieben ihre Frauen und
Kinder daheim mittellos.
Auch die Basler Wehrmänner
haben ein solches Denkmal: Im
Mai 1925 wurde es mit einer großen Schau mit 1 000 Soldaten
und drei Fliegern vor 20 000 Zuschauern eingeweiht. Es befindet sich noch heute auf der Batterie, dem höchsten Punkt des
Bruderholzes, wo 1815 die Geschütze für den Krieg gegen Napoleon aufgebaut wurden. Aber
es sieht nicht mehr so aus, wie es
Louis Weber und Eduard Preiswerk-Haller damals mit dem Titel „Wächter“ schufen: Das Relief
der drei Männer, die dem Krieg
den Zutritt ins Land verwehren
sollten, wurde laut dem Basler
Hobbyhistoriker Roger Jean Rebmann schon vor der offiziellen
Die Gräber der 40 Bombenopfer von Schaffhausen ruhen in einer Grabanlage auf dem Waldfriedhof der
FOTO: STADTARCHIV SCHAFFHAUSEN
Stadt. Die kniende Frau steht für die Ohnmacht der Zivilbevölkerung.
Eröffnung mit Farbe beschmiert.
Bis 1939 war das Relief angeblich
durch Vandalenakte bis zur Unkenntlichkeit abgeschlagen. 1955
wurde es durch eine schlichte
Schrifttafel ersetzt.
–
Demonstration des
Verteidigungswillens
–
Die überwiegende Mehrzahl der
Kriegsdenkmäler in der Schweiz
beschäftigt sich zwar mit den
mittelalterlichen
Schlachten
und dem nationalen Erwachen
im 19. Jahrhundert, als die
Schweizer tatsächlich noch
selbst kämpften. Für den Basler
Historiker Georg Kreis, der sich
auf Schweizer Denkmäler spezialisiert hat, bedingen sich die
Kriegsdenkmäler des 19. und 20.
Jahrhunderts allerdings gegenseitig: „Vor den Denkmälern der
Schutzmaßnahmen entlang des Rheins
Die gefährliche Geflügelpest ist diese Woche in zwei deutschen
Geflügelbetrieben aufgetreten: einem Nutztierhof im Landkreis
Vorpommern-Greifswald und einem Putenbetrieb in Schleswig-Holstein. Schutzmaßnahmen gegen das hochansteckende
H5N8-Virus sollen nun auch am Hochrhein ergriffen werden.
Das Landwirtschaftsamt hat entlang des Rheins Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Das betroffene Gebiet umfasst
einen 500 Meter breiten Streifen, der parallel zum Rhein verläuft.
Dort müssen unter anderem an den Eingängen von Geflügelställen Desinfektionswannen aufgestellt werden, die Ställe
dürfen nur noch in Schutzkleidung betreten werden. Der Zukauf
von Hühnern, Enten, Gänsen oder Puten ist verboten. Das
Landwirtschaftsamt geht davon aus, dass erkrankte Zugvögel
auf ihren Stopps das örtliche Geflügel infizieren. Eine Stallpflicht
wie am Bodensee wurde noch nicht angeordnet. Erkrankungen
von Menschen wurden bislang noch nicht gemeldet. Die
Behörden bitten trotzdem, dass Personen, die tote Tiere finden,
sich ans Landratsamt, die Gemeinde oder die Polizei wenden.
DS
Heute ist vom Wehrmännerdenkmal auf dem Bruderholz nur noch eine Plakette übrig. Bisweilen erinnern historische „Re-Inactment“-Gruppen wie hier der militärhistorische Verein „Rost und Grünspan“ an die
FOTO: ZVG
Zeiten der beiden Weltkriege in der Schweiz.
mittelalterlichen
Schlachten
wird der heutige Verteidigungswille demonstriert, wie umgekehrt vor den Wehrmännerdenkmälern der Gegenwart die alteidgenössischen Heldentaten herbeigerufen werden.“
„Das Sterben hielt sich so sehr
im Rahmen des Üblichen, dass es
keiner speziellen Rechtfertigung
bedurfte“, sagt Kreis über die beiden Weltkriege. Trotzdem habe
es auch in der Schweiz „einen Bedarf an Toten, die man als Träger
herrschender Wertvorstellungen deuten kann“, gegeben. Der
Bedarf sei so stark gewesen, dass
man in „Ermangelung ‚echter‘
Kriegstoter“ auch die krankheitshalber Verstorbenen zu den
Gefallenen gezählt habe.
Kreis führt das auf drei mögliche Ursachen zurück: Die
Schweiz habe erstens im Kult der
Kriegstoten nicht hinter den
Nachbargemeinschaften
zurückstehen wollen. Zweitens habe man nach dem Heldenkult
des 19. Jahrhunderts um die „alteidgenössischen Krieger“ des
Mittelalters nicht in einer „substanzlosen Epigonenzeit“ leben
wollen. Drittens führt Kreis das
menschliche Grundbedürfnis
des Totenkults an: „Die hochgehaltenen Werte erhalten in Verbindung mit dem Tod die höchste Weihe.“ Das Ideal der Kampfund Opferbereitschaft sei bedingt durch die Erwartung der
Pflichterfüllung und des Gehorsams.
Von Heldentaten und nationaler Romantik ist am einzigen
Denkmal
für
tatsächliche
Schweizer Kriegsopfer rein gar
nichts zu spüren: Am 1. April
1944 warfen alliierte Flieger ihre
Bomben auf Schaffhausen statt,
das sie aufgrund des schlechten
Wetters für Ludwigshafen gehalten hatten. Es waren nicht die
ersten tödlichen Bomben, die
fehlgeleitet auf die Schweiz fielen; aber sie verlangten mit 40
Toten und 270 Verletzten den
weitaus größten Blutzoll. „Das
‚Denkmal‘ für die Opfer der Luftangriffe auf dem Waldfriedhof
ist explizit nicht als solches konzipiert worden“, sagt jedoch
Schaffhausens Stadtarchivarin
Mirjam Böhm, „sondern als Ruhestätte für die Opfer selber.“
–
Für Stadt und Kanton
ein wichtiges Anliegen
–
Es ist eine kniende Frau aus Kalkstein, in ihrer Schlichtheit ein
Symbol für die Ohnmacht der Zivilbevölkerung, die über die Verstorbenen wacht, die bereits drei
Tage nach dem Unglück beerdigt
wurden. Sie wurde vom Zürcher
Bildhauer Franz Fischer geschaffen und im Sommer 1948 aufgestellt. Stadt und Kanton war die
Angelegenheit damals sehr
wichtig: Zweimal wurden Wettbewerbe ausgeschrieben, bis sie
mit dem Vorschlag zufrieden
waren.
Auch heute nehmen die
Schaffhauser ihre Kriegstoten
noch sehr ernst, wie Böhm weiter berichtet: An jedem 1. April
läuten die Kirchenglocken. In
Gedenkjahren wie zuletzt 2014
zum 70. Jahrestag des Unglücks
legen Vertreter von Stadt und
Kanton Kränze nieder.
KURZ GEFASST
LESUNG
Lorenz Marti kommt nach Murg
Warum der Blick zu den Sternen
unsere Seele berührt? Weil wir Sternenstaub sind. Das sagen nicht nur
die Dichter, sondern auch die Wissenschaftler. Und deshalb spiegelt
sich das Universum in uns – und wir
uns in ihm. So beschreibt es Lorenz
Marti, der in seinen Büchern alltägliche Erlebnisse und Beobachtungen
mit philosophisch-spirituellen Weisheiten verknüpft. Am Donnerstag,
17. November, um 19 Uhr, kommt
der 64-jährige Buchautor und Publizist in die Barockkirche St. Leodegar und Marzellus in Murg-Hänner. Marti war mehr als 35
Jahre Religions-Redakteur beim Schweizer Radiosender DRS.
Gastgeber ist die Initiative „Murg im Wandel“, die den Abend,
angelehnt an eines von Martis Büchern, mit dem Titel „Eine
Hand voll Sternenstaub“ überschreibt. Der Eintritt erfolgt
auf Spendenbasis, Murg im Wandel bittet um eine Anmeldung
per E-Mail an [email protected] oder unter Telefon:
DS
077638899.
AUS DER REGION · EXTRA 5
Der Sonntag · 13. November 2016
Wer den Ramsch nicht ehrt...
Die BASLER SAMMLERMESSE ist die größte schweizweit und hat auch heute noch geöffnet
Des einen Trödel ist des anderen Schatz: An Sammlermessen tummeln sich neben Liebhabern auch Spontankäufer und Schnäppchenjäger. Ein Rundgang
durch die größte Schweizer
Messe für Kleinkunst und
Kleinantiquitäten.
MARTINA PROPRENTER
Die Ruhe trügt. Herrscht auf
dem Messeplatz eigentlich seit
Tagen emsiges Gewusel und
konstanter Lärm dank der
Herbstmesse, fehlt dieser am
Samstagmorgen komplett. Mit
einem Kaffeebecher in der Hand
und einem herzhaften Gähnen
im Gesicht schlurft ein Paar in
Richtung Messegebäude. Ob sie
auf ein Schnäppchen hoffen, ein
zu günstig deklariertes antikes
Stück finden möchten? Verwirrt
von der Frage erzählen die Zürcher aber bereitwillig von ihren
Hochzeitsplänen. Denn wer sein
Ticket gelöst hat und in der großen Halle nach rechts abbiegt,
landet bei der Hochzeitsmesse.
Also nach links abbiegen und bei
der Sammlermesse nach weiteren Menschen Ausschau halten,
die kaufinteressiert aussehen.
Direkt am Eingang ist ein
Mann emsig dabei, Postkarten
zu sichten. Vorsichtig zieht er eine nach der anderen hervor,
sieht sich die Vorderseite an und
steckt sie wieder zurück. Briefmarke und Inhalt der oft persönlichen, schwungvoll mit Tinte
geschriebenen
Nachrichten
scheinen ihn weniger zu interessieren. „Ich suche Postkarten aus
der Umgebung“, erklärt der Lörracher, bisher wurde er noch
nicht fündig, aber die Börse hat
ja auch erst vor wenigen Minuten geöffnet. An vielen Ständen
sind noch Decken über die wertvolle Ware gespannt. Seine Frau
ist derweil weitergezogen, auf
der Suche nach Weihnachts-
Stand an Stand reihen sich rund 100 Händler mit ihren Waren aller Art auf der 41. Basler Sammlerbörse, der größten in der Schweiz für Kleinkunst
FOTOS: MARTINA PROPRENTER
und Kleinantiquitäten.
schmuck. Einen Quergang weiter, vorbei an kitschigen Ringen
(„echte Jade“ preist die Verkäuferin an), vergilbten Büchern und
jeder Menge Nippes, ist man weniger auskunftsfreudig. Skeptisch schaut die Frau erst auf den
Notizblock, dann auf die Kamera. „Mit der Presse
rede ich nicht so
gerne“, sagt sie, lächelt dann aber
freundlich ob der
Zusicherung, ihr
keine der ausgestellten
Puppen
vor der Nase wegschnappen zu wollen. Eine altmodisch gekleidete
hat sie bereits an
sich
gedrückt,
mustert die sitzenden und stehenden Puppen aller
Gekauft, getestet und bereit für den Wiederver- Größen genau und
kauf: Schlüssel.
murmelt gedan-
kenverloren: „Hab ich, kenn ich
nicht, hab ich, hab ich, kenn ich
nicht...“ und will dann in Ruhe
weiter einkaufen.
Während die Händler noch ihre Tische herrichten, Geschirr
sorgsam aufstellen, Schmuck
aufhängen oder kleine Figuren
adrett ausrichten, scheinen Besucher noch zu fehlen. Der Blick
bleibt also an einer großen Kiste
mit Schlüsseln hängen, ein Franken das Stück. Die Verkäuferin
hat die Schlüssel selbst bei einem anderen Sammler gekauft,
einige zu Hause ausprobiert –
„viele passen in alte Schränke
und Schubladen“ – und bietet
die anderen nun also zum Kauf
an. Nicht die einzigen Schlüssel
in der Halle. An mehreren Ständen finden sich welche, meist
aus schwerem Material herge-
tet, dabei die schönsten oder
eher wertvollsten Marken entsprechend präsentiert. Denn Teil
der Börse ist auch eine Briefmarkenausstellung, eine Sonderschau zum 100-Jahr-Jubiläum
des Messeplatzes.
Der Andrang wird größer,
doch das wilde Gerangel um den
niedrigsten Preis bleibt aus. Die
wenigsten versuchen scheinbar,
ein paar Franken zu sparen, sondern kaufen einfach oder eben
auch nicht. „Man kennt sich
hier“, erklärt ein Verkäufer verschwörerisch lachend. Denn viele der Käufer sind selbst Verkäufer und vice versa. So wird beim
Tischnachbarn dezent geschaut,
was der für seine Ware anbietet
und wenn möglich der Preis für
die eigenen Sachen noch ein wenig nach oben korrigiert, denn
runterhandeln können die Besucher ja von selbst.
Freudig strahlend bahnt sich
derweil eine ältere Dame den
Weg durch die Menge. Über die
Schulter hat sie eine große Tasche geschwungen, die schwer
zu sein scheint. „Ich suche nach
altem Weihnachtsschmuck“, erklärt sie bereitwillig. Altem,
nicht dem neumodischen, wie
etwa die knallig bunt blinkenden
Coca-Cola-Weihnachts-Utensilien, von denen ein Tisch beinahe
erdrückt wird. Sie ist bereits fündig geworden, hat die Memorabilien an eine Adventszeit vor
der Kommerzialisierung sicher
in ihrer Tasche verpackt. Ob sie
zum ersten Mal hier ist? Bei der
Frage muss sie herzhaft lachen.
„Man könnte fast sagen, es hat
Tradition, hierher zu kommen“,
sagt sie milde lächelnd und verweist darauf, dass diese schließlich schon seit vier Jahrzehnten
stattfindet. Wie oft davon mit ihr
als Besucherin, will sie dann aber
doch für sich behalten.
stellt, mit dickem Schlüsselbart.
Was man damit wohl alles aufschließen könnte? Aber noch
gibt es in der Halle keinen , der
das ausprobieren möchte.
Rund 100 Aussteller drängen
sich Tisch an Tisch. 30 Minuten
nach Hallenöffnung wird es bereits eng in den Zwischengängen. Besonders die Postkarten,
auf mehreren Tischen in verschiedenen Ausführungen vorhanden, ziehen die Besucher an.
Jeder scheint ein spezielles Motiv vor Augen zu haben, das er
finden möchte. Er. Denn Frauen
sind kaum zu sehen, zumindest
nicht unter den Besuchern, dafür aber hinter den Verkaufsständen. Ein paar Schritte weiter, > DIE BASLER SAMMLERBÖRSE
bei den Philatelisten, das gleiche in der Rundhalle der Messe Basel ist
Bild. An jedem Tisch werden heute von 9 bis 17 Uhr geöffnet,
Briefmarken liebevoll hergerich- Eintritt 7 Franken.
EXTRA: HEIRATEN
Vorsicht: Besser kein
Kleid aus dem Netz
Exklusive Mode für
Braut, Bräutigam
und Gäste
Auf den FIRMENSITZ sollte besonders geschaut werden
* 21./ 22./ 23. März 19.15 Uhr
* 24./ 25./ 26. März 21.00 Uhr
* 10./ 11./ 12. April 21.00 Uhr
Schaffhauser Straße 95
79713 Bad Säckingen
– gegenüber Kaufland –
Tel. 0 77 61 / 37 61
www.carro-brautmoden.de
Im Internet findet man viele
Schnäppchen: Dort gibt es
Brautkleider schon für knapp 80
Euro. Doch Vorsicht: Um Ärger
zu vermeiden, sollten die
Schnäppchenjägerinnen unter
den Bräuten die Shopseiten genau prüfen.
Dabei sollte insbesondere auf
den Firmensitz des Händlers geachtet werden. Denn befindet
sich dieser in einem Nicht-EULand wie etwa China, wo die
Günstigkleider vielfach herkommen, haben Kunden oft nicht
das gewohnte vierzehntägige Widerrufsrecht, warnt die Verbraucherzentrale Hamburg.
Außerdem riskiere man, dass
das Kleid zu spät oder gar nicht
ankommt – und die Braut sich
noch auf den letzten Drücker eine Alternative suchen muss.
Sollte das Kleid für den großen
Tag nicht gefallen oder passen,
gilt etwa bei einem Versender
aus China anders als bei einem
EU-Anbieter: Kunden können
das Kleid meist nicht einfach zurückschicken und ihr Geld zurückfordern. Um Ärger möglichst zu vermeiden, raten die
Der
Alemannenhof
HOTEL
ENGEL
Ruhetag
Do. + Fr. Mittag
Tel. +49 7765 9 20 10
Rickenbach im Hotzenwald
Südschwarzwald
• Rustikaler Festsaal mit Bühne
• Von komplettservice bis Eigenveranstaltung
• Saunacenter - Kegelbahn - Bistro Mo.-Sa. ab 15.30 h
• Gaudiprogramm »Lustiges Schweinchenessen mit Tanz«
www.alemannenhof.com
Wer mit seinem Kleid unzufrieden
ist, für den ist die Hochzeit so gut
FOTO: DPA
wie gelaufen.
Verbraucherschützer auch von
einer Zahlung per Vorkasse oder
Kreditkarte ab, wenn es denn ein
Anbieter aus dem EU-Ausland
sein muss. Denn wenn das Geld
erst einmal abgebucht ist, könne
man es nur schwer wieder zuDPA
rückholen.
Schopfheimer Straße 2–4
79664 Wehr
Telefon 0 77 62 / 52 27-0
Die ersten neuen Brautkleider der Kollektionen 2017 sind eingetroffen.
6 AUS DER REGION
Beratungsstelle für
psychisch Kranke startet
Neuer SERVICE des Landratsamts Waldshut-Tiengen
Die neu eingerichtete „Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle“ (IBB) für psychisch erkrankte Menschen im
Landkreis Waldshut hat ihre Arbeit aufgenommen.
Die Waldshuter Informations,Beratungs- und Beschwerdestelle berät, hilft und vermittelt beispielsweise bei Problemen bezüglich einer Behandlung, einer
Therapie oder etwa bei der Unterbringung eines Patienten. Ziel
der Anlaufstelle für Betroffene
und Angehörige, aber auch für
ehrenamtliche oder hauptamtliche Mitarbeiter ist es, Patientenrechte zu stärken und besser zu
schützen. So können Betroffene
und Angehörige Fragen, Anregungen und Beschwerden an die
Berater richten. Das Team der
Beratungsstelle setzt sich aus ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammen, darunter selbst Psychi-
atrieerfahrene, Angehörige oder
Mitarbeiter mit professionellem
Hintergrund. Die Sprechstunden finden immer am 1. Montag
des jeweiligen Monats nach vorheriger Anmeldung statt. Alle
Gespräche werden streng vertraulich geführt. Die IBB-Stelle
arbeitet kostenlos und unabhängig. Eine Rechtsberatung findet
nicht statt.
> Die erste Sprechstunde fand am
Der Sonntag · 13. November 2016
„Wuchtige Welle“
Historiker BERND MARTIN über die Freiburger Debatte um umstrittene Straßennamen
Am Dienstag entscheidet
der Freiburger Gemeinderat über die Umbenennung
von Straßen. Zur Debatte
stehen Personen mit rassistscher, militaristischer,
frauenfeindlicher oder antisemitischer Vergangenheit. Professor Bernd Martin, der die Vorschläge mit
einer Kommission erarbeitete, hat turbulente Wochen
hinter sich.
