Die 70er – Damals war Zukunft Veranstalter - H-Soz-u-Kult

Die 70er – Damals war Zukunft
Veranstalter: Schallaburg Kulturbetriebsges.m.b.H.
Datum, Ort: 19.03.2016–06.11.2016, Schallaburg, Niederösterreich
Schallaburg
Kulturbetriebsges.m.b.H.
(Hrsg.): Die 70er – Damals war Zukunft.
Schallaburg: Schallaburg Kulturbetriebsges.m.b.H.
19.03.2016–06.11.2016.
ISBN:
978-3-9502343-7-4; 395 S., zahlr. Abb., 4
Sticker
Rezensiert von: Gottfried Fliedl, Graz
Wenn man den schönen Renaissancehof der
Schallaburg betritt, hat man die Zukunft
gewissermaßen hinter sich. Denn über einem
hängt ein großer Schriftzug mit dem Untertitel der Ausstellung: „Damals war Zukunft“.
Das visualisiert den deklarierten Kernanspruch des Ausstellungsteams trafo.K, die
reformerischen oder gar utopischen Energien
der 1970er-Jahre auf ihre Geltung hin zu
prüfen. Die 70er haben wir, so deutet es die
Platzierung des Schriftzugs an, im Rücken;
heute müssen wir uns die Frage stellen, was
aus den Utopien, Hoffnungen und Reformen
von damals geworden ist.
Abb. 1: Eingang in den Hof der Schallaburg
mit dem Untertitel der Ausstellung, gesehen
vom Beginn des Rundgangs
(Foto: Gottfried Fliedl)
Die Ausstellung bringt zentrale Konflikte
der österreichischen Gesellschaft und Politik
in Erinnerung – Aufbrüche, Experimente, Formen des Widerstands. Es war eine Zeit, in
der die Politik und einzelne Politiker, aber
auch soziale Bewegungen noch einigermaßen
glaubhaft vermitteln konnten, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse zum Besseren zu
wenden seien. Die Veranstalter bieten eine Erfahrung diagnostischer Zeitdifferenz an. Auffällig ist die Entschiedenheit, mit der hier über
die „Verdrängung“ der NS-Zeit, den feministischen Aufbruch, den Kampf gegen das Abtreibungsverbot oder die Solidarität mit den
Befreiungsbewegungen in der „Dritten Welt“
gesprochen wird. Es werden viele Optionen
eröffnet, sich der Kernfrage zu stellen: „Was
hat das mit mir zu tun?“.
Im Raumtext am Beginn des Rundgangs
heißt es: „Viele Forderungen bleiben bis heute gültig und werden neu verhandelt: Weltweite soziale Bewegungen formulieren Konzepte solidarischer Ökonomien, freier Liebe,
radikaler Museen, realer Demokratien, offener Grenzen. Und so präsentiert die Ausstellung Versprechen und Widersprüche aus einer Zeit, die antrat, die Welt zu modernisieren, und wird dabei selbst zum Diskussionsraum, der die Frage stellt: Was bedeutet das
alles heute?“ Leider unterstützt die Ausstellung die BesucherInnen aber nicht dabei, den
Bogen zur Gegenwart zu schlagen. Die Verantwortlichen scheinen darauf zu vertrauen,
dass dies jeder mit seiner persönlichen Erfahrung selbst tun könne. Man mag den Optimismus teilen und sympathisch finden, wie hier
auf positiven Kontinuitäten insistiert wird.
Dass die „freie Liebe“ gleich neben den „radikalen Museen“ platziert ist, mag amüsieren,
aber angesichts der herrschenden Verhältnisse und jüngsten Entwicklungen – auch in Österreich – so unvermittelt „reale Demokratien“ und „offene Grenzen“ als Beispiele heranzuziehen hätte schon einer näheren Erläuterung bedurft. Und was ist seit den 70ern eigentlich aus den „radikalen Museen“ geworden?
Die KuratorInnen ziehen sich, ganz gegen
die aktuellen museologischen Debatten, wo
die Frage der Autorschaft aufgeworfen wird,
in die Anonymität zurück. Es ist „die Ausstellung“, die agiert, die „auf die 70er“ „blickt“.
