Mathematische Logik Anton Deitmar WS 2016/17 Zuerst Collegium Logicum Da wird der Geist Euch wohl dressiert, in spanische Stiefeln eingeschnürt, daß er bedächtiger so fortan hinschleiche die Gedankenbahn und nicht etwa, die Kreuz und Quer, irrlichteliere hin und her. (Goethe) Inhaltsverzeichnis 1 Aussagenlogik und Logik erster Stufe 1.1 Aussagenlogik . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Sprachen der ersten Stufe . . . . . . . . 1.3 Der Begriff der Theorie . . . . . . . . . . 1.4 Strukturen, Interpretation und Modelle 1.5 Herleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Der Vollständigkeitssatz . . . . . . . . . . . . . . . 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 8 13 17 22 25 Kapitel 1 Aussagenlogik und Logik erster Stufe 1.1 Aussagenlogik Die formale Aussagenlogik besteht aus • einer abzählbaren Menge von Aussagensymbolen A, B, C oder A1 , A2 , A3 , . . . , • Klammern “(” und “)” sowie den Junktoren “¬” und “∨”. Definition 1.1.1. Eine Aussage ist eine Zeichenkette, die sich aus den Symbolen der Aussagenlogik zusammensetzt und auf folgende Weise entsteht (induktive Definition) • Jedes Aussagensymbol ist eine Aussage, • Sind A und B Aussagen, so sind (A ∨ B) und (¬A ) Aussagen. Der Begriff der induktiven Definition beinhaltet, dass jede Aussage durch endliche Anwendung dieser Prinzipien entsteht. Lemma 1.1.2. Jede Aussage besitzt genausoviele Linksklammern wie Rechtsklammern. 3 Logik 4 Eine Aussage kann nur auf genau eine Weise durch sukzessives Anwenden der Definitionsprinzipien gewonnen werden. Genauer heißt das: Ist C eine Aussage, dann gilt genau einer der drei Fälle: (a) C ist ein Aussagensymbol, oder (b) es gibt genau eine Aussage A mit C = (¬A ), oder (c) es gibt genau ein Paar von Aussagen (A , B), so dass C = (A ∨ B). Beweis. Induktion nach der Laenge der Zeichenkette. Wir zeigen zunaechst, dass jede Aussage A gleichviele Linksklammern wie Rechtsklammern besitzt. Sei dazu l(A ) die Anzahl der Linksklammern und r(A ) die Anzahl der Rechtsklammern. • Ist A ein Aussagensymbol, so besitzt die Formel A weder Linksnoch Rechtsklammern. • Ist A = (B ∨ C ) mit Formeln B und C , so haben B und C kleinere Laenge als A , wir koennen also nach Induktionsvoraussetzung annehmen, dass l(B) = r(B) und ebenso fuer C . Dann folgt l(A ) = 1 + l(B) + l(C ) = 1 + r(B) + r(C ) = r(A ). • Ist A = (¬B) fuer eine Formel B, dann koennen wir ebenfalls nach IV annehmen, dass l(B) = r(B gilt, also ist l(A ) = 1 + l(B) = 1 + r(B) = r(A ). Fuer den Beweis der zweiten Aussage beachten wir folgendes: Das erste Symbol einer Aussage ist entweder ein Aussagensymbol oder eine Logik 5 Linksklammer. Fuer eine beliebige Zeichenkette Z , ∅ sei der Defekt: d(Z ) = l(Z ) − r(Z ). Ist dann W , ∅ eine weitere Zeichenkette so dass A = Z W eine Formel ist, dann gilt d(Z ) > 0. (Dies muss man streng genommen wieder durch eine Induktion nach der Laenge von A beweisen.) Nun koennen wir die zweite Aussage zeigen: Ist die Laenge von C gleich 1, so ist C ein Aussagensymbol und wir sind fertig. Ist die Laenge > 1, so muss C mit einer Linksklammer beginnen. Ist das erste Zeichen nach der Linksklammer ein “¬”, dann kann C nicht von der Form (A ∨ B) sein, da keine Aussage A mit einem “¬” beginnt. Also ist C von der Form (¬A ) fuer eine Aussage A , diese ist eindeutig bestimmt, denn sie entsteht aus C durch Wegnahme der ersten beiden und des letzten Zeichens. Ist das erste Symbol nach der Linksklammer kein “¬”, dann muss C von der Form (A ∨ B) sein. Es bleiben zwei Faelle: ist der erste Zeichen nach der Klammer ein Aussagensymbol, dann ist A ein Aussagensymbol, welches eindeutig bestimmt ist und ebenso ist die Ausage B eindeutig bestimmt. Andernfalls ist das erste Symbol nach der Linksklammer wieder eine Linksklammer, der Defekt steigt also auf den Wert 2. Das erste Zeichen, das den Defekt wieder auf 1 bringt, muss eine Rechtsklammer sein, die die Formel A beendet. Damit ist A und also auch B eindeutig