Umweltradioaktivität im Fortgeschrittenenpraktikum Der Versuch Umweltradioaktivität lehrt, wie Radionuklide in der Umwelt mit einem hochreinen Germaniumdetektor identifiziert und ihre Aktivitäten bestimmt werden können. Darüberhinaus vermittelt er, wie das Risiko eingeschätzt werden kann, gesundheitlichen Schaden durch ionisierende Strahlung davonzutragen. Das Ziel des Versuchs ist die strahlenschutzrechtliche Bewertung eines kontaminierten Tees aus dem Jahr 1986. Dafür muss das Meßsystem hinsichtlich der Energie und Nachweiswahrschienlichkeit kalibriert werden. Die Energiekalibrierung erlaubt die Identifikation von Radionukliden. Aktivitäten können erst bestimmt werden, wenn die Nachweiswahrscheinlichkeiten für die untersuchten Radionuklide bekannt sind. Außerdem muss ein Hintergrundspektrum aufgenommen werden, um eventuelle Beiträge aus dem Hintergrund zu erfassen, die während der Probenmessung ebenfalls registriert werden. Im Hintergrundspektrum lassen sich zudem Radionuklide identifizieren, die natürlicherweise in der Umgebung vorkommenden. Zusammenfassung Aufgabenstellung: 1. Identifikation von natürlichen Radionukliden in Spektren, 2. Spezifische Aktivität des dosisrelevanten Radionuklids im Tee bestimmen (einschließlich Erkennungs- und Nachweisgrenzen für die Nettozählraten), daraus 50-Jahre-Folgedosis berechnen und bewerten im Sinne des Strahlenschutzes, 3. Kalibrierung eines Dosisleistungsmessgeräts anhand von Punktquellen mit anschließender Bestimmung der Ortsdosisleistung des natürlichen Hintergrundes im Versuchsraum und Vergleich mit einem aktivierten Bauteil des S-DALINAC. Signalanalyse Die Signale hinter dem Vorverstärker und hinter dem Spektroskopieverstärker sollen mit einem Oszilloskop überprüft werden. Wie sehen die Signale aus, wie müssen sie warum geformt werden? Energiekalibrierung Mit Hilfe von Kalibrierstrahlern soll der Detektor hinsichtlich der Energie kalibriert werden. Zunächst wird vorläufig mit Am-241, Cs-137, Co-60 kalibriert, da deren Linien eindeutig zu identifizieren sind. (Evtl. Bi-207, 10 µCi, 1.2.1983, 1 Ci=3.7⋅1010 s−1 anstelle von Co-60). Vervollständigt wird die Kalibrierung mit Ba-133. Nachweiswahrscheinlichkeit Als nächstes erfolgt die Kalibrierung hinsichtlich der Nachweiswahrscheinlichkeit. Dazu wird die Nachweiswahrscheinlichkeit für alle verwendbaren Linien der Kalibrierstrahler ermittelt. Für Energien zwischen den Linien der Kalibrierstrahler kann die Nachweiswahrscheinlichkeit mit der JäckelWestmeierfunktion interpoliert werden. Die Nachweiswahrscheinlichkeit für eine bestimmte Energie berechnet sich nach der unten angegebenen Formel. Im Falle der Teeprobe wird eine Nuklidspezifische Kalibrierung durchgeführt. r n=ϵ⋅p⋅ARef → ϵ= ϵ=ϵ geo⋅ϵint = rn p⋅Aref FD ⋅ϵ 4 π R² int Illustration1: Bedeutung der Nachweiswahrscheinlichkeit. Von den in einer Zeiteinheit emittierten Photonen wird nun ein kleiner Teil tatsächlich registriert. Hintergrundmessung Damit ein Probenspektrum um die Beiträge der natürlichen Radionuklide oder anderer Kontaminanten aus der Umgebung korrigiert werden kann, muss ein Hintergrundspektrum aufgenommen werden. Welche Radionuklide lassen sich identifizieren? Teemessung Am Beispiel eines Tees aus der Türkei soll das Zusammenspiel zwichen Messung und Risikobewertung im Sinne des Strahlenschutes demonstiert werden. Der Tee stammt aus dem Jahr 1986 und ist durch den Reaktorunfall von Tschernobyl kontaminiert. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit der Mensch gefährdet wäre, wenn er diesen Tee konsumieren würde. Das Risiko an Krebs zu erkranken, weil der Körper ionisierender Strahlung ausgesetzt gewesen ist, läßt sich einschätzen, wenn die Effektive Dosis bekannt ist. Diese kann über Dosiskoeffizienten berechnet werden, wenn die inkorporierte Aktivität gegeben ist. 1. Mit welchem Radionuklid ist der Tee kontaminiert? 2. Wie groß sind die Aktivität und die spezifische Aktivität des Tees? Bestimmen Sie Erkennungsund Nachweisgrenze für die Nettozählrate. 3. Angenommen es würden 2 g Tee aufgebrüht und das gesamte Radionuklid ginge in Lösung, wie groß ist dann die Aktivität, die beim Genuß einer solchen Tasse Tee inkorporiert wird? 4. Wie groß ist die 50-Jahre-Folgedosis? 5. Wieviel ist das im Verhältnis zur jährlichen zusätzlichen Dosis von 1 mSv, die ein Bundesbürger pro Jahr erhalten darf? 6. Was wäre im Sinne des Strahlenschutzes zu empfehlen? 7. Darf der Tee den Strahlenschutzbereich des IKP verlassen, darf er also freigegeben werden? Der Tee befindet sich in einem Becherglasförmigen Gefäß und stellt damit einen volumenhafte Probe dar. Die räumliche Verteilung des Tees sowie seine Selbstabsorption können durch die sogenannte Folienmethode bei der Kalibrierung berücksichtigt werden, ohne einen Volumenkalibrierstandard herstellen zu mǘssen. ϵ u−ϵo ϵ= ln ϵ u−ln ϵo rn ϵ Nuk⋅pNuk rn a Nuk = mTee⋅ϵ Nuk⋅p Nuk A Nuk = mTee=(90.0±0.3) g mTee,inkorp=2 g k Cs-137 =1.3⋅10−8 Sv/Bq für > 17 a www.bfs.de/de/bfs/recht/dosis.html a Freigabe=0.5 Bq/g StrlSchV a max, Nahrung=12500 Bq/kg Verordnung (Euratom) Nr. 944/89 Illustration 2: Kalibrierung hinsichtlich der Nachweiswahrscheinlichkeit im Rahmen der Folienmethode. Zuerst wird die Kalibrierquelle an der Stelle gemessen, an der sich das untere Ende der Probe befindet (1). Dann folgt die eigentliche Probe (2) und anschließend der Kalibrierstandard auf der Probe liegend (3). Messung einer weiteren Umweltprobe Ergänzend können ein uranhaltiges Mineral oder mit Uranfarbe bemaltes Steingut untersucht werden. Die Analyse beschränkt sich darauf, Radionuklide zu identifizieren. Kalibrierung eines Dosisleistungsmessgeräts anhand von Punktquellen Ein Dosisleistungsmessgerät soll mit verschiedenen Punktquellen (Am-241, Cs-137 und Co-60) hinsichtlich der Dosisleistung kalibriert werden. Dazu werden die Quellen in einem Abstand von r = 5 cm, 10 cm und 15 cm vor dem eigentlichen Detektor plaziert und die Bruttozählrate über jeweils 5 min ermittelt. Zusätzlich muss der natürliche Strahlungshintergrund gemessen werden. Berechnen Sie die Ortsdosisleistung Ḋ für die entsprechenden Abstände und mit der Aktivität A der Quellen anhand der Gleichung A Ḋ= Γ⋅ 2 . r Dabei bedeutet Γ die Dosisleistungskonstante für das jeweilige Nuklid bezüglich Gamma-Strahlung. Tragen Sie berechneten Dosisleistungen gegenüber den gemessenen Raten für jedes Nuklid in ein Diagramm auf. Mitteln Sie für jede Rate die Dosisleistungen und bestimmen Sie eine Kalibrierkurve. Diese verwenden Sie anschließend dazu, um die Dosisleistung eines Bauteils vom S-DALINAC zu bestimmen. Bestimmung der Ortsdosisleistung des natürlichen Hintergrundes im Versuchsraum und Vergleich mit einem aktivierten Bauteil des SDALINAC. Mit Ihrem kalibrierten Dosisleistungsmessgerät vermessen Sie die Dosisleistung eines Bauteils vom SDALINAC. Dokumentieren Sie Ihre Messung nach dem GUM (Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement). Fällen Sie eine Entscheidung, ob dieses Bauteil nach der Strahlenschutzverordnung freigegeben werden dürfte.
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