Der Mangel an Positionierung des Teams
schwächt zusätzlich die Möglichkeit der BesucherInnen, die Brücke in die Gegenwart zu
schlagen. Doch ist die Gegenwart so beschaffen, dass die Kluft zu den 70ern überhaupt
zu schließen ist? Die Erosion von Demokratie
und Wohlfahrtsstaat, die Entgleisungen der
globalen Ökonomie, die Krise der Europäischen Union und schließlich die bedrohliche
gesellschaftliche Desintegration, der grassierende Nationalismus, das Erstarken rechtsradikaler Bewegungen – wie soll man das mit
einer Zeit abgleichen können, in der (gerade im Österreich der Kreisky-Ära) noch zukunftsoffene Narrative möglich waren? Umso bemerkenswerter, dass hierzu eine Positionierung des Ausstellungsteams fehlt. Was
mir blieb – und ich vermute, auch vielen anderen BesucherInnen –, war das schiere Wie-
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derkennen und Erinnern: „da war ich auch
dabei“ (Arena – die Besetzung des ehemaligen Auslands-Schlachthofes in Wien 1976
und Umwandlung in ein Kulturzentrum),
„da habe ich mitgestimmt“ (AKW Zwentendorf, Volksabstimmung 1978), „das hatte ich schon ganz vergessen“ (Grabe-wo-dustehst-Bewegung). Die Schallaburg ist ohnehin ein Ausflugsort, dessen Umgebung (die
nahe Wachau) einen eher konsum- und erlebnisorientierten Besuch nahelegt.
In der sieben Themenkomplexe umfassenden Ausstellung überrascht ein Schwerpunkt
„Museum der Zukunft!“. Der Grund für
dieses Thema liegt wohl darin, dass das
KuratorInnenteam seine Kompetenz in der
Museums- und Vermittlungsarbeit hat. Umso
merkwürdiger sind die eklatanten Schwächen
besonders dieses Teils. Es werden nur zwei
exemplarische Museumsgründungen bzw.
Neukonzeptionen gezeigt – zusammen mit
zwei Publikationen: „Museum der Zukunft“
und „Museum of the Future“. Unklar ist,
warum dem erstgenannten, von Gerhard Bott
1970 herausgegebenen Buch eine Publikation
von 2014 gegenübergestellt wird, ohne dass
ersichtlich wäre, warum dieser Sammelband
mit Künstlerinterviews zum Kunstmuseum
hier überhaupt liegt und was die Zusammenstellung der beiden Titel bedeuten mag.
Abb. 2: Vitrine zum „Museum der Zukunft“
(Foto: Gottfried Fliedl)
Für die Museumsentwicklung der 1970erJahre haben die KuratorInnen stellvertretend
das Centre Pompidou Paris und das Historische Museum Frankfurt ausgesucht. Beide
werden mit Fotografien der Fassaden repräsentiert. Das Centre Pompidou transportierte Innovativität vor allem auf dem Gebiet der
Architektur, als seinerzeit sensationeller Eingriff in die urbane Struktur des Arrondissements. Man erfährt aber nichts über die Qualitäten des Ganzen als Museum, das es außerdem nicht ist: Denn das Centre folgt der
Tradition und Typologie des für Frankreich
wichtigen „Maison de la Culture“ und ist
bis heute als multifunktionale kulturelle „Maschinerie“ wichtig und gefragt – die unter anderem auch ein Museum beherbergt. Noch
merkwürdiger ist es, die brutalistische Beton-
Fassade des Frankfurter Museums zu zeigen,
aber kein Wort über dieses ambitionierte, seinerzeit ebenso heftig diskutierte wie kurzlebige soziokulturelle Projekt zu verlieren, das
in nicht weniger bestand als der Schaffung
eines „Museums für die demokratische Gesellschaft“. Die Frankfurter Institution war als
kritisches, über Machtverhältnisse aufklärendes, auch von bildungsferneren Schichten rezipierbares Museum gedacht. Das zugehörige
Buch, 1974 erschienen, hätte in die Vitrine gesollt – der Titel lautete „Geschichte als öffentliches Ärgernis“. Angeboten hätte sich außerdem ein Foto einer der Frankfurter Informationseinheiten mit ihrer forcierten Didaktik, Visualisierungsstrategie und Informationsfülle.