bestimmt. Zur Schreibweise: Wir lassen äußere Klammern meistens weg. Wir lassen auch innere Klammern manchmal weg, wobei wir vereinbaren, dass ¬ stärker bindet als ∨, also soll etwa ¬A ∨ B als (¬A) ∨ B gelesen werden. Innere Klammern können nicht immer weggelassen werden, denn ¬(A ∨ B) ist durchaus verschieden von Logik 6 ¬A ∨ B. Definition 1.1.3. Wir führen die folgenden Abkürzungen ein: A ∧ B steht für ¬(¬A ∨ ¬B) A → B steht für ¬A ∨ B Beispiele 1.1.4. • ¬(A ∨ B) ist eine Aussage, ebenso ist (¬A) ∨ (¬B) eine Aussage. • () ∨ ¬ABCD((( ist keine Aussage. Ferner vereinbaren wir, dass bei gleichen Zeichen Rechtsklammerung herrscht, also soll A→B→C→D dasselbe sein wie A → (B → (C → D)). Wahrheitsbelegung Definition 1.1.5. Eine Wahrheitsbelegung ist eine Funktion W, die jedem Aussagensymbol einen Wahrheitswert in {w, f } zuordnet, also eine Abbildung W : S → {w, f }, wobei S die Menge der Aussagensymbole ist. Lemma 1.1.6. Ist W eine Wahrheitsbelegung, dann gibt es genau eine Fortsetzung von W zu einer Abbildung W : Auss → {w, f }, wobei Auss die Menge der Aussagen ist, so dass gilt W(¬A ) = w ⇔ W(A ) = f, Logik 7 W(A ∨ B) = w ⇔ W(A ) = w oder W(B) = w. Beweis. Wir definieren die Fortsetzung induktiv durch W(A ∨ B) = w falls W(A ) = w oder W(B) = w und W(A ∨ B) = f andernfalls, sowie W(¬A ) = f falls W(A ) = w und umgekehrt. Diese Vorschrift liefert per Induktion eine Fortsetzung, die, was man wieder per Induktion verifiziert, die Bedingung erfüllt, so dass die Existenz gesichert ist. Man beachte, dass hier die Eindeutigkeit des induktiven Aufbaus zum Tragen kommt. Wäre dem nicht so, müsste man an dieser Stelle ein Wohldefiniertheitsproblem lösen. Die Eindeutigkeit zeigt man dann ebenfalls über eine (einfache) Induktion. Definition 1.1.7. Zwei Aussagen A und B heissen aussagenlogisch äquivalent, wenn für jede Wahrheitsbelegung W gilt W(A ) = w Beispiele 1.1.8. ⇔ W(B) = w. • Die Aussagen A ∧ (B ∨ C) und (A ∧ B) ∨ (A ∧ C) sind aussagenlogisch äquivalent. Dies sieht man ein, indem man die möglichen Werte aller Wahrheitsbelegungen in einer Wahrheitstafel vergleicht A B C B∨C A∧(B∨C) A∧B A∧C (A∧B)∨(A∧C) w w w w w w w w w w f w w w f w w f w w w f w w w f f f f f f f f w w w f f f f f w f w f f f f f f w w f f f f f f f f f f f f Logik 8 • Die Aussage A1 → A2 → · · · → An ist aussagenlogisch äquivalent zu (A1 ∧ A2 ∧ · · · ∧ An−1 ) → An . Definition 1.1.9. Eine Tautologie ist eine Aussage A , die unter jeder Wahrheitsbelegung den Wert w zugewiesen bekommt. • A ∨ ¬A ist eine Tautologie. Beispiele 1.1.10. • Die Aussage h i A ∧ (B ∨ C) → h i (A ∧ B) ∨ (A ∧ C) ist eine Tautologie. • Die Aussage A → (A → B) → B ist eine Tautologie, denn wir haben uns schon klargemacht, dass diese Aussage äquivalent ist zu [A ∧ (A → B)] → B 1.2 Sprachen der ersten Stufe Definition 1.2.1. Die Grundzeichen einer Sprache (erster Stufe) sind (a) abzählbar viele freie Variablen a1 , a2 , a3 , . . . , (b) abzählbar viele gebundene Variablen x1 , x2 , x3 , . . . , (c) für jedes n ≥ 0 eine Menge von n-stelligen Funktionszeichen f, g, f n , gn und eine Menge von n-stelligen Prädikatszeichen p, q, pn , qn , unter den 2-stelligen Prädikatszeichen das Gleichheitszeichen “=”, Logik 9 (d) die Junktoren ¬, ∨ und der Quantor ∀ (für alle). Die Unterscheidung von freien und gebundenen Variablen ist ein kleiner Trick, durch den man sich Unannehmlichkeiten erspart. Beispiele 1.2.2. • Das zweistellige Funktionszeichen + kommt in der Sprache der Ringtheorie vor. • Das zweistellige Prädikatszeichen ≤ kommt in der Sprache der partiellen Ordnungen vor. • Ein nullstelliges Funktionszeichen ist dasselbe wie eine Konstante, etwa e für die Eulerzahl. Nullstellige Prädikatszeichen heissen auch Aussagezeichen. Definition 1.2.3. (Induktive Definition der Terme einer Sprache L) (a) Jede freie Variable ist ein Term von L. (b) Ist f ein n-stelliges Funktionszeichen und sind t1 , . . . , tn Terme, so ist f t1 . . . tn ein Term von L. Ein Term heißt geschlossener