Erfolge in der Lehre Ich habe gar nicht so hohe Ansprüche an gute

Erfolge in der Lehre
Ich habe gar nicht so hohe Ansprüche an gute Lehre, wie der Stifterverband.
Ich will gar keinen Lerncoach, der meine Entwicklungsprozesse ermöglicht.
Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wer das eigentlich sein soll.
Vielleicht laden sich da einige Hochschullehrer_innen zu viel auf. Für mich
zeichnet sich erfolgreiche Lehre dadurch aus, dass die Lehrperson fachlich
kompetent und gut vorbereitet ist und ein ehrliches Interesse daran hat,
diese fachliche Kompetenz weiter zu geben. Wenn sie dann außerdem noch
ein ehrliches Interesse an den Studierenden hat, bin ich schon glücklich.
Also, wenn sie versucht unsere Lebensrealität mit in Betracht zu ziehen und
uns ernst nimmt.
Eine Lehrveranstaltung ist nach meinen Maßstäben dann erfolgreich, wenn
sie mich neu motiviert und daran erinnert warum ich das studiere, was ich
studiere.
Ansonsten stimme ich Andrea Schmidt auf jeden Fall zu, dass erfolgreiche
Lehre oft etwas damit zu tun hat, dass mir „ein Licht aufgeht“.
Das Licht geht allerdings oft auch erst zwei Semester später an und erst
dann merke ich, wie erfolgreich die Lehrveranstaltung für mich eigentlich
war. Dann kann ich die gelernten Dinge immer wieder anwenden und sie
haben, im besten Fall, eine Relevanz für meine berufliche Praxis. Wenn ich
immer wieder über die Inhalte der Lehrveranstaltung stolpere und dadurch
konstruktiver an anderen Veranstaltungen teilnehmen kann, dann war die
Lehrveranstaltung ein Erfolg.
Scheitern in der Lehre
Aber: Es gibt auch schlechte Lehre. Gescheiterte Lehre. Da sitze ich dann in
der Veranstaltungen und denke: das ist jetzt gerade pure
Zeitverschwendung. Dann schaue ich alle zwei Minuten auf die Uhr und alle
drei Minuten auf mein Handy, ob wenigstens bei Facebook was Spannendes
passiert ist.
Ich bin der Meinung, dass die Grundverantwortung bei der Lehrperson
liegt, die Weichen für einen erfolgreichen Kurs zu stellen.
Leider habe ich an sowohl an dieser als auch an anderen Hochschulen
erlebt, dass Lehrpersonen, insbesondere Professor_innen, ihre Lehre als
etwas wahrnehmen, was sie halt auch noch machen müssen.
Denn gute Lehre verspricht nicht das gleiche Prestige und die gleiche
Anerkennung wie das Forschen und Publizieren. Professor_innen werden
immer noch hauptsächlich wegen ihrer wissenschaftlicher Expertise
berufen und nicht, wegen ihrer guten Lehre.
Das spiegelt sich auch im Brandenburgische Hochschulgesetz wieder.
Dieses spricht Studierenden 30% Stimmanteil in nach Statusgruppen
zusammengesetzten Gremien zu, wenn es um die Themen
Studienorganisation und Lehre geht. Ganz konkret ausgenommen von
dieser Regelung sind aber Berufungsverfahren von Professor_innen. Weil
Professor_innen ja mit der Lehre nichts zu tun haben?
Die meisten Lehrenden haben keine didaktische Ausbildung. Ich finde es
sehr schade, dass dann unter Umständen ein/e Professor_in fachlich super
gut ist, aber ihr Wissen und ihre Begeisterung für das Fach nicht
weitergeben kann, weil sie eben methodisch und didaktisch nicht gut ist. Es
bleibt also dem Zufall überlassen, ob Lehrende gute Lehre machen.
Auch wenn es Lehrevaluationen gibt, die letztendlich dazu da sind, dass
Lehrende ihre Veranstaltungen besser gestalten können, haben viele
Studierende keine Lust darauf, weil sie den Eindruck haben, dass die
Evaluationen keine Konsequenzen haben.
Welche Anreize und Unterstützung brauchen Lehrende also, um ihre
Veranstaltungen besser gestalten zu können und wie kann gute Lehre
besser wertgeschätzt werden?
Ich bin leider noch nicht zu besonders guten Antworten gekommen, aber
vielleicht können Sie die Frage bei den Workshops heute Nachmittag
mitdenken.
Die Verantwortung von Studierenden
Andrea Schmidt hat aber auch Recht, wenn Sie sagt, dass nicht nur die
Lehrenden alleine dafür verantwortlich sind, dass ein Seminar zu einem
Erfolg wird, oder eben auch nicht. Auch die Studierenden haben ihren
Anteil daran. Die Lehrperson schafft allerdings die Rahmenbedingungen
und ist Anleiterin für uns. Was die Teilnehmer_innen dann daraus machen,
ist eine andere Geschichte.