Der Raumtext forciert den Bruch, der im
Museumswesen der 1970er-Jahre mit dem
Museum des 19. Jahrhunderts vollzogen worden sein soll. Aber es fehlt jede Ambivalenz bei der Darstellung der 70er-JahreEntwicklung, etwa der Hinweis, dass es sich
um ganz vereinzelte Projekte gehandelt hat,
oder dass das Plädoyer „Museum für alle“
vom Slogan „Kultur für alle“ des Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann abgeleitet war, der (unbeabsichtigt?) den Weg
zu einem breiten konsumistischen Verständnis von Kultur öffnete – auch zum Wohlfühlmuseum mit Cafeteria, Krabbelecke, Shop.
Der anschließende Ausstellungsraum ist
einer denkbar radikalen Geste gewidmet, der
„Besetzung des Museums“. Der Raumtext
beginnt denn auch mit dem Satz: „Die Geschichte der Museumsbesetzungen muss erst
noch geschrieben werden.“ Auf dem Boden
liegt ein Stapel plakatgroßer Texte: „Es ist
ein schönes Haus. Man sollte es besetzen.“
Der künstlich in einen abgewohnten Zustand
versetzte Raum scheint dazu einzuladen.
Aber wie stimmig ist es, innerhalb eines Museumsrundgangs einen Raum herzurichten,
als sei er eigentlich schon wie ein Abbruchhaus besetzt, um gerade dort zur Besetzung
des Museums aufzufordern? Doch schon der
Raumtext ermäßigt die Anforderungen an
den Besucher: „Stellen Sie sich vor, Sie hätten
diesen oder einen anderen nicht mehr oder
noch nicht gestalteten Raum zur Verfügung:
Wie und womit würden Sie ihn besetzen?“
„Besetzen“ wird hier vom Einspruch gegen
eine überlebte kulturelle Praxis zur – angelei-
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Die 70er – Damals war Zukunft
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teten und damit kontrollierten – Partizipation.
(Foto: Gottfried Fliedl)
Abb. 3: Der zur „Besetzung“ vorgesehene
und vorbereitete Raum
(Foto: Gottfried Fliedl)
Abb. 4: Eine Parole wozu? Zum NachHause-Nehmen?
(Foto: Gottfried Fliedl)
In gewisser Weise ist aber dieser Raum
schon längst besetzt, indem ihm gesondert
Autorschaft zugewiesen wird – „Konzeption Claudia Hummel in Kooperation
mit trafo.K“. So wird der Raum zu einem
künstlerisch-kuratorischen „Werk“. Claudia
Hummel ist Lehrkraft am Institut für Kunst
im Kontext der Universität der Künste in
Berlin, und „ihr“ Raum ist einer der „fünf
Debattenräume, gestaltet von Künstlerinnen
und Künstlern“, die „die Ausstellung zum
Forum und zur Kontaktzone“ machen (Zitate von der Website der Schallaburg zur
Ausstellung). An anderer Stelle wird noch
einmal ausdrücklich von „künstlerischen
Interventionen“ gesprochen. Das Adjektiv
„künstlerisch“ ist meines Erachtens aber nur
dann treffend, wenn diese Raume über ihre
praktische Funktion als Orte der Diskussion
hinaus auch noch als „künstlerisch“ und
mit einer personalen Autorschaft verbunden
wahrgenommen werden wollen. Anders
gesagt, die Debattenräume als künstlerische
Aktionen und Werke repräsentieren den
Anspruch auf diskursive Öffentlichkeit nur,
sie erfüllen ihn nicht. Das gilt auch für die
anderen Räume dieser Art, mit Ausnahme
des „Club 2“ (ein seinerzeit prominentes
Diskussionsformat des Österreichischen
Fernsehens). Denn sie werden vom Publikum
nicht als solche genutzt, wie auf Nachfrage
das Personal versichert. Das Angebot an Debattenräumen ist eher scheinpartizipatorisch.
Sticker mit dem Slogan „nothing about us
without us“ darf man einer Holzschachtel
entnehmen, als erinnerndes Überbleibsel
des Besuchs. Dies bringt die hegemoniale
Funktion von Ausstellungen und Museen auf
den Punkt – aber als leere Geste.
