Die Vertretung der Europäischen Kommission

Deutschland und TTIP
Die geplante Handels- und Investitionspartnerschaft
zwischen der Europäischen Union
und den Vereinigten Staaten (TTIP)
TOP-FAKTEN
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Deutschland ist bereits heute mit Abstand der wichtigste Handelspartner der USA innerhalb der Europäischen Union. 30% aller
EU-Exporte in die USA kommen aus Deutschland. Deshalb hat jede
noch so klein erscheinende Erleichterung des Warenaustausches und jeder
Abbau von Handelshemmnissen eine enorme positive wirtschaftliche Wirkung und kann zu einem deutlichen Wachstumsschub in Deutschland führen.
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Die USA sind gegenwärtig Deutschlands zweitwichtigster Absatzmarkt, mit weiterem Wachstumspotential. Tatsächlich sind deutsche Exporte
in die USA über die letzten Jahre gestiegen. Der deutsche Anteil an EU
Exporten ist besonders hoch in der Automobilbranche, Maschinenbau,
sowie im Pharma- und Chemiesektor.
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Um 119 Milliarden Euro pro Jahr könnte die TTIP die europäische Wirtschaft ankurbeln – dies entspricht einem jährlichen
Zusatzeinkommen von etwa 500 Euro pro Haushalt in Deutschland.
In einer Zeit, in der unsere Wirtschaft in Europa gar nicht oder nur sehr
langsam wächst, würde das Abkommen dem Bruttoinlandsprodukts einen
Wachstumsschub geben. Studien gehen davon aus, dass das BIP zusätzlich
um 0,5-1% wachsen könnte. TTIP kann also als eine Art Konjunkturpaket
gesehen werden, ohne dass dafür Steuergelder aufgebracht werden müssten.
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Das Abkommen wird einerseits Zölle abbauen und es andererseits europäischen und amerikanischen Unternehmen erleichtern, EU- und
US-Standards gleichzeitig zu erfüllen. Das spart Unternehmen Zeit und
Kosten und kommt somit insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu Gute, die weniger Ressourcen haben, aufwendige Zulassungsverfahren zweimal zu durchlaufen.
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Ebenfalls wichtiger für KMU als für multinationale Unternehmen
ist die zusätzliche Rechtssicherheit, die das Abkommen schaffen wird.
Wenn Regeln zu Wettbewerb, zum Schutz des geistigen Eigentums und
zum Schutz von Investoren festgehalten werden, wird das Geschäftsumfeld
transparenter und besser vorhersehbar.
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Das Abkommen wird nicht dazu führen, dass die hohen europäischen Standards in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit oder Verbraucherschutz in Frage gestellt werden. Rechtsangleichungen und gegenseitige
Anerkennung werden nur dann möglich sein, wenn auch eine echte Übereinstimmung in den erforderlichen Sicherheits- und Umweltstandards
garantiert ist.
In welchen Bereichen werden deutsche Unternehmen konkret profitieren?
1) Abbau von Zöllen
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Zwar sind die Zölle zwischen der EU und den USA relativ niedrig, im
Durchschnitt 3% auf US-Seite und 5% an der EU-Außengrenze, jedoch kann jede noch so kleine Senkung eines Zolls auf Grund
des enormen transatlantischen Handelsvolumens – im Wert
von 2 Milliarden Euro pro Tag – signifikante Einsparungen bedeuten.
Für PKWs wird derzeit zum Beispiel ein Zoll von 2.5% an der USGrenze fällig – auf Grund der hohen Einfuhren könnten europäische Unternehmen, deutsche Automobilhersteller allen voran, also
selbst hier Einsparungen von bis zu 650 Millionen Euro im Jahr
erzielen. Dadurch, dass viele deutsche Automobilhersteller
auf beiden Seiten des Atlantiks ihre Produkte produzieren
und verkaufen, verstärkt sich der positive Effekt niedrigerer Zölle zusätzlich.
Für Maschinen und elektrische Geräte (gewichteter Zoll gegenwärtig etwa 1.9%) entrichten EU-Firmen im Moment €680 Millionen an
Zöllen pro Jahr an der amerikanischen Zollgrenze. Chemikalien sind
ein weiteres Beispiel – hier könnten 520 Millionen Euro eingespart
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werden (gewichteter Zoll hier 1.7%).
