Carina Gödecke

Grußwort
Abschlussveranstaltung „Woche des Respekts“
Freitag, 18. November 2016, 12 Uhr
Landtag NRW, Plenarsaal
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin!
Sehr geehrter Herr Vizepräsident Keymis,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Damen und Herren!
I.
Respekt. Das sind sechs Buchstaben, zwei Silben, ein Wort.
Aber, Respekt, das ist so viel mehr.
Respekt bringt nämlich auf den Punkt, worauf es in unserer
Gesellschaft, in unserem Miteinander, in unserem Land
ankommt. Es kommt darauf an,
- dass wir alle uns auf Augenhöhe und in Anerkennung
begegnen,
- dass
wir
uns
gegenseitig
mit
unseren
Stärken
und
Schwächen, mit unseren persönlichen Vorstellungen vom
Leben akzeptieren und tolerieren,
- und dass wir uns gegenseitig, so wie wir sind, achten und ernst
nehmen.
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II.
Ohne Respekt wäre unser Zusammenleben so, wie wir alle es
kennen, lieben und erleben wollen, nicht denkbar.
Ohne Respekt wären unser Land und unsere Gesellschaft
anders. Sie wären härter und kälter.
Gerade deshalb sollten Respekt, der respektvolle und der
respektierende Umgang miteinander, selbstverständlich sein.
Doch weit gefehlt!
Respekt ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Selbst in
den alltäglichen Lebenssituationen fehlt es vielerorts an dem,
was man ein selbstverständliches und respektvolles Verhalten
nennt.
Ganz zu schweigen von völlig anderen, unfassbaren Situationen
und Erfahrungen, die viele Menschen in unserem Land Tag für
Tag machen müssen. Wir alle kennen diese Situationen:
 weit verbreitetes Mobbing an unseren Schulen, in Vereinen,
in der Nachbarschaft und an den Arbeitsplätzen.
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 Pöbeleien
und
tätliche
Angriffe
gegenüber
Polizei,
Feuerwehr und Rettungskräften im Einsatz.
 Oder Hass, Hetze und die Härte, die uns in den Sozialen
Netzwerken – früher meist im Dunkeln der Anonymität,
heute zunehmend auch mit Klarnamen – begegnen.
Wenn wir über Respektlosigkeit in alle ihren Ausprägungen
reden,
die
zur
Gefahr
für
unseren
gesellschaftlichen
Zusammenhalt werden kann, wissen zumindest Polizistinnen
und Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungskräfte, Lehrerinnen und
Lehrer, ehrenamtlich Tätige und Engagierte, Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter von Behörden, Ämtern und Institutionen,
Angehörige nichtchristlicher Religionen, Zugewanderte und
Flüchtlinge, viele andere und auch wir Politikerinnen und Politiker
ziemlich genau, was gemeint ist.
III.
Die genannten Beispiele sind eigentlich nur wenige Beispiele
und zudem auch nur die Spitze eines Eisbergs, die deutlich
machen: ein respektloser Umgang miteinander verletzt, seelisch
und körperlich. Ohne Ausnahme ist er schmerzhaft, oft
beleidigend und brutal. Und manchmal endet er sogar tödlich.
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Respektlosigkeit richtet sich damit immer – in all ihren
Erscheinungsformen – gegen das, was unser Zusammenleben
in Frieden und Freiheit, in Toleranz und Vielfalt ausmacht.
Umso mehr gilt es sich dafür stark zu machen, dass Respekt
weiterhin in allen Lebenssituationen groß geschrieben wird, und
dass ein respektvoller Umgang weiterhin das Miteinander der
Menschen in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus bestimmt.
Die Woche des Respekts, die heute mit dieser Veranstaltung im
Landtag Nordrhein Westfalen zu Ende geht, ist deshalb ein
starkes Signal.