Abb. 6: Schachtel mit Stickern „nothing
about us without us“
(Foto: Gottfried Fliedl)
Mein erster, stärkster und etwas erschrockener Eindruck waren jedoch die Objekte
und ihre Arrangements. Gut möglich, dass
das meinen persönlichen Vorlieben geschuldet ist. Boten die 1970er-Jahre wirklich eine
derartige Orgie an schlechtem Geschmack?
Erster Raum: ein Messi-Haushalt mit Klappfahrrad, Teekanne, Papst-Büste, Kneissl-Ski,
eine Büste des 1970 tödlich verunglückten Formel-1-Weltmeisters Jochen Rindt (aber
was für eine!), zweisprachige Ortstafel, Toaster, Wahlplakat der ÖVP und so weiter. Dabei bleiben die Objekte strikt vereinzelt, offenbar gezielt durcheinandergewürfelt, eine
Kunst- und Wunderkammer österreichischer
Nippes-Kultur. Jede Verknüpfung oder gar
Erzeugung von Bedeutung wurde vermieden.
Eine Ausnahme bildet die originale zweisprachige Ortstafel, der ein kleines Farbfoto beigegeben ist: Dort sieht man den slowenischen
Ortsnamen übersprayt.
„Alles muss sich ändern! Bewegungen,
Revolten, Widerstand“, heißt es in einem
anderen Raum über einem Ensemble von
teils freistehenden, teils in Vitrinen gezeigten
Objekten wie einem orangefarbigen Wandtelefon, einem grünen Benzinkanister, einer
in ländlichen Gegenden üblichen Milchtransportkanne, einer Polizeimütze, einem
Priesterkäppi, einem Moped, Trachtenhüten,
dem Buch „Jesus in schlechter Gesellschaft“
und anderem mehr. Und? Was soll dies bedeuten? Wo es dichtere Information gibt, etwa
zur umkämpften Nutzung der Atomenergie
und dem Nein zum AKW Zwentendorf,
geht das Ausstellungsdesign nicht über das
Gewohnte und Übliche hinaus. Viel Flachware, Plakate, Fotos, Sticker – nebeneinander,
übereinander, Objektbeschriftung, ein längerer Text. Ein Klapprad, noch eins, dann
eine Tasche mit dem Anti-AKW-Logo. . . Was
leisten in diesem Fall überhaupt Objekte,
jenseits ihrer bloßen Anwesenheit?
Abb. 5: Der sogenannte Debattenraum im
Ausstellungsabschnitt „Wie zusammenleben?“
Abb. 7: Einblick in den Raum „Alles muss
sich ändern!“
(Foto: Gottfried Fliedl)
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Die 70er – Damals war Zukunft
„Arbeit und Bildung für alle! Versprechen
und Brüche im Wohlfahrtsstaat?“ lautet
ein weiteres Thema – dazu Gummistiefel,
Schaufel und Bauarbeiterhelm sowie Spielzeugbagger in einer Vitrine als „Antwort“ auf
der Objektebene. Wirklich? Johanna Dohnal,
1990–1995 erste feministische Ministerin in
einer österreichischen Regierung, wird durch
einen Kitschteller mit einem schauerlichen
Porträt – man kann es nicht anders sagen
– abgestraft. Unter der Schlagzeile „It’s
Showtime. Daily Life and Media“ läuft ein
Förderband um eine (zur Schlossausstattung
gehörige) Renaissanceskulptur herum. Also
noch mal Design der 70er, Heizlüfter, RiedelBordeaux-Gläser, Limo-Plastikflaschen. . . In
einem Abschnitt der Ausstellung zu „Kalter
Krieg“ und „Kampf um Menschenrechte“
erschien dem KuratorInnenteam eine Art
Holztür passend: mit Stacheldraht bewehrt,
hinter Glas geschützt (wovor?), zwischen andere Objekte eingeklemmt. Zum „Rumoren in
den ‚Bruderländern‘“ gibt es drei Leninbüsten
in einer Holzvitrine. Welchen informativen
Mehrwert hat die Lenin-Dreifaltigkeit? Was
kann all dies erschließen? „Das Private ist
politisch, das Politische ist privat!“ Aber was
nützen mir vier Sonnenbrillenmodelle auf
zwei Styropordummies zum Verständnis
dieser Parole? Was leistet eine Kleinskulptur
von Erna Frank, die in einer kleinen Schachtel eingesperrt hockt, zum Verständnis der
„Wohnverhältnisse von Frauen“?
