BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. Reinhardtstraße 32 10117 Berlin Stellungnahme zum Gesamtergebnis der Studie "Entschädigung von Grundstückseigentümern und nutzern beim Stromnetzausbau - eine Bestandsaufnahme" vom 31.10.2016 Berlin, 16. November 2016 Der BDEW bedankt sich für die Möglichkeit, zum Gesamtergebnis der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) am 31. Oktober 2016 veröffentlichten Studie "Entschädigung von Grundstückseigentümern und -nutzern beim Stromnetzausbau - eine Bestandsaufnahme" Stellung nehmen zu können. Angemessene Entschädigungspraxis vorhanden Die umfassende Studie beschreibt in zutreffender Weise die aktuelle Entschädigungspraxis im Leitungsbau der öffentlichen Energie- und Wasserwirtschaft und belegt, dass nach derzeitiger Rechtslage ein differenziertes und sachgerechtes System besteht, um die Belastungen der vom Leitungsbau betroffenen Grundstückseigentümer auszugleichen. Auch im europäischen Vergleich scheint sich die deutsche Entschädigungspraxis nicht wesentlich von den in der Europäischen Union und der Schweiz üblichen Entschädigungszahlungen zu unterscheiden. Inhaltlich sei lediglich darauf hingewiesen, dass der sog. „Beschleunigungszuschlag“ nicht nur - wie unzutreffender Weise in der Studie dargestellt - bei besonderer netztechnischer Dringlichkeit des Leitungsbauvorhabens gewährt wird. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) vertritt die Auffassung, dass ein Beschleunigungszuschlag in Höhe von bis zu 50 Cent pro Schutzstreifenfläche nicht in Frage gestellt wird solange die Ermittlung der Verkehrswerte gemarkungsscharf erfolgt und nicht auf Pauschalen beruht. Nach unserer Kenntnis ist ein Beschleunigungszuschlag bereits in einer Mehrzahl von aktuellen Leitungsbauprojekten der Übertragungsnetzbetreiber mit den betroffenen Grundstückseigentümern vereinbart worden und kann daher zumindest bei Höchstspannungstrassen als nahezu marktüblich angesehen werden. Der BDEW sieht sich vom Gesamtergebnis der Studie in seiner Auffassung bestärkt, dass den betroffenen Grundstückseigentümern auf Grundlage des derzeitigen Rechtsrahmens eine angemessene Entschädigung für die Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zusteht, die anhand des Bodenwertes, der Größe der beeinträchtigten Fläche und des Ausmaßes der Beeinträchtigung zu bestimmen ist. Hintergrund für diese Entschädigungspraxis ist, dass für die Leitungsinfrastruktur, die der öffentlichen Versorgung dient, die allgemeinen Grundsätze des Enteignungs- und Entschädigungsrechts anzuwenden sind, wenn ein freihändiger Erwerb mit den Grundstückseigentümern, etwa wegen überhöhter Entgeltforderungen, nicht zustande kommt (§ 45 EnWG). Grundsätzlich ist die Enteignungsentschädigung – wie in der Studie nachvollziehbar ausgeführt – kein Schadensersatz, sondern ein angemessener, der erlittenen Einbuße entsprechender, Wertausgleich. Prinzip der Einmalzahlung verfassungsrechtlich abgesichert Die Studie belegt, dass jährlich wiederkehrende Nutzungsentschädigungen – wie von den Bauern-, Waldbesitzern- und Grundstückseigentümerverbänden gefordert – den anerkannten Grundsätzen des Entschädigungsrechts widersprechen. Das Prinzip der Einmalzahlung für die erlittene Werteinbuße gilt sowohl für den Flächenerwerb für öffentliche Straßen- oder Bahninfrastruktur wie auch für die Inanspruchnahme von Grundstücken für die öffentliche Energie- und Wasserversorgung. Eine Abkehr von den verfassungsrechtlich gebotenen Entschädigungsgrundsätzen würde zu einer spürbaren Mehrbelastung für die deutsche VolkwirtSeite 2 von 3 schaft führen. Gerade die mit der Energiewende verbundenen zusätzlichen Lasten werden von der Öffentlichkeit zunehmend kritisch bewertet und würden die erwünschte gesellschaftliche Akzeptanz in das Negative verkehren. Nach Auffassung des BDEW besteht insoweit kein erkennbarer Anlass, die geltende Rechtslage grundlegend zu ändern. Gestaltungsspielräume verantwortungsvoll nutzen Die Netzbetreiber sind uneingeschränkt bereit, die Wertminderung des vom Leitungsbau in Anspruch genommenen Grundstückes auszugleichen und sämtliche Bewirtschaftungsnachteile und Ertragsminderungen finanziell vollständig zu ersetzen. Weiterhin besteht die Bereitschaft, eine zeitnahe Einwilligung des Grundstückseigentümers in Form sogenannter „Beschleunigungspauschalen“ zu honorieren. Ebenso haben die Netzbetreiber Verständnis dafür, dass die agrarstrukturellen Belange bei der Trassenplanung zu berücksichtigen sind und der Bodenschutz durch eine sorgfältige und schonende Bauausführung zu gewährleisten ist. Auf Basis der bestehenden rechtlichen Regelungen können aus Sicht des BDEW gleichwohl Themenbereiche identifiziert werden, bei denen eine nach Möglichkeit bundesweite Verständigung im Sinne der Beteiligten sinnvoll und zielführend sein kann und bei denen die gegebenen rechtlichen Vorgaben Gestaltungsspielräume zulassen. Hierzu zählen insbesondere: • Vereinbarung einer Mindestentschädigung bei Bagatellfällen • Leitlinien zur Pauschalierung bzw. Staffelung von regionalen Verkehrswerten zur Vereinfachung der Vertragsabwicklung • Persönliche Aufwandpauschale für Grundstückseigentümer und Bewirtschafter (für Notartermin, ggf. Aufwand für Flurschadensregulierung u.ä.) • „Sprintprämie“ bzw. „Beschleunigungspauschale“ für besonders schnelle Vertragsabschlüsse, die die Projektplanung vereinfacht bzw. verkürzt • Gleichbehandlungs- und Meistbegünstigungsklauseln zur Erhöhung der Akzeptanz des Vertragsangebotes • Bauland- bzw. Bodenschutzklauseln, die bei einer Qualitäts- bzw. Nutzungsänderung des Grundstückes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (ca. 10 Jahre) eine Nachentschädigung ermöglichen • Leitlinien zum Schadensersatz für Flur- und Aufwuchsschäden, die im Zusammenhang mit der Errichtung der Anlagen entstanden sind Der BDEW setzt sich nach wie vor für eine einvernehmliche Lösung mit den Grundstückseigentümern ein, um für den notwendigen Netzausbau eine möglichst breite Akzeptanz zu erreichen und damit den Zielen der Energiewende gerecht zu werden. Seite 3 von 3
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