Andrea Schmidt ist nicht die einzige, die immer wieder an dem „Eigensinn
der Studierenden“ scheitert. 2012 veröffentlichte die
Politikwissenschaftlerin Christiane Florin in der Zeit den Artikel „Ihr wollt
nicht hören sondern fühlen“, in dem sie das Desinteresse ihrer
Studierenden beschrieb, die nicht über Weber und Adorno diskutieren
wollten und stattdessen an ihren Wasserflaschen nuckelten.
Was könnten Ursachen dafür sein, dass wir Studierende als angepasste
Langweiler der Generation Y wahrgenommen werden?
Ich gehöre ja zu dieser angeblichen Generation Y. Von der einen Seiten
muss ich mir vorwerfen lassen, super angepasst zu sein und von der
anderen Seite, dass ich ein Ego-Shooter bin und es mir nur um meine
Selbstverwirklichung geht. Daran wird deutlich, dass dieses Konstrukt nicht
besonders stabil ist. Generation Y kommt übrigens aus dem angloamerikanischen und dort wird Ypsilon wie Why also Warum
ausgesprochen. Demnach wären wir also die Generation, die alles
hinterfragen.
Ich sehe uns allerdings eher als Selbstoptimierer, die unter ihren eigenen
Perfektionsansprüchen leiden: Praktika / Nebenjob, Liebesleben,
Partyleben, Konsumverhalten, Körperfettanteil - alles muss stimmen.
Vielleicht ist die Lese- und Diskutierlust irgendwo in der Selbstoptimierung
verloren gegangen?
Andererseits ist es leichter eine kritische Haltung zu entwickeln, wenn ich
mir keine Gedanken darüber machen muss, wo ich bezahlbar wohnen kann
oder wie ich mein Studium finanziere. Die Studienabschnittsbezogene
Evaluation an der FH Potsdam hat ergeben, dass nur 6% der Studierenden
der FH nicht arbeiten gehen und nur 17% ihr Studium zu 75% oder mehr
durch Bafög finanzieren. Und das bezahlbarer Wohnraum in Potsdam und
Berlin immer knapper wird, brauche ich niemandem zu erklären.
Und auch die Hochschulen und das Bachelor-und-Master-System befördern
die Angepasstheit der Studierenden. Auf der Jagd nach Credits, der
Währung der Hochschulen, kann man schnell aus dem Auge verlieren, dass
es nicht darum geht 3 oder 4 Credits für einen Kurs zu bekommen, sondern
darum, sich in einem Kurs intensiv mit einem Thema auseinander zu
setzen. Ein Dozent von mir hat mal vorgeschlagen, dass jeder/m Student_in
zur Immatrikulation 180 bzw. 240 Credits gutgeschrieben werden. Die
nächsten 3 oder 4 Jahre könne dann einfach studiert werden. Auch wenn
dieser Vorschlag sicherlich schwierig umzusetzen wäre, hat er als
Gedankenexperiment dennoch einen gewissen Reiz.
Auch hat die Fachhochschule Potsdam es sich zum Ziel gesetzt, die
Employability ihrer Studierenden zu fördern. Wir sollen also fit für den
Arbeitsmarkt gemacht werden. Diese Ökonomisierung des Studiums hat
nach meinem Verständnis weniger mit der Ausbildung von kritischen,
selbstdenken Persönlichkeiten zu tun, denn diese können unter Umständen
ziemlich unbequem werden.
Zurück zur Verantwortung der Studierenden am Erfolg von Lehre. Denn ich
habe ehrlich gesagt keine Lust mehr, als Teil dieser uninteressierten,
angepassten Studierendenmasse wahrgenommen zu werden.
Auch die Studierenden von Christiane Florin wollten sich den Stempel der
angepassten Wasser-Nuckler nicht aufdrücken lassen und diskutieren
Freitags, morgens um 8:00 mit ihr über Politikwissenschaft. In der
aktuellen Zeit räumt sie ein, dass es mehr Nachdenkliche gibt, als sie
erwartet hatte.
Ich fordere also mich und meine Mitstudierenden auf, uns unserer
Verantwortung bewusst zu sein und die Lehrveranstaltungen aktiv
mitzugestalten. Und wenn ihr merkt, dass die Lehrveranstaltung an die
Wand fährt oder euch zu Tode langweilt, tut etwas dagegen und sucht das
Gespräch mit den Dozentinnen. Das setzt natürlich voraus, dass diese offen
für Kritik und Veränderungen sind. Fordert gute Lehre ein, denn diese ist
schließlich das Kerngeschäft der Hochschulen.