Montag, 7. November statt. Die
weiteren Sprechzeiten sind immer
jeden 1. Montag des jeweiligen
Herr Martin, die Umbenennung
Monats von 14.30 bis 16.30 Uhr im
von Straßennamen ist ein emoLandratsamtWaldshut, Kaiserstrationales Thema. Das ist bekannt.
ße 110, Raum 236. Eine telefoniWaren Sie dennoch überrascht
sche Anmeldung ist erwünscht.
von der Wucht der Reaktionen
Gespräche können auch nach Abauf Ihr Gutachen?
sprache stattfinden. Erreichbar ist
die IBB-Stelle über Telefon:
07751/86-4254
oder
Fax Ja. Wir haben im Gutachten zwar
geschrieben, dass wir eine leb07751/86-4299.
hafte Diskussion erwarten. Dass
aber in den Leserbriefen derart
viele, unreflektierte Meinungen
zum Vorschein kamen, und vor
allem dass ich als Chef einer
selbsternannten Weltverbesserungskommission bezeichnet
werde, das hat uns doch sehr getroffen. Wir sind vom Freiburger
Gemeinderat eingesetzt worden.
Ich konnte mir meine Mitarbeiter auch nicht aussuchen, die
sind alle persönlich vom GeDie „Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle“ (IBB) für psymeinderat bestimmt worden.
chisch erkrankte Menschen hat ihre Arbeit aufgenommen. FOTO: DPA Das war eine absolut faire, politische Entscheidung. Der Auftrag
lautete: Alle Straßennamen unter gewissen Gesichtspunkten – wie Militarismus, Antisemitismus, Rassismus – zu
untersuchen. Wir haben gleich in der ersBUCHMESSE mit Lesenacht vom 18. bis 20. November ten von 18 Sitzungen
Bedenken angemelZum 25. Mal wird der Burghof führer Markus Muffler liest um det, ob das so einfach
nächstes Wochenende ein Mek- 18 Uhr aus „Alice im Wunder- ist, wie es sich das Kulka für alle, die gerne lesen. Die land“. Der Bundestagsabgeord- turamt vorstellt. Nach
Kinderbuchmesse Lörracher Le- nete Armin Schuster erzählt am langer
Diskussion
selust bietet Tausende Bücher in Samstag, 13.30 Uhr, von „Arm- stellten wir schließlich
einer Schmökerecke, prominen- strong: Die abenteuerliche Reise fest, dass es keine obte Vorleser, mehrsprachige Le- einer Maus zum Mond“. Sebasti- jektiven Kriterien gibt. Die Entsungen und Workshops. Wer am an Vollmer stellt um 14 Uhr sein scheidung muss aber der GeFreitag gar nicht heimgehen will, Buch „Das perfekte Zahnrad“ meinderat treffen. Wir haben die
kann die Lesenacht sogar im vor, Björn Langhans um 15.10 Arbeit ehrenamtlich gegen eine
Burghof verbringen. Der Eintritt Uhr „Der Träumer“. Zudem gibt kleine Aufwandsentschädigung
ist frei, für manche Veranstaltun- es am Samstag und Sonntag gemacht. Von dieser wuchtigen
gen ist eine Anmeldung nötig.
mehrsprachige Lesungen auf Welle, die uns ins Gesicht schlug,
Hören, Träumen und Schmö- Englisch, Italienisch, Franzö- waren wir schon überrascht.
kern können Kinder und Er- sisch, Russisch, Türkisch, Albawachsene auf zwei Ebenen: Im nisch, Persisch und Arabisch.
Gab es auch Kritik, von der sie
Obergeschoss gibt es eine KINSelbst aktiv werden ist bei
sagten: Ja, das ist ein Aspekt, den
mit WORKSHOPS möglich, die es neDERBUCHAUSSTELLUNG
wir bei der Kommission nicht
2 500 Neuerscheinungen der ben einem Kinderatelier und
bedacht haben?
deutschsprachigen Kinder- und Theater gibt: Mehrdad Zaeri und
Jugendliteratur 2016, zudem ei- Christina Laube laden am Frei- Es gab Kritik am französischen
ne Schmökerecke mit Büchern tag, 16 Uhr, zur „Papierwerkstatt“, Festungsbauer Vauban. Vielvon mehr als 60 Kinderbuchver- Bruno Blume hält am Samstag, leicht waren wir da zu zurückhallagen aus Deutschland, Öster- 13.30 Uhr eine Schreibwerkstatt tend. Auf der anderen Seite hareich und der Schweiz sowie aus (jeweils nur mit telefonischer ben die Franzosen 1945 die Seder Médiathèque St. Louis. Im Anmeldung). Am Sonntag gibt danstraße und das SiegesdenkErdgeschoss warten Literatur- Sebastian Vollmar nach telefoni- mal nicht angerührt. Und
café und Buch-Quadrat darauf, scher Anmeldung um 15 und Freiburg wäre im 17. Jahrhundert
passend zum Motto „Träume 16.30 Uhr Kugelschreiber-Work- mit Sicherheit auch von einem
von Morgen“ entdeckt zu wer- shops.
Habsburger Festungsbauer verden.
Mehr als 300 Kinder singen, unstaltet worden, hätte es daAm Eröffnungstag müssen die tanzen und spielen auf den Büh- mals den Habsburgern gehört.
Besucher den Burghof um 19 nen im Burghof, heißt es dazu Die Stadt war strategisch einfach
Uhr verlassen, doch maximal 20 im Flyer, mehr als 100 Ehren- zu bedeutend.
Kinder in zwei Gruppen können amtliche wirken zudem vor und
die Nacht zwischen den Büchern hinter den Kulissen, um Kindern
Was waren die häufigsten Vorverbringen, spannenden und und deren Familien ein lesefreuwürfe gegen Sie?
gruseligen Geschichten lau- diges Wochenende zu bieten.
MARTINA PROPRENTER Die Motive sind meist sehr perschen. In der LESENACHT kümmern sich das SAK-Kinderbüro
sönlich. Eine Satire oder eine Pound Lehreranwärterinnen um > DAS PROGRAMM und weitere lemik zu schreiben, ist billig.
Infos gibt es im Internet unter Selbst Historikerkollegen haben
die 8- bis 11-Jährigen.
Wer nicht nur selbst lesen will, www.burghof-leselust.com. Eröff- sich dieser Mittel bedient. Die
kann an allen drei Tagen LESUN- net wird am Freitag, 18. Novem- machen es sich zu leicht. Ich
GEN besuchen. Den Auftakt dazu ber, 16 Uhr, Samstag und Sonntag weiß selbst, dass auch der sozialmacht Oberbürgermeister Jörg ist von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der demokratische Präsident FriedLutz am Freitag, 17.15 Uhr, mit Eintritt zur Buchmesse und den rich Ebert, wie Hindenburg, die
„Geschichten über die Zukunft: meisten Angeboten ist frei, Ein- Dolchstoßlegende verbreitete.
Wie man einem Außerirdischen trittskarten für das Kindertheater Man kann auch im Fall Hindenbegegnet“. Im Anschluss liest Au- gibt es unter 07621/94089-11/12. burg so oder so entscheiden. Das
tor Bruno Blume aus seinen Kin- Anmeldung zur Lesenacht nur tele- Gefühl der Kommission aber
derbüchern. Burghof-Geschäfts- fonisch unter 07621/91426-12.
war, dass Hindenburg als Stra-
Kinder lernen
literarisches Träumen
Historiker Martin war erstaunt über die hohe Emotionalität der Straßen-Debatte.
ßenname nicht tragbar ist. Ich
selbst war anfangs dagegen.
Schließlich war er Reichspräsident und steht in jedem Schulbuch. Die Hindenburg-Biographie des Historikers Wolfram Pyta hat mich dann umgestimmt.
Den meisten Leserbriefschreibern ist vorzuwerfen, dass sie
unser Gutachten nicht gelesen
haben. Stattdessen wird das Gerücht in die Welt gesetzt, ein paar
Professoren entscheiden selbstherrlich über die Straßennamen.
Bei der Beurteilung von Hermann Staudinger machten Sie
einen unschlüssigen Eindruck.
Wir waren in der Tat in dieser
Sache ein bisschen ratlos. Die
Straße soll ja nicht abgeschafft
werden. Geplant ist ein Zusatz
zum Straßenname. Der könnte
so lauten: „Nobelpreisträger
FAKTEN
VIER JAHRE LANG hat eine
vom Freiburger Gemeinderat eingesetzte Historikerkommission zu Freiburger
Straßennamen geforscht.
Ihr Leiter war Bernd Martin,
emeritierter Professor für
Geschichte an der Universität Freiburg. Die Kommission empfiehlt, zwölf Namen
zu ändern: Alban Stolz (Antisemitismus), Johann Ecker,
Alfred Hegar, Ludwig Aschoff (Rassismus), Max von
Gallwitz (Militarismus), Paul
von Hindenburg, Julius
Brecht, Erich Lexer, Ludwig
Heilmeyer, Martin Heidegger, Sepp Allgeier (Nationalsozialismus) und Johann
Renner (Frauenfeindlichkeit). Weitere Namen sollen
mit erklärenden Zusatzschild versehen werden. Die
Badische Zeitung hat eine
repräsentative Umfrage veröffentlicht, nach der 51 Prozent der Freiburger eine Änderung umstrittener Straßennamen ablehnen. 33 ProRIX
zent befürworten sie.
passte sich nach Denunziation
an den Nationalsozialismus an.“
Die ersten Akten habe ich 1996
gefunden. Ich bin damals fast
vom Stuhl gefallen und habe das
dem Rektor mitgeteilt. Staudinger beschwerte sich 1936 über
die Juden in seinen Vorlesungen
und 1940 über die Halbjuden.
Jetzt gibt es ein Schreiben, in
dem er die „Halbjuden“ namentlich anführt. Und genau von diesen beiden Leuten haben wir
Zeugnisse, dass Staudinger sie
geschützt hat. Wie soll
man das verstehen?
Staudinger könnte eine
Doppelstrategie
verfolgt haben. Er hat sie
angeschwärzt, um sie zu
schützen.
Dagegen
spricht aber, dass er seine deutschen und ausländischen Kollegen, die
gegen seine Theorien
waren, pauschal als jüdische Weltverschwörung
diffamierte. Das ist erst
seit 2002 bekannt. Irgendwie
passt das alles nicht zusammen.
Hinzu kommt, dass Staudingers
Institut das kriegswichtigste in
Freiburg war. Die haben aber
nicht nach Giftgas, sondern nach
Schutzmitteln gegen das Gift
Lost gesucht. Die StaudingerDiskussion ist noch nicht beendet. Die Staudinger-Schule hat
einen Leistungskurs in der Oberstufe verpflichtet, das Material
nachzulesen. Die Schüler waren
vor Kurzem bei mir. Ich habe den
Eindruck, das ist ein guter Weg.
Die Schule geht der Sache ohne
Hektik nach. Die müssen den
Namen nicht zwingend abändern, sie sollen sich aber damit
beschäftigen. So bekommen die
Schüler einen viel direkteren Zugang zu dem, was im Dritten
Reich passierte.
Wie sind Sie vorgegangen: Haben Sie im Zweifelsfall eher zugunsten der zu untersuchenden
Person entschieden?
Ja – immer „in dubio pro reo“.
Wenn das Aktenmaterial nicht
ausreichte, haben wir eine „Anklage“ vermieden. So sind wir
beim Thomas-Scherrer-Platz in
Haslach verfahren. Zeitgenossen
haben Scherrer als radikalen NSPfarrer schwer belastet. Wir haben aber keine Dokumente gefunden. Weder eine Entnazifizierungsakte noch Dokumente
über NS-Mitgliedschaften beim
Document Center. Allein auf
Aussagen konnten wir uns nicht
berufen – dahinter könnte ja
auch persönlicher Neid oder
ähnliches gestanden haben.
FOTOS: RIX, BAMBERGER
Mit welcher Kategorie hatten
Sie es am häufigsten zu tun?
Eindeutig Antisemitismus. Für
die Universität Freiburg ist das
unschön: Es geht meistens um
Mediziner. Lexer, Heilmeyer,
Ecker, Hegar. Der Befund war wenig überraschend. Schließlich
hatten die Mediziner unter den
Wissenschaftlern an der Universität den höchsten Anteil von
NSDAP-Mitgliedern – 75 Prozent.
Der Durchschnitt an der Universität lag bei 50 Prozent. Wir haben jetzt erst herausgefunden,
dass Ludwig Heilmeyer die zwei
Dachauer KZ-Ärzte Wilhelm
Beiglböck und Kurt Plötner nach
Freiburg an die medizinische Fakultät holte.
Wann war das?
Anfang der 50er-Jahre. Das gab
damals eine Riesenkontroverse
mit dem Wissenschaftsministerium, weil der Plötner seine Vorgeschichte verschwiegen hatte.
Das kam dann raus, die Fakultät
weigerte sich aber erfolgreich,
seine Professur abzuerkennen.
Wie läuft die Diskussion mit Gemeinderäten?
Ich fand es gut, dass der ganze
Gemeinderat unsere Arbeit gebilligt hat. Selbstverständlich
kann es Veränderungsvorschläge geben. Aber: Das hat einen
Haken. Dazu bräuchte es Gegengutachten. Gemeinderäte können das in vier Wochen nicht
leisten. Daher wäre es sinnvoll,
das ganze Paket anzunehmen.
Ich hätte dennoch großes Verständnis, wenn es Gegenstimmen gäbe.
Würden Sie es sich heute noch
einmal antun, den Vorsitz einer
solchen Kommission zu übernehmen?
Das habe ich mich in denvergangenen Tagen oft gefragt. Ich werde inzwischen sogar auf der Straße angesprochen. Es ist im Sinn
unserer Stadt, die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Es stellt
sich die Frage, wer es machen
soll. Ein Historiker – das ist klar.
Weil die amtierenden Kollegen
keine Zeit haben, muss es ein
Pensionär machen. Da wird der
Kreis schon kleiner. Ich habe das
auch als Anerkennung empfunden, dass der Gemeinderat mich
gefragt hat. Vielleicht würde ich
es heute etwas anders angehen
(lacht).
DAS GESPRÄCH FÜHRTE
KLAUS RIEXINGER
AUS DER REGION 7
Der Sonntag · 13. November 2016
Der Mörder in uns
Gratis und schnell ins
Internet
Der DOKUMENTARFILM „Karl Jäger und wir“ hat am Samstag in Waldkirch Premiere
Endlich den Schlussstrich
ziehen oder die Erinnerung
wachhalten: Das ist die Frage, wenn es in Waldkirch
um Karl Jäger geht. Der Umgang mit dem Mann, der
von 1891 bis 1936 dort lebte
und in der NS-Zeit zum
„Henker der litauischen Juden“ wurde, ist Thema des
Dokumentarfilms „Karl Jäger und wir“.
SIGRUN REHM
Der Waldkircher Marktplatz an
einem sommerlichen Tag. Der
Film zeigt Passanten plaudernd
am Brunnen, ein Drehorgelmann spielt. Dann schiebt sich
eine historische Fotografie über
die Szene, sie zeigt einen Aufmarsch am selben Ort, Uniformierte, Hakenkreuzfahnen. „Jede deutsche Stadt hat ihre NSVergangenheit“, sagt eine Stimme aus dem Off, „aber hier
wiegen die Fragen von Verdrängen und Gedenken, Erinnern
und Verschweigen, Verantwortung und Leugnen schwerer als
anderswo.“ Grund dafür ist der
Waldkircher Bürger Karl Jäger,
ein von Zeitgenossen als „feinsinnig und kultiviert“ beschriebener Mann, der sich brüstete,
Litauen „judenfrei“ gemacht zu
haben. 137 346 Menschen hat der
SS-Standartenführer dort zwischen 4. Juli und 25. November
1941 ermorden lassen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
lebte Jäger unbehelligt unter seinem richtigen Namen in Württemberg, ehe er 1959 als Kriegsverbrecher verhaftet wurde und
sich im Gefängnis Hohenasperg
das Leben nahm. Wer in seiner
Heimatstadt etwas über Jägers
Wirken wusste, bewahrte Stillschweigen. Erst 1989, bei der Vorbereitung der städtischen Kulturwoche „Waldkirch 1939 – davor und danach“, kam seine Identität ans Licht. Wolfram Wette,
damals Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in
Freiburg und SPD-Fraktionschef
im Waldkircher Stadtrat, begann
zu forschen, 2011 publizierte er
die Biografie Karl Jägers. Seit 27
Jahren spaltet der Umgang mit
Jäger nun die Stadt. Für die einen
ist er Anlass zu Aufarbeitung
und Mahnung, die anderen wollen, dass endlich Schluss ist mit
den alten Geschichten.
„Ein Gespräch mit Waldkircher Jugendgemeinderäten im
Frühsommer 2015 stand am An-
Zeitzeugen wie Franja Brancovskaja stehen im Film neben Straßenumfragen und szenischen Darstellungen.
FOTOS: BLACK DOG E.V./ZVG
Rechts Karl Jäger.
fang des Projekts“, erzählt der Filmemacher Jürgen Dettling, der
mit seinem Verein Black Dog seit
elf Jahren medienpädagogisch
arbeitet. Es entstand die Idee, einen Film über Karl Jäger zu machen. Es fanden sich 30 Interessierte im Alter von 17 bis 70 Jahren. In vielen Diskussionen erarbeiteten sie ein Konzept, fanden
einen Ton, einen roten Faden. Eine Spurensuche sollte es sein
unter der Fragestellung: Was hat
Karl Jäger mit uns zu tun? Und:
Was lässt sich aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen?
Dettling bot Workshops in
Drehbuchschreiben, Kameraführung, Schnitt und Interviewtechnik an. Schauspielerin Christine Kalfaß arbeitete mit den
Teilnehmern szenische Elemente. „In den Osterferien 2016 fuhren wir nach Litauen“, erzählt
Dettling. Dort entstanden neun
Zeitzeugeninterviews, die das
Herzstück des dichten und bewegenden Films bilden.
Erdmundas Zeligmanas war
zehn Jahre alt, als der Schrecken
über sein Dorf kam. Im Film
zeigt der alte Mann Bilder seiner
Schwestern, „alle ermordet“, sagt
er und erzählt, wie die Juden auf
den Friedhof getrieben, vor
Gruben gestellt und erschossen
wurden. „Und ich sah, wie mein
Vater tot in die Grube fiel.“ Dovidas Leibzonas berichtet, wie er
sich zusammen mit seiner Mutter versteckte und von einer Litauerin gerettet wurde. Franja
Brancovskaja führt die Waldkircher durch das ehemalige jüdische Ghetto von Vilnius und er-
zählt mit feinem Humor, warum enzentren und Gedenkstätten
sie sich 1942 den Partisanen an- bundesweit gezeigt werden
kann. Zu den Förderern gehören
schloss.
Sparkasse, Volksbank und Ganter Interior. Zur Premiere des anErstmals spricht Jägers
derthalbstündigen Films haben
Enkel über das Thema
–
sich drei der Zeitzeugen aus LiZwischen den Interviews stehen tauen angekündigt.
