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N ove m b e r / 3
2016
YENZ
VKZ-Jugendseite / Telefon: 0 70 42-9 19 49 / E-Mail: [email protected]
Eva Scheuermann von der YENZ-Redaktion machte 2014/2015 ein FSJ in Israel. In
dieser Ausgabe berichten sie und ihre Freundin Judith Jäkel euch von ihren
Erlebnissen und Erfahrungen von dieser Zeit in Israel.
Viel Spaß wünscht EURE YENZ-REDAKTION
Drei verschiedene Meere an einem Tag? Von einem Ende des Landes zum anderen in
nicht einmal sechs Stunden Autofahrt? Das Land der Bibel, der Tora, des Korans und
das Weltzentrum der Bahai Religion? Ein Land das geographisch und geologisch auf
zwei verschiedenen Kontinenten liegt? Das ist Israel.
Mein Jahr als Volontärin in Israel begann damit, dass mein Flug gecancelt wurde. Im Sommer
2014 als es für mich losgehen sollte, war gerade Krieg im Gazastreifen und einige der
Fluggesellschaften hatten ihre Flüge nach Israel gestrichen. So auch der Flug von mir und
drei anderen Volontären.
Die christliche Organisation ZEDAKAH (hebräisch für „Wohltätigkeit“) mit der es für mich
nach Israel ging, suchte für uns einen neuen Flug. Und so saßen wir mit einem Tag
Verspätung, einem etwas mulmigen Gefühl aber auch riesiger Vorfreude im Flugzeug nach
Tel Aviv.
Das Werk ZEDAKAH besteht aus drei Einrichtungen: Einem Gästehaus im Schwarzwald und
in Israel einem Gästehaus in Shavei Zion und einem Pflegeheim in Maalot. Beide Einrichtungen
in Israel sind für Juden, die den Holocaust überlebt haben und in irgendeiner Form darunter
gelitten haben. Der Leitvers des Werkes „‘Tröstet, tröstet mein Volk‘ spricht euer Gott“ aus
Jesaja 40 in der Bibel, ist der Grund für die Arbeit, die dort getan wird. Allen, die Teil von
diesem Werk sind, ist es ein Anliegen den Juden ein Trost zu sein und ihnen etwas Gutes zu
tun.
Die Einrichtungen werden von deutschen Volontären geführt, die teils schon in zweiter oder
dritter Generation in Israel leben. Das Werk wird von freiwilligen Mitarbeitern und vielen
Spenden getragen.
Mein Arbeitsplatz war das Gästehaus in Shavei Zion. Der Ort liegt ganz im Norden Israels, nur
wenige Kilometer von der Grenze zum Libanon und direkt am Mittelmeer. So manchmal
verschwamm da der Alltag mit Urlaubsgefühlen, wenn wir unsere Mittagspause am Strand
verbrachten.
Unseren Arbeitsalltag kann man sich so vorstellen: Für jeweils 10 Tage kam eine Gästegruppe
mit ungefähr 40 Holocaust-Überlebenden zu uns ins Haus um kostenlos Urlaub zu machen.
Während unsere Gäste bei uns waren, haben wir ihre Zimmer geputzt, für sie gekocht und
sie unterhalten mit Singen, Filme zeigen, einem Ausflug oder dem Angebot an das Strandbad
gefahren zu werden. Für uns Freiwilligen war die Arbeit bei oftmals 40°C und einer
Luftfeuchtigkeit von rund 80% körperlich sehr anstrengend, aber auch daran gewöhnte man
sich.
Die Zeit mit unseren Gästen war immer etwas ganz Besonderes. Oft kamen die HolocaustGeschädigten sehr argwöhnisch und misstrauisch zu uns, weil sie sich für 10 Tage Deutschen
anvertrauen sollten. Da unsere Einrichtungen aber in Israel sehr bekannt sind und von vielen
weiterempfohlen werden, gibt es lange Wartelisten mit Menschen, die gerne zu uns kommen
möchten, vor allem wenn sie sich sonst einen solchen Urlaub nicht leisten könnten.
Nach den 10 Tagen, in denen die Gäste uns erlebt hatten, gab es einen Abschiedsabend: In
jeder Gruppe durfte ich erleben, wie Gäste ein kleines Lied, ein Gedicht oder eine Rede für
uns vorbereitet hatten. Auch in unserem Gästebuch trugen sich viele mit guten Wünschen für
uns ein.
Hier einer dieser Einträge, die für uns ins Deutsche übersetzt wurden: „Wir möchten euch
danken für die wunderbare Gastfreundschaft, die ihr den Holocaustüberlebenden zukommen
lasst. Wir sind sehr beeindruckt von der zauberhaften Aufnahme, die wir an diesem besonderen Ort erfahren haben: die Wärme und Liebe, Sauberkeit und Ordnung an diesem Ort, die
ausgezeichnete Organisation und Fürsorge für ältere Menschen. Wir haben hier über die
Beziehung zu Gott, zur Natur, zum Nächsten und dem Schwachen gelernt – wir haben hier
ein Paradies auf Erden gefunden. Wie viel kann man von euch lernen! Wir wünschen euch
Gesundheit und Erfolg, Frieden und Zufriedenheit, Freude und Liebe! Amen!! Gott möge euch
segnen und jeden einzelnen, der Israel hilft und unterstützt wie ihr. Mit Dank, in tiefer Liebe
und großer Hochachtung, Familie K. und Familie Z.“
Die Abreise der Gäste war immer begleitet von Umarmungen, Küsschen und guten Wünschen.