Abb. 8: „Rumoren in den ‚Bruderländern‘“.
Der Text informiert über die „Risse“ im Bündnis kommunistischer Staaten. Aber worüber
informieren die Lenin-Büsten?
(Foto: Gottfried Fliedl)
Meine Abneigung gegen die sonderbaren
Qualitäten der Designästhetik der 70er ist
vielleicht nur ein Symptom für meine Skepsis
gegenüber Ausstellungen, die derart wenig
mit den visuellen Qualitäten der Dinge anfangen. Objekte sind hier viel zu oft bloß illustratives „Alibi“, optische Zutat zu einer Textinformation – wie ein aschenbechergroßes „versilbertes Modell der Wiener UNO-Gebäude“.
Ich hatte den Eindruck, dass das Ausstellungsteam glücklich alles an Dingen genommen hat, was nur irgendwie nach 1970erJahren aussah.
Ausstellungstexte sind ein notorisch
vernachlässigtes Medium. Auch in der
Schallaburg-Ausstellung sind mir viele fragwürdige Texte aufgefallen – Texte, die eher
der Positionierung der SprecherInnen als der
Kommunikation mit dem Publikum dienen.
Es gibt in jedem Wissensgebiet Schlüsselwörter, die so etwas wie der Personalausweis
sind, mit der die Zugehörigkeit zu einer
Expertengemeinschaft legitimiert werden
soll. „Fokussieren“, „Praxen“, „Verhandeln“,
„Contact Zone“, „Inklusion“ und viele andere Begriffe bilden einen New Speak der
museologischen Avantgarde. In den Texten
der
Schallaburg-Ausstellung
„eröffnen“
sich „umkämpfte Felder“; eine Installation
will zu einer „generationen- und genderübergreifende Diskussion“ anregen. Da
gibt es „unhinterfragte Geschlechterrollen“
ebenso wie „ein vielstimmiges Bild von
Geschlechteridentitäten“ und „radikale Identitätskonstruktionen“. Es wird – das Wort ist
derzeit offenbar unvermeidlich – auf etwas
der „Fokus gelegt“. „Ausschlussmechanismen“ werden angeprangert, und es wird
behauptet, dass der ORF das „sinnstiftende
Wir der österreichischen Fernsehnation“
mitbegründet habe. Diese Gedankenlosigkeit
– oder Arroganz? – in der Kontamination
der Texte mit dem Fachjargon einer winzigen
fachlichen Elite ist angesichts des Zielpublikums an einem typischen Freizeit- und
Ausflugsort besonders auffallend. Es gibt
allerdings auch reichlich Texte, die klar und
knapp komplexe Sachverhalte erläutern, etwa
diejenigen unter den Titeln „Think globally,
act locally. Live and let die“ (aber warum jetzt
wieder Englisch?), „Euer Kampf ist unser
Kampf“, „Etwa 800 Nazis, gegen die ermittelt
wurde, blieben unbestraft“, „Wofür kämpfen?
Was bewegen?“, „Nein heißt nein!“.
Abb. 9: Besucher in der Ausstellung – überfordert, erschöpft, informationssatt?
(Foto: Gottfried Fliedl)
Über weite Strecken folgt die Ausstellung
dem weit verbreiteten, auch auf der Schallaburg vorherrschenden Modell, das stark auf
Informationsvermittlung über Texte und bloß
illustrative Zuordnung von Objekten setzt.
Wo sie innovativ ist, in der Etablierung des
Diskurses mitten in der Schau, hindert sie sich
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durch missglückte Realisierung daran, dieses
Potential auch auszuschöpfen. Meine Erwartungen in einen von einem neuen Ausstellungsteam repräsentierten Generationen- und
damit vielleicht auch Methodenwechsel wurden enttäuscht.
Gottfried Fliedl über Schallaburg Kulturbetriebsges.m.b.H. (Hrsg.): Die 70er – Damals war
Zukunft. Schallaburg 19.03.2016–06.11.2016,
in: H-Soz-Kult 05.11.2016.
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