Auszüge aus dem „Jäger-Bericht“,
Entstanden ist ein Dokumenin dem der SS-Standartenführer tarfilm, der niemanden anklagt
akribisch jeden Mord dokumen- oder denunziert, sondern Fragen
tierte, Gedichte des Holocaust- stellt. Und der sogar Hoffnung
Überlebenden Abraham Sutzke- weckt, indem er die Überlebenver, Darstellungen historischer den erzählen lässt, wie man eine
Szenen und Ausschnitte von Katastrophe überstehen und daStraßenumfragen in Waldkirch. nach weiterexistieren kann, ohSoll man sich heute noch mit ne zu hassen. „Ich kann nicht saKarl Jäger befassen? „Unbedingt“, gen, was ich damals getan hätte“,
ruft eine blonde Mittfünfzigerin gesteht ein Schüler. „Potenziell
ins Mikrofon. „Man könnte mal ist jeder in Gefahr, unter beaufhören damit, es bringt uns stimmten historischen Bedinnicht weiter“, sagt ein älterer gungen in eine Situation zu geMann mit Schirmmütze und raten, in der er ein solches Mordwendet den Blick ab. Auch die geschehen zu verantworten hat“,
drei Rathauschefs Hugo Eisele sagt Wolfram Wette beim Inter(1970 bis 1983), Richard Leibinger view in seinem Garten im Stadt(1983 bis 2015) und Roman Götz- teil Kollnau nachdenklich. Es
mann (seit 2015) kommen zu bleibe immer die Frage: „Wie viel
Wort. Während Leibingervon an- von einem Jäger steckt eigentonymen Morddrohungen be- lich in uns allen?“
richtet, weil er sich für die AufarDas Schlusswort des Films hat
beitung der NS-Zeit starkmach- Heinz Jäger, der Enkel Karl Jägers,
te, meint Eisele, dass Jäger zwar der als Orgelbauer in Waldkirch
„ein übertriebener Fantast, aber lebt und für den das Thema imein Kind seiner Zeit“ gewesen sei. mer präsent ist, wie er sagt. „Man
Götzmann wiederum betont die muss es akzeptieren, dass man
Verantwortung aller, aus der Ge- solche Wurzeln hat“, sagt er,
schichte zu lernen.
„aber es gibt Momente, da kann
„Wir wollten einen Film ma- man nicht schlafen.“
chen, der überall funktioniert,
nicht nur in Waldkirch“, sagt Jür- > KARL JÄGER UND WIR, Filmgen Dettling. Das ist gelungen: premiere am Samstag, 19. NovemDer Göttinger Schulfilmverlag ber, 19 Uhr, in der Stadthalle WaldLerngut bringt ihn als DVD her- kirch, Hindenburgstraße 4. Eintritt
aus, so dass er an Schulen, Medi- gegen eine Spende.
–
Täter benutzte
vermutlich Rad
W-Lan Test in Bad Säckingen
Schnell und kostenlos ins Internet? An immer mehr Stellen in
der Innenstadt von Bad Säckingen ist das möglich. Und der
Ausbau des W-Lan-Netzes soll
noch weitergehen. Wer sein
Smart-Phone in der Altstadt einschaltet, bekommt eine ganze
Liste von möglichen Funkverbindungen angezeigt. Aber die
meisten sind mit einem Vorhängeschloss-Symbol versehen: ohne Kennwort also keine Nutzung. Nur ein einziger W-LanAnbieter ist ohne ein solches
Symbol: das von Freifunk. Es
wird auf dem Münsterplatz, in
der Rheinbrück- und der Schützenstraße auf dem Display angezeigt. „Bei uns ist keine Anmeldung erforderlich, Freifunk
steht für ein Internet für alle“,
sagt der Bad Säckinger VereinsAktivist Jürgen Albiez. Auch in
seinem Büro im Hotzenweg betreibt er ein für alle öffentliches
W-Lan. „Mein Router steht direkt am Fenster, so ist die Reichweite am größten und die
Wohnmobil-Camper auf dem
Festplatz haben auch noch etwas davon.“
Anfang 2015 verkündete die
Stadt, auf dem Münsterplatz öffentliches W-Lan anzubieten.
Doch nach nur wenigen Monaten gab sie den Betrieb an Freifunk ab. „Vor allem, um die Problematik der Störerhaftung zu
umgehen“, sagt der EDV-Beauftragte im Rathaus, Ingo Renz.
Um nicht verantwortlich dafür
zu sein, wenn Nutzer über das
städtische W-Lan Urheberrechte verletzen, mussten sich diese
zuerst registrieren. „Freifunk
hat die Bundesnetzagentur den
Providerstatus verliehen, wir
sind von der Störerhaftung ausgenommen“, so Albiez. Daher
setzt die Stadt auf die Kooperation mit dem Verein. Beide ziehen
an einem Strang. Bürgermeister
Alexander Guhl sagt dazu: „Für
mich gehört W-Lan als Angebot
der örtlichen Infrastruktur einfach dazu.“ Schon jetzt betreibt
Pelze
lle
Lammfe
Leder
Hüte
pro Sekunde
–
Wer mitmachen wolle, brauche
nur ein Zusatzgerät für seinen
Router, das schon für 20 Euro zu
haben sei, berichtet er. Noch gibt
es in der City mit ihrer engen Bebauung viele „Löcher“ ohne frei
zugängliches W-Lan, wo nur auf
das meist langsamere Mobilfunknetz zurückgegriffen werden kann. Albiez und die anderen Freifunk-Aktivisten möchten diese Löcher schließen und
noch mehr dazu bewegen, ihre
Funknetze der Öffentlichkeit zur
Verfügung zu stellen. Zu befürchten hätten sie dabei nichts.
Und bei Bandbreiten von bis zu
100 Megabit pro Sekunde, die
heute dank Glasfaser in der Stadt
schon angeboten werden können, seien auch keine Tempoverluste damit verbunden: „Da
müssten schon Hunderte gleichzeitig enorme Datenmengen aus
dem Netz saugen oder einspeisen.“ Einmal sei das schon passiert. Bei dem Mittelalter-Festival im Schlosspark gingen tatsächlich 35 Gigabyte Daten-Volumen
über
die
Freifunk-Knoten. Logisch, bei
den unzähligen Bildern und Videos, die die Teilnehmer in den
sozialen Netzwerken publizierHCW
ten.
Dieses Fahrrad wurde am Tatort gefunden, die DNA an ihm stimmt
FOTO: POLIZEI
mit der am Opfer nachgewiesenen überein.
FOTO: HCW
50% –
70%
huhe
Handsc
Schals
Wegen Umbau!
keiner Beziehung zur Familie
des Opfers. Die Tat, von der er in
den Medien erfahren habe, habe
ihn erschüttert.
Die Soko „Dreisam“ hat bis Beginn der Woche sämtliche Spuren an einem herrenlosen Fahrrad ausgewertet, das am Tatort
gefunden wurde. Dabei wurde
die gleiche männliche DNA festgestellt wie am Körper des Opfers. Das LKA geht mit hoher
Wahrscheinlichkeit davon aus,
dass der Täter in der Tatnacht
mit diesem Trekkingbike der
Marke Schauff gefahren ist. Er
könnte durch Dornengebüsch
am Dreisamufer möglicherweise Kratzer aufweisen. Hinweise
erbittet die Kriminalpolizei unDS
ter Telefon 0761/882 57 77.
–
Bis zu 100 Megabit
Der Verein Freifunk bietet in der Stadt kostenloses WLan an.
DNA-Spur en auch am Fahrrad nachgewiesen
Im Fall der vor drei Wochen am
Freiburger Dreisamufer ermordeten Medizinstudentin Maria
L. bittet die Kriminalpolizei weiter um Hinweise. Die 19-Jährige
war am frühen Sonntagmorgen,
16. Oktober, um 2.40 Uhr von einer Party im Institutsviertel in
Richtung Littenweiler aufgebrochen. Die Staatsanwaltschaft
Freiburg hat einen Betragvon bis
zu 6 000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zur Ergreifung oder
Ermittlung des Täters führen.
Zuvor hatte laut Badischer Zeitung ein in München lebender
Freiburger angekündigt, eine Belohnung von insgesamt 15 000
Euro auszuloben, wenn die
Staatsanwaltschaft dies nicht
zeitnah tue. Der Mann steht in
die Stadt 28 Internet-Zugangsknoten. Albiez schätzt die Gesamtzahl im Stadtgebiet und
den Ortsteilen auf bis zu 50 – betrieben auch von Ladenbesitzern, Gastronomen, Gewerbetreibenden, Privatleuten und,
wie im Falle von Refugees Integrated, von Vereinen. An beiden
Flüchtlingsunterkünften können die Asylbewerber mit Highspeed ins Internet gehen und so
den Kontakt zur alten Heimat
und den Angehörigen dort ohne
Kosten halten. Und der Ausbau
soll weitergehen. Albiez: „Kursaal und Bahnhofsvorplatz sollen bald hinzukommen.“
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8 DREI GÄNGE
Der Sonntag · 13. November 2016
NACHSCHLAG
Essen, Trinken, Trends: die 13. Plaza Culinaria hat begonnen
RESTAURANTFÜHRER FÜR SÜDBADEN
Lob,Vorschläge, Empfehlungen
Ein Restaurantführer, der nicht
nur die Sterne-Gastronomie berücksichtigt, sondern auch
Häuser mit gut bürgerlicher
Küche und einfache Dorfgasthöfe
empfiehlt? „Vor
zehn Jahren ist die
Skepsis noch groß
gewesen, doch die
Idee war von Erfolg gekrönt“, leitete Christian Hodeige am Donnerstag im Kellergewölbe des
Freiburger Restaurants Enoteca den
Auftritt der vierten Ausgabe ein.
„Der neue Restaurantführer für
Südbaden“ sei „ein Buch des Lobes, der Vorschläge und Empfehlungen“, schickte der Verleger der Badischen Zeitung voraus. Viele Plätze habe man
wahrscheinlich übersehen oder
keine Kenntnis von ihnen bekommen, doch sei mit der individuellen Auswahl ein repräsentativer Querschnitt der südbadischen Gastronomie gelungen. 209 Restaurants zwischen
Ortenau und Hochrhein werden in der Neuausgabe vorgestellt – alphabetisch geordnet
von Appenweier-Nesselried bis
Wittnau-Biezighofen. 40 Lokalitäten, die im 2012 erschienenen Vorgänger noch in Kurzporträts vorgestellt wurden,
sind in der neuen Ausgabe
nicht mehr zu finden. Dafür
wurden 58 neue Restaurants in
die Auswahl der 15 Tester aufgenommen. Unangemeldet und
unabhängig habe man in größeren und kleineren Gruppen
getestet, verrät Hodeige, „auch
manchmal zweimal am Tag im
gleichen Lokal“. Die Jury: Gastronomen, Winzer, Fachhändler und Journalisten. Der Maßstab: Bis zu 10 Punkte für die
Leistung von Küche, das Weinund Getränkeangebot, Service,
Ambiente und Preis-LeistungsVerhältnis. Wappen geben zuvor Auskunft, ob es sich um eine einfach rustikale Küche, gut-
bürgerliche Gasthäuser, eine
gehobene oder Spitzenküche
handelt. Die Küchenleistung
wird beim Addieren der Einzelergebnisse doppelt gezählt, die
Summe durch 6
geteilt. Trotz einer überraschend großen
und vielfältigen
Gastro-Landschaft gab es zu
guter Letzt auch
bedauerliche
Mängel: „Wir waren überrascht,
wie wenig sich
die Gastronomie
mit einigen
rühmlichen Ausnahmen trotz
des allgemeinen Trends auf Vegetarier einstellt“, erklärt Hodeige. Das Angebot beschränke
sich oft auf das Weglassen der
Fleischportion auf dem Teller
und den kümmerlichen verbleibenden Beilagenrest. Mit einem Häkchen für „vegetarisch
Wertvolles“ werden die Primusse der Branche gekennzeichnet.
„Transparenz“ hinsichtlich der
gewählten Lieferanten und regionalen Einkaufsquellen sowie „Barrierefreiheit“ sind weitere nützliche Hinweise. Den
Auftakt macht der Band mit
vier von der Jury ausgesuchten
gastronomischen Glanzlichtern. Bei der Lektüre des neuen
Restaurantführers kann man
zweifellos Neues und Bekanntes (wieder-)entdecken. Bei der
Bewertung kann der kundige
Restaurantesser aber auch
überraschende Bewertungen
finden, die sich nicht mit den
eigenen Erfahrungen decken.
So bleibt es letztlich dem Leser
überlassen, das Urteil der Jury
durch einen Besuch zu prüfen
und Nase, Zunge und Gaumen
TJA
entscheiden zu lassen.
> DER NEUE RESTAURANTFÜHRER für Südbaden. Herausgegeben von Christian Hodeige.
4. überarbeitete und erweiterte
Ausgabe, Rombach Verlag, 264
Seiten, 19,80 Euro.
Dein Bio-Fachgeschäft in Lauchringen
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OLIVEN, so weit der Arm reicht. Der Stand von Nicolas Magurno aus
und noch heute von 10 bis 20 Uhr geöffnet hat. Zu den Höhepunkten
Aix-en-Provence ist einer von über 360 Ausstellern auf der Genuss-Messe gehören in diesem Jahr das Genuss Festival, die neuen Ausstellungen
FOTO: KUNZ
Plaza-Culinaria, die am Freitag in der Freiburger Messe eröffnet wurde Marktplatz der Manufakturen und die Craftbier-Area.
Klassiker im neuen Gewand
Food-Truck „Znüni“ und „mymuesli“-Laden: In Freiburg wächst die Auswahl an BIO-MÜSLI
Individuell kombinierbar,
bio und nicht so süß: Derartiges Müsli liegt im Trend.
In Freiburg gibt es seit Kurzem zwei verschiedene Varianten des Öko-Klassikers
im modernen Gewand, und
zwar in einem Ladengeschäft der Firma „mymuesli“ und in einem MüsliFood-Truck.
SUSANNE MAERZ
Dienstagmorgen vor dem Biologischen Institut in Freiburg-Herdern: In ihrem Food-Truck gibt
Sarah Rieser vegane Chiacreme,
die sie unter anderem aus Chiasamen, Sojamilch und Sojajoghurt sowie Kokosflocken gemixt
hat, in einen Becher. Darauf verteilt sie Beerensoße, Körnercrunchys und Birnenstückchen.
Die Müsli-Kreation schmeckt
cremig-getreidig, die Birnen verleihen ihr eine dezente Süße, die
Beeren eine leichte Säure. Bananenstücke und Schokoladensoße dominieren geschmacklich
die Kreation von Andrea
Pfreundt. Sie verwendet als Basis
Quarkcreme, die neben Quark
unter anderem Haferflocken, geriebene Äpfel und Sahne enthält.
Beide Sorten sind cremiger als
ein klassisches Müsli und haben
einen geringeren Getreideanteil
als dieses. „Es ist unsere Variante
von Müsli“, sagt Sarah Rieser.
Vier Grundcremes (im Herbst
und Winter ist ein warmer Porridge-Brei darunter), drei Soßen
und verschiedene Toppings laden je nach Geschmack zum Variieren ein. Wer es süßer mag, für
den steht Honig bereit.
Seit Anfang Oktober verkaufen Sarah Rieser (33), Andrea
Pfreundt (30) und Hanna Kuhfuß (31) in ihrem Müsli-FoodTruck unter dem Motto „Znüni“
ihre Kreationen an verschiedenen Standorten in Freiburg. Znüni ist ein Schweizer Begriff und
heißt Zwischenmahlzeit. Die Zutaten sind bio, wenn möglich aus
der Region und die verschiedenen Komponenten selbst gemacht. Mit der Kuhfuß, Pfreundt
und Rieser, Good Food GbR haben sie sich dafür selbstständig
gemacht. Sarah Rieser hat zuvor
bei verschiedenen Firmen im
Marketing gearbeitet, Andrea
Pfreundt ist promovierte Physikerin, die Biologin Hanna Kuhfuß arbeitet nebenberuflich weiterhin als Forschungstaucherin.
Sie ist der größte Müslifan der
Drei und hat schon zuvor für
sich selbst abends gerne Müsli
Stellen in ihrem Food-Truck zwei Müslis zusammen: Sarah Rieser (links)
FOTO: MAE
und Andrea Pfreundt.
für den nächsten Tag vorbereitet
und eingelegt. Sie war es auch,
die Anfang des Jahres die Idee
zum Müsli-Food-Truck hatte.
Hierzulande ist es wohl der zweite nach dem Wochenmarkt in
Kempten im Allgäu. „Müsli passt
zu Freiburg, in Bio-Qualität sowieso“, sagt Andrea Pfreundt.
Für den Sonntag haben die
Drei ein Winter-Müsli kreiert
(siehe Rezept-Kasten). „Es ist ein
echter Gesundheitshelfer für die
kalte Jahreszeit“, sagt Hanna
Kuhfuß und verweist auf den hohen Vitamin-C-Gehalt von Apfelsinen, Äpfeln, Sanddorn- und
Limettensaft. Walnüsse und Hirse seien zudem Energiespender
und enthielten unter anderem
wichtige Mineralstoffe.
Ebenfalls bio, mit möglichst
wenig Zucker und in zahlreichen
Varianten erhältlich ist eine weitere Müsli-Mode, die in Freiburg
Ende September mit einem kleinen Ladengeschäft in der Nähe
des Bertoldsbrunnens ihren Nie-
REZEPT
WINTER-MÜSLI VON „ZNÜNI“ Zutaten für eine Portion:
2 EL feine Vollkornhaferflocken, 2 EL Hirseflocken, 1,5 TL
geschroteter Leinsamen, 1
Handvoll Walnüsse, 2 TL flüssiger Honig, ein halber Apfel
(gerieben) und eine halbe Apfelsine (in Stücken), 100 g Kefir,
50 g Naturjoghurt, 1 EL Sandorn- und/oder Limettensaft,
1 TL frischer Ingwer (in dünnen
Streifen).
Zubereitung: Kefir und Joghurt
mischen, erst geriebenen Apfel, dann Apfelsinenstücke un-
terrühren, Sanddornund/oder Limettensaft darüber verteilen. Ingwer schälen
und mit einem Gemüseschäler dünne Streifen abschälen.
Anschließend Hafer- und Hirseflocken, Leinsamenschrot
und Walnüsse in einer Pfanne
bei milder Hitze anrösten. Den
Honig darübergeben und mit
einem Kochlöffel gut verteilen.
Diesen Crunch warm über das
Müsli geben und etwas unterheben. Dann die Ingwerstreifen über dem Müsli verteilen
MAE
und sofort genießen.
derschlag gefunden hat: Auf 35
Quadratmetern reihen sich mit
großen, bunten Lettern bedruckte Kartonrollen voller Müsli aneinander. Die 52 fertig gemischten „mymuesli“-Sorten sind thematisch sortiert: Unter dem
Stichwort „Kinder“ gibt es zum
Beispiel Prinzessinnen- und Piratenmüsli, unter „Crunchy“
Brombeer-Granola, unter der
Kategorie „Sport“ 40-ProzentProtein-Müsli. Überhaupt ist die
Auswahl an Fitness-Müsli groß,
es gibt aber auch veganes oder
Paleo-Müsli auf Nussbasis. „Es
wird mehr Fitness gemacht und
auf die Ernährung geachtet“, sagt
Store-Managerin Eva Frischmuth (23), die darin einen Grund
für den Erfolg von „mymuesli“
sieht.
2007 haben drei Studenten
aus Passau das Unternehmen
gegründet. Im Internet kann sich
seitdem jeder sein Lieblingsmüsli selbst zusammenstellen.
Inzwischen sind sie auch im Lebensmitteleinzelhandel – unter
anderem in Edeka- und DMMärkten – vertreten und eröffnen ein Ladengeschäft nach dem
anderen. Dort kann man sich die
„2go“-Becher verschiedener Sorten mit Milch oder Joghurt füllen lassen und auch die verschiedenen Sorten mit Milch oder Joghurt probieren.
Knusprig-beerig
schmeckt
zum Beispiel das Brombeer-Granola. Das Prinzessinnen-Müsli
ist beerig-knusprig, Süße verleihen ihm die mit weißer Schokolade überzogenen Cranberries.