Für uns war die Abreise aber auch der Start der „Putzwoche“. Das bedeutete zum einen, dass
wir eine Woche Zeit hatten um das gesamte Haus wieder auf Vordermann zu bringen, es
bedeutete aber auch, dass wir nun etwas mehr Freizeit hatten und den ein oder anderen
Ausflug oder Kurztrip machen konnten.
Das ist der zweite große Teil meines Jahres in Israel. Und nicht nur für mich, sondern
auch für eine Freundin, die nach mir dort für ein Jahr als Volontärin gearbeitet hat und
die diesen Sommer wiedergekommen ist. Hier ein paar unserer schönsten Erinnerungen
an Ausflüge, Reisen und Erlebnisse, die wir machen durften.
Da Israel nicht besonders groß ist, konnten wir uns einmal vom Norden bis in den Süden
durcharbeiten. Wir wohnten im Gebiet von Galiläa, daher führten uns unsere Tagesausflüge
häufig in den Norden, wie zum See Genezareth, nach Kapernaum oder in verschiedene Wadis
(hebräisch für Flussbett) zum Wandern und teilweise auch Schwimmen.
Einer unserer Lieblingsausflugsziele war Jerusalem. Diese Stadt zu beschreiben, ist nahezu
unmöglich, aber hier ein Versuch: Es gibt wahrscheinlich kaum eine andere Stadt, die durch
so viele verschiedene Kulturen und Religionen gekennzeichnet ist. Aufgeteilt ist die Stadt in
jüdische, christliche, arabische und armenische Viertel. Man läuft wie von einem Land in das
Nächste, aber auf kleinstem Raum. Das macht die Stadt so spannend, sorgt aber auch für
viele Spannungen. Daher auch die hohe Militärpräsenz im ganzen Land. Man braucht seine
Zeit um sich daran zu gewöhnen, ständig und überall von schwerbewaffneten Soldaten
umgeben zu sein.
Besondere Ziele in Jerusalem waren die Klagemauer und der Besuch der Holocaust­
gedächtnisstätte Yad Vashem, die einen nachfühlen lässt, wie schlimm der Holocaust war.
Geographisch befinden wir uns jetzt relativ Mittig von Israel. Weiter südlich kamen wir am
Toten Meer vorbei und schließlich ganz im Süden, in den Touristenurlaubsort Eilat. Dort
erlebten wir den klassischen Urlaubsflair mit Extras wie Schnorcheln und Tauchen in
Korallenriffen.
Ein ganz besonderes Erlebnis war auch eine Wüstentour mit den anderen Volontären, die wir
dort gemacht haben. Dafür hieß es für vier Tage Rucksack schultern, Proviant einpacken, die
Wüste erkunden und unter freiem Sternenhimmel schlafen.
Ein Jahr in Israel bedeutete für uns auch, ein Jahr die jüdischen Feste mitzufeiern. Besonders
beeindruckt hat uns das Torafest (Simchat Tora), bei dem die Tora („jüdische Bibel“) umtanzt
wird und welches wir gemeinsam mit einer messianischen Gemeinde (messianische Juden
sind Juden, die an Jesus glauben) feiern konnten. Auch am wichtigsten Feiertag Yom Kippur
(Versöhnungstag), an dem alles im Land still steht und das Volk fastet, haben wir mit gefastet.
An drei aufeinanderfolgenden Tagen im Frühjahr fanden der Holocaustgedenktag, der
Soldatengedenktag und Unabhängigkeitstag statt. Die beiden ersten Tage sind Trauertage, an
denen ein- bzw. zweimal täglich landesweit Sirenen (die sonst als Raketenalarm dienen) zum
Gedenken ertönen. In diesen ein bis zwei Minuten legt jeder seine Arbeit zur Seite, steht auf
und schweigt. Als wir zu diesem Zeitpunkt in der Stadt waren, war es ein unglaublich ergreifender Moment zu sehen, wie der ganze Verkehr zum Stehen kam, jeder ausstieg und das
ganze Volk gemeinsam den Holocaustopfern und den ums Leben gekommenen Soldaten
gedachte. Ganz bewusst gehen diese Tage über in die Freude des Unabhängigkeitstages, als
Zeichen, dass Israel nicht in der Trauer stecken bleibt sondern Hoffnung und Zuversicht hat.
Zusätzlichen zu diesen Feiertagen, durften wir eine messianische Hochzeit mit typischen
Bräuchen und eine Vereidigung für das Militär miterleben.
Unsere Erzählungen sind nur ein Bruchteil dessen, was wir erlebt haben, und das Jahr war
voller Ereignisse und neuen, wunderbaren und unvergesslichen Erfahrungen. Aber geht
selbst nach Israel, und erkundet dieses spannende Land!
Auslandsaufenthalt Freiwilliges Soziales Jahr in Israel