news der Freunde der Oper Zürich

Nicht zuletzt eröffnen die historischen
Instrumente Schlüsselmomente. Momente, in denen sich den Musikerinnen und
Musikern die Sprache des 18. Jahrhun-
«Funkelnd, energisch,
emotional, leidenschaftlich,
lebendig, nie langweilig.»
Christian Berner, Kaufmännischer Direktor
derts eröffnet. In solchen Momenten übersetzen die Instrumente
die Sprache, die in den Noten
steht. In Noten, die für eben
diese Instrumente geschrieben sind. «Ich bin überzeugt, dass ein so genialer
Instrumentalist wie Mozart
sehr bewusst das Instrumentarium, das er kannte und
das ihm zur Verfügung stand,
eingesetzt hat», so Mahrenholz. «So können wir seine humanistischen Aussagen und die
Psychen der Figuren durch dieses erforschen.» Die Suche nach
dem Ausdruck ist somit unmittelbar an das Instrument gekoppelt. «Mit dem entsprechenden
Material ist man näher am Text
und kann das, was geschrieben
steht, einfacher umsetzten», erläutert Mätzener und auch Ada
Pesch beschreibt solche Schlüsselmomente, in denen die Sprache der Musik
selbstverständlich zu werden scheint:
«Wenn man die Musik des 18. Jahrhunderts mit Instrumenten desselben spielt,
dann komme ich an einen Punkt, an dem
ich sage: Ah, jetzt geht es leichter, so ist
es gemeint.» Handwerk, Instrument und
Musik liegen dann ganz nahe beieinander. «Es macht grosse Freude, dieses
Handwerk, diese Sprache zu entdecken.
Man gelangt in einen Ozean von Ideen»,
schwärmt Philipp Mahrenholz von den
Erfahrungen bei der Suche nach dem originalen Klang. «Die gemeinsame Suche
inspiriert. Sie hat etwas intimes, etwas davon, gemeinsam in Klausur zu gehen
und danach zu fragen, wie man eine
Stelle spielen soll, wie wir unsere Instrumente zusammenführen. Wir sind
gezwungen, mehr zu investieren
und uns dadurch auch mehr aufeinander zuzubewegen», so
Mahrenholz. Letztlich strahlt
diese Begeisterung auch auf
die Arbeit im grossen Orchester mit modernen Instrumenten zurück. Es entsteht eine Synergie und
eine Kraft, die den Musiker
dazu inspiriert, seine Aussage stets aufs Neue zu
definieren. So bewegt sich
das Orchester noch immer
im Sinne seines Initianten
Nicolaus Harnoncourt, der
einst sagte «Jede Idee entsteht
im Dialog.»
Die Gespräche führte
Laurina Raffainer
Kalender
Die Entführung aus dem Serail
Bühnen-Orchesterprobe
Dienstag, 1. November 2016
19.00 – 22.00 Uhr
Mitgliederversammlung mit
anschliessendem Konzert des IOS
und Aperitif
Montag, 28. November 2016
18.00 Uhr, Bernhard Theater
Regieteam, Solisten, Zusatzchor,
Orchestra La Scintilla
Leitung: Maxim Emelyanychev
vor dem Probebesuch:
«nachgefragt»
Dramaturgin Beate Breidenbach
im Gespräch mit dem Regisseur
David Hermann
18.00 – 18.40 Uhr, Studiobühne
Empfang ab 17.30 Uhr, Foyer Billettkasse
Führung hinter die Kulissen
Freitag, 11. November 2016
16.30 – 18.00 Uhr
Schwerpunkt
Die Entführung aus dem Serail
Treffpunkt um 16.25 Uhr, Foyer Billettkasse
Messa da Requiem
Orchesterprobe im Proberaum
Mittwoch, 16. November 2016
10.00 – 12.30 Uhr
Philharmonia Zürich
Leitung: GMD Fabio Luisi
Treffpunkt 9.30 Uhr, Orchesterproberaum
Merkurstrasse 4 (beim Kreuzplatz)
Médée
Bühnen-Orchesterprobe
Dienstag, 17. Januar 2017
10.00 – 13.00 Uhr
Regieteam, Solisten, Chor
Orchestra La Scintilla
Leitung: William Christie
Empfang ab 9.30 Uhr, Foyer Billettkasse
Führung hinter die Kulissen
Samstag, 11. März 2017
16.30 – 18.00 Uhr
Schwerpunkt Don Giovanni
Treffpunkt um 16.25 Uhr, Foyer Billettkasse
Save the date
Opernball 2017
Patronat der Freunde der Oper Zürich
Samstag, 4. März 2017
Anmeldung: [email protected]
*Änderungen vorbehalten
Bitte melden Sie sich für die Proben und Führungen an:
[email protected] oder 044 268 66 39
Probentelefon 044 268 66 59
Freunde der Oper Zürich
Falkenstrasse 1, 8008 Zürich, 044 268 66 39
[email protected], www.opernfreunde.ch
news
Januar 2016
Oktober 2016
Wenn die Funken sprühen
mit einem Lächeln auf den Punkt: «Es ist
fürchterlich! Wenn man reinbläst wie bei
einem modernen Instrument, hat man einen sehr unausgeglichenen Ton.» Spricht
er zudem von «Vokalisierung, Ansatzdruck und Luftstütze» sowie davon, dass
selbst die «Stimmritzen» derart angespannt werden sollen, dass man zwar noch
nicht singt, aber die Luft dennoch entscheidend dosiert ist, dann lässt sich die
Komplexität dieses Musizierens erahnen.