Term, wenn er keine Variablen enthält. Konstanten sind Beispiele geschlossener Terme. Zur klammerfreien Schreibweise. Als Mathematiker schreiben wir gern f (t1 , . . . , tn ) statt f t1 . . . tn , das ist aber nur eine andere Schreibweise. In diesem Skript benutzen wir die klammerfreie Schreibweise, da es erstens induktive Beweise leichter macht und wir zweitens die Klammern zu anderen Zwecken brauchen. Wir werden etwa F(a) für eine Zeichenkette schreiben, in der die Variable a auftauchen kann (oder auch nicht). Dann bezeichnet F(x) die Zeichenkette, die wir erhalten, wenn wir jedes Auftreten von a durch x ersetzen. Ist etwa F(a) die Zeichenkette →= aa = aa, dann ist F(x) die Zeichenkette →= xx = xx. Logik 10 Man beachte, dass im ersten Abschnitt die Aussagenlogik mit Klammern eingeführt wurde. Letztenendes ist das Geschmacksfrage, man kann auch die Aussagenlogik klammerfrei machen, die Tautologie h i A ∧ (B ∨ C) → h (A ∧ B) ∨ (A ∧ C) i würde dann etwa → ∧A ∨ BC ∨ ∧AB ∧ AC, was die Lesbarkeit nicht verbessert. Einigen wir uns darauf, theoretisch eine klammerfreie Schreibweise zu benutzen, dann aber die jeweilige Schreibweise mit Klammern als Abkürzung für die klammerfreie zu betrachten. Beispiele 1.2.4. • a + b, ab + c sind Terme in der Sprache der Ringe. Eigentlich müssten wir +ab und + · abc schreiben, aber die geläufigen Schreibweisen dienen hier als Abkürzung. • ea ist ein Term in der Sprache der vollständigen geordneten Körper, wobei wir Freiheit haben, etwa e als Konstante zu definieren und dann ea = pot(e, a) zu setzen, wobei pot das Zeichen des Potenzierens sein soll, oder aber ea als e(a) zu interpretieren, wobei wir e als einstelliges Funktionszeichen verstehen und gelegentlich e als Abkürzung für e1 = e(1) benutzen. Definition 1.2.5. Die Primformeln einer Sprache L sind die Zeichenreihen pt1 . . . tn , wobei p ein n-stelliges Prädikatszeichen und t1 , . . . , tn Terme von L sind. Definition 1.2.6. (Induktive Definition der Formeln von L) (a) Jede Primformel von L ist eine Formel von L. (b) Sind A und B Formeln von L, so sind auch A ∨ B und ¬A Formeln von L. Logik 11 (c) Ist F(a) eine Formel, in der die freie Variable x nicht auftritt, dann ist ∀xF(x) eine Formel von L, wobei F(x) die Zeichenkette bedeutet, die man erhält, wenn man jedes Auftreten der Variablen a durch x ersetzt. Beispiele 1.2.7. • ∀x = xa ist eine Formel, weil = ba eine Formel ist, in der x nicht auftritt. • ∀x∀y = xy ist eine Formel. • ∀xxy und ∀x∀x = xx sind keine Formeln. • (∀xF(x)) ∨ (∀xG(x)) ist eine Formel, falls F(a) und G(a) Formeln sind, in denen x nicht auftritt. Definition 1.2.8. Eine Sprache L der ersten Stufe besteht aus den Grundzeichen, den Termen und den Formeln von L. Definition 1.2.9. Die logischen Grundzeichen einer Sprache L sind ¬, ∨, ∀, = . Lemma 1.2.10. Haben zwei Sprachen L und L0 dieselben Grundzeichen, so sind sie identisch. Beweis. Die Sprachen haben dieselben Grundzeichen. Induktiv folgt, dass sie dieselben Terme und Formeln haben. Unsere Formeln sind klammerfrei, was der mathematischen Gewohnheit widerspricht. Daher führen wir einige Abkürzungen ein: Logik 12 Definition 1.2.11. Abkürzungen: (A ∨ B) steht für ∨AB A → B steht für (¬A) ∨ B A∧B steht für ¬(¬A ∨ ¬B) A ↔ B steht für (A → B) ∧ (B → A) ∃xF(x) steht für ¬∀x¬F(x) x=y steht für = xy x,y steht für ¬(x = y) Wir lesen auch ∀x F(x) als Abkuerzung fuer ∀x F(x). Desweiteren ist ∀x∈A F(x) eine Abkuerzung fuer ∀x (x ∈ A → F(x)). Ferner steht auch ∃x F(x) fuer ∃xF(x). Zur Klammerersparnis vereinbaren wir ausserdem: (a) Aussenklammern werden meist fortgelassen, (b) ¬ bindet am stärksten, (c) ∧, ∨ binden stärker als →, ↔. Definition 1.2.12. Ist F eine Formel, so sei FV(F ) die Menge der freien Variablen in F . Ist FV(F ) = ∅, so heißt F eine geschlossene Formel. Definition 1.2.13 (Allabschluss). Ist B eine Formel mit FV(B) = {a1 , . . . , an }, dann ist B = F(a1 , . . . , an ). Jede Formel der Art ∀x1 ∀x2 . . . ∀xn F(x1 , . . . , xn ) heißt dann