In einigen Bereichen, in denen auch deutsche Unternehmen aktiv
sind, erheben die Amerikaner andererseits sehr hohe Zölle: etwa
auf Lastwagen (25%) und Zugwaggons (14%), oder im landwirtschaftlichen Bereich auf Milchprodukte (19%), Zucker (16%) und
Getränke (15%). Hier sind die größten Einsparungen zu erwarten.
2) Dienstleistungen und Investitionen
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Durch eine Liberalisierung des Dienstleistungshandels sind
für europäische Firmen große Vorteile zu erwarten. Ein verbesserter Marktzugang würde eine Vielzahl neuer Möglichkeiten schaffen
und es Unternehmen erlauben, effizienter zu wirtschaften.
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Im Bereich der Finanzdienstleistungen wird eine stärkere Zusammenarbeit der jeweiligen Aufsichtsbehörden angestrebt. Ziel ist die
Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, die sich durch
die unterschiedliche Umsetzung internationaler Regulierungsstandards ergeben. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit
kann sich hier direkt auf Verbraucher auswirken, etwa in Form
niedriger Gebühren.
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Aber auch in anderen Bereichen sind Vorteile zu erwarten, etwa im
regulativen Rahmen für Dienstleistungen. Hier könnten beispielsweise über eine gegenseitige können sich für Investoren Probleme ergeben, die die jeweilige Gerichtsbarkeit nicht wirksam zu
behandeln vermag. So soll etwa eine faire Behandlung von in- und
ausländischen Investoren garantiert werden und Eingriffe in das
Eigentumsrecht entschädigungspflichtig sein.
Die Europäische Kommission wird diese Bestimmungen jedoch so
verhandeln, dass die Investitionsschutzbestimmungen nicht dazu
genutzt werden können, um legitime Gesetzgebung im sozialen
oder ökologischen Bereich auf EU- oder nationaler Ebene zu
untergraben. Missbräuchliche Klagen von privaten Akteuren
sollen nicht zugelassen werden.
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Ende 2011 war Deutschland unter den Top 5 der wichtigsten Investoren in den USA, mit einem Gesamtvolumen von rund 164
Milliarden Euro. Gerade deutsche Investoren haben deshalb ein
großes Interesse daran, ihre Investitionen im Ausland bestmöglich
zu schützen.
3) Annäherung von Standards und Regeln
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Damit das Abkommen funktioniert, sind Zollsenkungen alleine nicht
genug. Regulierungen, Standards und Zulassungsverfahren
sind oftmals eine größere Hürde für Unternehmen, die im
anderen Markt aktiv werden wollen. Diese oftmals rein bürokratischen Hindernisse sind es letztlich, die den Handel unnötig blockieren oder zu teuer machen. Natürlich stehen legitime Regulierungen
– etwa Umwelt- oder Sozialstandards – nicht zur Disposition. Sie
schützen die Menschen vor Risiken für ihre Gesundheit und am
Arbeitsplatz, Sicherheit, Umwelt und finanzielle Situation und sind
das Ergebnis demokratischer politischer Entscheidungen.
Die EU und die USA verfügen zwar beide über hochentwickelte Systeme zur Gewährleistung von Sicherheit und Verbraucherschutz,
wählen jedoch oft verschiedene Ansätze, um das gleiche Ziel zu
erreichen. Dort, wo es sinnvoll ist, wollen wir diese Vorschriften
kompatibel gestalten. Ziel ist es, europäischen und amerikanischen
Unternehmen die gleichzeitige Erfüllung von entsprechenden
EU- und US-Vorgaben einfacher und kostengünstiger zu machen.
Eine Möglichkeit ist hier beispielsweise, die Transparenz und den
Dialog zwischen europäischen und amerikanischen Regulierungsbehörden zu stärken. Dadurch könnte man nicht nur sicherstellen, dass Unternehmen einheitliche Normen erfüllen, sondern
würde gleichzeitig auch Synergien bei den Behörden auf beiden
Seiten des Atlantiks schaffen und diese entlasten. Auch die Angleichung an internationale Normen und Standards ist hier ein
möglicher Weg, der für einige Industriezweige, wie etwa dem Maschinenbau, von besonderem Interesse ist.
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Auch andere Wirtschaftszweige können profitieren: beispielsweise
verbieten derzeit amerikanisches Pflanzenschutzrecht und Lebensmittelreinheitsgesetze die Einfuhr Hersteller landwirtschaftlicher Güter könnten durch solch eine erweiterte Marktöffnung neue
Absatzmärkte geschaffen werden. Am Ende steht das Ziel, dass
europäische und amerikanische Regulierungsbehörden so eng zusammen arbeiten, um in Zukunft neue Standards gemeinsam
zu entwickeln.