Ein starkes Signal, das weit über den Tag hinaus wirken soll, und
hoffentlich auch wirken wird. Die große Zahl an Menschen,
Vereinen, Organisationen, Schulen, Kirchen, und, und, und, die
sich an der Woche des Respekt beteiligt haben, machen mich da
zuversichtlich.
Auch viele von Ihnen, liebe Gäste, haben sich an diesen
Aktionen mit eigenen Ideen und mit viel Engagement beteiligt.
Sie haben damit im Großen wie im Kleinen ein Zeichen für mehr
Respekt gesetzt.
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Sie haben Haltung gezeigt und sich klar und deutlich für eine
friedliche, eine tolerante und damit ein respektvolle Gesellschaft
ausgesprochen, für die wir alle in Nordrhein-Westfalen stehen,
und für die wir uns auch in Zukunft stark machen müssen.
Dafür gilt Ihnen mein herzlicher Dank, den ich Ihnen
stellvertretend für die Abgeordneten des Landtags NordrheinWestfalen überbringe.
IV.
Liebe Gäste!
Die Woche des Respekts ist ein Projekt der nordrheinwestfälischen Landesregierung. Aber wir alle waren aufgerufen,
uns daran zu beteiligen. Selbstverständlich war auch der
Landtag Nordrhein-Westfalen, die parlamentarische Vertretung
der fast 18 Millionen Bürgerinnen und Bürger, dabei.
Am Dienstag hatten zum Beispiel Schülerinnen und Schüler aus
Duisburg und aus Köln die Gelegenheit, hier im Haus des
Landtags zusammen mit Abgeordneten an einem DemokratieTraining teilzunehmen.
Die Jugendlichen haben dabei ganz praktisch erfahren, was es
heißt, sich mit unterschiedlichen Meinungen und Positionen
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auseinanderzusetzen, für eigene, abweichende Positionen
argumentativ einzutreten, andere Haltungen und Einstellungen
in einer Konfliktsituation zu respektieren und zu akzeptieren, um
am Ende im gemeinsamen Austausch demokratisch akzeptierte
Entscheidungen zu treffen.
Für
diesen
eindrucksvollen
Landtagskolleginnen
und
Tag,
an
–kollegen
dem
auch
gemeinsam
einige
mit
mir
teilgenommen haben, danke ich herzlich der Landeszentrale für
politische Bildung.
Heute nun findet die Abschlussveranstaltung der landesweiten
Aktionswoche hier bei uns im Plenarsaal des Landtags statt.
Könnte es einen besseren Ort dafür geben? Wohl kaum!.
Denn der Plenarsaal ist ja der Ort, an dem die Abgeordneten in
Rede
und
Gegenrede
debattieren,
mit
Argument
und
Gegenargument die rhetorische Klinge kreuzen, Wort und
Widerwort austauschen, und damit nicht nur zu Entscheidungen
kommen, sondern zugleich ihr politisches Handeln vor den
Augen der Öffentlichkeit begründen.
Ja, manchmal führt die politische Auseinandersetzung zu
heftigen Debatten und harten Wortgefechten. Doch all dies hat
im Respekt voreinander und stets sachlich zu geschehen, und
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mögen die politischen Ansichten auch noch so unterschiedlich
sein.
Bis auf wenige Ausnahmen gelingt uns das fast immer. Und das
ist auch notwendig, denn die Art und Weise wie wir hier im
Plenarsaal miteinander umgehen, sagt – ob uns das bewusst ist
oder auch nicht – immer auch viel über den Zustand unserer
Demokratie und unserer Gesellschaft aus.
Denn welchen Stellenwert der Respekt in unserer Gesellschaft
hat, zeigt sich nicht zuletzt daran, wie respektvoll wir im
politischen Austausch von unterschiedlichen Meinungen und
Positionen über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg sind.
V.
Gerade deshalb hat Viele von uns die Art und Weise, wie der
amerikanische Präsidentschaftswahlkampf geführt wurde, so
schockiert.
