Sperrfrist: Redebeginn. Es gilt das gesprochene Wort. Begrüßung Dr

Sperrfrist: Redebeginn.
Es gilt das gesprochene Wort.
Begrüßung
Dr. Wolfgang Gerhardt
Vorsitzende des Vorstandes der
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Verleihung des Freiheitspreises 2016 an Kaspar Villiger
Samstag, 12. November 2016, 11.00 Uhr
Paulskirche Frankfurt
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Herzlich willkommen meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte
Gäste in der Paulskirche in Frankfurt am Main, dem Wohnzimmer des
politischen Liberalismus. Zusammen mit meinem Kollegen, dem
Vorsitzenden des Kuratoriums, Professor Dr. Jürgen Morlok, begrüße ich
Sie alle.
Sie sind heute der Einladung einer politischen Stiftung gefolgt, die
Theodor Heuss 1957 gegründet hat. Er hatte die verhängnisvolle
Geschichte Deutschlands mit Beginn des vergangenen Jahrhunderts
erlebt, die Fehleinschätzungen, die Überheblichkeiten, nicht nur in seiner
Politik, sondern auch in seiner Gesellschaft. Auch manche, wie Ralf
Dahrendorf es beschrieben hat, die sich selbst für anspruchsvolle
Denker hielten und die die totalitären Tendenzen nicht erkannten.
Theodor Heuss war davon überzeugt, dass im Kern der Arbeit der
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit die politische Bildung zu
stehen habe. Kurzum, die Aufgabe Menschen zu befähigen, die
soziokulturellen Grundlagen freiheitlicher Gesellschaften zu erkennen
und zu sichern und damit einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung
reifer Gesellschaften zu leisten. Sie sind in der Pflege ihrer
Nachhaltigkeit nicht weniger wichtig wie die Nachhaltigkeit der Pflege
des deutschen Waldes.
Denn wer geglaubt hat, dass nach dem Fall der Mauer und dem
Verschwinden der alten bipolaren Welt, die Dinge nun geordnet seien,
reibt sich gegenwärtig die Augen. Fundamentalismus hat überall auf der
Welt Aufschwung bekommen, auf Argumente scheint es kaum mehr
anzukommen und im Vordringen autoritärer Systeme, erleben wir
geradezu eine Art Konterrevolution gegen Freiheitlichkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir glauben, dass sich
nur mit Humanismus und Aufklärung eine neue Welt schon durchgesetzt
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hätte, täuschen wir uns. Es gibt alte Gegengewichte des Neuen, die, wie
Udo di Fabio beschreibt, in ihrer Heftigkeit so nicht mehr erwartet worden
waren.
Manche
Menschen
vertreten
ihren
Glauben
und
ihre
Überzeugung in einer Art von Gewissheit, die jede Kultur der Toleranz
zerstört hätte. Solchen Vertretern einer konfrontativen Weltansicht wird
die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit die Bühne nicht durch
eine ignorante Toleranz überlassen. Alles zu verstehen, kann nicht
bedeuten alles zu entschuldigen.
Nicht
nur
im
internationalen
Bereich
scheint
sich
bei
vielen
Verantwortlichkeiten eine Art Mobilmachung gegen alles was Einsicht
abverlangt, zusammenzubrauen. Und auch in Europa scheinen manche
erkannt zu haben, dass sich nichts leichter herstellen lässt als
Empörung.
Wir sollten in diesem Zusammenhang im Übrigen nicht immer so
herablassend
mit
leichtem
antiamerikanischen
Unterton
auf
die
Vereinigten Staaten blicken.
Donald Trump ist der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von
Nordamerika. Ob es uns nun gefällt oder nicht. Wir sollten uns
Rechenschaft darüber ablegen, ob wir selbst in unseren Urteilen über
amerikanische Politik das Land wirklich kennen oder nur die Ostküste,
einige
große
amerikanische
Zeitungen
und
Namen
aus
dem
„Establishment“. Bei dieser Wahl haben vor allem die gesprochen, die
wir Europäer anscheinend nicht kennen, oder, wenn wir sie kannten,
ihnen keine entscheidende Bedeutung beigemessen haben.