Beispiele: Autoindustrie und Chemiebranche
Die Kommission und die amerikanischen Behörden untersuchen derzeit im
Rahmen des TTIP Möglichkeiten der gegenseitigen Anerkennung bestimmter
bestehender technischer Vorschriften, die die Verkehrssicherheit von Kraftfahrzeugen betreffen und auf einem äquivalenten Schutzniveau beruhen.
Gleichzeitig soll es eine stärkere und frühzeitig einsetzende Kooperation im
Bereich internationaler Normen geben, insbesondere im Bereich neuer Technologien wie z.B. Elektro- oder Hybridfahrzeuge.
In der Chemiebranche werden ebenfalls einige konkrete Möglichkeiten der
regulatorischen Zusammenarbeiten untersucht, die zu höherer Effizienz führen sollen, ohne den Schutz von Konsumenten und der Umwelt zu beeinträchtigen. Interessant sind insbesondere die gemeinsame Entwicklung von
Mechanismen zur Priorisierung von Chemikalien mit hohem Gefährdungspotenzial, sowie die Annäherung von Klassifizierungen und Etikettierungen auf
Grundlage internationaler Systeme wie des „Globally Harmonized System of
Classification“ (GHS).
4) Öffentliches Beschaffungswesen
Eine Öffnung des US-amerikanischen Beschaffungsmarktes würde es unter
anderem deutschen Baufirmen ermöglichen, sich an Ausschreibungen für
große Infrastrukturprojekte in den USA zu beteiligen. Auch Logistikunternehmen könnten die Möglichkeit bekommen, ins Rennen um staatliche Aufträge
in den USA einzusteigen, die oft noch amerikanischen Firmen vorbehalten
werden.
Und was ist mit…
…mit der WTO und den Verhandlungen auf multilateraler Ebene?
Es ist klar, dass ein Abkommen zwischen zwei der größten Volkswirtschaften
der Welt nicht nur ein bilaterales Abkommen ist, sondern auch Auswirkungen auf die multilateralen Handelsbeziehungen und auf Drittstaaten haben
wird. Die EU bleibt bei ihrer klaren Präferenz für ein weltweites, multilaterales Abkommen als Ziel – solange jedoch die Verhandlungen in Genf hier
keine Perspektive eines Abschlusses in absehbarer Zukunft zeigen, ist es
notwendig auch bilateral voranzugehen.
Kritiker behaupten, dass dies das Ende der WTO bedeute. Das Gegenteil
ist das Ziel: TTIP könnte der WTO und multilateralen Verhandlungen neue
Impulse verleihen – Voraussetzung ist allerdings, dass wir in unseren bilateralen Verhandlungen entsprechende Ambition zeigen und substantielle
Handelserleichterungen schaffen. Auch Drittstaaten haben von einem transatlantischen Abkommen nichts zu befürchten; sie könnten sogar durch
sogenannte Spill-Over-Effekte, etwa durch größere transatlantische Konvergenz im Regulierungsbereich, direkt davon profitieren.
…dem Risiko von ‚Genfood‘ und Hormonfleisch auf unseren Tellern?
Bei den Verhandlungen wird es nicht darum gehen, die Gesundheit der
Verbraucher zu gefährden. Im Gegenteil: die strengen Vorschriften der EU
werden nicht aufgeweicht werden – weder diejenigen über das Verbot von
Hormonfleisch, noch die zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der
Menschen, der Gesundheit und des Wohlergehens von Tieren oder der Umwelt und der Verbraucherinteressen.
…dem Schutz geistigen Eigentums?
Sowohl die EU als auch die USA verfügen bereits über effiziente Vorschriften zum Schutz des Rechts geistigen Eigentums, wenn auch der Weg
zum Ziel gelegentlich unterschiedlich ist. Eine umfassende Harmonisierung
der Gesetze der EU und der USA über das Recht des geistigen Eigentums
beabsichtigen wir nicht; es geht nur um punktuelle Rechtsangleichungen,
etwa im Patentschutz. Die EU strebt in den Verhandlungen zum Beispiel
einen verbesserten Schutz von Herkunftsbezeichnungen an. Ein ACTA (anti-counterfeiting trade agreement) “durch die Hintertür“ wird es also mit
TTIP nicht geben.
…Transparenz während der Verhandlungen?