Wir als Beobachterinnen und Beobachter mussten einen USWahlkampf erleben, der mit nie dagewesener Härte geführt
wurde, der persönlich verletzend war, und der weit außerhalb
dessen lag, was wir unter einem fairen und respektvollen
Miteinander verstehen.
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Ich persönlich habe oft fassungslos die Berichte aus den USA
verfolgt, und ich sage offen und ehrlich:
Ich habe es bis zuletzt nicht für möglich gehalten, dass ein
Kandidat, der gegen Minderheiten hetzt, der sich über
Schwächere lustig macht und ganze gesellschaftliche Gruppen
beleidigt, tatsächlich mit breiter Mehrheit zum Präsidenten der
Vereinigten Staaten gewählt wird.
Aber, das amerikanische Volk hat entschieden, und wir müssen
auch das respektieren. Und wir werden das respektieren.
Aber, wir sollten nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen.
Auch wir in Deutschland, in NRW stehen vor wichtige Wahlen,
und sollten aus der Respektlosigkeit, die wir gesehen und erlebt
haben, die notwendigen und richtigen Schlussfolgerungen
ziehen. Auch wenn die politischen Kulturen in Europa und
Amerika immer unterschiedlich ausgeprägt waren, sollten die
Entwicklungen in den USA eine Mahnung an uns alle sein.
VI.
Mit Sicherheit spreche ich für alle im Landtag vertretenen
Parteien, wenn ich betone: Ich wünsche mir einen Wahlkampf,
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der gerne - hart in der Sache, aber von Respekt getragen geführt wird.
Ich wünsche mir einen Wahlkampf, der politische Positionen und
damit politische Unterschiede und Angebote an die Wählerinnen
und Wähler klar und deutlich macht, der aber stets sachlich
bleibt, und der niemals persönlich verletzend, hetzerisch oder
diskriminierend ist.
Zugleich wünsche ich mir aber auch, dass den Kandidatinnen
und
Kandidaten
im
Wahlkampf
auf
den
Straßen,
auf
Veranstaltungen, und vor allem in den Sozialen Netzwerken mit
Respekt für ihr politisches Engagement begegnet wird.
Respekt ist nämlich auch keine Einbahnstraße, sondern die
Grundlage für eine lebendige, lebhafte und starke Demokratie.
VII.
In diesem Jahr, das allmählich auf seine Zielgerade einbiegt,
blicken wir voller Freude und Stolz auf 70 Jahre Land und
Landtag, auf 70 Jahre Demokratie in Nordrhein-Westfalen
zurück.
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In den Festveranstaltungen dieses Jahres stand eine Botschaft
stets im Vordergrund:
Wir in Nordrhein-Westfalen können sehr glücklich darüber sein,
seit nunmehr sieben Jahrzehnten in einem freien, friedlichen und
vielfältigen Land leben zu dürfen.
Doch ebenso wie der Respekt in unserer Gesellschaft, so sind
auch
Frieden,
Freiheit
und
Vielfalt
niemals
eine
Selbstverständlichkeit.
Sie sind immer abhängig davon, wie stark sich Menschen für sie
einsetzen, und wie sehr sie sich für die grundlegenden Werte
unserer Gemeinschaft, für den sozialen Zusammenhalt in
unserem Land tagtäglich neu engagieren.
Respekt ist Voraussetzung für dieses Engagement.
Und deshalb gilt es, das respektvolle Miteinander immer wieder
aufs Neue einzufordern, so wie es auch die vielen Aktionen der
vergangenen Tage beeindruckend gezeigt haben.
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VIII.
„Hut ab!“ – So lautet das Motto dieser Woche. Und deshalb sage
auch ich an alle Menschen, die das Zusammenleben in
Nordrhein-Westfalen im Beruf und in der Freizeit, dienstlich oder
ehrenamtlich mitgestalten: Hut ab für Ihr großes und vielseitiges,
ihr unverzichtbares Engagement!
Vielen Dank, dass Sie mit uns gemeinsam die Woche des
Respekts so großartig gestaltet haben. Hut ab! Und herzlich
Willkommen.
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