Klassisch süß-säuerlich und vor
allem nussig schmeckt das
Bircher-Müsli. Das gibt es im Ladengeschäft auch frisch zubereitet – also über Nacht mit Milch
oder Joghurt eingelegt – und mit
Apfelstückchen garniert zu kaufen.
Bis der „mymuesli“-Trend
nach Freiburg gelangt ist, hat es
allerdings etwas gedauert: Der
Laden ist der 53. des Unternehmens. Die „Znüni“-Mädels können dafür mit ihrem MüsliFood-Truck zum Trendsetter
werden.
> Mymuesli-Laden
Freiburg: Kaiser-Joseph-Straße 207; der MüsliFood-Truck steht dienstags von
8.45 bis 13 Uhr vor dem Institut für
Biologie II/III in der Schänzlestraße
1, samstags von 8 bis 13 Uhr auf
dem Wochenmarkt auf dem Maria-von-Rudloff-Platz im Rieselfeld
sowie sonntags im Wechsel von 10
bis 15 Uhr vor der Boulderhalle,
Munzinger Straße 4 oder vor dem
DAV-Kletterzentrum in der Lörracher Straße 20a in Freiburg.
MENSCHEN UND MÄRKTE 9
Der Sonntag · 13. November 2016
Viel Lob zum Abschied
EICKE WEBER
verlässt nach zehn Jahren das Fraunhofer ISE
REGIONALWERT AG
Eicke Weber verlässt das
Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE)
in Freiburg. Der Leiter des
Instituts geht dorthin, von
wo er vor zehn Jahren kam:
an die renommierte Universität in Berkley. Am Freitag wurde er in Freiburg mit
viel Lob verabschiedet.
KLAUS RIEXINGER
In den zehn Jahren unter Eicke
Weber (67) ist das ISE zum größten Forschungsinstitut für Solartechnik in Europa gewachsen.
Die Zahl der Mitarbeiter stieg
von 490 auf zwischenzeitlich
1 300, das jährliche Budget von
33 auf mehr als 80 Millionen Euro. Das Institut macht immer
wieder mit Rekordmeldungen
auf sich aufmerksam. Dass eine
Solarzelle 46 Prozent der auf sie
treffenden Sonnenstrahlen in
Strom umsetzen kann, war noch
zur Jahrhundertwende unvorstellbar. Die Forscher am ISE haben es möglich gemacht.
Eicke Weber übernahm die Institutsleitung auf dem Höhepunkt des Solarbooms. Das Forschungsinstitut wurde von Aufträgen aus Industrie und Staat
überschwemmt. Einige Festredner würdigten am Freitag Webers Leistung – und die seiner
Mitarbeiter – nach dem Ende des
Booms 2012 als mindestens
gleichbedeutend: Das ISE konnte
sich als das zweitgrößte Fraunhofer-Institut behaupten. Gegenüber 2013 gingen zwar 200
Stellen verloren. Es hätte aber
schlimmer kommen können.
Zu einem guten Teil ist dies
Webers weltweiten Kontakten
und seinem unermüdlichen Engagement zu verdanken. Alexander Kurz vom Vorstand der
Fraunhofer-Gesellschaft sagte,
Weber fehle die Bereitschaft,
kleine Brötchen zu backen. Als
sich die Solarindustrie in
Deutschland im rasanten Niedergang befand, forderte Weber
nicht weniger als den Aufbau einer europäischen X-Giga-Watt-
Eicke Weber blickt auf eine dynamische Entwicklung am ISE in den vergangenen zehn Jahren zurück, an
FOTO: FRAUNHOFER ISE/ZVG
der er maßgeblich beteiligt war.
Solarfabrik. Ein anderes Mal zerbrach sich der Fraunhofer-Vorstand den Kopf darüber, wie
man einen Antrag an einen
Staatssekretär im Wirtschaftsministerium formulieren soll. Da
teilte Weber seinen verdutzten
Kollegen mit, er habe den Staatssekretär soeben angesimst.
–
Erneuerbare Energien in
päpstlicher Enzyklika
–
Den direkten Weg nach oben
suchte Eicke Weber auch, als er
von der Katholischen Akademie
in Freiburg als Impulsredner
eingeladen wurde: Er forderte
vom Papst, die erneuerbaren
Energien in eine Enzyklika aufzunehmen. Von dieser Anekdote
berichtete Unirektor Hans-Jochen Schiewer in seinem Grußwort.
Festredner am Freitag war
Hans-Josef Fell, Grünen-Politiker
und zusammen mit Hermann
Scheer Autor des ErneuerbareEnergien-Gesetzes (EEG). Fell
verbindet mit Weber eine lange
Freundschaft, in der es keine
Trennung zwischen Beruf und
Privatem gibt. Mit dem EEG hat
die Politik im Jahr 2000 die Weichen für den Solarboom gestellt,
Weber und andere Solarforscher
lieferten die Technik. Das EEG,
sagte Fell, sei ein wichtiger Beweggrund für Weber gewesen,
2006 seine hochdotierte Professur in Berkley aufzugeben, um
an einer entscheidenden Stelle
am Solarboom in Deutschland
mitzuwirken. Im Fokus stand für
Weber nicht ein Land, sondern
die Eroberung des Weltmarkts
für die Solarenergie, betonte Fell.
Dem sei man ein nicht für möglich gehaltenes Stück näher gekommen. 2006 gab es weltweit
Photovoltaikanlagen mit einer
Leistung von 6,6 Gigawatt, 2015
lag die Leistung bei 60 Gigawatt.
Inzwischen, so Fell, sei Photovoltaik die günstigste Stromerzeugungsquelle. Und das ISE liefert
weiter Ideen. Zum Beispiel die
Agrophotovoltaik: Der Schatten
von Solaranlagen macht es möglich, Wüsten ergrünen zu lassen.
„Sie werden Probleme haben,
unsere Ideen alle zu finanzieren“,
sagte Moderator und ISE-Stellvertreter Andreas Bett in Richtung Helmfried Meinel, Ministerialdirektor im Bundeswirtschaftsministerium.
Das kann nicht überdecken,
dass der Solarboom nicht mehr
in Deutschland, dafür aber in
vielen anderen Ländern stattfindet. Den rigorosen Kürzungen
ab 2009 durch die Bundesregierung standen Solarforscher fassungslos gegenüber. Lars Feld,
Zuhörer beim Festvortrag, zupfte bei Fells Kritik an dieser Energiepolitik nervös an seiner Krawatte. Der Wirtschaftsweise aus
Freiburg und Vorsitzende des
Eucken-Instituts ist ein vehementer Kritiker des staatlich geförderten Wachstums.
Eicke Weber geht nun zurück
an seine alte Wirkungsstätte
nach Berkley. Am ISE wird ihn eine Doppelspitze ersetzen.
Früher oder später wird jeder Patient
Ist GESUNDHEIT nur noch Ware? Am Donnerstag diskutieren Experten in Freiburg
„Hüftprothesen werden gern
eingesetzt“, erzählt Paul Brettel.
„Kinderheilkunde in ländlichen
Gebieten ist dagegen manchmal
nicht so profitabel – da kann es
schon mal sein, dass eine Station
auf dem Land schließt.“ Der Medizinstudent im neunten Semester lernt an der Uni, dass sich
ein Arzt viel Zeit für den Patienten nehmen sollte und wie wichtig auch die psychische Betreuung im Krankenhaus ist. „Der Arbeitsalltag sieht aber ganz anders aus.“ Diese Erfahrung
mache man als Medizinstudent
spätestens im ersten klinischen
Praktikum.
Ein Krankenhaus müsse sich
heute wirtschaftlich lohnen, berichtet Brettel. Die Folge: Massive Unterversorgung, Schließungen kleiner Kliniken im ländlichen Bereich. „Es werden sogar
Patienten ,blutig entlassen’, weil
sie schon zu lang im Krankenhaus waren.“ Überstunden gehören bei Ärzten zum Alltag – laut
einer Studie des Marburger Bundes fühlen sich fast 60 Prozent
der Klinikärzte durch ihren Beruf psychisch belastet. 72 Prozent haben das Gefühl, dass die
Gestaltung der Arbeitszeiten im
Wenn Krankenhäuser Gewinn machen müssen, kann das Folgen für
FOTO: DPA
die Patienten wie auch für die Beschäftigten haben.
Krankenhaus die eigene Gesundheit beeinträchtigt. „Das
fällt dann auch auf den Patienten zurück“, folgert Brettel. Wer
hat schon gern einen Arzt, der
Fälle im Akkord abarbeiten
muss?
Der Medizinstudent ist seit
der Gründung vor gut einem
Jahr bei den Kritischen Medizinern Freiburg. „Wir haben uns als
gesundheitspolitisch
interessierte Studierende gegründet,
sind aber offen. Bei uns gibt es
auch ausgebildete Ärzte und
Pfleger.“ Die Gruppe trifft sich
zweiwöchentlich und diskutiert
über Probleme und Chancen des
Gesundheitssystems. Am kommenden Donnerstag veranstalten die „Krit Medis“ eine Podiumsdiskussion zu dem Thema,
das sie am meisten umtreibt:
„Gesundheit als Ware“.
Dazu ist Joschka Buttkus von
der Gewerkschaft Verdi Freiburg
eingeladen. Peter Hoffmann
vom Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte reist aus München an, Ulla Hedemann von der
Charité aus Berlin. Es soll bei der
Podiumsdiskussion nicht nur
darum gehen, die Missstände zu
zeigen, betont Brettel: „Wir wollen auch Perspektiven geben, wo
es hingehen könnte.“ Gibt es Al-
Mit Aktien gegen die
Abhängigkeit
ternativen zu einem Gesundheitssystem, das sich mehr an
der Wirtschaftlichkeit als am Patienten orientiert? Und kann
man als einzelner Arzt oder Pfleger etwas bewegen?
Hedemann von der Berliner
Charité kann von Ärzten und
Pflegern berichten, die sich gegen das System der Einsparungen wehren: Hunderte Mitarbeiter der renommierten Klinik legten im vergangenen Jahr die Arbeit nieder und forderten eine
Mindestpersonalbemessung.
Weniger Patienten pro Arzt – dieses Ziel verbirgt sich hinter dem
Wortungetüm. „In Berlin ist
noch nicht alles in Butter, aber
der erfolgreiche Streik hat gezeigt, dass es auch anders geht“,
so Brettel. Die Kritischen Mediziner hoffen auch auf Zuhörer außerhalb des Fachpublikums: „Irgendwann“, sagt Brettel, „sind
wir nämlich alle Patienten.“
MORITZ NEUFELD
> GESUNDHEIT ALS WARE, Podi-
umsdiskussion, Donnerstag, 17.
November, 19 Uhr, im Hörsaal Kilianstraße (Uniklinik, zwischen Neurozentrum und Augen-/HNO-Klinik-Hochhaus). www.kritmedis.de.
fördert ökologische Landwirtschaft
Mit Aktien wollen Anleger Gewinne erzielen, auch bei der Freiburger Regionalwert AG. Das Verständnis von Profit geht hierbei
aber über finanzielle Gewinne
hinaus: mit dem Kauf von Regionalwert-Anteilen können Aktionäre die Region um Freiburg aktiv mitgestalten. Im Zuge einer
Kapitalerhöhung werden Wertpapiere noch bis zum 31. Januar
angeboten.
Das Konzept der Regionalwert
AG (RWAG) ist einfach: Investoren fördern mit dem Kauf von
Aktien die sozial-ökologische
Landwirtschaft in der Region
zum Wohl von Mensch und Umwelt – schlicht: hochwertige Produkte zu fairen Bedingungen.
Die RWAG ist dabei Schnittstelle
zwischen Anleger und Erzeuger.
Sie verwaltet das Geld und investiert in entsprechende Projekte
entlang der Wertschöpfungskette – „vom Acker bis auf den Teller“ sagte Aufsichtsrats-Vorsitzender Ulrich Martin Drescher
bei der Eröffnung des Restaurants Adelhaus in Freiburg, dem
jüngsten Projekt der RWAG.
–
650 Aktionäre fördern
24 Betriebe
–
„Wichtig ist uns, regionale Warenströme in Gang zu bringen“,
erklärt RWAG-Gründer Christian
Hiß, „der ländliche Raum muss
dabei ebenso von den Städten
profitieren wie umgekehrt.“ Einer Studie der Stadt Freiburg zufolge stammen weniger als acht
Prozent des Obsts und weniger
als 13 Prozent des Gemüses, das
in Freiburg konsumiert wird, aus
der Region. Die RWAG will durch
die Verknüpfung von Erzeugern
im Umland mit Konsumenten
aus der Stadt eine positive Dynamik schaffen.
Zurzeit fördern 650 Aktionäre
rund 24 Betriebe vom Oberrhein
bis zum Bodensee, über zehn davon sind Neugründungen: „Oft
fehlt es Jungunternehmern an
Startkapital“, sagt Hiß, „dann
greifen wir finanziell unter die
Arme.“ Die Initiative kauft auch
Höfe auf, die aufgrund fehlender
Nachfolge aufgelöst würden und
vermittelt diese. Um weitere Betriebe generieren oder fördern
zu können, bietet die RWAG in ihrervierten Kapitalerhöhung nun
2972 Aktien im Wert von knapp
1,5 Millionen Euro zum Kauf an.
Aktien werden zu jeweils 500 Euro angeboten, hinzu kommt ein
Ausgabeaufschlag von 25 Euro
für Aktionäre und 50 Euro für
Neuinvestoren.
Von der RWAG geförderte Betriebe verpflichten sich zu einer
ökologischen
Landwirtschaft.
Dabei soll die Qualität der BioProdukte die Langlebigkeit von
Unternehmen garantieren: „Für
uns steht nicht der kurzfristige
Erfolg im Vordergrund, sondern
vor allem ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen“,
sagt Hiß. „Dazu gehören ethisch
vertretbare
Arbeitsstandards
mit Festanstellungen und angemessener Bezahlung.“ Bei Unternehmen der RWAG sind 80 Prozent der Arbeitnehmer in Fest-
Christian Hiß
FOTO: WISSING
anstellung beschäftigt – eher untypisch für die Branche.
Die Aktiengesellschaft hat vor
zehn Jahren mit 400 000 Euro
Grundkapital begonnen. Dieses
ist durch bisher drei Kapitalerhöhungen stetig gewachsen.
Laut aktuellem Wertpapierprospektverzeichnet die RWAG heute
verkaufte Aktien im Wert von 3
Millionen Euro. „Von Anfang an
war die Frage entscheidend, von
welcher Landwirtschaft noch
kommende Generationen profitieren können?“, erinnert sich
Hiß.
Die ökologische Weitsicht
wurde dem 55-Jährigen bereits
in die Wiege gelegt. Schon der Vater bewirtschaftete in Eichstetten am Kaiserstuhl in den 50erJahren seinen Hof streng nach
Demeter-Vorgaben. „Landwirtschaft ist eine schwierige Branche“, weiß der ehemalige Gemüsegärtner Hiß selbst. In seinem
Umfeld hätten viele Unternehmen aufgeben müssen, weil die
Bewirtschaftung
unrentabel
wurde. Um wettbewerbsfähig zu
bleiben, müssten sich Landwirte
oft spezialisieren. Die Folge dieser Monokulturen sind ausgelaugte Böden, anfällige Pflanzen
und geringe Erträge, wodurch
die Grundlage für eine langfristige Bewirtschaftung zerstört
wird.
–
Investition wirft auf Jahre
keine Gewinne ab
–
„Unseren Aktionären ist klar,
dass ihre Investition auf Jahre
keine Gewinne abwirft“, sagt Hiß,
„allein die Umstellung von Unternehmen auf Bioanbau dauert
gut drei Jahre.“ Langfristig sei
das Ziel natürlich eine Gewinnausschüttung wie bei anderen
Aktiengesellschaften auch, „das
müsse aber schrittweise aufgebaut werden“. Mit dem Kauf von
Regiowert-Anteilen sollen Landwirte in erster Linie vor Marktlaunen und der Abhängigkeit
von Großabnehmern geschützt
werden. Das Konzept findet mit
Initiativen in München, Hamburg und Köln bundesweit
Nachahmer, die von RWAG Freiburg beraten werden.
Die erneute Kapitalerhöhung
soll die weitere Finanzierung der
Adelhauses sichern. Außerdem
soll im März in Friesenheim ein
Biomarkt eröffnet werden. Weitere Projekte seien, laut Hiß,
noch in Planung.
KURZ GEFASST
BASEL
Roche streicht weniger Stellen als geplant
Im September kündigte der Pharmakonzern Roche an, 190
Stellen in Basel durch Zusammenlegung von zwei Produktionsorganisationen streichen zu wollen. Nun sollen es nur
168 Arbeitsplätze weniger werden, wie der SWR berichtet. Der
Konsultationsprozess und die Verhandlungen sind laut Konzernsprecherin abgeschlossen. Die betroffenen Arbeitsplätze
DS
sollen in diesem Jahr und in 2017 aufgehoben werden.
10 NACHRICHTEN
Der Sonntag · 13. November 2016
Klimawandel als Scherz
KURZ GEFASST
SYRIEN
Moskau nennt Bedingungen für Feuerpause
Russland hat seine Bedingungen für eine erneute humanitäre
Feuerpause in der syrischen Stadt Aleppo bekräftigt. Vor einer
Waffenruhe müssten die Vereinten Nationen (UN) offiziell
erklären, dass sie bereit und fähig seien, Hilfsgüter nach
Ost-Aleppo zu bringen sowie verletzte Menschen aus der
umkämpften Stadt heraus zu transportieren, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. „Die Erfahrung der
früheren humanitären Pausen hat gezeigt, dass alle Beteuerungen der UN-Vertreter, Vereinbarungen mit den Kämpfern
in Aleppo getroffen zu haben, nur Worte waren“, sagte GeDPA
neralmajor Igor Konaschenkow am Samstag.
BUNDESPRÄSIDENT
Chancen für Steinmeier steigen
Kurz vor dem entscheidenden Parteichef-Treffen zur Nachfolge
von Bundespräsident Joachim Gauck werden Außenminister
Frank-Walter Steinmeier (SPD) Chancen zugemessen. Die CSU
von Horst Seehofer pocht zwar auf einen eigenen Unionskandidaten, schließt aber eine Unterstützung für Steinmeier
nicht aus, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Berlin am
Samstag aus Koalitionskreisen. Gegen eine Nominierung von
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann
DPA
(Grüne) würde sich Seehofer sperren, hieß es.
USA
Clinton durchlebt sehr, sehr harteTage
Die unterlegene Präsidentschaftskandidatin
Hillary Clinton hat eingeräumt, dass die
vergangenen Tage „sehr, sehr hart“ waren“.
In einer Telefonkonferenz mit Wahlkampfhelfern am Freitag rief die Demokratin
zugleich dazu auf, „wieder rauszugehen“
und weiter „für die Anliegen zu kämpfen,
die wir unterstützen“. Clintons Kontrahent
im Vorwahlrennen, Bernie Sanders, erklärte,
er sei traurig, aber nicht überrascht vom Wahlausgang. „Es
schockiert mich nicht, dass Millionen Menschen, die für Herrn
Trump gestimmt haben, das taten, weil sie den wirtschaftlichen,
politischen und den Status quo bei den Medien leid waren“,
schrieb Sanders in einem am Samstag in der New York Times
DPA
veröffentlichten Meinungsartikel.