Der Europäischen Kommission – die im Namen der EU den Auftrag hat, TTIP
zu verhandeln – ist in einem intensiven Austausch mit allen relevanten Akteuren, da nur so sichergestellt werden kann, dass am Ende alle
von einem Abkommen profitieren. Die Mitgliedstaaten und das Europäische
Parlament stehen in engem Austausch mit der Europäischen Kommission
zum Stand der Verhandlungen und zur Positionierung der EU in den Verhandlungen. Am Ende haben sie auch das letzte Wort über das Abkommen.
Darüber hinaus wenden sich Interessenvertreter aus der Zivilgesellschaft
und der Wirtschaft vor, während und nach den Verhandlungsrunden mit
ihren Meinungen und Beiträgen an die Kommission. Diese Beiträge wurden
bei der Ausarbeitung von Verhandlungspositionen berücksichtigt und fließen
auch in die Vorbereitung kommender Runden mit ein.
…der Garantie der Daseinsvorsorge?
Die Daseinsvorsorge, also die Garantie für bestimmte grundlegende
Dienstleistungen auf lokaler Ebene, wird durch TTIP nicht angetastet
werden. Europäische Unternehmen sind im Dienstleistungssektor besonders wettbewerbsfähig. Ein verbesserter Zugang zum US-Markt würde für
sie riesige Chancen mit sich bringen. Hier wollen wir mit dem Abkommen
versuchen, für Europäische Unternehmen, die in den Bereichen Energie,
Transport oder Wasserwirtschaft tätig sind, neue Möglichkeiten zu schaffen,
auf dem US –Markt tätig zu werden. Dies bedeutet nicht, dass umgekehrt
öffentliche Dienstleistungen in Deutschland und Europa durch TTIP zwangsweise liberalisiert und privatisiert werden. Denn der besondere Status von
öffentlichen Dienstleistungen in der EU ist fest im EU Vertrag verankert.
Diese vertraglichen Vorgaben binden die EU auch auf internationaler Ebene.
Weitere Informationen auf Deutsch:
Fragen und Antworten zu TTIP
Pressemitteilung (12. Juli 2013): EU und USA: Abschluss der ersten Runde
der TTIP-Verhandlungen in Washington
Zahlen und Fakten: Deutschlands Handelsbeziehungen mit
den USA
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Deutschland ist bereits jetzt der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Vereinigten Staaten innerhalb der EU. Im Jahr 2012 kamen 29,5
% der EU-Exporte in die USA aus Deutschland, dies entspricht Waren im Wert
von 86,8 Milliarden Euro. Im Jahr 2012 waren die USA der größte Absatzmarkt für deutsche Waren außerhalb der EU (7,9%).
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Im Jahr 2012 erreichte Deutschland den bisher höchsten Ausfuhrüberschuss (36,2 Milliarden Euro) beim Warenverkehr mit den Vereinigten
Staaten. Nur mit Frankreich (39,8 Milliarden Euro) weist Deutschland einen
höheren Ausfuhrüberschuss nach.
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Gegenüber dem Jahr 2011 stiegen die deutschen Ausfuhren in die
Vereinigten Staaten um 17,7 % und die Einfuhren aus den Vereinigten Staaten um 4,3 % an. Sowohl der Anstieg bei den Ausfuhren als auch bei den
Einfuhren war im Vergleich zur Entwicklung der gesamten Aus- und Einfuhren
Deutschlands überdurchschnittlich (gesamte Ausfuhr: + 3,4 %, Einfuhr: + 0,7
%).
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Wichtigste deutsche Exportgüter beim Handel mit den Vereinigten
Staaten im Jahr 2012 waren Kraftwagen und Kraftwagenteile mit einem Anteil von 28,5 % an den gesamten deutschen Exporten in die Vereinigten Staaten. Auf Rang zwei der wichtigsten Exportgüter lagen Maschinen mit einem
Anteil von 17,2 % und auf Platz drei pharmazeutische Erzeugnisse (9,4 %).
Investitionen
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Ende 2011 waren deutsche Investoren unter den fünf bedeutendsten Quellen von ausländischen Direktinvestitionen der USA, mit einem
Gesamtvolumen von rund 164 Milliarden Euro. Investoren aus den USA investierten im Jahr 2011 rund 81 Milliarden Euro in Deutschland.
TTIP website: ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/
Q&A: ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/questions-and-answers/index_de.htm
regulatory brochure: trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/september/tradoc_151788.pdf