«Ein modernes Instrument erfordert keine derart differenzierte Technik», versichert Heinrich Mätzener.
Das Orchestra La Scintilla im Fokus
Den Anfang machte eine Idee. Die Idee,
mit historischen Instrumenten einem originalen Klang der Musik des 18. Jahrhunderts nachzuspüren. Es war die Idee von
niemand geringerem als Nikolaus Harnoncourt. Durch ihn begann sie, die begeisterte sowie begeisternde Suche danach,
was diese Musik ausdrücken will. Und dass
die Suche, die nicht nur als Klang- sondern
zugleich als Sinnsuche bezeichnet werden
kann, bei den Musikerinnen und Musikern
des Orchesters der Oper Zürich, wie es sich
damals noch nannte, auf fruchtbaren Boden stiess, zeigte sich bald. Denn was bei
den Blech- und Holzbläsern begann, breitete sich im ganzen Orchester aus und
nachdem ein inspirierendes Projekt zum
nächsten führte wurde 1996 das BarockOrchester namens La Scintilla gegründet.
«Wir waren sehr durch Harnoncourt beeinflusst und durch ihn inspiriert», erläutert Ada Pesch, die seit der Geburtsstunde des Barockensembles mit dabei und
«Dynamisch, transparent
und farbig. Immer anders,
immer unmittelbar.»
David Hermann,
Regisseur Die Entführung aus dem Serail
seither deren Konzertmeisterin ist. Heute zählen nahezu alle Musiker der Philharmonia Zürich zum Barockensemble, das
aber immer nur in kleinen Formationen
von höchstens vierzig Musikerinnen und
Musikern auftritt. Und nicht nur im
Opernhaus Zürich kommt man, sei es an
Opernabenden oder durch Konzertreihen, in den Hörgenuss dieses Ensembles.
La Scintilla geht auf Tourneen rund um
die Welt und namhafte Sängerinnen und
Sänger, allen voran Cecilia Bartoli, suchen
die Zusammenarbeit stets aufs Neue. Das
jüngste Projekt des Ensembles ist Wolfgang Amadeus Mozarts Die Entführung
aus dem Serail, welche am 6. November
2016 in Zürich zur Premiere kommt.
Wie ein zusätzliches Kind
Die Erfolgsgeschichte der Scintilla liegt
nicht allein bei talentierten Musikerinnen
und Musikern. Ein entscheidendes Element beschreibt der Name La Scintilla, zu
Deutsch «Der Funke». «Er sprang von einem Musiker zum Nächsten und entfachte ein Feuer, führte zu einem Prozess, der
bis heute anhält», schildert Philipp Mahrenholz, Oboist der Scintilla und Präsident
deren Vereins. Diese Leidenschaft für eine
Idee ist einzigartig. «Ich kenne kein anderes Orchester, in dem fast alle Musiker freiwillig sowohl mit modernen als auch mit
historischen Instrumenten spielen. Es hat
uns nie jemand beauftragt. Der Wunsch
kam ganz aus uns heraus. Darin liegt unser
Erfolgsgeheimnis», erläutert Ada Pesch.
