Deutscher AnwaltSpiegel

3 // Compliance/Best Practice
Deutscher AnwaltSpiegel
Ausgabe 22 // 2. November 2016
Compliance als Chance
Eine aktuelle Compliancestudie analysiert Motive und Vorgehensweise des Mittelstands
Ein Gastbeitrag von Dr. Daniel Kautenburger-Behr und Nikolaus C. Krenzel
Kommt das Thema Compliance zur Sprache, macht sich
bei Unternehmenslenkern vielfach Unbehagen breit.
Denn nicht nur das Unternehmen selbst ist von rechtlichen Verstößen der Mitarbeiter betroffen. Auch Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführer müssen für
organisatorisches Fehlverhalten einstehen. Schlimmstenfalls drohen strafrechtliche Sanktionen, Geldstrafen
oder Schadensersatzforderungen.
Rechtstreue und Haftungsvermeidung haben selbstverständlich bei mittelständischen Unternehmen höchste
Priorität. Das zeigt eine aktuelle Studie zu Compliance,
die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ebner Stolz
gemeinsam mit dem F.A.Z.-Institut durchgeführt hat.
Befragt wurden mittelständische Unternehmen aus
unterschiedlichen Branchen mit einem Jahresumsatz
bis zu maximal 750 Millionen Euro. Am meisten fürchten sich die Mittelständler vor einem Reputationsverlust (86%) durch Complianceverstöße. 75% scheuen sich
vor den wirtschaftlichen Einbußen und strafrechtlichen
Sanktionen. 68% der befragten Unternehmen gaben an,
dass sie mit Complianceverstößen Wettbewerbsnachteile erleiden könnten.
Gleichzeitig steigt auch der Druck von außen, sich
des Themas Compliance anzunehmen. 85% der befragten Unternehmen gaben an, dass vermehrt Kunden und
© tuan_azizi/iStock/Thinkstock/Getty Images
Ausgangslage
Finanzämter schauen noch genauer hin, wenn ein innerbetriebliches Kontrollsystem fehlt.
Geschäftspartner, etwa Lieferanten, Zulieferer oder Abnehmer, die Einhaltung von Compliancestrukturen verlangten. 68% der Unternehmen berichteten, dass auch
die Anforderungen von Kapitalgebern und Versicherungen deutlich gestiegen seien.
Mehrwert von Compliance …
Bedeutet die Einführung von Compliancestrukturen also
bloße Pflichterfüllung, oder geht damit auch ein Mehrwert einher? Eindeutiges Votum: 90% der befragten Unternehmen sehen als Zusatznutzen mehr Sicherheit. 
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Ausgabe 22 // 2. November 2016
Weiter führen Compliancestrukturen laut 83% der befragten Unternehmen zu einer Transparenzsteigerung.
44% berichteten über effizientere Prozessabläufe, und
20% verzeichnen sogar eine Senkung ihrer Kosten.
Wo sieht der Mittelstand in Sachen Compliance den
größten Handlungsbedarf? Hier wurden am häufigsten
der Datenschutz mit 98% und die IT-Sicherheit mit 92%,
dicht gefolgt vom Arbeits- und Steuerrecht (86% bzw.
82%), genannt. Dies überrascht nicht, denn die Finanzverwaltung hat für ihre Betriebsprüfungen stark aufgerüstet und wertet mit Hilfe einer Prüfsoftware systematisch die Daten der betrieblichen Buchhaltungssysteme
aus. Ein besonderes Augenmerk richtet sie dabei auf
Volumensteuern wie Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Verrechnungspreise.
Gerade im Bereich der Steuern zeigt sich, dass Compliancestrukturen schützen können. Ende Mai hat das
Bundesministerium für Finanzen nämlich bekanntgegeben, dass die Finanzämter bei Fehlen eines innerbetrieblichen Kontrollsystems noch genauer hinschauten. Sie
gehen dann eher von einer strafbewehrten Steuerhinterziehung oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung
aus und unterstellen schneller kriminelles Handeln.
… und unternehmensinterne Umsetzung
Wie setzt der Mittelstand die Complianceanforderungen
unternehmensintern um? Hier sind die Unternehmen
weitaus pragmatischer aufgestellt als die großen Konzerne. Umfassende Compliancemanagementsysteme
bestehen in weniger als der Hälfte der Unternehmen.
Einzelmaßnahmen überwiegen, derer sich in erster Linie
die Geschäftsführung oder die Abteilungsleiter annehmen. Eine derartige Vorgehensweise ist aufgrund der
Struktur des Mittelstands mit flachen Hierarchien und
direkten Kommunikationswegen gerechtfertigt: Compliancemaßnahmen werden je nach Risikograd schrittweise in einzelnen Modulen implementiert. Insbesondere
der kleinere Mittelstand hat seinen Nachholbedarf erkannt. 58% der Unternehmen haben angegeben, dass
die Complianceinvestitionen in Zukunft steigen würden.
29% der befragten Unternehmen wollen sich hierfür externer Spezialisten bedienen. Derzeit gibt rund die Hälfte der Unternehmen jährlich weniger als 50.000 Euro
für Compliancemaßnahmen aus. Mittelfristig soll aber
mehr investiert werden. So hat die Studie ergeben, dass
sinkende Compliancebudgets die absolute Ausnahme
sind.
Handlungsempfehlungen
Während in der Theorie die strafrechtlichen Risiken abstrakt auf dem Tisch liegen und leicht zu benennen sind,
besteht die Herausforderung oft darin, diese Risiken in
der Praxis zu identifizieren und zu vermeiden. Bei der
Einführung von Compliancestrukturen sind die Unternehmen im Vorteil, die ihre Prozesse bereits klar definiert
und beschrieben haben. Entlang der definierten Prozesse werden Haftungs- und Imagerisiken schnell deutlich.
Dann kann das Unternehmen Richtlinien erstellen, Mitarbeiter schulen und Kontrollsysteme implementieren.
Diese sollen vor allem in Schnittstellenbereichen, etwa
im Vertrieb und der Steuerabteilung oder der Personalund Steuerabteilung, einen Wissenstransfer ermöglichen. Dadurch wird Compliance nachvollziehbar, für
die Mitarbeiter wie auch für Externe, wie etwa die Wirtschaftsprüfer.
Mit den richtigen Hilfsmitteln lassen sich Compliancestrukturen noch besser implementieren. Abhängig
von ihrer Größe, können Unternehmen hier mit Excel
arbeiten, Dokumentenmanagementsysteme einsetzen
oder auch in umfassende Compliancemanagementsysteme investieren.
„Alle Maßnahmen erreichen aber nur dann die Mitarbeiter, wenn auch die Unternehmensleitung Gesetzestreue vorlebt“, erklärt Ulrich Rothfuchs, Direktor Recht,
Compliance und Datenschutz der DEKRA SE, im Rahmen
der Studie: „Der richtige ‚Tone from the Top‘ ist für den
Complianceerfolg entscheidend.“
F
Hinweis der Redaktion:
Die Studie „Compliance – Handlungsoptionen
im Mittelstand“ können Sie HIER erwerben. (tw)
Dr. Daniel Kautenburger-Behr,
Rechtsanwalt, Steuerberater, Partner,
Ebner Stolz, Köln
[email protected]
www.ebnerstolz.de
Nikolaus C. Krenzel,
Wirtschaftsprüfer, Ebner Stolz, Köln
[email protected]
www.ebnerstolz.de