Landratsamt Emmendingen Amt für Wasserwirtschaft und Bodenschutz Bahnhofstr. 2-4, 79312 Emmendingen Merkblatt M110 – Antrag Duldungsverpflichtung für Leitungen Erläuterungen Allgemeines Wenn zur Wasserversorgung oder zur Abwasserbeseitigung die Benutzung eines fremden Grundstücks erforderlich ist, kann in bestimmten Fällen eine Duldungsverpflichtung für das Durchleiten von Wasser und Abwasser eine Lösungsmöglichkeit darstellen. Nach § 93 Wasserhaushaltsgesetz - WHG kann die zuständige Behörde Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies u. a. zur Wasserversorgung oder zur Abwasserbeseitigung erforderlich ist. Anlagen zum Durchleiten umfassen nicht nur die entsprechenden Leitungen, sondern auch die erforderlichen technischen Vorrichtungen hierzu wie z. B. Kontrollschächte, Messeinrichtungen usw. Diese Anordnungsbefugnis gilt nicht nur für Vorhaben der öffentlichen Ver- oder Entsorgung, sondern auch für private Vorhaben, wenn also z. B. für die Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung eines Privatgrundstücks die Benutzung von fremden Grundstücken erforderlich ist. Die Verpflichtungsmöglichkeit gilt nach § 93 Satz 2 WHG aber nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist. „Anders nicht ebenso zweckmäßig durchführbar“ bedeutet, dass für das Vorhaben keine eigenen Grundstücke des Antragstellers zur Verfügung stehen, auf denen eine Leitungsführung zweckmäßig ausführbar ist, d.h. technisch ordnungsgemäß (den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend) und unter Wahrung weiterer beachtlicher Belange wie z.B. möglichst geradlinige und kurze Trasse, wirtschaftlicher Unterhaltungsaufwand, Naturschutz. Außerdem muss eine solche Alternativlösung mit vertretbarem wirtschaftlichem Aufwand möglich sein, d. h. keine wesentlich höheren Kosten verursachen. Weitere Voraussetzung für eine Duldungsverpflichtung ist, dass zuvor ernsthafte Vertragsverhandlungen über ein Leitungsrecht, bei Privatleitungen über das Leitungsnotwegerecht nach § 7f Nachbarrechtsgesetz - NRG sowie dessen dingliche Sicherung (§§ 1018 ff Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) zu angemessenen Bedingungen gescheitert sind. Dies ist vom Antragsteller nachzuweisen. Etwa erforderliche Genehmigungen zur Anlage müssen ebenfalls vorliegen (z. B. für Gewässerkreuzungen). Seite 1 von 3 Stand: 15.11.2016 Seitens eines in Anspruch genommenen Grundeigentümers kann nicht verlangt werden, dass die Leitungstrasse verlegt oder auf anderen fremden Grundstücken geführt werden soll, ausgenommen bei gleichwertiger Eignung für die Leitungsführung ergeben sich bei der Alternativleitung keine oder wesentlich geringere Belastungen des Privateigentums (Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs). Dagegen reicht es für das Verlangen nach einer Alternativtrasse nicht aus, wenn diese selbst bei gleicher Zweckmäßigkeit und ohne höhere Kosten gleichartige bzw. wesentlich gleich intensive Eingriffe in andere fremde Grundstücke verursacht. Entschädigung Als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG sind Duldungsverpflichtungen nach § 93 WHG grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Wird allerdings das Eigentum unzumutbar beschränkt (z. B. durch Nutzungsausfall), ist nach § 95 WHG eine Entschädigung zu leisten, über die dann gleichzeitig mit der Duldungsverpflichtung entschieden wird (§ 98 WHG). Näheres hierzu ist in den §§ 96 ff WHG sowie ergänzend in den §§ 72 und 98 Wassergesetz - WG geregelt. Die Festsetzung einer Entschädigung kommt nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten zuvor nicht gütlich einigen konnten (§ 98 Abs. 2 WG). Entschädigungen nach § 95 WHG sind einfachgesetzliche Entschädigungen und keine Enteignungsentschädigungen, d.h. in gerichtlichen Streitfällen entscheiden nicht die Zivilgerichte sondern die Verwaltungsgerichte über die Entschädigung. Zuständige Behörde Für Duldungsverpflichtungen nach § 93 WHG (Durchleiten von Wasser und Abwasser) einschließlich etwaiger Entschädigungen und vorzeitigen Besitzeinweisungen (§ 73 WG) ist die Gemeinde zuständig (§ 82 Abs. 6 WG i. V. m. § 98 Abs. 1 WG). Es handelt sich hierbei um eine Pflichtaufgabe der Gemeinde nach Weisung der Wasserbehörden (§ 82 Abs. 6 WG). Anträge auf Duldungsverpflichtungen nach § 93 WHG sind daher bei der jeweils betroffenen Gemeinde einzureichen und mit ihr abzustimmen. Rechtsgrundlagen §§ 71, 72, 73, 82, 98 Wassergesetz für Baden-Württemberg (WG) §§ 93, 95, 96, 97, 98 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) § 7f Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg (NRG) Antragsunterlagen 1. Schriftlicher Antrag auf Duldungsverpflichtung zur Duldung der Leitung unter Angabe der betroffenen Grundstücke (Flst.Nr.), grundbuchmäßiger Eigentümer mit Adresse, etwaige Pächter 2. Begründung mit Darlegung mangelnder Alternativen Seite 2 von 3 Stand: 15.11.2016 3. Nachweis der gescheiterten Vertragsverhandlungen über ein Leitungsrecht (angebotene Vertragsbedingungen einschließlich Sicherung des Leitungsrechtes (z.B. Grunddienstbarkeit) und Entschädigungshöhe, bekannte Einwände der betroffenen Grundstückseigentümer oder Nutzungsberechtigten) 4. Beschreibung der Maßnahme (technische Ausführung) und Bauzeichnungen wichtiger technischer Einrichtungen und Details (z.B. Schächte, Gewässerkreuzungen, Einleitungsstellen) 5. Lageplan mit betroffenen Grundstücken einschließlich Flst.Nrn., Leitungstrasse, technischen Einrichtungen und Details sowie Längsschnitt der Anlage und - soweit betroffen - Gewässerläufe Ansprechpartner Bei rechtlichen Fragen Frau Fromm Tel. 07641 - 451 5120 per E-Mail [email protected] Seite 3 von 3 Stand: 15.11.2016
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