Wtter fiir Amst und Literatur. Nr. 9.

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Wtter fiir Amst und Literatur. Nr. 9.
(Bettage
Akademische
zur
Meyen Zürcher-Ieitung vyM 29. Januar.)
vorträge.
'
-
V.
Den 15. Januar.
schwanden über
Den heutigen Vortrag hielt Hr. Prof.
De-
moderne Spinnen". Wir müssen unser Referat über diese interessante Vorlesung leider ganz kurz fassen, weil
wir die Zeichnungen, die dazu gehören, nicht mittheilen konnen,
und das sie erklärende Wort sich nickt von denselben trennen lößt.
3« der Einleitung ef ü h r t der Redner kurz any, wie die Arbeit
Spinnens
des
früher mehr den freundlichen Charakter einer stillen
häuslichen Thätigkeit gehabt habe, seit Einführung der Spinnmaschinen aber sich zu einer minder anziehenden,
in
gewissem
Sinne
öffentlichen Arbeit umgestaltet, daftir aper eine weit höhere voWwirthschaftliche Bedeutung erhalten habe- Alsdann wurde die Einrichtung einer Baumwollspinnerei
mit ausschließlicher Berücksichtigung des mechanischen Gesichtspunktes in ihren Hauptzügen vorge-
führt, indem das Hauptgewicht auf die verschiedenen Stufen der
Bearbeitung,
welche die Paumwolle von ihrem rohen Zustande bis
Vollendung des Baumwollengarnes
gelegt
zur
zu durchlaufen hät,
wurde.
Zur Erläuterung der
wesentlichsten
ja einzigen Sterbsich selbst als den ersten,
betrachtete,
an den sick derselbe adressirt« kbnne, so nef er
lichen
Erscheinung
bei dessen
aus (in etwas freier Uebersetzung: »Fortmuß
abgelaufen!"
legte
ich, meine Uhr ist
seine Krone nieder und zos
Karl v. Da der Kaiser
Bearbeitungsweisen
sich
e i Kloster zurück.
in n
Pus diesen Angaben geht hervor,
brachten
Gehen
wir nun auf ältere Ansichten über die Kometen zmikk.
Schon im hohen Alterthum haben einzelne ihrer Zeit vorauseilende
ausgesprochen.
Geister ganz gesunde Ansichten von den Kometen
bewunderungswürdiger
So hat namentlich Seneca mit
Klarheit die
analog den übrigen Wanvertheidigt, daß die Kometen
Ansicht
Himmelskörper mit bestimmten und unvergänglichen
delsternen
drangen aber jene
Bahnen seien. Mit dieser nüchternen Ansicht
sprachen
den Kometen die Realität ode?
Geister nicht durch Viele
wenigstens
Materialität ab und hielten sie für Wiederscheme dir
Sonne, odw für Produkte des Zusammenstrahlens naher Planeten
oder gar für Geister von Verstorbenen. .So hielt das römische Volk
-
den
in allgemeinen Umrissen beschrieben und durch an die Tafel gezeichnete Skizzen und theilweise durch Vorzeigung einzelner Maschinenjhrer Arbeit voranschaulicher gemacht, sowie die Produkte
zündete, von der
gewiesen.
Von den hier nicht genannten Maschinen konnte entweder
Ergebniß
nur das
ihrer Einwirkung auf die Baumwolle kurz beganz unberührt bleiben.
zeichnet werden, oder sie mußten
vi
Den 22. Januar Die Reihe ist heute an Hrn. Prof. Wolf,
Vortrag «über die Kometen und den Kometen-Aberglauben"
dessen
wir
zu skizziren haben.
Der Vortragende erwähnt die bekannte Thatsache, daß man den
großen Kometen, der zur Zeit Karls v. erschienen war, neuerdings
wieder erwartet) und schildert nun nach den Quellen seine Erscheinung und den Eindruck, den er hervorbrachte.
Der nachmalige Antistes Ludw. Lavater erzählt in seinem Kometenkatalog, wie er am 4.
