Drucksache 16/13493

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
Drucksache
16/13493
18.11.2016
Kleine Anfrage 5356
des Abgeordneten Daniel Schwerd FRAKTIONSLOS
Entschädigung von Opfern der Schwulenverfolgung im öffentlichen Dienst in NRW
„Nichts, dem die Gerechtigkeit mangelt, kann moralisch richtig sein“.
Cicero
Derzeit wird auf Bundesebene der Entwurf eines Gesetzes zur strafrechtlichen Rehabilitierung
der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten
Personen (StrRehaHomG) debattiert.
Der Gesetzentwurf sieht eine Entschädigung ausschließlich für Verurteilungen nach §§ 175,
175a StGB vor und wird damit den vielfältigen Formen der Verfolgung schwuler Männer in der
Bundesrepublik nur ansatzweise gerecht, wie zwei beispielhafte Fälle zeigen:
In Köln wurde in den 1950er Jahren einem Taxifahrer die Verlängerung seiner Personenbeförderungserlaubnis mit der Begründung versagt, sein Name tauche in der örtlichen Homosexuellenkartei („Rosa Liste“) auf. Er sei daher „charakterlich nicht geeignet“ Personen zu befördern.
In Solingen wurde 1955 ein städtischer Beamter nach einer Verurteilung wegen §175 StGB
entlassen. Er war anschließend arbeitslos und musste später Hilfsarbeiterarbeiten annehmen.
Eine Entschädigung für die mit der Zerstörung der beruflichen Existenz verbundenen materiellen Einbußen, die bei den Betroffenen durch entsprechend niedrigere Renten andauert, ist
im Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums überhaupt nicht vorgesehen.
Die Landesregierung in NRW wiederum hat bislang überhaupt keine Schritte unternommen,
um festzustellen, wie viele Männer in Nordrhein-Westfalen im Zuge der Schwulenverfolgung
in NRW aus dem öffentlichen Dienst entlassen wurden.
Auf die entsprechende Kleine Anfrage 4995 des Unterzeichnenden antworte die Landesregierung lapidar „Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Daten vor“.
Datum des Originals: 17.11.2016/Ausgegeben: 18.11.2016
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Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.
Hält die Landesregierung die erfolgte Entlassung von Angestellten und Beamten aus
dem öffentlichen Dienst in NRW aufgrund von Verurteilungen oder Ermittlungen nach
den §§ 175 und 175a StGB aus heutiger Sicht für gerechtfertigt? Begründen Sie Ihre
Meinung.
2.
Hält die Landesregierung es für erstrebenswert, die von Entlassungen Betroffenen für
die erlittenen materiellen Einbußen zu entschädigen? Begründen Sie Ihre Meinung.
3.
Plant die Landesregierung die Einrichtung eines Härtefonds zur Unterstützung derjenigen, die durch Entlassungen und anschließende Arbeitslosigkeit heute Renten unterhalb
des Grundsicherungsniveaus beziehen und damit allmonatlich mit den Folgen ihrer Verfolgung konfrontiert sind? Geben Sie ggf. Details an.
4.
Plant die Landesregierung finanzielle Mittel (z. B. in Form einer Zustiftung an die ARCUS-Stiftung) bereitzustellen, um damit zu einer „Kollektiventschädigung“ für die Schwulenverfolgung durch Behörden in NRW beizutragen? Geben Sie ggf. Details an.
5.
Welche konkreten Schritte plant die Landesregierung, um die Schwulenverfolgung im
Bereich des öffentlichen Dienstes in NRW und durch kommunale und Landesbehörden
aufzuarbeiten?
Daniel Schwerd
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