ein Allabschluss von B. Beispiel 1.2.14. Ist B die Formel a = b, so sind die Formeln ∀x ∀ y x = y und ∀x ∀ y y = x zwei Allabschlüsse von B. Logik 1.3 13 Der Begriff der Theorie Definition 1.3.1. Eine Theorie (der ersten Stufe) ist ein Paar T = L(T), Ax(T) , bestehend aus einer Sprache L(T) und einer Menge von Formeln Ax(T). Die Elemente von Ax(T) heissen die Axiome der Theorie T. Beispiel 1.3.2. (Gruppentheorie) Die nicht-logischen Zeichen der Gruppentheorie sind: • ein 0-stelliges Funktionszeichen, also eine Konstante e, • ein 1-stelliges Funktionszeichen i und • ein 2-stelliges Funktionszeichen m. Wir schreiben t−1 für it und (s · t) für mst und lassen äußere Klammern fort. Die Axiome der Gruppentheorie sind dann G1: (a · b) · c = a · (b · c), G2: a · e = a, G3: a · a−1 = e. Diese stehen abkürzend für G1: = mmabcmambc, G2: = maea, G3: = maiae. Der Nutzen der Abkürzungen dürfte damit klar sein. Logik 14 Beispiel 1.3.3. (Ringe mit Eins) Die nicht-logischen Grundzeichen der Theorie TR der Ringe mit Eins sind: • die Konstanten 0 und 1, • ein 1-stelliges Funktionszeichen −, • zwei 2-stellige Funktionszeichen + und ·. Die Axiome von TR sind R1 (a + b) + c = a + (b + c), R2 a + b = b + a, R3 a + 0 = a, R4 a + (−a) = 0, R5 (a · b) · c = a · (b · c), R6 a · 1 = a ∧ 1 · a = a, R7 a · (b + c) = a · b + a · c, R8 (a + b) · c = a · c + b · c. Streng genommen müssen wir die rechten Seiten von R7 und R8 klammern: (a · b) + (a · c), wir benutzen aber die Konvention, dass · stärker bindet als + (Punktrechnung geht vor Strichrechnung). In der logischen Schreibweise ist das + · ab · ac. Erweitern wir TR um das Axiom R9 a · b = b · a, Logik 15 so erhalten wir die Theorie der kommutativen Ringe mit Eins. Beispiele 1.3.4. • (Zahlentheorie Z, Peano-Arithmetik) Die nichtlogischen Grundzeichen von Z sind – die Konstante 0, – ein einstelliges Funktionszeichen S und zwei zweistellige Funktionszeichen + und ·. Die Axiome von Z sind ¬Sa = 0 Sa = Sb → a = b, a+0=a a + Sb = S(a + b) a·0=0 a · Sb = a · b + a und für jede Formel F(a), in der x nicht auftritt und in der ausser a keine freie Variable auftritt, die Formel F(0) → ∀x (F(x) → F(Sx)) → ∀x F(x). Man beachte, dass Z unendlich viele Axiome besitzt. Ferner fällt auf, dass zum Beispiel das Assoziativgesetz der Addition nicht verlangt wird. Dies kann man aber mit dem Induktionsschema herleiten, wie wir später sehen werden, wenn wir definiert haben, was eine Herleitung ist. • Die erweiterte Peano Arithmetik entsteht aus Z, wenn man zusätzlich ein zweistelliges Prädikat < hinzunimmt sowie die Logik 16 Axiome (a < b) ∨ (a = b) ∨ (b < a) ¬(a < a) a < Sb ⇔ (a < b ∨ a = b) Beispiel 1.3.5. (Theorie LO der linearen Ordnung) Einziges nichtlogisches Grundzeichen ist ein 2-stelliges Prädikatszeichen <. Wir schreiben a < b statt < ab. Die Axiome von LO sind a<b→b<c→a<c (Transitivität) ¬(a < a) (Antireflexivität) (a < b) ∨ (a = b) ∨ (b < a) (Linearität) Aus LO entsteht die Theorie DLO der dichten linearen Ordnung ohne Schranken, indem man die folgenden Axiome hinzufügt a<b → ∃ y (a < y ∧ y < b), ∃ y y < a, ∃ y a < y. Definition 1.3.6. Eine Sprache L heißt algebraisch, wenn alle nichtlogischen Grundzeichen Funktionszeichen sind. Eine Sprache heißt relational, wenn alle nichtlogischen Grundzeichen Prädikate oder Konstanten sind. Beispiele 1.3.7. • Die Gruppentheorie TG ist algebraisch, ebenso die Theorie TR der Ringe mit Eins und die Zahlentheorie Z. Die Ordnungstheorien LO und DLO sind relational. Logik 1.4 17 Strukturen, Interpretation und Modelle Definition 1.4.1. Sei L eine Sprache. Eine Struktur A zu L ist ein Tripel A = (A, F, R) mit (i) einer nichtleeren Menge A = |A |, genannt die Trägermenge von A. (ii) einer Familie F = ( fA ) f ∈L , die zu jedem n-stelligen Funktionszeichen f von L genau eine n-stellige Funktion auf A fA : An → A enthält. Wir identifizieren 0-stellige Funktionen auf A mit ihrem einzigen Wert in A. (iii) einer Familie R = (pA )p∈L , die zu jedem n-stelligen