März 1556 zum ersten Mal in Zürich
geschen worden sei und sieht in den Kometen die Verkündiger groWagner fügt bei :
Koßer Uebel. Der Zürcherische Stadtarzt
groß,
dunkelroth wie ein Brand von Kienholz, die
met war sehr
unbeständig, wie eine
Flamme im HarzStrahlen nicht laug und
Guggenbühl von Zürich meldet, daß
baum lodert"; und der Chronist
gefolgt sei. Dies bestätigt
dem Kometen ein sehr trockener Sommer
der Stadtschreiber Saxer von Aarau und macht über den Ort seiner
Erscheinung genauere Angaben
Von den
K o m e t e sind hervorzuheben
deutschen Beobachtern des n
der kaiserliche Arzt und Mathematikus Fabritius in Wien und der
Astronom Heller in Nürnberg. Ganz besonders interessirte sick der
Reformator Melanchthon für denselben, wie aus einer Reihe von
göttliche
Briefen an Freunde hervorgeht. Auch ihm verkündet er
Strafen.
Wohl den
stärksten Eindruck machte der
Komet auf
ty. Jahr-
hunderts das Auftreten der Kometen mit den Erscheinungen der
Natur, des politischen und moralischen Lebens in enge Verbindung
wurden mehrere der wichtigern Maschinen, welche bei der Baumwollspinnerei angewendet werden, namentlich der Zausler, die Schlagund Cardenmaschine, die Streckmaschine und die Mulespinnmaschine
theile
daß die Menschen des
im Jahr 44 vor Christo
erschienenen Kometen für die zu den
aufsteigende
Seele des ermordeten Julius Cäsar. Andere,
Sternen
Philosoph
Aristoteles, sahen in den Kometen nur entwie
B. der
z.
Nde, aufgestiegene Ausdünstungen. Sie sahen in
Vorübergehendes, Zufälliges. Diese
ihnen also nur etwas
Hinsicht
erneuerte sich mit dem Wiederaufblühen der Wissenschaften am Ende
des Mittelalters.
Selbst der geniale Keppler konnte sich in Bezug auf diese Him-,
sagt,
melskörper nicht auf die
Höhe eines Seneca erheben. Er
großen
gleich wie im weiten Ocean die
Meersische und Meerwunder
wachsen, damit er nicht leer bleibe, also gebäre die Luft des Him-
mels aus sich selber die Kometen, damit der öde Himmelsraum
bevölkert werde. Es gebe deren so viele wie Fische im Wasser.
Wegen der Weite der himmlischen Luft sehen wir nur diejenigen,
Weil in dem großen Kometenjahr 1618 wenig Sonnenfiecken wahrgenommen wurden, so
K o m e t e seien Unreinigkeiten, welche die Sonne
schlossen viele, die n
von Zeit zu Zeit auswerfe, um wie ein geputztes Licht wieder besser
welche der Erde am nächsten kommen.
brennen zu können.
Kometen begreifen wir leicht, daß
die damals in höchster Blüthe stehende Astrologie hier ein Feld fand,
auf dem sie üppig wuchern konnte. Den Glauben zu stärken, legte
man Kometenverzeichnisse an, wo bei jedem Kometen angemerkt
Merkwürdiges vorgefallen war.
wurde, was
seinem Auftreten
Bei
solchen Ansichten von den
nach
Zu allen Zeiten zwar erhoben
sich
einzelne
Stimmen segen das
Prognostic,«», aus den Kometen. So geißelte Paracelsus bei Gelegenheit des n
K o m e t e von 1531 die Astrologen treffend. Dr. Ziegler
in Zürich machte sich in seiner «Prophezeiung auf das Jahr I6yß"
lustig, indem er
über die Astrologen und die Kalenderschreiber
ihr
Voraussagen parodirte. Seckelmeister
Ioh. Heinr. Nahn von Zürich
nennt die Astrologie 1665 einen gottlosen, verführerischen, falschen,
unsinnigen Aberglauben und Pfarrer Herrliberger
zu St. Iakoh hei
Bezug auf Kometen etwas später eine
in
nennt
sie
Vermessen«
Zürich
kämpften
«llgemei,
segen
Aber
Stimmen
umsonst
den
solche
heit.
nen Aberglauben, rühmt
doch um dieselbe Zeit der sonst ver-«
sich
diente P. Megerlin von Basel, daß er aus dem Kometen von lS52
Neue Zürcher Zeitung vom 29.01.1857
34
diejenige«/ welche auf
Auch
Prognostic.«!!
dem
nichts hielte»/ waren doch der Ansicht Luthers
groß Unglück be«daß Gott feinen Kometen schaffe/ der nicht ein
Zwingli
deute". Auch unser
war nicht frei von der Kometenfurcht.