SÜDKOREA
Hunderttausende gegen Präsidentin
Bei den größten Straßenprotesten in Südkorea seit Jahrzehnten
haben Hunderttausende Demonstranten den Rücktritt von
Präsidentin Park Geun Hye gefordert. Die Menschen machten
am Samstag in Seoul lauthals ihrem Ärger über einen Korruptionsskandal um eine langjährige Freundin der konservativen
Staatschefin Luft. Die Veranstalter sprachen von 850 000 bis
eine Million Teilnehmern, die Polizei von 260 000. Park wird
vorgeworfen, ihrer Vertrauten Choi Soon Sil die Einmischung
in Regierungsgeschäfte erlaubt zu haben, obwohl diese kein
öffentliches Amt bekleidet. Choi und zwei ehemalige Berater
DPA
Parks sitzen mittlerweile in U-Haft.
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Trumps Wahl in den USA überschattet MARRAKESCH-GIPFEL – Ausstiegsszenarien
Washington (dpa). Im USWahlkampf kam das Thema
Klima nur am Rande vor,
aber die Position des künftigen US-Präsidenten Donald Trump war stets klar
– das Pariser Klimaabkommen auflösen, genau wie
die US-Umweltschutzbehörde EPA und Obamas
„Clean Power Plan“ für
mehr erneuerbare Energien. Stattdessen: Kohle.
In der marokkanischen Metropole arbeiteten die Delegierten
Verfahren und Zeitpläne zur
konkreten Umsetzung der Pariser Klimaziele aus. In der französischen Hauptstadt hatte die
Weltgemeinschaft im vergangenen Jahr unter anderem vereinbart, dass die gefährliche Erderwärmung auf deutlich unter
zwei Grad, besser 1,5 Grad, begrenzt werden soll.
In der ersten Woche hatten in
Marrakesch vor allem Experten
verhandelt, für die bevorstehende entscheidende Phase werden
Politiker wie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks erwartet. Aus den USA reisen unter
anderem Außenminister John
Kerry und der KlimawandelSonderbeauftragte
Jonathan
Pershing an. „Die USA reisen
nach Marrakesch in Vorfreude
darauf, den nächsten Schritt in
unseren kollektiven Anstrengungen zu unternehmen, und
wir sind bereit, mit unseren Part-
Steht in den USA eine Renaissance der Kohleverfeuerung an?
nern weltweit die Versprechen
von Paris umzusetzen“, ließ Pershing mitteilen. Natürlich werde
er trotz der Trump-Wahl nach
Marrakesch reisen, wird Außenminister Kerry in US-Medien zitiert. „Vielleicht ist es jetzt sogar
noch wichtiger.“
Wie es danach ab Januar in den
USA unter einem Präsidenten
Trump in Sachen Klimaschutz
weitergehen wird, ist noch völlig
unklar. Wird er seine Ankündigungen wahrmachen – und
wenn ja, wie? Oder war das doch
alles nur Wahlkampfgetöse? Die
Aussagen seien jedenfalls „absolut nicht hilfreich“ gewesen, sagt
Todd Stern, der das Abkommen
für die USA mit ausgehandelt
Grüne fürVermögensteuer
Delegierte aus BADEN-WÜRTTEMBERG können sich nicht durchsetzen – wollen aber weiterkämpfen
MÜNSTER (DPA). Die Grünen
treten im Bundestagswahlkampf 2017 für die Wiedereinführung der Vermögensteuer
ein. Das entschieden die Delegierten auf einem Bundesparteitag am Samstag in Münster. Die
Spitzen der Bundestagsfraktion
setzten sich gegen mehrere Gegenvorschläge durch. BadenWürttembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte Position gegen die Vermögensteuer bezogen.
In dem beschlossenen Antrag
heißt es, die Grünen wollten der
sozialen Spaltung „mit einer verfassungsfesten, ergiebigen und
umsetzbaren Vermögenssteuer
für Superreiche entgegenwirken“. Dabei legten sie „besonderen Wert auf den Erhalt von Ar-
Sichtbar unzufrieden: Winfried
FOTO: AFP
Kretschmann.
beitsplätzen und die Innovationskraft von Unternehmen“.
Kretschmann appellierte vor der
Entscheidung an seine Partei,
sich gegen die Vermögensteuer
zu entscheiden. Sie belaste das
Betriebsvermögen von Mittelständlern viel stärker als das großer Konzerne: „In konjunkturell
guten Zeiten können sie es vielleicht noch ertragen, in schlechten geht es sofort an die Substanz.“ Als Ministerpräsident
trage er die Verantwortung für
den Mittelstand in seinem Bundesland. Entscheidend sei, gegen
Steuertricks und -schlupflöcher
vorzugehen, sagte Kretschmann. „Das alleine bringt zehn
Milliarden.“ Für seine Rede bekam der Vertreter des Realo-Flügels großen Applaus. Die Mehrheit aber entschied sich anders.
Der Streit um die Besteuerung
sehr großer Vermögen spaltet
die Partei seit Jahren. Der linke
Flügel der Partei will die seit den
1990er-Jahren ausgesetzte Vermögensteuer wieder einführen,
der Realo-Flügel setzt eher auf eine Reform der Erbschaftsteuer
oder andere Wege, Besitz in
Deutschland umzuverteilen, etwa das Stopfen von Steuerschlupflöchern. Eine eigens eingesetzte Kommission konnte keinen
Kompromiss finden. Es gibt aber
Zweifel, ob der Streit nun beigelegt ist. Zahlreiche Delegierte unter anderem aus Baden-Württemberg sind strikt dagegen, eine Vermögensteuer wieder zu
erheben – und haben signalisiert, dass ein Mehrheitsbeschluss daran nichts ändert. Das
Thema Steuern hatte die Grünen
im Bundestagswahlkampf 2013
viele Stimmen gekostet.
DA S W E T TE R
Deutsche
Herzstiftung
6°
1° Lahr
Ettenheim
Name, Vorname
6°
6°
Straße, Hausnummer
6°
-1°
Frauenhaus:
0 77 51/35 53
Giftnotruf:
0761/19240
Notfallpraxis Bad Säckingen:
9 bis 13 und 15 bis 19 Uhr
0 7761/9 33 72 22
Notfalldienst Wehr:
11 bis 12 und 18 bis 18.30 Uhr
Tel. 0 18 05/19 29 24 30
Telefonseelsorge:
08 00/1 11 01 11
Rhe
in
NOTDIENSTE
isam
Breisach a. Rh.
Elzach
Elz
Dre
Emmendingen
(9002)
PLZ, Ort
Polizeinotruf:
110
Feuerwehr/Rettungsdienst:
112
Krankentransporte:
DRK 07761/1 92 22
Ärztlicher Bereitschaftsdienst:
116 117
Apotheken-Notdienst-Infotelefon:
Festnetz: 0800/0022833 (kostenfrei);
Mobilfunk: 22833 (max. 0,69 €/Minute);
Im Internet: mehr.bz/apotheken
FOTO: DPA
hat. Aber: „Ich habe Regierungen
kommen und gehen sehen, und
der Fakt, dass sie manche KlimaSachen für den Applaus gesagt
haben, muss nicht unbedingt bedeuten, dass er das Pariser Abkommen verlässt – oder vielleicht doch.“
Das wäre allerdings gar nicht
so einfach. Der Pakt ist Anfang
November in Kraft getreten –
deutlich schneller als sonst bei
internationalen Abkommen üblich, befeuert unter anderem
von einer drohenden TrumpPräsidentschaft. Auf den Austrittsparagraf 28 könnte Trump
sich frühestens in drei Jahren berufen und dann würde es noch
mal ein Jahr dauern, bis der Aus-
tritt in Kraft tritt. Dann wären
Trumps vier Jahre, für die er erstmal gewählt ist, so gut wie vorbei.
Radikaler, aber paradoxerweise einfacher wäre es, sich aus
dem Dachabkommen von Paris
zurückzuziehen, der 1992 verabschiedeten Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen.
Das könnte Trump schon im ersten Jahr seiner Präsidentschaft
erreichen. Eine weitere Option:
Nichts tun. Einfach keine Anstrengungen zur Umsetzung des
Klimaabkommens
unternehmen. Das wäre zwar nicht im Sinne des Abkommens, legal aber
zulässig – und für das Ziel des Regelwerks wohl quasi genauso
schädlich wie ein Austritt.
Schließlich sind die USA für den
weltweit zweitgrößten Ausstoß
von Treibhausgasen verantwortlich. Ihr Mitziehen ist für den Erfolg des Abkommens unerlässlich – praktisch wie symbolisch.
Auch die US-Umweltschutzbehörde EPA und Obamas „Clean
Power Plan“ abzuschaffen oder
zumindest weitgehend auszuhöhlen, ist legal nicht ganz einfach, aber Experten zufolge auch
nicht undenkbar. Ein für Klimaschützer bedrohliches Zeichen,
dass er es ernst meint, hat
Trump schon gesendet: Myron
Ebell, ein Energieexperte und bekennender Klimawandel-Skeptiker, soll Gerüchten zufolge die
Übergabe der EPA organisieren.
Trump selbst hatte den Klimawandel als Scherz bezeichnet,
der von Chinesen erfunden worden sei.
Waldkirch
Freiburg
Titisee
Lörrach
Bad Säckingen
morgen
4°
2
Neustadt
FELDBERG
1493 m
-1°
Schluchsee
-4°
Bonndorf
4°
St. Blasien
-3°
5° Schopfheim
WaldshutWeil a. Rh. 1°
Tiengen
Rheinfelden
Nach Nebelauflösung oft freundlich mit Sonne
und Wolken. Im Süden am Vormittag dicht
bewölkt und später etwas Sonne. Höchstwerte:
2 bis 6 Grad. Meist schwacher Südostwind.
heute
6°
Müllheim
Basel
DEUTSCHLANDWETTER
Ein Hoch sorgt in Südbaden für kaltes, aber ruhiges Wetter. Am Morgen gibt es ganz vereinzelt
etwas Niesel oder wenige Schneeflocken im
Schwarzwald. Es bleibt aber meist trocken und
zunächst dicht bewölkt. Im Tagesverlauf reißen
die Wolken auf und später kommt stellenweise
die Sonne raus. Bei Temperaturen um 6 Grad
weht schwacher Ostwind. In den kommenden
Tagen bleibt es kalt mit frostigen Nächten. Tagsüber wechseln sich Sonne und Wolken ab.
4°
-3°
6°
-1°
Bad Krozingen
Furtwangen
REGIONALWETTER
4°
0°
0 l/m²
Niederschlag
übermorgen
6°
1
2
0 l/m²
g
Niederschlag
2 l/m²
Niederschlag
15°
10°
5°
Kiel
2°
-2°
Bremen
Essen
6°
4°
0°
-2°
Köln
Frankfurt
0°
6 12 18 0
6 12
18
0
6 12 18 Uhr
Windstärken in den Kreisen in Beaufort
07:31/16:54Uhr
16:40/05:36Uhr
Auf- und Untergangszeiten gelten für Freiburg
Saarbrücken
Stuttgart
6°
-1°
Freiburg
3°
-2°
3°
-2° Berlin
Hannover
Dresden
Nürnberg
-5°
1
Rostock
Hamburg
3°
-4°
2°
-2° München
2°
-4°
Der Sonntag
Ihre Meinung
interessiert uns!
Leserbrief im INTERNET schreiben:
www.der-sonntag.de
Schönen Sonntag!
Sport
Dunkel am Abgrund
Die Schweizerin Verenavon Horsten
beschäftigt sich auf ihrem neuen Album mit dem Suizid ihres Bruders.
Am Wochenende gibt sie Konzerte in
SEITE 14
Freiburg und Basel.
13.November2016
Alle Blicke nach Rom
8:0 gegen San Marino in der WM-Qualifikation war für die DFB-ELF ein Spaziergang
Mit dem 8:0 gegen San Marino wollte sich Joachim
Löw nicht mehr lange beschäftigen. Der Bundestrainer blickte nach der Regennacht von Serravalle gleich
Richtung Rom. In der ewigen Stadt soll sein Weltmeister-Team wichtige Erfahrungen abseits des Fußballs machen.
Kolosseum, Trevi Brunnen
und Sixtinische Kapelle. Nach
seinem zweithöchsten Sieg als
Bundestrainer im Dauerregen
von San Marino verwandelte
sich Joachim Löw schnell in einen kulturbeflissenen Rom-Touristen. „Ich finde es gut, dass wir
nicht direkt nach Mailand gehen
und noch einen Abstecher nach
Rom machen. Das ist gut für den
Teamgeist. Wir werden das Testspiel danach sicher ernstnehmen. Ich finde Rom von der Geschichte unheimlich interessant. Es gibt wahnsinnig viel zu
sehen. Ich freue mich auf die
Stadtrundfahrt“, sagte der 56Jährige kurz nach dem lockeren
8:0 in Serravalle, dem dritthöchsten deutschen Sieg in einem WM-Qualifikationsspiel.
Eine Trainingseinheit zur Regeneration mussten die Nationalspieler um Rekord-Debütant
und Dreifach-Torschütze Serge
Gnabry vor dem Abflug aus dem
stürmischen und nasskalten Urlaubsort Rimini in die ewige
Stadt am Samstag noch absolvieren. Dann wurde erstmal vom
Fußball- in den ReisegruppenModus umgeschaltet. In einem
vom Trainerazubi und ehemaligen Lazio-Stürmer Miroslav Klose ausgewählten Restaurant sollte am Samstagabend in der italienischen Hauptstadt das Kulturprogramm beginnen - mit
der Papstaudienz am Montagmorgen als Höhepunkt für Mats
Hummels und Co.
Der Sonntag
STANDPUNKT
HAMBURGER SV
EinVerein, der ein wenig
Nachhilfe gebrauchen könnte
N
Tolles Debüt: Serge Gnabry von Werder Bremen erzielte gegen San Marino in Serravalle gleich drei Tore für
FOTO: AFP
die deutsche Nationalmannschaft.
Die wichtigste sportliche Frage
ist vor dem Jahresabschluss
beim immer wieder reizvollen
Testduell mit Italien am Dienstag (20.45 Uhr/ARD) in Mailand
schon beantwortet. Die Qualifikation zur Mission Titelverteidigung 2018 hat die WeltmeisterAuswahl nach knapp der Hälfte
der Ausscheidungsrunde praktisch in der Tasche. „Die ersten
vier Spiele in der Qualifikation
haben wir so gespielt, wie ich mir
das vorgestellt habe. Wir haben
alle Spiele gewonnen, wir haben
kein Gegentor hingenommen.
Von daher ist das gut gelaufen.
Das war unser Anspruch und unsere Erwartung“, sagte Löw.
Mit der Maximalausbeute von
zwölf Punkten und 16:0 Toren
kann das WM-Ticket theoretisch
sogar schon vor dem Confederations Cup im Sommer gelöst
werden, wenn sich die schon um
mindestens fünf Zähler distanzierten Verfolger aus Nordirland,
Aserbaidschan und Tschechien
in der Gruppe C weiter gegenseitig die Punkte wegnehmen. Die
nächsten Aufgaben machen der
DFB-Auswahl ohnehin keine
Angst. Am 26. März geht es nach
Aserbaidschan, bevor am 10. Juni
wieder San Marino wartet.
Auch gegen die Amateure der
Mini-Republik wurde der klare
Kurs Richtung Russland professionell fortgesetzt. „Wir haben
vor dem Spiel gesagt, dass wir
hier ein paar Tore erzielenwollen
und das Spiel konsequent zu Ende spielen. Das haben wir getan.
Da kann man absolut zufrieden
sein“, sagte Löw und hakte das
ungleiche Duell mit dem überforderten Gegner schnell ab.
Sami Khedira (7. Minute) hatte
den Torreigen früh eröffnet.
Nach dem Abpfiff durfte der Ersatzkapitän sofort wie vereinbart Richtung Wahlheimat Turin
abreisen. Erholung ist für den
Italien-Legionär wichtiger als
Sightseeing. Die weiteren Treffer
markierten der frisch aufspielende Olympia-Zweite Gnabry
(9./58./76.), der erstaunlich effektive Kölner Jonas Hector
(32./65.) mit seinem ersten Doppelpack, Leverkusens Kevin Volland (85.) mit seinem ersten Län-
derspieltreffer und Mattia Stefanelli (82.) per Eigentor. Mehr Tore gab es unter Löw nur vor zehn
Jahren beim 13:0 an gleicher
Stelle.
Löw ist durch seinen 95. Sieg
als Bundestrainer alleiniger Rekordhalter vor dem legendären
Sepp Herberger. Bestätigt konnte er sich mit seinem Jugendprogramm fühlen. Mit drei Treffern
hatte der 21 Jahre alte Gnabry die
Debütquote prominenter Vorgänger wie Fritz Walter oder Dieter Müller egalisiert. „Das ist
klasse für ihn, für seine Entwicklung und für sein Selbstbewusstsein. Egal gegen welchen Gegner
ist das ein sehr guter Auftakt in
der Nationalmannschaft“, lobte
der DFB-Chefcoach. Löw-Debütant Nummer 85, der erst 19 Jahre alte Benjamin Henrichs, hinterließ auf der rechten Seite einen sehr ordentlichen Eindruck.
Auf eine kurz aufflackernde Debatte über sein Offensivpersonal
wollte sich Löw nach acht Toren
überhaupt nicht einlassen - obwohl nur Volland als echte Spitze
DPA
ein Tor erzielen konnte.
Ein Kurs alsTitelmacher
Auf der Strecke von Sao Paulo hat es in der FORMEL 1 viele Triumphe gegeben
Der Brasilianer Felipe Massa war
in Sao Paulo dem WM-Titel 2008
bereits einmal ganz nah. FOTO: DPA
Sonntagslektüre,
die Spaß macht.
Abwechslungsreich,
informativ, vielseitig,
lebendig.
Das Autódromo in Sao Paulo bot
schon einige packende Kämpfe
um den Formel-1-Titel. Sechsmal
wurde eine WM auf dem Kurs in
Interlagos entschieden. Nico
Rosberg kann ein weiteres Titelkapitel hinzufügen, wenn er
heute den Großen Preis von Brasilien gewinnt. Rang sechs kann
unter Umständen schon reichen, um Lewis Hamilton entscheidend zu schlagen. Der Brasilien-Sieglos-Brite hat so seine
Erfahrungen mit dem Kurs.
VERPASSTER TRIUMPH
Es ist 2007, Hamiltons erstes Formel-1-Jahr. Und er ist dem Titel
nah. Als WM-Führender liegt er
vier Punkte vor seinem damaligen McLaren-Teamkollegen Fernando Alonso und sieben Zähler
vor Kimi Räikkönen im Ferrari.
Im Rennen geht praktisch alles
schief: Fehler in der ersten Runde, Getriebeprobleme. Hamilton
wird Siebter, bekommt zwei
Punkte, Alonso als Vierter sechs
Zähler. Den Sieg und die WM holt
sich hauchdünn Räikkönen.
ZITTER-TRIUMPH
Ein Jahr später, 2008: Felipe
Massas Familie jubelt schon in
der Ferrari-Box. Auf den Rängen
feiern die Brasilianer ihren Paulista. Rennsieger! Und Weltmeister? Nein. Timo Glock kann sich
nicht mehr gegen Hamilton
wehren, seine Reifen sind am Ende. Der Brite zieht auf den letzten Metern vorbei, wird Fünfter.
Das reicht zum Titel. Massa verpasst den Titel um einen Punkt.
Massa beendet am Ende der Saison 2016 seine Karriere. Erverabschiedet sich heute in Sao Paulo.
ALONSOS TRIUMPHE
2005, das Ende der Titel-Dynastie von Michael Schumacher.
Fernando Alonso macht im
drittletzten Rennen den Titel
perfekt. Dem Spanier reicht in
Sao Paulo Platz drei. 2006 macht
Alonso an selber Stelle seinen
zweiten WM-Triumph perfekt,
diesmal ist es das Saisonfinale.