Mangel
an Selbstvertrauen,
Wohlstandsgarantien,
die
Angst
vor
dem
Zumutung
der
Verlust
gewohnter
Moderne,
die
Beschleunigungsverhältnisse unserer Zeit führen auch bei vielen unserer
Mitbürgerinnen und Mitbürger zu einer Sehnsucht nach Gewissheit, die
sie zu mehr und mehr verführerischen Angeboten greifen lässt. Sie lesen
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nicht die Beipackzettel solcher Angebote, achten nicht auf deren
Nebenwirkungen und kennen nicht deren geschichtliche Verfallsdaten.
Elternhäuser, Schulen und dort insbesondere der Geschichtsunterricht
und auch die politischen Stiftungen stehen vor Herausforderungen die
anscheinend noch nicht überall ausreichend begriffen worden sind.
Es darf bezweifelt werden, dass all diejenigen, denen wir im täglichen
Leben begegnen und die dann ganz jovial sagen, sie seien doch im
Grunde auch liberal, sich wirklich darüber im Klaren sind, dass freie
Gesellschaften sich nicht auf die Bestätigung der eigenen Vorurteile und
die Ablehnung alles Ungewohnten gründen. Es gilt eine Reihe von
Voraussetzungen zu beachten, die wie der lange in Frankfurt arbeitende
Joachim Fest es so gut beschrieben hat, streng genommen gegen
manche menschliche Natur gerichtet sind, um ein halbwegs friedliches
Zusammenleben zu ermöglichen. Respekt vor Minderheiten, Achtung auf
das Recht des Schwächeren, ganz besonders auch auf das des
Fremden. Dass Mehrheit nicht alles darf. Das wir das sind, was wir tun.
Vor allem aber das sind, was wir eben gerade nicht tun.
Wer weiterhin in einer freiheitlichen Gesellschaft leben will, der solle sich
jetzt rühren und sich fragen, ob er selbst ganz persönlich genug dafür
tut. Denn eine geschriebene Verfassung reicht nicht aus, wenn eine
Gesellschaft nicht freiheitlich leben will.
Mit dem heutigen Tag, mit der Verleihung des Freiheitspreises in der
Paulskirche in Frankfurt am Main, will die Friedrich-Naumann-Stiftung für
die Freiheit ein Fingerzeig auf eine Persönlichkeit geben, die nach ihrer
Überzeugung genau das lebt, verkörpert und engagiert vertritt was
notwendig ist, um Freiheit dauerhaft zu machen.
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Die Jury, unter dem Vorsitz von Karen Horn, hat den Freiheitspreis 2016
Kaspar Villiger, dem ehemaligen Bundespräsidenten der Schweizer
Eidgenossenschaft zugedacht, den ich zusammen mit seiner Frau und
Familienangehörigen sehr, sehr herzlich in der Paulskirche in Frankfurt
am Main begrüße. Unser Preisträger wir begleitet von der Botschafterin
der Schweizer Eidgenossenschaft in Berlin, Frau Christine SchranerBurgener, dem schweizerischen Generalkonsul in Frankfurt am Main,
Herrn Markus Meli und von dem Botschafter der Bundesrepublik
Deutschland in Bern, Herrn Otto Lampe.
Dankbar bin ich der Stadt Frankfurt am Main, dass wir die
Preisverleihung an diesem Ort alle zwei Jahre vornehmen dürfen. Und
ich begrüße ebenso herzlich den Oberbürgermeister dieser großartigen
Stadt, Herrn Peter Feldmann, der gleich auch ein Grußwort zu uns
sprechen wird.
Ich freue mich, dass für die Freie Demokratische Partei, die
Generalsekretärin und Bürgerin der Stadt Frankfurt am Main, Nicola
Beer, ein Grußwort an uns richten wird und heiße sie herzlich
willkommen.
Für die Laudatio konnten wir zu meiner großen Freude Ludwig Theodor
Heuss gewinnen, den Enkel des Gründers unserer Stiftung, deutscher
und Schweizer Staatsbürger, Mitglied des Kuratoriums der FriedrichNaumann-Stiftung für die Freiheit. Lieber Herr Heuss, seien Sie uns
herzlich willkommen zusammen mit ihrer Gattin.
Ich freue mich nun mit Ihnen auf einen anregenden Vormittag, der von
der Symphonic Brass Band, wie immer mit der großartigen Akustik, die
Bläser in diesem Raum erzeugen können, begleitet wird und danke
Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Nun bitte ich Herrn Oberbürgermeister
Feldmann zu seinem Grußwort.
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Politische Analysen, liberale Argumente und Neues aus der Stiftungswelt:
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