Muskuläre Beanspruchung im alpinen Skilauf

Muskuläre Beanspruchung im alpinen Skilauf
Arnold Koller
Beim alpinen Skisport, sowohl dem Leistungs- als auch dem Breitensport, dominiert die exzentrische
Muskelarbeit, da bei jedem Schwung hohe äußere Kräfte wirken, die mit Bremsbewegungen - also
exzentrischer Muskelarbeit - abgefangen werden müssen. Exzentrisch aktiv ist ein Muskel, wenn er
während seiner Kraftentwicklung durch eine höhere äußere Last gedehnt wird. Dem exzentrischen
Kraftvermögen ist daher bezüglich der physiologischen leistungsbestimmenden Faktoren ein hoher
Stellenwert bei der Erbringung der skisportspezifischen Leistung einzuräumen (Abb. 1). Bei
exzentrischer Muskelarbeit kann eine um 30 bis 50 Prozent höhere Maximalkraft erreicht werden
(Abb. 1).
Abb. 1: Bei einem Hobbyskifahrer wurden isokinetische Krafttests der Streck- und
Beugemuskulatur des linken Beines in exzentrischer und konzentrischer Arbeitsweise vor und
nach einem Skitag durchgeführt. Die maximalen Drehmomente in exzentrischer Arbeitsweise
sind im Vergleich zur konzentrischen Arbeitsweise deutlich höher. Bei diesem Skifahrer
konnte ausschließlich eine Abnahme des exzentrischen Kraftvermögens der Streckmuskulatur
nach dem Skitag festgestellt werden. (Abb. 2 aus Koller A., Schobersberger W. Konditionelle
Anforderungen im alpinen Skisport - eine kurze Übersicht. In: Schobersberger W,
Schobersberger B., Sumann G., Domej W. (Hrsg.). Jahrbuch 2014. Österreichische
Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin. Innsbruck: Österreichische Gesellschaft für Alpinund Höhenmedizin 2015: 205-215).
Eine Erklärung für die hohen Kräfte in exzentrischer Arbeitsweise liefert die „winding filament“
Hypothese. Da
exzentrische Belastungen die Muskeln mechanisch stark beanspruchen, können
ungewohnte oder sehr hohe exzentrische Belastungen, wie sie im Skisport auftreten, die
Muskelstruktur beschädigen und zu Muskelkater führen. Diese Schäden bewirken eine
vorübergehende deutliche Abnahme der Kraftfähigkeiten, der Beweglichkeit und der muskeleigenen
Energiereserven (Glykogen). Während 10 bis 14 Tagen kann so die sportliche Leistung negativ
beeinflusst werden. Der systematische Einsatz Exzentrik basierter Trainingsformen ist daher sowohl
im Skirennsport als auch im Hobbyskilauf attraktiv im Hinblick auf Leistungssteigerung,
Verletzungsprävention und Rehabilitation. Exzentrisches Krafttraining macht die Muskulatur
schneller,
länger
und
beweglicher.
Dies
manifestiert
sich
funktionell
in
verbesserten
Schnellkraftfähigkeiten sowie einer Erhöhung der optimalen Muskellänge für die maximale
Kraftentwicklung, was das Risiko für muskuläre Verletzungen wie Zerrungen oder Faserrisse senkt.
Exzentrisches Training, das auch von Senioren erfolgreich durchführbar ist, hat Vorteile bezüglich
Kraftgewinn, Koordinationsfähigkeit und Körperzusammensetzung. Es zeigt negative Konsequenzen
in Bezug auf molekulare Marker des Muskelmetabolismus. Neueste Forschungsergebnisse belegen,
dass Muskelkater nicht nötig ist, um vom exzentrischen Trainingsreiz zu profitieren. Wichtig ist
deshalb, exzentrische Belastungen regelmäßig im Training einzubauen und den Belastungsanstieg so
zu dosieren, dass möglichst wenig Muskelkater auftritt.