Darf man Einladungen nach Gutdünken - Migros

Leben
MM45
Familienumfrage
40%
Wie steht es um Ihre Kreativität?
1 Ich habe viel Fantasie und
kreiere andauernd neue Dinge. 40%
2 Ob beim Basteln oder Kochen:
Ohne Kreativität läuft bei mir gar nichts. 29%
3 Ich bin zwar kreativ im Träumen,
aber in der Realität überhaupt nicht. 18%
4 Kreativität ist für mich ein Fremdwort. Ich brauche
strikte Anweisungen für die Realisierung einer Idee. 13%
Knigge reloaded
Illustration: Andreas Klammt; Bild: Stefan Sulzer
Darf man Einladungen nach
Gutdünken modifizieren?
Philipp Tingler (44)
ist Autor und Philo­
soph und schreibt
hier jede Woche
über Phänomene
des modernen
Benehmens.
In Zusammenarbeit mit
M
«Unlängst erreichte mich die Zuschrift einer Dame, die auf eine
Einladung zum Abendessen von einem Paar die Antwort erhielt,
man habe am fraglichen Datum eine andere Verpflichtung, werde
aber versuchen zu kommen, jedoch nur für eine gute Stunde.
Die Dame fragte: Darf man das? Antwort: So nicht. Zunächst ist
ein ‹Wir versuchen zu kommen› weder Absage noch Zusage,
hilft also dem planenden Gastgeber nicht. Des Weiteren handelte
es sich bei der fraglichen Einladung um ein gesetztes Abend­
essen, für das eben Vorbereitungen und eine Sitzordnung erfor­
derlich sind. Eine derartige einseitige Modifikation der Einladung
seitens der Gäste wäre beispielsweise bei einer grösseren
Cocktailparty weit weniger problematisch. Bei einem Essen ist es
allenfalls zulässig, unter Hinweis auf andere Verpflichtungen zu
fragen: Wäre es okay, wenn wir nur zum Dessert dazukämen?»
Mamma mia
Maaaamiiii!
Meine Kinder
beginnen jeden an
mich gerichteten
Satz mit «Mami».
«Mami, weisst du ...»
Als müssten sie sich
versichern, dass ich
es bin und nicht ein
Roboter mit Mamigesicht. Am häufigsten, wenn ich mit
einer Tochter allein
im Auto unterwegs
bin. Vergebens
erkläre ich, warum
diese Anrede wegfallen kann. (Es ist ja
nicht so, als würde
ich plötzlich ausrollen, die Fahrertür
öffnen und querfeldein türmen.)
Wenn Herr Leinenbach mich necken
will, dann stimmt er
mit ein. Meine
Grossmutter nannte
meinen Grossvater
bis ins hohe Alter
«Papi». Sie meinte
«Herzallerliebster».
Mein Mann sagt
«Mami» und zieht so
(metaphorisch) eine
grosse Tigerdame
am Schwanz. Apropos: In der Regel
fauche ich spätestens nach dem siebten «Mami». Darauf
meint Ida: «Mami,
ich weiss, dass ich
nicht so oft Mami
sagen soll, deswegen
sage ich es jetzt
nicht mehr, okay,
Mami?» MM
Bettina
Leinenbach (40)
ist Journalistin und
zweifache Mutter.