Bundesdienst: Bei Besoldungsreform wird neuerlich nachgebessert

OTS0150 5 II 0818 NPA0004
Nationalrat/Verfassungsausschuss/Öffentlicher Dienst
Di, 08.Nov 2016
Bundesdienst: Bei Besoldungsreform wird neuerlich nachgebessert
Utl.: SPÖ-ÖVP-Mehrheit im Verfassungsausschuss für Gesetzesnovelle =
Wien (PK) - Anfang 2015 hat das Parlament ein neues Besoldungsschema
für den Bundesdienst beschlossen. In Reaktion auf ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurde das System der
Gehaltseinstufung auf neue Beine gestellt, um drohende Mehrkosten in
Milliardenhöhe für den Staatshaushalt zu vermeiden. Die EURichterInnen hatten die Nicht-Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem
18. Lebensjahr als Altersdiskriminierung gewertet. Die neuen
gesetzlichen Bestimmungen wurden seither mehrfach nachgebessert, nun
werden das Gehaltsgesetz und das Vertragsbedienstetengesetz infolge
eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) neuerlich
novelliert. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat das von der
Regierung vorgelegte "Besoldungsrechtsanpassungsgesetz" heute mit den
Stimmen der Koalitionsparteien gebilligt. Gleichzeitig wurde mit
einer Entschließung der Wunsch nach einer umfassenden Reform des
Dienst- und Besoldungsrechts für den Öffentlichen Dienst bekräftigt.
Massive Kritik an der Vorgangsweise kommt von der Opposition. Ein
gemeinsamer Antrag von FPÖ, NEOS und Team Stronach, die neuerliche
Gesetzesreparatur einer mehrwöchigen Begutachtung zu unterziehen,
wurde allerdings nur von den Oppositionsfraktionen unterstützt und
fand damit keine Mehrheit.
Ziel des Besoldungsrechtsanpassungsgesetzes (1296 d.B.) ist eine
Präzisierung der Übergangsbestimmungen. Es wird klargestellt, dass
die neuen Einstufungsregelungen ausnahmslos anzuwenden sind. Und zwar
auch in jenen Verfahren, die zum Zeitpunkt der Kundmachung der
Besoldungsreform Mitte Februar 2015 bereits gerichtlich anhängig
waren. Als Basis für die Überleitung der Bediensteten in das neue
Gehaltsschema sind demnach stets die tatsächlichen Bezüge zum
Überleitungszeitpunkt heranzuziehen. Lediglich die Berücksichtigung
bloßer Eingabe- und Rechenfehler ist möglich. Der früher geltende
"Vorrückungsstichtag" wird rückwirkend aus dem Rechtsbestand
entfernt.
In den Erläuterungen macht die Regierung geltend, dass eine pauschale
Überleitung in das neue Besoldungsschema auf Grundlage der bisherigen
Gehälter, also ohne individuelle Berücksichtigung von
Vordienstzeiten, erforderlich ist, um drohende Gehaltseinbußen für
zahlreiche Bedienstete zu vermeiden. In diesem Sinn ist sie auch
zuversichtlich, dass die gewählte Vorgangsweise EU-rechtlich halten
wird.
Opposition fordert Begutachtungsverfahren
Genau das wird von der Opposition allerdings bezweifelt. Christian
Lausch (F), Christoph Hagen (T) und Gerald Loacker (N) sind
überzeugt, dass auch die neue Regelung von den Höchstgerichten
gekippt wird. Man gehe das Hauptproblem, die Anrechnung der
Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr, wieder nicht an, sondern
versuche lediglich, Zeit zu gewinnen, kritisierte Lausch. Die
Regierungsparteien seien offenbar an einer ordentlichen Lösung des
Problems nicht interessiert. Ein von ihm gemeinsam mit Loacker und
Hagen eingebrachter Antrag, Stellungnahmen von ExpertInnen zum
Gesetzentwurf mit Frist 15. Dezember einzuholen, wurde von SPÖ und
ÖVP jedoch abgelehnt. Insgesamt sprach Lausch angesichts der
neuerlich notwendig gewordenen Gesetzesreparatur von einer peinlichen
Sache.
Ähnlich argumentierten die Abgeordneten Hagen und Loacker. Er habe
schon bei der letzten Reparatur prophezeit, dass diese nicht halten
werde, sagte Hagen. Das werde dieses Mal nicht anders sein. Loacker
hält es für "hanebüchen und superpeinlich", den Vorrückungsstichtag
rückwirkend mit 1956 aus dem Rechtsbestand zu streichen und davon
auszugehen, dass dieser damit verschwunden sei. Seiner Meinung nach
ist die Bundesregierung nur deshalb in das nunmehrige "Desaster"
gelaufen, weil sie den Forderungen der Beamtengewerkschaft
nachgegeben habe, statt dieser "erhobenen Hauptes und mit straffen
Schultern entgegenzutreten."
Der Forderung nach einer Begutachtung des Gesetzentwurfs schloss sich
auch Grün-Abgeordneter Albert Steinhauser an. Man brauche eine
Lösung, die rechtlich halte, sagte er. Es sei extrem schwierig, den
Gesetzentwurf ohne die Zuziehung von ExpertInnen zu beurteilen.
Einhellige Kritik äußerte die Opposition überdies am
Entschließungsantrag, damit werde lediglich eine bereits gefasste
Entschließung bekräftigt.
Koalition hält rasche Gesetzesreparatur für notwendig
Verteidigt wurde die gewählte Vorgangsweise von SPÖ-Abgeordnetem Otto
Pendl. Er hält eine unverzügliche Gesetzesreparatur für notwendig, da
jedes Zuwarten zusätzliche Arbeit und zusätzliche Kosten verursachen
würde. Reagiere man nicht rasch, könne es sein, dass zigtausende
Bescheide neu ausgestellt werden müssten. Zudem würde es zu weiteren
Ungerechtigkeiten bei den Gehaltseinstufungen kommen.
Auch generell stellte sich Pendl hinter das neue Besoldungsschema.
Hätte der Gesetzgeber in der Vergangenheit nicht reagiert, hätten vor
allem Hochlohngruppen profitiert und die Einkommen innerhalb des
öffentlichen Dienstes wären weiter auseinandergegangen, gab er zu
bedenken. Auch mit der von Loacker geäußerten Kritik an der
Beamtengewerkschaft kann er wenig anfangen. Die Alternative wären
100.000 Einzelverträge mit allen öffentlich Bediensteten und damit
verbunden drohende Individualklagen.
Seitens der ÖVP wies Beatrix Karl darauf hin, dass eine umfassende
Reform des Dienst- und Besoldungsrechts im Öffentlichen Dienst im
Regierungsprogramm vorgesehen ist. Sie hält es in diesem Sinn für
zielführend, den Wunsch zu bekräftigen, entsprechende Verhandlungen
mit der Beamtengewerkschaft ehestmöglich abzuschließen.
Staatssekretärin Muna Duzdar machte geltend, dass es notwendig sei,
eine Regelungslücke zu schließen, die der Verwaltungsgerichtshof
sehe. Mit der Gesetzesnovelle werde dafür gesorgt, dass es keinen
Interpretationsspielraum mehr gebe. Es sei tatsächlich so gemeint
gewesen, dass das alte Recht außer Kraft sei. Ohne Reparatur drohen
Duzdar zufolge starke finanzielle Belastungen. (Schluss) gs
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2016-11-08/13:10
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