nicht-logischen Prädikatszeichen p von L genau eine n-stellige Relation pA ⊂ An enthält. Ist L eine algebraische/relationale Sprache, so nennt man A eine algebraische/relationale Struktur. Gruppen, Ringe und Körper sind algebraische Strukturen, geordnete Mengen relationale. Definition 1.4.2. Sei A eine Struktur zu L. Man erhält die Sprache L(A ) als Erweiterung von L, indem man zu jedem Element a ∈ |A | eine Konstante, den Namen von a hinzufügt. Den Namen von a bezeichnen wir wieder mit a. Dann wird A zu einer L(A )-Struktur erweitert, indem man dem Namen von a das Element a zuordnet. Beispiel 1.4.3. Sei L die Sprache der Ringe mit Eins und R der Körper der reellen Zahlen. Dann enthält L(R) einen Namen für jede Zahl. Logik 18 Lemma 1.4.4. (Interpretation) Sei A eine Struktur zur Sprache L. Dann gibt es genau eine Zuordnung, die jedem geschlossenen Term t von L ein Element A (t) ∈ |A | und jeder Formel F von L einen Wahrheitswert A (F) ∈ {w, f } zuordnet, derart, dass gilt: (a) fuer geschlossene Terme gilt (i) Für c ∈ |A | ist A (c) = c, (ii) Für jedes n-stellige Funktionszeichen f und geschlossene Terme t1 , . . . , tn gilt A ( f t1 . . . tn ) = fA (A (t1 ), . . . , A (tn )). (b) Fuer Formeln gilt (i) Sind a1 , . . . , an alle freien Variablen der Formel F = F(a1 , . . . , an ), dann ist A (F) = w ⇔ A (F(c1 , . . . , cn )) = w für alle c1 , . . . , cn ∈ |A |. (ii) sind t1 , . . . , tn geschlossene Terme und p ein Praedikatszeichen, so gilt A (pt1 . . . tn ) = w (iii) A (¬A) = w (v) A (∀x F(x)) = w (A (t1 ), . . . , A (tn )) ∈ pA , A (A) = f , ⇔ (iv) A (B ∨ C) = w ⇔ ⇔ ⇔ A (B) = w oder A (C) = w, A (F(c)) = w für alle c ∈ |A |. Diese Zuordnung wird die Interpretation der Sprache L(A ) in der Struktur A genannt. Beweis. Existenz: Man definiert die Zuordnung A induktiv, indem man genau die geforderten Eigenschaften zur Definition benutzt. Man Logik 19 definiert also A (c) B c, falls c ∈ |A | sowie A ( f t1 . . . tn ) B fA (A (t1 ), . . . , A (tn )) und so weiter. Die Eindeutigkeit des Aufbaus fuehrt dazu, dass kein Wohldefiniertheitsproblem entsteht. Eindeutigkeit: Sei A 0 eine zweite solche Zuordnung. Fuer c ∈ |A | gilt dann A (c) = c = A 0 (c). Sind t1 , . . . , tn geschlossene Terme, fuer die A (t j ) = A 0 (t j ), j = 1, . . . , n gilt, dann ist A ( f t1 . . . tn ) = fA (A (t1 ), . . . , A (tn )) = A 0 ( f t1 . . . tn ). Induktiv folgt hieraus, dass A (t) = A 0 (t) fuer jeden geschlossenen Term t. Fuer Formeln geht man ebenso vor. Man beachte, dass für eine Formel F genau dann A (F) = w gilt, wenn dies für ihren Allabschluss richtig ist. Lemma 1.4.5. Sei ∀x F(x) eine Formel aus L(A ). Dann gilt (a) A (∃x F(x)) = w ⇔ A (F(c)) = w für mindestens ein c ∈ |A |. (b) A ∀x ∀ y F(x) → F(y) → x = y = w ⇔ A (F(c)) = w für höchstens ein c ∈ |A |. Beweis. (a) ∃x F(x) ist ¬∀x ¬F(x). Also folgt aus der Definition der Interpretation A (¬∀x ¬F(x)) = w ⇔ A (∀x ¬F(x)) = f ⇔ A (¬F(c)) = w gilt nicht für alle c ∈ |A | ⇔ A (¬F(c)) = f gilt für mindestens ein c ∈ |A | ⇔ A (F(c)) = w gilt für mindestens ein c ∈ |A |. Logik 20 (b) A (∀x ∀ y (F(x) → F(y) → x = y)) = w ⇔ für alle c, d ∈ |A | folgt c = d aus A (F(c)) = A (F(d)) = w ⇔ es gibt höchstens ein c ∈ |A | mit A (F(c)) = w. Interessanterweise ist also Es gibt (mindestens) ein... eine Existenzaussage, wohingegen Es gibt höchstens ein... eine Allaussage ist. Definition 1.4.6. (Modell) Sei T eine Theorie zur Sprache L. (a) Sei A eine Struktur zu L. Eine Formel B gilt in A oder ist A -gültig, falls A (B) = w. In diesem Fall schreiben wir A |= B und lesen dies als “in A gilt B”. (b) Eine Struktur A ist ein Modell von T, wenn jedes Axiom von T in A gilt. (c) Eine Formel B gilt in der Theorie T, wenn B in jedem Modell gilt. Wir schreiben dann T |= B. Beispiele 1.4.7. • Die Modelle der Gruppentheorie sind genau die Gruppen, die Modelle der Ringtheorie sind genau die Ringe. • Die Menge der natürlichen Zahlen mit Null: N0 ist ein Modell der Zahlentheorie. Dies ist das