Selbstverständlich ist das nicht, denn sowohl die finanzielle als auch die zeitliche
Investition ist gross, um in zwei Orchestern auf hohem Niveau zu spielen und
Ein Ozean von Ideen
Orchestra La Scintilla
zwei verschiedene musikalische Sprachen
zu sprechen. «Ein historisches Instrument
ist wie ein zusätzliches Kind», erläutert
Philipp Mahrenholz, «es zu spielen bedeutet, ein neues Handwerk zu erlernen.» Es
sind die Materialien und die Bauweise der
Instrumente, die ein völlig anderes Spiel
erfordern. So kämpfen die Bläser beispiels-
«Wenn ich La Scintilla
höre, gehe ich in eine
andere Welt. Ich liebe
den Klang und die Energie
von diesem Orchster.»
Brenda Hurley,
Leiterin des Internationalen Opernstudios
weise mit schwierigen Gabelgriffen, bei
denen für Halbtöne nicht in ein halbes
Loch, sondern in das übernächste gegriffen wird. Die Klänge, die dabei entstehen
sind unstabil und müssen stets aufs Neue
gesucht werden. Derweil sehen sich die
Streicher oft zum Nachstimmen gezwungen, da die Darmsaiten im Gegensatz
zu den modernen Stahlsaiten äusserst
empfindlich auf Temperaturunterschiede,
Luftzüge und Feuchtigkeit reagieren und
sich leicht verstimmen. «Die Instrumente
sind ganz Natur, die reagieren und bewegen sich», so Mahrenholz. Und sie haben
ihre Tücken, mit denen jeder Musiker so
seine Erfahrungen macht. «Es pfeift manchmal, weil die Saiten so empfindlich sind»,
erklärt Ada Pesch. «Nur ja kein Druck in
der Höhe», ermahnt sich Philipp Mahrenholz immer wieder, da die historischen Instrumente ganz im Gegensatz zu den Modernen bei lauterem Spiel höher werden
und nicht tiefer. «In der Hitze des Gefechts
vergisst man diese Umkehr gern und reagiert reflexartig. Die Intonation ist dann
zum Teufel.» Der Klarinettist Heinrich
Mätzener bringt die Intonationsprobleme
Aller Schwierigkeiten zum Trotz, die Musikerinnen und Musiker sind sich einig,
dass die Mühe lohnt. «Es ist eine echte
berufliche Weiterbildung», betont Mahrenholz. Das historische Instrument eröffnet eine neue Welt. «Es spricht flexibler, geht leichter und schneller los und ist
im Kleinen beweglicher.» Damit ent-
«Frischer, spontaner
und roh.»
Ada Pesch, Konzertmeisterin La Scintilla
spricht es dem Kunstprinzip des 18. Jahrhunderts. «Die Deklamation steht im
Vordergrund, nicht das Melos, nicht die
grosse Melodie, die wir bei Bellini und
Wagner finden,» erklärt Mahrenholz weiter. Während also Legati, lange Melodien, schwieriger zu spielen sind, entstehen
Sprache, Struktur, Rhetorik, Flexibilität
und Transparenz scheinbar natürlich und
unmittelbar. Dies erfahren nicht nur diejenigen, die selbst spielen. «Ich freue mich
«Biologisch-dynamisch
aber nicht vegan!
Authentisch, differenziert
und difficile.»
Dieter Schönholzer, Stv. Leiter Billettkasse
sehr auf die Zusammenarbeit, das Orchester reagiert höchst flexibel und spontan»,
erläutert Claire de Sévigné, Mitglied des
Internationalen Opernstudios, die in der
Entführung aus dem Serail in der Rolle
der Blonde auf der Bühne stehen wird.
Und für David Hermann, Regisseur der
Produktion, macht es die «Klangwandelbarkeit der Scintilla» möglich, «Kontraste
der Partitur sinnlich hörbar zu machen –
von verspielt und leicht bis zu aggressiv
und verzweifelt.»
Neben ihrer Flexibilität sind die Instrumente auch reich an Obertönen. Diese
erzeugen nicht nur einzigartige, klangliche Farben, sondern begünstigen auch
die Balance im Orchester. Ist die richtige
Intonation also einmal gefunden, dann
mischen sich die Klänge besser, nicht nur
in Richtung der menschlichen Stimmen,
sondern auch unter den Instrumenten
selbst. Um diese Balance zu erreichen,
müssen sich die Mitglieder der Scintilla
gut zuhören und sind besonders aufeinander angewiesen. «Zugleich ist aber
auch der Wille nach dem gemeinsamen
Ziel stärker», erläutert Mätzener, wobei
selbstverständlich auch die intime Grösse
des Ensembles zu einem Gemeinschaftssinn im Orchester führt, der sich auch
nach Aussen hin überträgt. «Es ist höchst
spannend und schön zu sehen, wie sich
die Musiker gegenseitig inspirieren», so
David Hermann.