So gab er dem Abt von Wettingen, Jörg Müller, als dieser ihn
fragte, was der Komet von 1531 bedeute,
Jörg,
zur Antwort: «Min
mich und mengen ne e r e Mann wirt es kosten, und wirt die warheit und kylck nodl lyden, doch von Christo werdent wir nitt ver-
den Bauernkrieg prognostic«, habe.
lassen.
u
'
Der Redner berichtet nun ferner über den Eindruck, den der
große Komet von 168U in
Zürich machte. Viele fürchtete»/ er
möchte ein Anzeichen der wiederkehrenden Pest sein. Der Pfarrer
Enn beim Fraumünster erließ seinetwegen ein Zirkularschreiben an
die Geistlichkeit/ die Obrigkeit ließ ein neues Bußmandat verlesen
und auf den bevorstehenden Neujahrstag wurden die Lustbarkeiten
eeoi^issUcg
untersagt. Die
berichten auch/ daß
Zürcherischen 20W
mit dem Erscheinen des Kometen ein Huhn in Rom ein Ei mit
einer Zeichnung des Unsterns gelegt habe Dieses Ei, von dem
jetzt
Abbildungen existiren, wurde in damaligen
noch
verschiedene
geneigt sind,
Kometenschriften sehr ernsthaft besprochen. Wenn wir
lustig
sagt
Aberglauben
machen, so
der Vortrauns über diesen
zu
eines französischen Gelehrten treffend, daß
die Nachwelt nicht wagen dürfen, denn diese
werde finden, daß es noch edler gewesen sei, die Schicksale der Na-
gende
mit den Worten
wir es im Hinblick auf
tionen an die Einfilisse der Planeten und Kometen zu knüpfen,
als von einem Stück Hausrath Orakelsprüche zu erwarten (Tischklopfen
lt.).
Anfang des 17. Jahrhunderts glaubte man, die Kometen
bewegen sich in geraden Linien. Beim Erscheinen des Kometen von
1680 zeigte ein sächsischer Pfarrer Dürfet in Plauen zuerst, daß er
bewege, in deren Brennpunkt die Sonne stehe
sich in einer Parabel
und bald darauf bewies Newton, daß die Kometen dem allgemeinen
Gravitationsgesetze unterworfen feien und ihre Bahnen aus wenigen
Im
Beobachtungen berechnet werden konnen.
Beim Erscheinen des Kometen von 1682 berechnete nun Edmund
Halley die Bestimmungsstücke oder sogenannten Elemente seiner
Bahn und brachte es dann durch fernere Rechnungen heraus, daß
gleiche
sein müsse, der schon 1456, I53i und 1607
dieser Komet der
gewiß, daß er dessen
erschienen «ar , ia er wurde seiner Sache so
Anfang
Wiedererscheinen auf das Ende des Jahres 1758 oder den
voraussagte.
sicher,
1759
Nun war auch
daß die Bahn der Kometen eine geschlossene Linie und zwar eine Ellipse sei. Da der Komet auf seiner Bahn in die Nähe von Planeten kam, so erklärten
daraus die kleinen Differenzen der Umlaufszeiten. Dieser Irrstern trägt seitdem mit Recht den Namen Hall ey 'sch er Komet.
Den Astronomen Laugier und Hind ist es später gelungen, ihn mit
Beobachtungen bis
vor Christo
zum Jahr
Hülfe von chinesischen
verfolgen.
rückwärts zu
Die Spannung war nun groß, ob sich die Vorherverkündigung HaUey's erwahren werde. Claivaut berechnete 1757 mit Hülfe
Levante die von dem englischen
des jungen Lalande und der
sich
ll
Frau
Einwirkung
des Saturn und Jupiter auf
Astronowen angegebene
den n
K o m e t e und verkündete dann der Pariser Akademie, daß der
Halley'sche Komet nicht mehr als einen Monat vor oder nach dem
13. April 1759 zur Sonnennähe zurückkehren werde. Der Zweifler
waren natürlich viele. Da entdeckte der merkwürdige Bauer und
Astronom Pahlitz bei Dresden am 25. Dezbr 1758 den Kometen
Beobachtungen in den großen Städten
zuerst am Himmel, worauf die
folgten. Die Berechnung zeigte,
er vom 12. auf den
Eurova's
13.
Mürz
daß
1759 durch die Sonnennähe gegangen war.
ein hoher Triumph für die Astronomie.
