Dr. Hatto Zeidler präsentiert in der Postscheuer sein Buch, das er im Anschluss an den Vortrag auch signiert. Im Foyer aufgehängte Fotos der Lappland-Touren vertiefen die Eindrücke. Fotos: Becker Rinderbraten schwebt über der Einöde Dr. Hatto Zeidler stellt in der Postscheuer sein neues Buch „Ein Badener in Lappland“ vor Ins Wort Badener fügt manch ein Schwabe gern und bewusst falsch ein „s“ vor den letzten Buchstaben ein, während er dem zugehörigen Menschen zuweilen skeptisch gegenübersteht. Kann der allerdings so humorvoll schreiben und so amüsant erzählen, wie es Hatto Zeidler bei der Vorstellung seines Buchs bewiesen hat, sollte die Integration gelingen. Von Carolin Becker M A U L B R O N N . Fotos von weiten Landschaften, die Dr. Hatto Zeidlers Frau Uta Süße-Krause bei ihren gemeinsamen Wanderungen durch Nordeuropa aufgenommen hat, entführen an diesem Donnerstagabend im Eingangsbereich der Maulbronner Begegnungsstätte Postscheuer optisch in die Region nördlich des Polarkreises; die schweißtreibenden Temperaturen tun dies nicht. Rund 80 Besucher erwärmen sich im bis auf den letzten Platz gefüllten Veranstaltungsraum noch zusätzlich am charmanten Vortrag des Autors, der mit dem Taschenbuch „Ein Badener in Lappland“ sein erstes Prosawerk vorlegt und den druckfrischen, in Episoden erzählten Reisebericht nun öffentlich vorstellt. Organisiert hat den Abend die Maulbronner Buchhandlung Krüger. „Wir freu- en uns immer darüber, Neuheiten von Autoren aus der Region präsentieren zu können“, sagt einer der Geschäftsführer, Dr. Reto Krüger. In der Tat genießt Hatto Zeidler quasi ein Heimspiel, hat es den Doktor der Kunst- und Architekturgeschichte, den ehemaligen Lehrer und Dozenten, das nun freischaffend als Bildhauer arbeitende Multitalent doch vor einigen Jahren von Heidelberg nach Hohenklingen gezogen. Nicht nur die im Buch verewigten Begegnungen mit Lapplands Landschaft geben Erzählstoff her, sondern auch das Aufeinandertreffen mit Schwabens Menschen. „Du bist ja ein Badener“, hätten die Mitglieder der Jedermann-Turngruppe „Sumpfhühner“, in die er zu Integrationszwecken mitgenommen worden sei, mit einem leichten Unterton der Geringschätzung festgestellt, sagt Zeidler. Gewissermaßen als kleine Verteidigung gegen das überstarke Schwaben, in dem seinem Eindruck nach jeder mindestens Latein, Griechisch, Hebräisch, das Geigen-, Bratschenund Orgelspiel beherrsche, habe er sein kleines Buch geschrieben. Klein – das Adjektiv leitet über zur ersten Episode, die der offenbar ebenfalls fremdsprachenbegabte Autor teilweise in Allgäuer Schwäbisch vorträgt. Eine junge Dame dieses Zungenschlags nämlich verkauft ihm vor der Abreise in Europas Norden einen Schlafsack vietnamesischer Provenienz, der sich in ein winziges Säckchen verstauen lässt und den hübschen Namen Tsching-li-bung-li-tang-li-wang trägt. Ebenso anschaulich wie selbstironisch schildert Hatto Zeidler seine zunehmend verzweifelten Versuche, das Wunderding nach der ersten Nacht im Zelt wieder in die Hülle zu zwängen. Ob der Name als Schlüsselwort, als Miniatur-Bedienungsanleitung zu verstehen ist ? Zeidlers Nichte, die fernöstliche Sprachen studiert, wird zurate gezogen. „Komisch sei das“, meint sie. Übersetze sie das Buchstabenungetüm, ergebe sich „passt nicht in das Säckchen“. Schwirrende Mücken, Knäckebrot und Müsliriegel Das Publikum klatscht, lacht, und es soll weitere Gelegenheiten bekommen. Da wäre beispielsweise das Gewichtsproblem, das einen stattlichen Badener mit 120 Kilogramm Eigengewicht und 30 Kilogramm Marschgepäck in Lappland vor Fragen stellt. „150 Kilo, das sind drei Zentner, also zwei norwegische Normalwanderer“, rechnet Hatto Zeidler vor. Was tun, wenn aber vor der Brücke über das Wildwasser ein Schild mit der Aufschrift „Only one person“ angebracht sei ? Das Marschgepäck werde mit der Briefwaage kontrolliert („Nicht einmal meine toom-Kundenkarte darf ich mitnehmen“) und gebe keinen Spielraum mehr her, weshalb unter dem Auge der Weight Watchers eine Zeit der Entsagung begonnen habe. Gebrochen wirkt er indes nicht, wenn er von den Tagesmärschen jenseits der Zivilisation berichtet, vom Band, das abseits aller Bezugsquellen eine im Rucksack verstaute Flasche Jamaika-Rum zwischen dem Paar aus Hohenklingen und zwei jungen Hannoveranerinnen zu knüpfen imstande ist, von der Tante der Ehefrau, die in Südschweden lebt und deren Haus das Ziel der Reise markieren wird. Während noch 2500 Kilometer zwischen der Realität aus schwirrenden Mücken, Knäckebrot und Müsliriegel und dem erhofften Festessen bei der Ankunft liegen, schwebt einer Fata Morgana gleich der saftige Rinderbraten über der Einöde. Genüsslich schildert Hatto Zeidler nicht nur die Kraft der Imagination, sondern auch das herbe Erwachen aus allen Träumen. Als die Tante den Kochtopfdeckel lüftet und sich der Inhalt als Mangold aus eigenem Anbau entpuppt, kommen dem hartgesottenen Wandersmann die Tränen. Ebensolche sind an diesem Donnerstagabend allenfalls ausgiebigem Lachen geschuldet. Der Badener in Schwaben hat sein Publikum bestens unterhalten. 쮿 „Ein Badener in Lappland“ ist vor wenigen Tagen im „Der Kleine Buch Verlag“, Karlsruhe, erschienen und umfasst 144 Seiten. Die ISBNNummer lautet 978-3-7650-9114-8.
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