BUTTON-TRIUMPH
2009, das Vorgänger-Team von
Mercedes krönt eine famose Saison. Jenson Button, der smarte
Brite holt im vorletzten Rennen
in Brasilien den WM-Titel. Die
Aufholjagd von Sebastian Vettel
kommt zu spät. Button reicht
der vierte Platz in Interlagos.
VETTELS AUFHOL-TRIUMPH
2012, Vettel macht in Brasilien
seinen dritten WM-Titel perfekt.
Vier Siege, ein dritter und ein
zweiter Platz in den sechs Rennen zuvor haben ihn vor Alonso
gebracht. Der Spanier hat vor
dem Finale 13 Punkte weniger, es
gibt für einen Sieg 25 Zähler.
Alonso wird im Ferrari im Rennen Zweiter, bekommt 18 Punkte. Vettel wird Sechster, bekommt acht Punkte. Die reichen
– Weltmeister vor Alonso. DPA
un soll also
haben. In Hamburg
vielleicht
zeigen sie sie nie.
Christian
Es wäre an der Zeit
Hochstätter als
für den Verein, sich
Sportchef den Hamin vielerlei Hinsicht
burger SV retten. Daneu aufzustellen.
bei hat er in Bochum
Das gilt auch, wenn
erst vor kurzem seidie Hamburger den
OTTO
nen Vertrag bis
Abstieg in die zweite
2020 verlängert, der SCHNEKENBURGER Liga vermeiden sollHSV muss also derten. Und dabei darf
zeit auch noch um eine Abder HSV ruhig auch kleineren
lösesumme feilschen. Vor we- Konkurrenten über die Schulnigen Wochen wurde mit der
ter blicken. Sicher, auch in
Entlassung von Bruno LabbaHamburg ist die Nachwuchsdia die Hoffnung noch in einen arbeit hochprofessionell. Aber
Trainerwechsel gesetzt. Marbeim SC Freiburg etwa könnte
kus Gisdol wurde der siebte
sich der Verein von der Elbe
neue Trainer seit Herbst 2013
Nachhilfe darin holen, was es
und der elfte neue, blickt man bedeutet und was es bringen
bis in den März 2011 zurück.
kann, eigene Talente auch konJahr für Jahr machten die HSV- sequent in den Profikader einVerantwortlichen sich zuletzt zubauen und sich selbst bei
damit Hoffnung, dass es noch bitteren Rückschlägen nicht
dicker nicht kommen könnte. von diesem Weg abbringen
Jahr für Jahr sahen sie sich
zu lassen. Sie könnten sich in
eines Schlechteren belehrt.
Hoffenheim oder in Leipzig
Nur dank eines Schiri-FehlNachhilfe holen, wie man Neuurteils ist der HSV überhaupt
verpflichtungen eine Handnoch in der Liga, derzeit ziert
schrift verleiht, sie einem Priner mit zwei Punkten aus zehn zip unterordnet und diesem
Spielen das Tabellenende. We- treu bleibt. In Freiburg können
niger Zähler hatte zu diesem
die Hamburger zudem einen
Zeitpunkt einer Spielzeit nur
Verein beobachten, der dazu
der 1. FC Saarbrücken 1963/64. gezwungen ist, besser zu wirtZufall scheint die Kaderzuschaften, weil er keine Großsammenstellung in Hamburg investoren kennt, die wie
seit Jahren zu bestimmen. Klar, Klaus-Michael Kühne ständig
Jahr für Jahr kommen auch
Geld nachschießen. Die damit
Spieler an die Elbe, die anders- aber auch ein Abhängigkeitswo schon Qualität geboten
verhältnis zementieren.
KURZ GEFASST
EISKUNSTLAUF
Savchenko/Massot gewinnen
Die Paarläufer Aljona Savchenko und Bruno Massot haben
ihren zweiten Grand Prix nacheinander gewonnen und sich
für das Finale der Serie qualifiziert. Trotz einiger Fehler setzten
sie sich in Paris gegen Jewgenia Tarasowa/Wladimir Morosow
aus Russland mit 210,59 Punkten durch. Allerdings lief die
romantische Kür zu „Lighthouse“ von Patrick Watson nicht
perfekt für die Vize-Europameister. Massot verpatzte die
Einzelsprünge Salchow und Toeloop, Savchenko stürzte beim
dreifachen Wurfaxel und verletzte sich am rechten Knöchel.
DPA
Dennoch brachte sie die Kür zu Ende.
EISSCHNELLLAUF
Frauen-Trio verfehlt Podest
Um die Winzigkeit von drei Zehntelsekunden hat das Frauen-Trio
um Claudia Pechstein am Samstag im chinesischen Harbin
die erste Podest-Platzierung deutscher Eisschnellläufer im
Weltcup seit eineinhalb Jahren verpasst. „Wir sind ein bisschen
enttäuscht, wir wollten auf das Podest“, sagte Trainer Danny
Leger. In 3:08,21 Minuten belegten Pechstein, ihre Berliner
Teamgefährtin Bente Kraus und die Inzellerin Roxanne Dufter
den vierten Platz. Der Sieg ging in 3:04,01 Minuten an die
favorisierten Niederländerinnen. „Nachdem Claudia über
muskuläre Probleme klagte, haben wir die Taktik etwas umstellen
müssen. Ich bin sicher, kommende Woche wird es in Nagano
DPA
besser laufen“, sagte der Coach aus Inzell.
FUSSBALL
AngeschlagenerVidal will spielen
Trotz großer Bedenken seines Vereins Bayern München will
der angeschlagene chilenische Nationalspieler Arturo Vidal
im WM-Qualifikationsspiel gegen Uruguay auflaufen.
„Ich werde am Dienstag spielen. Ich weiß nicht, was genau
es ist, der Doktor weiß es, aber ich werde spielen“, sagte er nach
einer Trainingseinheit dem Radiosender Cooperativa. Beim
0:0-Unentschieden in Kolumbien hatte Vidal einen Schlag
auf den Oberschenkel bekommen und musste deshalb ausgewechselt werden. Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge warnte Chiles Fußball-Verband vor einem weiteren
Einsatz des Mittelfeld-Stars: „Es muss gewährleistet sein, dass
DPA
die Gesundheit des Spielers an erster Stelle steht.“
12 SPORT
Der Sonntag · 13. November 2016
Freimachen von der Angst
Frankreich gewinnt in der WM-QUALIFIKATION vor dem Jahrestag der Pariser Terrornacht
Sie versuchten sich auf die
sportliche Aufgabe zu konzentrieren und auszublenden, was vor einem Jahr an
gleicher Stelle passiert war:
Die französischen Fußballer
gewannen mit ein wenig
Glück am Freitagabend ihr
WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden mit 2:1 – am
Ort der Schreckensnacht
von Paris.
Erstmals in der Bundesliga verantwortlich: Maik Walpurgis
FOTO: DPA
Ein Namenloser
als Cheftrainer
Der FC INGOLSTADT verpflichtet Maik Walpurgis
Der FC Ingolstadt vertraut die
Rettungsmission im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga
einem zuletzt arbeitslosen Bundesliga-Neuling an. Der Tabellenvorletzte präsentierte am Samstag überraschend die No-NameLösung Maik Walpurgis als neuen Cheftrainer und Nachfolger
des nach zehn sieglosen Spielen
beurlaubten Markus Kauczinski.
„Es war eine Suche unter erschwerten Bedingungen“, sagte
Sportdirektor Thomas Linke, der
Walpurgis als Perfektionisten beschrieb. Der ehemalige Coach
des Drittligisten VfL Osnabrück,
der dort im August 2015 beurlaubt worden war, unterschrieb
bei den Oberbayern einen Vertrag bis 2018.
Am Montag wird der 43-Jährige seine erste Übungseinheit im
neuen Job leiten, am kommenden Samstag sitzt er im Spiel bei
Darmstadt 98 erstmals im Fußball-Oberhaus auf der Bank. „Die
Bundesliga ist für mich immer
das große Ziel gewesen“, sagte
Walpurgis.
Sein neuer Arbeitgeber entschied sich bei der Suche nach einem neuen Coach gegen bewährte Notretter und namhafte
Kandidaten wie Jos Luhukay (zuletzt VfB Stuttgart), André Breitenreiter (früher Schalke 04), Michael Frontzeck (zuletzt Hannover 96), Murat Yakin (früher
Spartak Moskau) oder den erst
am Montag bei Rapid Wien entlassenen Mike Büskens.
„Wir gehen weiter unseren
Weg. Wie dieser wahrgenommen
wird, können wir nicht beeinflussen, doch wir halten daran
fest“, sagte Sportchef Linke und
fügte hinzu: „Es hat noch kein
Verein geschafft, mit unserem
aktuellen Punktestand die Klasse zu halten. Wir wollen wieder
Geschichte neu schreiben.“ Walpurgis habe die Vereinsführung
mit seiner klaren Spielphilosophie überzeugt. Geschäftsführer
Harald Gärtner beschrieb den
Fußballlehrer als „Mann mit viel
Ehrgeiz und Vision“.
Am vergangenen Sonntag hatte sich der Club von Kauczinski
getrennt, der erst seit dem Sommer die Oberbayern betreute.
Mit zwei Punkten sind die Ingolstädter Tabellenvorletzter. Zuletzt leitete Michael Henke als
Interimstrainer die Übungseinheiten. Der langjährige Co-Trainer von Ottmar Hitzfeld bleibt
auch künftig als Assistent in Ingolstadt, teilte der Club mit.
Walpurgis weiß um die große
Herausforderung, den seit dem
Weggang von Ralph Hasenhüttl
zu RB Leipzig sportlich ins Taumeln geratenen Club in der Bundesliga zu halten. „Wir sind und
bleiben optimistisch. Die Mannschaft wird sich voll dagegenstemmen“, sagte Walpurgis, der
zuletzt auch beim Zweitligisten
Arminia Bielefeld als Trainer im
Gespräch war. Trotz der prekären Lage will er auf einen offensiDPA
ven Spielstil setzen.
Nach dem Spiel an einem
symbolträchtigen Abend dominierte bei Spielern und Verantwortlichen von der französischen Fußball-Nationalmannschaft die Erleichterung. Im Vordergrund stand nach dem 2:1 in
der WM-Qualifikation gegen
Schweden in Saint-Denis die
sportliche Bilanz – nicht die Terrornacht von Paris vor fast genau
einem Jahr, als sich vor dem Stadion beim Länderspiel gegen
Deutschland drei Selbstmordattentäter in die Luft sprengten.
Auch wenn Trainer Didier Deschamps sagte, dass die Schweigeminute zu Beginn des Spiels
ein „besonderer Moment“ gewesen sei.
„Die Zeit vergeht und niemand wird das je vergessen“, sagte er im Anschluss an das Spiel
nach Angaben der Zeitung Le Figaro. Es sei wichtig gewesen, den
Betroffenen der tragischen
Ereignisse das Mitgefühl auszudrücken.
Doch ansonsten spielten mögliche Gefühle und Erinnerungen
während der Partie gegen die
Skandinavier in der französischen Bilanz kaum eine Rolle –
sondern die glückliche Wende,
die das Team der Gastgeber nach
einem 0:1-Rückstand noch geschafft hatte. Immerhin übernahm der EM-Finalist in der
Gruppe A damit die alleinige Tabellenführung, unabhängig vom
Ausgang der anderen SonntagSpiele. „Das erlaubt uns, den
Winter im Warmen zu verbringen“, meinte Trainer Deschamps.
Wie schwer erkämpft der Erfolg war, wusste nicht nur er.
„Unser Fehler ist die Bequemlichkeit. Das haben wir ein bisschen gemacht, und so haben wir
das Tor kassiert“, sagte Paul Pogba, der in der 58. Minute den Ausgleich mit einem Kopfball markierte. Vier Minuten zuvor hatte
KURZ GEFASST
FUSSBALL
Rooney stärkt Southgate den Rücken
Englands Fußballer und Medien interessierte das 3:0 am Freitag
in der WM-Qualifikation gegen den Nachbarn Schottland bald
nur noch am Rande. Diskutiert wurde nach dem höchsten
Sieg seit 41 Jahren im Prestigeduell gegen den alten Rivalen
über die Zukunft von Interimscoach Gareth Southgate. „Er
hat alles dafür getan, und ich bin mir sicher, dass er der
Topkandidat ist“, sagte Three-Lions-Kapitän Wayne Rooney
und machte sich zum prominentesten Fürsprecher von Southgate. Der gab sich zurückhaltend. „Ich möchte erst mal in Ruhe
nachdenken“, sagte er, machte aber deutlich, dass er den Job
annehmen würde. „Ich liebe das. Ich habe die Rolle wirklich
genossen, die Verantwortung, die Herausforderung. Jetzt müssen
DPA
andere entscheiden.“
FUSSBALL
Kritik an Klinsmann wächst
Die 1:2-Niederlage der USA in der WM-Qualifikation gegen
Erzrivale Mexiko brachte Trainer Jürgen Klinsmann Kritik
ein. „Klinsmanns Plan, mit nicht geeignetem Personal in einem
3-5-2-System zu starten, vernichtete jede Chance, den Mexikanern
gleich zu Beginn Paroli zu bieten“, analysierte der TV-Sender
ESPN. Nach 25 Minuten und einem 0:1-Rückstand durch Miguel
Layún (20.) änderte Klinsmann seine Formation in ein 4-4-2.
Vier Minuten nach dem Seitenwechsel traf der Hamburger
Bobby Wood zum 1:1-Ausgleich, doch Rafael Marquez köpfte
DPA
in der 89. Minute noch zum 2:1 für Mexiko ein.
schauer erhoben sich im Gedenken an die Opfer der Anschläge.
Auch draußen vor dem Stadion waren die Folgen des Terrors
sichtbar: bei den verschärften Sicherheitskontrollen mit Taschenkontrollen, Abtasten und
viel schwer bewaffneter Polizei.
Ursprünglich hätte das Match
laut Fifa-Kalender sogar am
Sonntag stattfinden sollen, dem
Jahrestag der Anschläge vom 13.
November, bei denen insgesamt
130 Menschen ermordet wurden, die meisten davon im Pariser Konzertsaal Bataclan. Aus Respekt für die Opfer bekam Frankreichs Fußballverband aber eine
Ausnahmegenehmigung, schon
zwei Tage früher zu spielen.
–
Böllerwurf in Rumänien
erzürnt Trainer Daum
–
Sportlich ist alles okay für die Equipe Tricolore: Raphael Varane (links
gegen John Guidetti) siegt mit Frankreich gegen Schweden. FOTO: AFP
der Leipziger Emil Forsberg die
Gäste durch einen Freistoß in
Führung gebracht. Dimitri Payet
(65. Minute) rettete den Abend
für Frankreich aus sportlicher
Sicht. „Wir haben reagiert. Aber
nächstes Mal müssen wir handeln statt zu reagieren“, forderte
Superstar Pogba.
Dass der Abend eine Bedeutung hatte, die über das Sportliche hinausging, war vor der Par-
tie spürbar: „Man muss sich daran erinnern“, sagte Frankreichs
Präsident François Hollande
kurz vor Spielbeginn dem Sender TF1. Der fußballbegeisterte
Staatschef war auf der Tribüne,
als es im riesigen Stadion zu Beginn still wurde. Während der
Schweigeminute legten die französischen Fußballer die Arme
um die Schultern, einige senkten
ihre Köpfe. Zehntausende Zu-
FUSSBALL
Oberliga
1.
2.
3.
4.
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6.
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8.
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11.
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SC Freiburg II
FSV Bissingen
TSG Balingen
Neckarsulmer SU
1. CfR Pforzheim
FV Ravensburg
SV Spielberg
Stuttg. Kick. II
SV Oberachern
SSV Reutlingen
1. Göppinger SV
Karlsruher SC II
Bahlinger SC
Offenburger FV
FSV Hollenbach
Astoria Walldorf II
SV Sandhausen II
Spvgg. Neckarelz
FUSSBALL
Verbandsliga
TSG Balingen - SC Freiburg II
FV Ravensburg - Spvgg. Neckarelz
Bahlinger SC - Astoria Walldorf II
FSV Bissingen - Offenburger FV
SV Oberachern - 1. Göppinger SV
SV Spielberg - Karlsruher SC II
1. CfR Pforzheim - SSV Reutlingen
Neckarsulmer SU - FSV Hollenbach
Stuttg. Kick. II - SV Sandhausen II
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ausgef.
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Landesliga
2:1
1:2
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4:1
heute
heute
heute
Mittwoch
FC Bad Dürrheim - Kehler FV
SV Bühlertal - FC Denzlingen
FC Neustadt - Freiburger FC
SV Linx - FC 08 Villingen
SV Stadelhofen - SV Kuppenheim
FC Auggen - FC Bötzingen
Solvay Freiburg - SC Pfullendorf
FC Waldkirch - 1. SV Mörsch
SC Lahr - SV Endingen
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19.
FC 08 Villingen
Freiburger FC
FC Denzlingen
SV Linx
Kehler FV
FC Auggen
Rielasingen-Arl.
FC Bad Dürrheim
SC Lahr
SV Kuppenheim
1. SV Mörsch
SV Bühlertal
SV Stadelhofen
SV Endingen
FC Neustadt
FC Waldkirch
SC Pfullendorf
Solvay Freiburg
FC Bötzingen
Rumäniens
Nationaltrainer
Christoph Daum musste sich
sichtlich zurückhalten. Der einstige Bundesliga-Coach hatte
nicht nur das 0:3 gegen Polen in
der WM-Qualifikation zu verkraften, in Rage brachten ihn
Böllerwürfe der Zuschauer in der
Partie in Bukarest. „Davon distanzieren wir uns, da erübrigt
sich jeder Kommentar“, sagte er
am Freitagabend im TV-Sender
RTL. Man bemühe sich, mit den
Fangruppierungen zu sprechen,
aber es sei „schwierig, dort hart
durchzugreifen“.
Beim Stand von 0:1 gegen die
Rumänen durch ein Tor von Kamil Grosicki (11.) warfen Zuschauer Böller auf das Spielfeld.
Einer explodierte in der 55. Minute unmittelbar neben Polens
Kapitän Robert Lewandowski.
Minutenlang musste er behandelt werden. „Zu Anfang klingelten meine Ohren“, sagte der Stürmer des Deutschen Rekordmeisters Bayern München. „Ich habe
ein paar Minuten gebraucht, um
zu mir zu kommen. Zum Glück
ist nichts passiert.“
Auf den „Akt des Banditentums“ (polnische Boulevardzeitung Super Express) reagierte Lewandowski auf seine bestmögliche Weise: Er erzielte noch zwei
Tore (82. und 90.+1/Foulelfmeter) und ist nun mit 42 Treffern
dritterfolgreichster
Nationalspieler seines Landes.
„Über die gesamte Spielzeit
hat Polen dominiert“, musste
Daum anerkennen. Mit dem Sieg
übernahm Polen die Tabellenführung in der Gruppe E vor
DPA/DS
Montenegro.
18
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7
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Bezirksliga
SC Wyhl - SV Kirchzarten
1:2
RW Weilheim - SV Herten
0:4
FC Zell - FV Herbolzheim
1:3
SV Jestetten - FC Wittlingen
4:0
VfR Hausen - SV Laufenburg
4:1
FC Erzingen - SV Weil II
0:5
5:1
FSV RW Stegen - Frbg.-St. Georg.
heute
FC Schönau - VfB Waldshut
Wasser/Kollm. - SF Elzach-Yach
heute
FC Wallbach - VfR Bad Bellingen
Efringen-Kirch. - FC Emmendingen
heute
Brennet-Öflingen - FC 08 Tiengen
heute
Lörrach-Bromb. - FSV Rheinfelden
heute
SV Buch - FC Wehr
heute
SV Au-Wittnau - SV Weil
heute
Wutöschingen - Lörrach-Bromb. II
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Lörrach-Bromb.