Standardmodell der Zahlentheorie. Es gibt aber noch weitere Modelle, wie wir später sehen werden. Definition 1.4.8. Sei A eine Struktur zur Sprache L. Die Theorie T(A ) = TL (A ) von A ist die Theorie zur Sprache L, deren Axiome Logik 21 genau alle in A wahren Formeln sind: n o Ax(T(A )) = C : C ist eine Formel aus L mit A (C) = w . Lemma 1.4.9. Sei A eine Struktur zur Sprache L. (a) A ist ein Modell von T(A ). (b) Für jede Formel C aus L gilt A |= C ⇔ C ∈ Ax(T(A )) ⇔ T(A ) |= C. Beweis. (a) Die Axiome von T(A ) gelten nach Definition in A . (b) Die erste Äquivalenz ist die Definition von Ax(T(A )). Zur zweiten: Ist C ein Axiom von T(A ), dann gilt C in jedem Modell, also folgt T(A ) |= C, d.h., C gilt in T(A ). Umgekehrt: gilt C in T(A ), dann gilt C in jedem Modell, also insbesondere gilt C in A und damit liegt C nach Definition in Ax(T(A )). Bemerkung 1.4.10. (Sprachabhängigkeit der Theorie T(A )) Man beachte, dass T(A ) = TL (A ) essentiell von der Sprache L abhängt und sich zum Beispiel von TL(A ) (A ) unterscheidet. Wir machen das an einem Beispiel klar. Sei L die logische Sprache, also ohne alle nichtlogischen Grundzeichen. Jede Menge A definiert dann eine L-Struktur. Sei A eine L-Struktur mit überabzählbarer Trägermenge A = |A |. Da wir nur das Prädikat = haben und keine Funktionszeichen, können wir in L nicht so viele interessante Formeln hinschreiben und man macht sich klar, dass eine Formel in dieser Sprache, die in A gilt, in jeder unendlichen Menge gilt. Wir brauchen eine unendliche Menge, Logik 22 weil wir ja zum Beispiel für jedes n die Formel ∀x1 . . . ∀xn ∃ y y , x1 ∧ · · · ∧ y , xn haben, die sichert, dass jedes Modell von TL (A ) unendlich ist. Da wir aber mit unseren Formeln immer nur endliche Sachverhalte ausdrücken können, ist es auch so, dass jede abzählbar unendliche Menge ein Modell für TL (A ) ist. Betrachten wir dieselbe Situation in der Sprache L(A ), so sieht die Sache anders aus: Wir haben einen Namen a für jedes a ∈ A und die unendlich vielen Formeln a,b für a , b in A gelten in A . Also gelten sie in jedem Modell von TL(A ) (A ), woraus folgt, dass jedes Modell dieser Theorie eine Kardinalität ≥ |A| haben muss. 1.5 Herleitungen Definition 1.5.1. Sei F(A1 , . . . , An ) eine aussagenlogische Tautologie, die ausser den Aussagenvariablen A1 , . . . , An nur noch die logischen Junktoren ∨ und ¬ enthält. Sind dann Q1 , . . . , Qn Formeln in der Sprache L, dann nennen wir F(Q1 , . . . , Qn ) eine Tautologie in der Sprache L. Definition 1.5.2. Die Logischen Axiome sind 1. alle Tautologien A der Sprache L, (Tautologien) Logik 23 2. alle Formeln ∀x F(x) → F(t), wobei t ein Term ist, (Ersetzungsregel) 3. alle Formeln (∀x (A → B)) → (∀x A) → (∀x B), (∀-Verteilung) 4. falls x nicht in F(a) auftritt, F(a) → ∀x F(x) für jede freie Variable a, (Verallgemeinerung) 5. alle Formeln t = t für Terme t, (Gleichheit) 6. alle Formeln s = t → A → A0 , wenn A0 aus A entsteht, indem man an einigen Stellen s durch t ersetzt. Hierbei sind s und t Terme. (Termersetzung) Wir schreiben Ax(Log) für die Menge der logischen Axiome. Bemerkung 1.5.3. Die logischen Axiome gelten in allen Strukturen zur Sprache L. Definition 1.5.4. (Modus Ponens) Wir sagen, eine Formel B entsteht durch Modus Ponens aus einer Formelmenge ∆, wenn ∆ die Formeln A → B und A enthält. Wir schreiben dies als (A → B, A) ` B. Logik 24 Definition 1.5.5. (Herleitung) Sei ∆ eine Menge von Formeln und sei F eine Formel. Eine Herleitung von F aus ∆ ist eine Folge (F1 , . . . , Fn ) von Formeln, so dass Fn = F gilt und für jedes j = 1, . . . , n die Formel F j durch Modus Ponens aus den logischen Axiomen und (∆, F1 , . . . , F j−1 ) entsteht. Wir sagen, F ist aus ∆ herleitbar, falls eine Herleitung aus ∆ existiert. Wir schreiben dafür auch ∆ ` F. Lemma 1.5.6. (a) Ist A ∈ ∆, dann gilt ∆ (b) Gilt ∆ ` ` A. F, so gibt es eine endliche Teilmenge ∆0 ⊂ ∆, so dass ∆0 ` F. Beweis. (a) Sei A ∈ ∆. Die Tautologie A → A ist herleitbar und daher