Dies war
Andere Astronomen be-
stimmten später seine Wiederkehr auf das Jahr «834 lmd wirklich
stellte sick der Irrstern zur bestimmten Zeit zum Appell ein. Bie
ietzt sind 200 Kometen ihrer Bahn nach bekannt.
Indem die Fortschritte der Astronomie dem alten Kometenaberzu Grabe läuteten, gaben sie merkwürdiger Weise Veranlassung
zu einem neuen. Whiston nämlich hatte die Sündfluth mit
der frühern Erscheinung des Kometen von 168^ in Verbindung ge-
glauden
bracht und eine ganze Schöpfungsgeschichte aufgestellt, bei der die
Kometen eine große Rolle spielten. Diese Ideen legten die Frage
naber, ob nicht Gefahr vorhanden sei, daß einmal einer der vielen
Kometen mit der Erde zusammenstoße und Verderben auf derselben
anrichte. Wohl antworteten viele Astronomen, daß ein solches Zusammentreffen nicht geradezu unmöglich, aber
unwahrdoch höchst
ferner, daß die Kometen eine viel zu geringe Masse
haben, um auch bei einer großen Annäherung einen spürbaren Einfluß auf die Erde ausüben zu können. Gauß wies sogar nach, daß
im Juni 1819 die Erde durch den Schweif eines Kometen gieng,
scheinlich sei;
ohne daß sich eine außerordentliche Erscheinung zeigte.
nicht,
Dies beruhigte ader das größere
Publikum
und als der
berühmte Lalande 1773 ankündigte, er werde in der Akademie einen
Vortrag über die Kometen halten und dies wegen Mangel
an Zeit
nicht geschehen konnte, verbreitete sich unter den Parisern das Gerückt, die Polizei habe den Astronomen verhindern wollen,
anzuzeigen, daß die Erde am 12. Mai
durch den Zusammenstoß mit
einem Kometen untergehen werde. Der Schrecken wurde so allgemein, daß Todesfälle, Frühgeburten u>;
erfolgten. Selbst
s. w.
im Jahr 1832 entstand in Deutschland noch ein Kometenschrecken.
Die Hauptresultate der neuern Astronomie zusammenfassend, sagt
Mädler in dieser Hinsicht, daß das Sonnensystem zwar nicht abt
solu
unveränderlich dastehe, aber doch die Gewähr einer nie gefährdeten Dauer in sich trage.
Endlich kommt der Vortragende noch auf den
Melanchton'schen
Man hatte vermuthet, daß er mit dem
1264 erschienenen identisch sei und auf diese Voraussetzung hin seine
Sie erfolgte nicht, weil die
Rückkehr ins Jahr 1848 vorausgesagt.
Daten, worauf, sich die Berechnung stützte, zu roh und unbestimmt
Kometen von 1556 zurück.
waren.
Mit
Recht vermuthet der Redner, daß wenn der
Irrstern
wirklich 1848 erschienen wäre, man vielleicht beschämende Beobachtungen über den Eindruck eines großen Kometen bei aufgeregten
Völkern hätte machen können. Seitdem hat Bomme in Middelburg
immer unter Voraussetzung der Identität der Kometen von
-
1680 und 1264
neue Studien darüber gemacht und gefunden,
August 1858 nicht über zwei
daß der 2.
Iahre von der neuen Sonnennähe des Melancholischen Kometen entfernt sein könne. So
lange aber die
Identität nicht erwiesen ist, sind natürlich alle Berechnungen unsicher.
Am Schlusse dieses gehaltvollen Vortrags macht der Redner aufmerksam, daß in Zürich immer noch die nothwendigen Räumlichkeiten
fehlen, um unsere kleine Sammlung astronomischer Instrumente
zweckmäßig aufstellen und benutzen
zu können, und drückt den Wunsch
aus, es möchten sich auck dei uns
nach dem Beispiel der nord-
-
-
Behörden und Privaten zu solchem
amerikanischen Freistaaten
gegenseitig unterstützen, um der Urania
einen bescheidenen,
Zwecke
ader zweckmäßigen Tempel zu errichten.
,
Aelier das Theater.
ID Basel, den 13. Jan. Gleichwie bei Ihnen in Zürich wurde
auch auf unserer Bühne in der letzten Zeit das Sckiller'sche Schauspiel
«Wilhelm Tell" gegeben, nur mit dem Unterschiede, daß die
Neue Zürcher Zeitung vom 29.01.1857