SV Au-Wittnau
SV Kirchzarten
FC Emmendingen
FV Herbolzheim
FSV RW Stegen
VfR Hausen
SF Elzach-Yach
SV Weil
Frbg.-St. Georg.
FSV Rheinfelden
Wasser/Kollm.
Efringen-Kirch.
SV Laufenburg
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Lörrach-Bromb. II
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Brennet-Öflingen
FC Wehr
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FC Wallbach
Wutöschingen
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SV Herten
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Der Sonntag
Kultur
Dunkel am Abgrund
Die Schweizerin Verenavon Horsten
beschäftigt sich auf ihrem neuen Album mit dem Suizid ihres Bruders.
Am Wochenende gibt sie ein Konzert
SEITE 14
in Basel.
13.November2016
Spuren suchen, Spuren löschen
Heute wird auf dem Literaturfestival Buch Basel der SCHWEIZER BUCHPREIS verliehen – Wir stellen die fünf Kandidaten vor
Sacha Batthyany, Christoph
Höhtker, Christian Kracht,
Charles Lewinsky und Michelle Steinbeck sind auf
der Shortlist des Schweizer
Buchpreises 2016. „Was Inhalt, Stil und Erzählhaltung
anbelangt, könnten die Nominierten unterschiedlicher kaum sein“, findet Jury-Sprecherin Susanna Petrin. Mal geht es um Familiengeheimnisse, mal um
verkrachte Existenzen und
die Suche nach sich selbst.
Der Sonntag hat die Titel
unter die Lupe genommen
und Prognosen gewagt.
A
us einem Zeitungsartikel
erfährt der Autor von der
Verwicklung seiner Großtante in ein monströses Naziverbrechen.
Sacha
Batthyany,
Spross einer alten ungarischen
Adelsfamilie, begibt sich auf
Spurensuche in der eigenen Herkunft. Der nie ganz aufgeklärte
Massenmord am Rand einer rauschenden Party verliert indes an
Gewicht gegenüber dem alltäglichen und vielfach begangenen
Verbrechen des Wegsehens. Zu
Wort kommt in „Und was hat das
mit mir zu tun?“ sowohl die als
Gutsherrentochter
geborene
Großmutter des Autors als auch
Agnes, das Kind jüdischer Kaufleute im Dorf. Während Agnes
ins KZ kommt, werden ihre verzweifelten Eltern auf dem Batthyany-Gut geradezu beiläufig
erschossen. Sachas Vater, der um
die
eigene
Geschichte
zeitlebens einen
Bogen
macht, wird
dem Autor
später
die
großmütterlichen
Lebenserinnerungen überreichen, die
geprägt sind von der Schuld,
nicht ein einziges Mal auch nur
den Versuch des Einschreitens
unternommen zu haben. Anstatt anzuklagen, sieht der Enkel
die drei Finger der Hand, die auf
ihn selbst zurückweisen. Zwischen Staunen und einem Anflug von Bitternis registriert er,
in „eine Familie der Maulwürfe“
hineingeboren zu sein und aus
deren Hügel nicht recht herauszufinden. Seine Eltern haben
sich nach dem Krieg bewusst in
der Schweiz, „diesem wattiertesten aller Länder Europas“ niedergelassen, ohne hier je wirklich
anzukommen. Auch der Sohn
kann „das Gefühl, im falschen
Land zu sein“ nicht abschütteln.
Dass Batthyany inzwischen in
den USA lebt, ist eine andere GeANNETTE MAHRO
schichte.
PROGNOSE: Den Preis des als erstickend gepolstert empfundenen Landes hätte das nachdenkliche, spannende Buch verdient.
> SACHA BATTHYANY „Und was
hat das mit mir zu tun?“ Kiepenheuer & Witsch, 19,99 Euro.
Aus 83 eingereichten Titeln hat die Jury eine (teils überraschende) Auswahl getroffen. Fünf Titel sind nomiFOTO: ZVG
niert für die wichtigste literarische Auszeichnung der Schweiz.
D
er Uterus ist so etwas wie
der Lieblingsspielort der
Saison. Ian McEwans lässt
„Nutshell“ komplett aus dem
Mutterleib erzählen. Und auch
der anfangs gefangene Erzähler
aus Charles Lewinskys „Andersen“ erkennt etwas später als der
Leser, dass er nicht mit Medikamenten gelähmt in einer Dunkelzelle die Stimmen seiner Folterer hört – sondern die seiner
Eltern. Mit denen hat er freilich
Pech: Sie sind ihm so wenig gewachsen wie Oskar Matzeraths
Umgebung in der „Blechtrommel“. Denn der ungeborene Erzähler ist bereits bei vollem Verstand – er startet gerade widerwillig „die nächste Runde auf
dem Karussell“ der Wiedergeburten. Und weil unbekannte
Mächte „vergessen hatten“, seine
Erinnerungen zu löschen, trägt
er noch alles Wissen in sich. Wäre
da nicht diese schmerzhafte Lücke: Wer war Andersen?
Der Erzähler berichtet aus seiner letzten Kindheit (und wie bei
Kracht werden hier Haustiere
brutal zerschlagen), war offenbar begnadeter Verhörexperte
und gefühlloser Folterknecht.
Nach dem Krieg musste er sich
mit der ihm eigenen Akribie eine
neue Identität basteln. Doch die
Erinnerung daran ist verloren.
Das vorerst ziellose neue Leben
des hochbegabten Kindes bekommt plötzlich eine Richtung,
als
eine
Spur zu seinem Vor-Alter-Ego Andersen auftaucht, die
er mit derselben Planungskälte
und Raffinesse verfolgt
wie
früher seine Verhöre. Erneut erfindet sich der Frühreife ein neues Leben, verlässt seine Eltern,
löscht alle Spuren. Weil ihm aber
moralische Kategorien jenseits
abstruser Ehrbegriffe fehlen
bricht sich das Böse Bahn.
Lewinsky erzählt diese Geschichte raffiniert und in vorantreibenden Kleinstkapiteln in einer präzisen Sprache, die bei aller Kälte auch zu berühren vermag. Die ausgestellte Plumpheit
des Vaters in seinen langen Tagebuchmonologen bietet zwar eine geschickte Spiegelperspektive, nimmt dem Roman aber
auch etwas von seiner Dringlichkeit – zumindest, bis ein echter
Andersen auftaucht.
RENÉ ZIPPERLEN
PROGNOSE: Als „Blechtrommel“
light mit seiner Erzähl- und Plotkunst ein Anwärter. Aber vielleicht einen Tick zu deutsch.
> CHARLES
sen“, Nagel
und Kimche, 24,90
Euro.
S
LEWINSKY „Ander-
chweizer
können es vermutlich
nicht wissen, Christoph Höhtker schon. Bielefeld
gibt es gar nicht. Gegen alle
Wahrscheinlichkeit wurde Christoph Höhtker dort 1967 geboren,
lebt jedoch seit einigen Jahren in
Genf. In seinem Roman „Alles sehen“ heißt die Stadt konsequent
B. Sie ist der eigentliche Protagonist in einem personenreichen
Roman, der am 3. und 4. November 2009 spielt. Der Titel von
Höhtkers zweitem Roman „Alles
Sehen“ ist die Kurzformel der
von der Romanfigur Jobst-Michael Höhtker begründeten „totalen Soziologie“. Sie ist auch ästhetisches Prinzip dieses Romans, der auf eine panoramatische Weise die Verwicklungen
einer Bielefelder Clique begleitet, vor allem aber Bielefeld beim
Sterben zusieht. Da geht es um
den verkrachten Autor und gewesenen Taxifahrer und Kurier
Michael Brandt, der ein aufregendes Date mit einer Soziologiestudentin hat, den Ex-Werber
Frank Stremmer, der alle Fäden
in der Hand hält, seine Ex-Freundin Marion, die mit ihrem Chef
zusammen ist, der eigentlich
nur seine Rennräder liebt.
Auf eine amüsante Weise ist
„Alles Sehen“ ziemlich geschwätzig und abschweifend. Bis
in die 151. Fußnote hinein bekommt der Leser Einblick in Gefühlslagen der Figuren und die
Distinktionsmerkmale der verschiedenen Stadtteile von B. Die
ausgestellte Souveränität, mit
der der Autor seinen Stoff bewältigt, ist dann aber auch ziemlich
nervig.
ANNETTE HOFFMANN
PROGNOSE: Für den Schweizer
Buchpreis ist die Stadt B. zu exotisch.
> CHRISTOPH HÖHTKER „Alles
sehen“, Ventil Verlag, 19,90 Euro.
A
m Anfang steht der perfekte Suizid, und schon in dieser Szene inszeniert Christian Kracht durch eine Kamera,
die die Bilder vom Harakiri dokumentiert – die Macht der Bilder und die Bilder der Macht rücken danach ins Zentrum. Sein
neuer Roman „Die Toten“ spielt
in der Welt des Films der 30er-
Jahre und wird zu einem raffinierten Thriller-Plot am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.
Der Schweizer Regisseur Emil
Nägeli, internationale Größe
dank seiner „Windmühle“, spürt
„allumfassende Erschlaffung“
nach dem Tod seines gefürchteten Vaters.
Da bekommt Nägeli die Chance, mit ungeheuren Mitteln ausgerechnet in Japan einen großen
Film zu drehen – im Auftrag der
Berliner UFA. Was er nicht ahnt:
Hinter dem Auftrag steckt ein japanisch-deutsches Komplott gegen die Hollywood-Dominanz.
Ein Kampf der Mächte um die
Vorherrschaft, orchestriert von
Geheimdiensten und dem Bachliebhaber
Masahiko
Amakasu:
ein faustischer Pakt,
denn Nägeli wird zur
Spielfigur
eines Weltkolonisationsprogramms
mit den Mitteln des Films. Amakasus Lebensweg ist der zweite
Erzählstrang, der mit Nägeli
wechselt, bis beide zusammenkommen. Die Katastrophe beginnt, nicht nur, weil Nägeli sich
grotesk verjüngt wie Aschenbach im „Tod in Venedig“ und
ihm Amakasu die Braut ausspannt. Kracht nutzt in einem
Text voller Anspielungen und
Querverweise Berlin und Tokio
als Folie für sarkastisch sprühende Kurzporträts von Opportunisten wie Rühmann (das „blonde Äffchen“) und Jannings inmitten der Arisierungspolitik
der Nazis – aber auch der anbiedernde, selbstgefällige Chaplin
kommt schlecht weg.
Kracht geht dabei in die Vollen: Es geht wild zu, mit Anschlägen, Sex, Morden und Überlebenskämpfen in der Wildnis –
Reisen ins Ich und die Welt, wo
am Ende die Toten immer allein
sind. Nägeli bleibt durchweg
blind für Gefahr und Ausnutzung: Er nimmt die Welt nur
noch durch die Kamera wahr.
Was diesen kunstvoll gebauten Roman zu einem unbehaglichen Vergnügen macht, ist die
Stimme des Erzählers: Die Sprache ist manieriert und auf so auf
augenzwinkernde Wirkung poliert, dass sie bewusst jede Haltung negiert – auch wenn es
emotional sehr eindringliche
Passagen gibt. Vielleicht überdeckt dieses Spiel aber auch, dass
der Roman keine hat und sich
ähnlich wie Nägeli auch an der
eigenen Virtuosität ergötzt?
Dann aber wären Nationalsozialismus und Gewaltexzesse nicht
viel mehr als klug erfundene
Mittel zum Effekt.
RENÉ ZIPPERLEN
PROGNOSE: Ein Star wie der elegant provozierende Kracht steht
einem etwas bieder wirkenden
Preis gut. Und der Schweiz-Faktor
könnte hier hoch genug sein.
> CHRISTIAN KRACHT „Die Toten“, Kiepenheuer & Witsch Verlag,
20
Euro.
N
ur zur Erinnerung: Michelle Steinbecks Roman
„Mein Vater war ein Mann
und im Wasser ein Walfisch“ ist
jener Text, der Elke Heidenreich
beim Schweizer „Literaturclub“
derart in Wallung brachte, dass
sie Erzählerin und Autorin
gleichsetzte. Das Buch sei grauenhaft, beschied Heidenreich,
um dann bei der Autorin eine
„ernsthafte Störung“ zu diagnostizieren. Das ist schon mehr als
ein Lapsus für eine Literaturkritikerin. Die Nominierung für die
Shortlist des Schweizer Buchpreises – das Debüt stand zudem
auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis – ist also auch
eine literarische Rehabilitierung. Denn natürlich ist der Roman der Absolventin des Literaturinstituts Biel Literatur. Wer
Steinbecks Roman liest, gerät in
einen rasant erzählten Albtraum, der zugleich eine Reise zu
dem Vater ist, der jeden Kontakt
zur Ich-Erzählerin abgebrochen
hat. Loribeth macht sich auf die
Suche nach ihm, mit führt sie dabei – und jetzt Achtung – einen
Koffer des Vaters, in den sie eine
Kinderleiche gepackt hat. Die
Stationen
dieser Reise
sind bizarr
und man
sollte ernst
nehmen,
dass
die
1990 geborene Autorin nicht
nur der Indie-Band
„The
Decemberists“ dankt, sondern
eben auch Daniil Charms, dem
Meister des Grotesken. Steinbeck fängt hier eine Atmosphäre
einer Verwahrlosung ein, die
mehr mit unserer Zeit zu tun
hat, als uns lieb ist.
ANNETTE HOFFMANN
PROGNOSE: Michelle Steinbecks
Debütroman hat Qualitäten,
doch der Preis käme zu früh.
> MICHELLE
STEINBECK „Mein
Vater war ein Mann an Land und
im Wasser ein Walfisch“, Lenos,
19,90 Euro
FAKTEN
DIE BUCHBASEL, auf der
heute der Schweizer Buchpreis verliehen wird, ist ab
11 Uhr geöffnet. Für den
Buchpreis wurden 83 Titel
eingereicht, von denen fünf
für die Shortlist ausgewählt
wurden. Die Auszeichnung
ist mit insgesamt 40 000
Franken dotiert. Der Preisträger erhält 30 000 Franken; die vier anderen Finalisten erhalten jeweils 2 500
Franken. Die öffentliche
Preisverleihung findet um
11 Uhr im Theater Basel statt
(Eintritt frei). Das internationale Literaturfestival
Buchbasel ist am heutigen
Sonntag letztmalig geöffnet.
Infos im Internet unter
www.schweizerbuchpreis.ch
und www.buchbasel.ch. DS
14 KULTUR IN DER REGION
Der Sonntag · 13. November 2016
Dunkelheit, Licht, Heilung
VERENA VON HORSTENS
KURZ GEFASST
BASLER POP-PREIS
neuer Stil und ihr Album voller Schmerz – Konzert in Freiburg
Wie es ist, am Abgrund zu
stehen und der Dunkelheit
zu entkommen, davon singt
die Schweizer Musikerin
Verena von Horsten auf ihrem zweiten Album. Zwei
laute Konzerte stehen der
Regio bevor. Die Schweizerin, die nächste Woche nach
Freiburg kommt, wird als
kommender Star gehandelt.
PASCAL CAMES
Trommelwirbel wie für eine große Show. Dann folgen einzelne,
mächtige Schläge auf die Basstrommel, der einsetzende Synthesizer klingt merkwürdig gestresst und mit der aufgeputschten Stimme könnte man jede
verpennte New Yorker Punk-Kaschemme aufwühlen. „Hymn“
(Hymne) heißt dieser nervöse
Song im 80er-Jahre-Sound zur
Einstimmung, er findet sich auf
dem aktuellen Album „Alien Angel Super Death“ von Verena von
Horsten (35) aus Zürich. Dieses
Album ist ein souveränes Statement des „lass es raus“, ein Album voll Schmerz, Wut, Lebenslust – und auch Versöhnung, wie
im instrumentalen „The Healing
Moment“ zu hören ist.
Verena von Horsten, die Exzentrikerin mit Faible für lange
Kleider und Kimono, ist in der
Schweiz fast ein Star. Die Presse
überschlägt sich schier, spricht
von „Leidenschaft“ (Berner Zeitung), hört „ein Album voller
Wucht, Wut und Mut“ (Kulturtipp) und sieht „einen weiteren
Stern im Universum des stolzen
Zürcher Frauenrocks“, wie der Tagesanzeiger schreibt. Viel mehr
Lob geht eigentlich nicht, das
einzige Problem ist, dass die Sängerin bislang eben nur in der
kleinen Schweiz Erfolge feierte.
Vor drei Jahren nahm sich der
Bruder von Verena von Horsten
das Leben. Bis dahin hatte die
Schweizerin Musik im Stile einer
Singer-Songwriterin gemacht.
Sie spielte Gitarre und Piano,
ENSEMBLE CLASSIQUE
Aufgetaucht: Verena von Horsten spürt viel Zustimmung für ihr neues Album.
aber irgendwann fühlte sie, dass
da nichts mehr kommt. Musik
hatte sie bis dato schon immer
gemacht, aber sie konnte sich nie
vorstellen, dass so etwas wie ein
Beruf daraus wird oder gar eine
Karriere sich entwickelt. Ihr erstes Album (2010) entstand aus
„purer Notwendigkeit“.
Der Suizid des Brudersvor drei
Jahren veränderte alles, auch ihre Musik. Wenn sie an ihren Bruder denkt, sagt sie nicht Selbstmord, sie spricht von einer
Krankheit, die zum Tod führte.
Auch sie stand am Abgrund. Sie
konnte niemanden mehr an sich
heranlassen und das führte dazu, dass sie ihr aktuelles Album
komplett alleine machte, also
komponierte, einspielte, programmierte. Manchmal war sie
dabei mehr mit der Technik beschäftigt, als mit dem Song.
Von einem Freund bekam Verena von Horsten einen Synthesizer geschenkt, den musste sie
erst kapieren. Jetzt ist sie euphorisch ob der neuen Klangwelten.
Die Lust am Sound und was man
damit anstellen kann – betören,
verschrecken, aufrütteln – hört
man den neuen Songs an.
Das „Bruder-Thema“ zieht sich
wie ein roter Faden durch von
Horstens Album „Alien Angel
Super Death“. Zuerst war da der
Schmerz, dann der Abgrund. Verena von Horsten weiß, viele
scheuen sich, sich einem Schicksalsschlag wie diesem zu stellen,
haben Angst vor Abgründen, davor, die eigenen dunklen Seiten
kennenzulernen. „Man hat
Angst, zu fallen“, weiß sie, „man
muss sich anseilen und behutsam absteigen und dann wieder
aufsteigen.“ Es klingt fast schon
pathetisch, wenn sie von Dunkelheit, Licht und Heilung
spricht. „Kraft ist mir gegeben
worden, das muss heraus.“
Verena von Horsten hatte panische Angst, dass sich mit ihrem neuen Album das Publikum
von ihr abwendet. Aber das ist
nicht geschehen. „Alien Angel
Super Death“ ist keine DepriPlatte, sondern hat auch bei aller
Düsternis seine Disko-Momente, wie beim tanzbaren „Sweet
Lullabye“. Seit sie mit den neuen
FOTO: ZVG
Songs tourt, gehe es ihr „um einiges besser“. Von Horsten spürt
Akzeptanz. Das war nicht immer
so. Erst als sie für ein Stipendium
in New York war, erlebte sie, dass
sie, so kantig und punkig wie sie
ist, mehr als nur okay ist.