ist nach dem Modus Ponens ∆ ` A. (b) Da eine Herleitung nur endlich viele Modus Ponens Schritte hat, werden in ihr auch nur endlich viele Formeln aus ∆ benötigt. Definition 1.5.7. Ist T eine Theorie und F eine Formel in der Sprache von T, so schreiben wir T falls Ax(T) ` ` F, F, also falls die Formel F aus den Axiomen von T herleitbar ist. Satz 1.5.8 (Korrektheitssatz). Ist eine Formel herleitbar, dann gilt sie in jedem Modell, also T ` F ⇒ T |= F. Beweis. Sei F eine herleitbare Formel und sei (F1 , . . . , Fn ) eine Herleitung. Wir beweisen den Satz durch Herleitungsinduktion, also Induktion Logik 25 nach n. Ist n = 1, so entsteht F durch Modus Ponens aus logischen Axiomen oder Axiomen von T, also etwa (A, A → F) ` F. Da A und A → F dann in allen Modellen gelten, gilt auch F in allen Modellen. Im Induktionsschluss schliesst man ebenso, nur dass dann die Gültigkeit von A und A → F aus der Induktionsvoraussetzung gefolgert wird. Definition 1.5.9. Eine Theorie T heißt widersprüchlich, falls es eine Formel F gibt, so dass in T sowohl F als auch ¬F herleitbar sind. Eine Theorie heißt konsistent, wenn sie nicht widersprüchlich ist. Korollar 1.5.10. Hat eine Theorie T ein Modell, so ist sie konsistent. Beweis. Sei A ein Modell. Wäre T widersprüchlich, so gäbe es eine Formel F, so dass F und ¬F beide herleitbar wären. Dann gölten aber auch beide in A , was nach dem Korrektheitssatz dazu führt, dass A (F) gleichzeitig w und f ist, was nicht sein kann. 1.6 Der Vollständigkeitssatz Satz 1.6.1 (Vollständigkeitssatz). (a) Ist eine Theorie T konsistent, dann hat sie ein Modell. (b) Gilt eine Formel F in allen Modellen von T, dann ist sie auch herleitbar, also T |= F ⇒ T ` F. Korollar 1.6.2 (Ex falso quodlibet). Ist eine Theorie widersprüchlich, so kann man jede Formel in ihr herleiten. Logik 26 Beweis des Korollars. Ist T widersprüchlich, dann hat sie nach Korollar 1.5.10 kein Modell. Ist F irgendeine Formel in der Sprache von T, dann gilt F in allen Modellen von T (denn es gibt ja keine). Damit ist F nach dem Satz herleitbar. Der Beweis des Satzes wird den Rest des Abschnitts in Anspruch nehmen. Definition 1.6.3. Sind α1 , . . . , αn , β Formeln, so sagen wir, dass (α1 , . . . , αn ) die Formel β tautologisch impliziert, falls die Formel α1 → α2 → · · · → αn → β eine Tautologie ist. Lemma 1.6.4. Sind α1 , . . . , αn in T herleitbar und ist β von ihnen tautologisch impliziert, so ist auch β in T herleitbar. Beweis. Da α1 → α2 → · · · → αn → β eine Tautologie ist, ist es herleitbar. Nun braucht man nur noch wiederholt den Modus Ponens anzuwenden und erhält eine Herleitung für β. Lemma 1.6.5 (Deduktionslemma). Gilt (∆, A) ∆ ` ` B, so gilt auch A → B. Beweis. Wir setzen der Einfachheit voraus, dass ∆ alle logischen Axiome enthält. Wir zeigen durch Induktion über Herleitungsslänge, dass A → B herleitbar ist. Sei (F1 , . . . , Fn = B) eine Herleitung von B. Sei der letzte Schluss von (∆, A) ` B der Modus Ponens (C, C → B) ` B. Damit liegen die Formeln C, C → B beide in (∆, A, F1 , . . . , Fn−1 ). Ist C ≡ A, dann ist A → B in (∆, F1 , . . . , Fn−1 ) und damit nach Induktion aus ∆ herleitbar und wir sind fertig. Ist andererseits (C → B) ≡ A, dann ist A → B dasselbe wie (C → B) → B. Die Formel C muss dann in (∆, F1 , . . . , Fn−1 ) liegen, ist also aus ∆ herleitbar. Nun ist C → (C → B) → B Logik 27 eine Tautologie (Beispiel 1.1.10) und damit aus ∆ herleitbar, so dass nach einem Modus Ponens die Formel (C → B) → B aus ∆ herleitbar ist. Es bleibt der Fall, dass A verschieden von beiden C und (C → B) ist. In diesem Fall liegen diese beiden Formeln also schon in (∆, F1 , . . . , Fn−1 ), sind nach Induktionsvoraussetzung also aus ∆ herleitbar, daher ist auch B aus ∆ herleitbar. Lemma 1.6.6 (Reductio ad absurdum). Ist ∆ ∪ {A} nicht konsistent, dann folgt ∆ ` ¬A. Beweis. Nach Definition gibt es eine Formel B, so dass in (∆, A) sowohl B als auch ¬B herleitbar ist. Nach dem Deduktionslemma folgt, dass in ∆ sowohl A → B als auch A → ¬B herleitbar ist. Nun ist aber (A → B) → (A → ¬B) → ¬A eine Tautologie! Also folgt nach der tautologischen Implikation, dass ∆ ` ¬A. Definition 1.6.7. Eine Formelmenge Σ zu einer Sprache L heißt maximalkonsistent, wenn sie maximal ist in der Menge aller konsistenten Formelmengen zu L. Lemma 1.6.8. (a) Eine konsistente Formelmenge Σ ist genau dann maximalkonsistent, wenn für jede Formel F in der Sprache L gilt L ∈ Σ oder ¬L ∈ Σ. (b) Zu jeder konsistenten Formelmenge ∆ einer Sprache L gibt es eine maximalkonsistente Formelmenge Σ, die ∆ enthält. Beweis. (a) Sei Σ maximalkonsistent und F eine Formel der Sprache L. Da Σ maximal ist, folgt: F ∈ Σ oder (Σ, F) ist nicht konsistent. Im Logik 28 zweiten Fall folgt nach dem letzten Lemma, dass Σ ` ¬F und damit ist (Σ, ¬F) konsistent, so dass wieder aus der Maximalität ¬F ∈ Σ folgt. (b) Sei S die Menge aller konsistenten Formelmengen Σ ⊃ ∆. Wir wollen das Lemma von Zorn auf S anwenden. Ist K ⊂ S eine linear geordnete S Teilmenge, dann behaupten wir, dass M = Σ∈K Σ immer noch konsistent ist. Angenommen, M ist nicht konsistent, es gibt also eine Formel A mit M ` A und M ` ¬A. Nach Lemma 1.5.6 gibt es eine endliche Teilmenge M0 von M so dass M0 ` A und M0 ` ¬A. Da K linear geordnet, gibt es ein Σ ∈ K so dass Σ ⊃ M0 , damit ist Σ aber widersprüchlich, im Widerspruch zur Annahme. Es folgt also, dass M konsistent ist, damit erfüllt S die Kettenbedingung, hat also nach Zorns Lemma ein maximales Element Σ. Lemma 1.6.9 (Verallgemeinerung). Es gelte ∆ ` F(c), wobei c ein Konstantensymbol ist, das in keiner Formel von ∆ auftritt, dann gibt es eine gebundene Variable x, die nicht in F(c) auftritt, so dass ∆ ` ∀x F(x) gilt. Ferner gibt es eine Herleitung für ∀x F(x), in der c nicht auftritt. Beweis. Induktion über die Herleitung von F(c). Sei a eine freie Variable, die in F(c) nicht auftritt. Ist F(c) ein logisches Axiom, dann ist auch F(a) eines und damit ohne c herleitbar. Das logische Axiom Nummer 4 besagt F(a) → ∀x F(x) und damit ist mit Modus Ponens auch ∀x F(x) ohne c herleitbar. Der Fall F(c) ∈ ∆ tritt nicht auf, da keine der Formeln in ∆ die Konstante c enthaelt. Induktionsschritt: Sei (A(c), A(c) → F(c)) ` F(c) der letzte Schritt der Herleitung. Nach Induktionsvoraussetzung sind in ∆ auch die Formeln ∀x A(x) und ∀x (A(x) → F(x)) ohne c herleitbar. Nach der ∀-Verteilung ist dann auch ∀x A(x) → ∀x F(x) ohne c herleitbar und mit dem Modus Ponens folgt ∆ ` ∀x F(x) mit einer c-freien Herleitung. Logik 29 Zum Beweis des Vollständigkeitssatzes stellen wie als erstes fest, dass es reicht, Teil (a) zu zeigen. Sei dazu F eine Formel, die in allen Modellen von T gilt. Nimm nun an, dass (T, ¬F) konsistent ist. Dann hat sie nach Teil (a) auch ein Modell. Dies ist dann aber ein Modell von T in dem ¬F gilt, also F nicht gilt, was ein Widerspruch ist! Wir folgern also, dass (T, ¬A) nicht konsistent ist. Nach der Reductio ad absurdum folgt, dass T ` ¬¬A. Nun ist ¬¬A → A eine Tautologie, also beweist T die Formel A. Nun beweisen wir Teil (a). Sei T konsistent und ∆ = Ax(T). Wir geben im folgenden eine Konstruktion an, bei der wir die Sprache um neue Konstantensymbole erweitern und ∆ zu einer Formelmenge Σ in der neuen Sprache vergrößern, so dass folgendes gilt (i) ∆ ⊂ Σ, (ii) Σ ist in der erweiterten Sprache maximalkonsistent, (iii) Σ ist eine Henkin-Menge, d.h., für jede Formel F(a) gibt es eine Konstante c, so dass die Formel ¬∀x F(x) → ¬F(c) ein Element von Σ ist mit einer Variablen x, die nicht in F(a) auftritt. Wir konstruieren Σ wie folgt. Wir starten mit der Sprache L0 = L und der Formelmenge ∆0 = ∆. Für jede freie Variable a, jede Formel F(a) der Sprache L0 und jede gebundene Variable x, die nicht in F(a) auftritt, wählen wir ein neues Konstantensymbol ca,F,x und erhalten so die Sprache L1 . Dann erweitern wir ∆ für jedes (a, F, x) um die Formel ¬∀x F(x) → ¬F(ca,F,x ). Lemma 1.6.10. ∆1 ist konsistent.
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