„Scheiß auf die Regeln“, lacht
Verena von Horsten. In der
Schweiz kam sie sich nie akzeptiert, immer umständlich und
komisch vor. So, als müsste sie
sich immer entschuldigen, für
das was und wie man ist. Ja, sie ist
anders. „Wenn man Popmusik
hört, funktioniert man so, dass
man denkt, man muss sich anpassen.“ Sie macht keine Popmusik, sie macht ihr eigenes
Ding. „Ihr müsst euch nicht anpassen, versucht euch kennen zu
lernen“, sagt sie. Wenn man damit keinen Erfolg hätte, bräuchte man sich nicht schlecht fühlen. Es gehe darum, „seinen Platz
zu finden.“
> VERENA
VON HORSTEN und
Kobra Effekt, Samstag, 19. November, ab 22 Uhr im Hirscheneck, Basel.
WENN STERNE REDEN KÖNNTEN
Grund,
Anlass
Liebe: Die Partnerschaft verlangt zurzeit besonders viel
Aufmerksamkeit. Beruf: Man
setzt auf Ihre Erfahrung und Ihr Verhandlungsgeschick. Allgemein: Ihr Drang nach
Abwechslung ist zurzeit besonders stark.
STIER
Liebe: Von wegen, Routine! Sie
setzen in der Partnerschaft
neue Impulse. Beruf: Geraten
Sie nicht in Panik, es geht alles noch einmal gut. Allgemein: Es ist notwendig, die
vorgegebenen Termine einzuhalten.
ZWILLINGE
Liebe: Weichen Sie Schwierigkeiten nicht aus. Reden Sie mit
dem Partner. Beruf: Eine innere Angespanntheit bremst Sie in Ihrem
Tatendrang. Allgemein: Geduldig sein.
Drängen Sie nicht auf eine Entscheidung.
KREBS
Liebe: Wartet jemand auf eine
Nachricht? Dann enttäuschen
Sie ihn nicht. Beruf: Allmählich stabilisieren sich jetzt auch berufliche Pläne. Allgemein: Ihre Worte könnten
derzeit als scharf empfunden werden.
LÖWE
Liebe: Innige Nähe mit dem
Partner schafft Ruhe in der täglichen Hektik. Beruf: Übertreibungen könnten im Kollegenkreis Unmut hervorrufen. Allgemein: Lautstarkes
Argumentieren sollten Sie besser vermeiden.
JUNGFRAU
Liebe: Herz und Verstand liefern sich ein Duell. Ganz schön
anstrengend! Beruf: Bleiben
Sie am Ball, wenn ein erster Versuch nicht
klappt. Allgemein: Ein gefasster Entschluss ist wichtiger, als Sie denken.
WAAGE
Liebe: Überlegen Sie sich etwas, um dem Partner eine
Freude zu bereiten. Beruf: Bleiben Sie zurzeit im Zweifelsfall Ihren Prinzipien treu. Allgemein: Ihre Probleme
sind leichter zu lösen, als Sie annehmen.
Sinnesorgan
Hauptstadt
Italiens
(Ldsspr.)
Hauptstadt
der Philippinen
Brettspiel
SCHÜTZE
Liebe: Singles müssen noch etwas auf die Erfüllung ihrer
Wünsche warten. Beruf: Es gilt,
auf neue berufliche Trends flexibel zu
reagieren. Allgemein: Eine kleine Geldspritze hilft Ihnen jetzt etwas weiter.
STEINBOCK
Liebe: Der Partner stärkt Ihnen
bei Ihren derzeitigen Sorgen
den Rücken. Beruf: Ihre Überzeugungskraft dürfte sich zurzeit bezahlt
machen. Allgemein: Jemand zeigt sich
momentan leider ein wenig zugeknöpft.
dazu,
obendrein
Haarwaschmittel
4
rechter
SeineZufluss
ärztliche
Bescheinigung
Kfz-Z.
Panama
Wikingerhäuptling
bei
„Wickie“
trop.
Laubbaum
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Formel-1Fahrer
französisch:
Freund
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Liebe: Besinnen Sie sich auf die
Dinge, die Ihnen wirklich wichtig sind. Beruf: In großer Runde kommt nun ein heikles Thema auf den
Tisch. Allgemein: Über Redereien anderer
sollten Sie sich erhaben fühlen.
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Schwein
3
8
4
5
7
weit
weg
Kunstsammlung,
-handlung
griech.
Weichkäse
6
7
8
Hackwerkzeug
Ebbe
und Flut
vorderster
Teil des
Schiffes
Nest
voller
Eier
Frauengestalt
aus „Don
Carlos“
Stromleitung
Futterpflanze
Sturz
Zeichen
f. Wismut
span.
Ausruf
9
Wasserfahrzeug
Wälzstelle des
Schwarzwilds
2
3. und
4. Fall
von wir
5
Insekt,
Wasserjungfer
Mitbesitz
1
Abmarsch,
Auswanderung
dt. Vorsilbe
der Verneinung
Filmpreis
in den
USA
Schienenverkehrsmittel
(Pkw-Bef.)
sonderbar;
wählerisch
bewegende
Kraft
fort,
weg
Hochschule
(Kurzwort)
Windrichtung
griechische
Kunstgöttin
Positionsbestimmung
1
3
Zeichen
für
Arsen
Papstname
Dieser Platz...
Tropenbaum
zweiter
griech.
Buchstabe
mit der
Zunge
aufnehmen
Strom
in
Italien
Insel
im
Bodensee
WASSERMANN
Liebe: Die Sterne geben grünes
Licht für eine harmonische
Zeit zu zweit. Beruf: Es wird
Zeit, dass eine Sache zum Abschluss gebracht wird. Allgemein: Legen Sie sich
nicht fest, Sie müssen flexibel bleiben.
Der heutige Kammermusikabend wird mit
„Hänsel und Gretel“, eine Märchenoper für
Kinder und Junggebliebene, in einer Bearbeitung von Peter Weiner und der Brassband Brass 4.1. im Kursaal Bad Säckingens
um 18 Uhr zu hören sein. Mit dabei als
Sprecher ist wieder KiKa-Moderator Juri
Tetzlaff (Foto). Mit bekannten Melodien
wie „Suse, liebe Suse“, „Brüderchen, komm
tanz mit mir“, dem Abendgebet, viel bewegter Musik und
szenischen Darstellungen lassen Juri Tetzlaff und die Mitglieder
von Brass 4.1 das Märchen nach den Brüdern Grimm lebendig
werden. Der zweite Konzert-Teil beginnt um 19 Uhr und ist
eine moderierte Reise durch die Musikgeschichte. Zu hören
sind: Praetorius: Chicken Dance; Gabrieli: Canzona per Sonare
No. 4; Bach: Contrapunctus IX aus Kunst der Fuge; HändelBoatner/Henderson: The Saints, Hallelujah; Kanen: Quintet;
Hazell: Kraken; Morricone: Gabriels Oboe; Pollack: That’s a
Plenty. Für die kleineren Zuhörer gibt es unnummerierte Plätze
DS
vor der ersten Reihe.
Sportgerät
der
Werfer
6
SKORPION
Liebe: Es tut sich augenblicklich recht Erfreuliches im privaten Umfeld. Beruf: Ihr Einsatz trägt deutlich zum Erfolg eines Projektes bei. Allgemein: Rückenprobleme
behandeln lassen, nichts Schweres heben!
Brassmusik in Wehr
Mit einem Highlight endet das Klassik-Jahr
der Kulturkooperation Schopfheim Wehr.
Ein Fest für Freunde der gepflegten BrassMusik verspricht das renommierte Blechbläsersextett Ensemble Classique am Sonntag, 20. November um 19 Uhr, in der Wehrer
Stadthalle zu veranstalten. Die sechs Musiker
präsentieren zahlreiche Kompositionen
vom frühen Barock bis zum Jazz. Stücke
von Christoph von Reitzenstein, Tomaso
Albinioni, altfranzösische Tänze von Claude Gervaise, aber
auch Ballett-Ohrwürmer von Tschaikowsky, Csardas von Vittorio
Monti werden zu hören sein, sowie Jazz-Standards von Duke
Ellington, Fats Waller, Joseph Kosma oder Melodien aus Leonard
Bernsteins berühmter West Side Story. Eintritt zwischen 16
und 18, ermäßigt 5 Euro. Vorverkauf in Wehr bei Lotto Erhart,
Telefon 07762-2756, in Schopfheim bei Pipe Corner, 07622-64366,
oder unter www.reservix.de sowie an allen Reservix-VorverDS
kaufsstellen.
KREUZWORTRÄTSEL
IHR HOROSKOP VOM 13. BIS 19. NOVEMBER
WIDDER
Gewinner sind Klaus Johann Grobe
Der Basler Pop-Preis 2016 geht an die Band
Klaus Johann Grobe. Eine Fachjury wählte
die Indie-Electro-Formation aus insgesamt
fünf nominierten Bands und Musikern der
Basler-Musikszene aus. Den mit 15 000
Franken dotierten Preis konnte die Siegerband am Mittwochabend jedoch nicht persönlich entgegennehmen, weil das Trio am
Vortag zu einer Tournee aufgebrochen war.
Die Jury entschied sich einstimmig für Klaus
Johann Grobe: die außergewöhnliche Band bringe eine wohltuende, tanzbare Lockerheit ins verkrampfte Musikbusiness
Klaus Johann Grobe besteht aus Dani Bachmann, Sevi Landolt
und Stephan Brunner. Der Publikumspreis geht an die dienstälteste der nominierten Basler Formationen, nämlich an die
vor fast 30 Jahren gegründet Band The Lombego Surfers. Der
Anerkennungspreis geht ebenfalls an einen langgedienten
DS
Basler Musiker, den Basler Rapper Black Tiger.
2
®
Flachs
s1813-0885
9
Lösung vom vergangenen Sonntag:
FREIDENKER
KULTUR IN DER REGION 15
Der Sonntag · 13. November 2016
Wenn 68er Rumäniendeutsche belehren
Behutsame Regie, stimmige Darstellungen, einige Klischees: Ana Miruna Lazarescus tragikomischer KINOFILM „Die Reise mit Vater“
„Die Reise mit Vater“, von
der Ana Miruna Lazarescus
tragikomischer Kinofilm
erzählt, ist mehr als nur eine
Reise. Wenn der junge rumänische Arzt Mihai mit
seinem schwer kranken Vater und seinem rebellischen
Bruder 1968 von Arad nach
Dresden aufbricht, ist das
auch ein Ausflug in die europäische Geschichte.
STEFAN VOLK
1968. Der rumänische Staatspräsident Nicolae Ceausescu ruft
das Jahr zum „Internationalen
Tourismusjahr“ aus. Für Mihai
(Alex Margineanu), seinen jüngeren Bruder Emil (Razvan Enciu) und ihren Vater William
(Ovidiu Schumacher) bedeutet
das die Chance, endlich einmal
aus Rumänien rauszukommen
und den „Tata“ in Dresden operieren zu lassen. Doch kaum haben die drei Donauschwaben die
DDR erreicht, marschieren Truppen des Warschauer Paktes in
der Tschechoslowakei ein und
bereiten dort Alexander Dubceks Vision von einem „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“
ein gewaltsames Ende.
Auch weil Nicolae Ceausescu
den Einmarsch der Sowjettruppen öffentlich kritisiert, werden
die Drei gemeinsam mit anderen Rumänen und der Münchner Studentin Ulrike von Syberg
(Susanne Bormann) in einem
Auffanglager für Touristen fest-
Eine innere Bildungs- und Entwicklungsreise, die im Kulturschock gipfelt: Emil (Razvan Enciu) mit seinem Vater William (Ovidiu Schumacher)
FOTO: ZVG/MOVIENET FILM
in Miruna Lazarescus „Die Reise mit Vater“.
gesetzt. Erst als der rumänische
Botschafter sich einschaltet, dürfen sie wieder abreisen. Da ihnen
der Rückweg durch die Tschechoslowakei jedoch versperrt
bleibt, ermöglicht ihnen der Botschafter die Heimreise durch die
Bundesrepublik Deutschland.
Dadurch tun sich plötzlich völlig
ungeahnte Möglichkeiten auf.
Tata könnte im Westen behandelt werden, und alle drei könnten dort eine neue Zukunft finden.
Die Regisseurin und Drehbuchautorin Lazarescu hat sich
für ihren Film von den Erzählungen ihres Vaters inspirieren lassen, der als junger Mann etwas
ganz Ähnliches erlebte. Vielleicht auch deshalb drängelt sich
der historische Hintergrund in
Lazarescus Inszenierung nie
nach vorne.
Unverkennbar steckt in der
Geschichte mehr als bloß ein
Vorwand für die plakative Bebilderung geschichtlicher Ereignis-
se. Sehr behutsam entfaltet sich
die Dramaturgie, ohne dabei ins
Stocken zu geraten. Margineanu,
Enciu und Schumacher tragen
den Film mit ihren herausragenden, stimmigen und intensiven
Darstellungen.
Mihais Reise ist nicht zuletzt
auch eine innere Bildungs- und
Entwicklungsreise, die im Kulturschock gipfelt; ausgelöst von
prallgefüllten
Schaufenstern
und allzeit verfügbaren RollingStones-Schallplatten. Dahinter
sein. Mihai dagegen fühlt sich
verantwortlich für das Wohl der
Familie und sieht sich zur Kollaboration mit dem verhassten
Staatsapparat genötigt. In Westdeutschland, als Mihai sich in Ulrike verliebt und mit ihr nach
München aufbricht, hofft er, seiner Zwangslage endlich entfliehen zu können. Stattdessen aber
landet er in einer 68er-Kommune, die den Sowjetsozialismus
ideologisch verklärt.
Nicht nur bei Ulrikes phrasendreschenden
Mitbewohnern
lässt sich Lazarescu zu einigen
Klischees hinreißen. Auch Ulrike
selbst gerät als eine vom Adel abgefallene Revolutionsromantikerin eine ganze Spur zu exemplarisch. Susanne Bormann gelingt es nicht, sich aus diesem
Prototypenkorsett freizuspielen. Trotzdem liefern die Szenen,
in denen die saturierten Münchner 68er den Gästen aus Rumänien den Sozialismus erklären
wollen, einige köstliche Pointen.
Auch macht Lazarescu nicht den
Fehler, die Kommunarden und
deren Weltsicht rundweg abzulehnen. Vielmehr lotet sie das
Spannungsfeld von Freiheit und
Verantwortung, Idealen und
Ideologie, Weltbild und Welt aus,
ohne vermeintlich „richtige“ Lösungen zu präsentieren. Und
weil Lazarescu auf derlei erzieherische Maßnahmen verzichtet,
scheint es am Ende, als spräche
ihre Geschichte ohnehin für sich
selbst.
aber verbirgt sich ein grundsätzlicherer Konflikt, der sich etwa in
der zwiespältigen Rolle offenbart, die Mihai innerhalb seiner
Familie einnimmt. Während
sein Vater, ein einst überzeugter
Sozialist, längst mit dem Regime, aber auch seinem eigenen
Leben abgeschlossen hat, probt
sein „kleiner“, naiver Bruder den
Aufstand, indem er antistalinistische Parolen auf Wände
schmiert, ohne sich über die > REISE MIT VATER, Bundesstart
Konsequenzen im Klaren zu am Donnerstag
Mit Nebenwirkungen
Ausstellung über chemisch-pharmazeutische WIRKSTOFFE in Basel
„Wirkstoffe – chemisch pharmazeutische Innovationsgeschichten“ heißt die neue Ausstellung
im Basler Historischen Museum,
die den Bogen schlägt über 150
Jahre Wissenschafts-, Industrieund Gesellschaftsgeschichte.
Eines der bedeutendsten Ausstellungsstücke ist verschimmelt. Das soll so sein und lässt
Forscherherzen höher schlagen,
handelt es sich doch um eine Penicillium-Schimmelprobe von
Alexander Fleming (1881–1955)
aus dem Jahr 1929.
Sehr viel sieht man nicht, aber
die Petrischale des Penicillin-Erfinders verweist auf das älteste
Antibiotikum und die wohl
wichtigste Erfindung in der Medizin des 20. Jahrhunderts. Die
keimtötende
Wirkung
des
Schimmelpilzes hatte Fleming
zufällig über ein in seine Staphylokokken-Kultur hineingeratenes Exemplar entdeckt.
Am Penicillin und weiteren
Wirkstoffen machen die Ausstellungsmacher jetzt deutlich, was
Forscher in Chemie und Pharma
auch, aber nicht nur in Basel nebenbei entdeckt oder gezielt entwickelt haben, was lebensrettend wurde, aber auch, was im
Gegenzug dramatische Nebenwirkungen hatte, wie etwa das
ursprünglich rezeptfreie und als
unbedenklich eingestufte Beruhigungsmittel Contergan.
„Selbstverständlich ist es auch
ein kritischer Blick, den wir auf
die Wirkstoffe werfen“, sagt
HMB-Interimsdirektorin Gudrun Piller. Das gelte, auch wenn
Unternehmen wie Bayer, BASF
und Novartis die Ausstellung
mit zehn Prozent der Kosten
oder einem Viertel der Fremdmittel finanziell unterstützten.
Eine provisorische Anmutung
kann die punktuelle Chemie-
4. Dezember 2016 | 18 Uhr | Konzerthaus Freiburg
THOMAS
HENGELBROCK
BALTHASAR-NEUMANN-CHOR
BALTHASAR-NEUMANN-ENSEMBLE
Salvarsan-Schautafel in der Ausstellung.
und Pharmaziegeschichte jetzt
nicht verleugnen. Das gilt auch,
wenn die Basler diesmal eine Kooperation mit der von der deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin getragenen DASA-Arbeitswelt-Ausstellung
in
Dortmund
eingegangen sind. Der Platz im
Untergeschoss der Barfüßerkirche hätte nicht ausgereicht.
–
Über Umwege zu
unerwartetem Erfolg
–
Die „Wirkstoffe“ sind deshalb
jetzt unter den gotischen Gewölben und mit hier und da durch
die Stellwände sichtbaren Dauerexponaten aus der sehr viel
früheren Basler Geschichte zu
sehen. Wer sich davon nicht irritieren lässt, der erfährt an der in
vier Kapitel gegliederten Schau
Wissenswertes zur Frage, wie Innovationen zustande kommen
und welches die Wechselwirkungen mit der Gesellschaft sind. Je
ein Kapitel ist auch dem Thema
der Patentierung gewidmet und
nicht zuletzt dem der Risiken.
Neben Contergan wird etwa
auch Dichlordiphenyltrichlorethan, bekannt als DDT, vorge-
FOTO: ANNETTE MAHRO
stellt. Das Insektizid ist in
Deutschland und der Schweiz
seit 1972 verboten, in anderen
Ländern, etwa Indien, wird ein
vollständiges Verbot noch immer diskutiert. Viel Raum nehmen die positiven Beispiele ein.
Die Ausstellung zeigt den Entwicklungsprozess, der nicht selten in Sackgassen endet, mitunter aber auch über Umwege zu
unerwartetem Erfolg.
So basierte etwa das SyphilisMittel Salvarsan auf dem Versuch, Zellen einzufärben. Einen
Platz finden auch Aspirin, der ab
dem frühen 20. Jahrhundert erfolgreiche Kunststoff Bakelit
oder das von der Basler Ciba entwickelte Kunstharz Araldit.
Beim Eingang gilt es eine Art
Zelt zu durchwandern, in dem eine Animation auf die Anfänge
der chemischen Industrialisierung eingeht. Vorkenntnisse
sind nicht nötig, vieles erklärt
AMA
sich von selbst.
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